Indie-Newsletter: kuratierter Journalismus im Postfach.

Newsletter erleben seit einigen Jahren ein unerwartetes Comeback. Für jede Nische gibt es einen. Der Spiegel hat 17 im Angebot, die Zeit 29 und bei der New York Times konkurrieren sogar 61 verschiedene Newsletter um die Gunst der Leserinnen und Leser.

Frederik Fischer
3 min readMay 17, 2018

Im Schatten der großen Verlage sind aber auch einige kleine und unabhängige Newsletter-Projekte entstanden, von denen ich hier zehn vorstellen möchte.

Piqd

„Wer baut, der haut“ hieß es auf dem Schulhof. Deshalb bin ich so frei und beginne mit dem eigenen Projekt. Auf piqd empfehlen 200 Expertinnen und Experten aus unterschiedlichsten Bereiche den besten Journalismus im Netz. Jede Expertin und jeder Experte kann einmal pro Woche eine Empfehlung in einem der 20 Themenkanäle posten. Jeder dieser „piqs“ enthält im Kern eine Kurzbeschreibung, die den Inhalt zusammenfasst und den Leserinnen und Lesern die Frage beantwortet: „Warum ist ausgerechnet dieser Inhalt meine kostbare Zeit wert?“.

Erscheint täglich

Reportagen.fm

Es kann so einfach sein. Jede Woche wählt das Team von Reportagen.fm drei besonders lesenswerte Reportagen aus. Zusätzlich gibt es immer ein Kurzportrait eines Medienmenschen, der seine all-time-favorites vorstellt. Den Newsletter hat man in weniger als fünf Minuten gelesen. Mit den empfohlenen Geschichten kann man das ganze Wochenende verbringen.

„Die Welt“ hat dem Projekt einmal den schönen Untertitel „die Seite drei des Internet“ verpasst. Passt.

Der Newsletter erscheint immer freitags.

The Buzzard:

The Buzzard hat nichts mit Buzzfeed zu tun, sondern ist Englisch für „Bussard“. Wie ein Vogel gleitet das fünfköpfige Team über das aktuelle Weltgeschehen. Erspäht es ein besonders facettenreiches Thema, setzt The Buzzard an zum „Deep Dive“.Das klingt jetzt vielleicht etwas wirr, beschreibt aber tatsächlich das Konzept des Startups ganz gut. Die Redaktion sammelt zu kontroversen Themen eine Vielzahl an Meinungsstücken, übersetzt dies gegebenenfalls und fasst die Kernargumente in ihren „Deep Dive“ genannten Newslettern zusammen. Gerade durch den Blick auf ausländische Medien, gelingt es der Redaktion tatsächlich, bislang weitgehend unbekannte Perspektiven in die Diskussion um große Themen wie den Ukraine-Konflikt, die Finanzkrise oder die Bundestagswahl einzubringen.

Der Newsletter erscheint einmal pro Woche an unterschiedlichen Tagen.

Eurotopics

Der Newsletter von N-Ost und der Bundeszentrale für politische Bildung, verfolgt ein ganz ähnliches Konzept. Von Montag bis Freitag sammelt die Redaktion Pressestimmen aus ganz Europa zu den bestimmenden europäischen Nachrichtenthemen und übersetzt diese wahlweise ins Türkische, Deutsche, Englische oder Französische. Für jede Sprache gibt es einen eigenen Newsletter. Es ist immer wieder erhellend zu sehen, wie stark die Meinungen zu vielen Themen innerhalb Europas auseinandergehen. Der Newsletter ist ein kleiner aber wichtiger Beitrag zum Jahrhundertprojekt „Europäische Öffentlichkeit“.

Erscheint von Montag bis Freitag

Featvre, Mediasteak, Shelfd

Drei Angebote, ein Gedanke: Die Mediatheken sind übervoll mit guten Inhalten. Die Redaktionen von Featvre, Mediasteak und Shelfd picken für euch die Perlen heraus. Die Newsletter unterscheiden sich in Frequenz, Umfang und Aufbereitung. Einen ausgezeichneten Überblick über die zahlreichen Mediathekenkostbarkeiten bieten sie alle.

Social Media Watchblog

Martin Giesler sammelt und kommentiert die wichtigsten Neuigkeiten rund um die Entwicklungen der großen Plattformen und wie diese unsere Gesellschaft verändern. Martin präsentiert hier „Service-Journalismus“ im besten Sinne: Hier erfolgt keine Stimmungsmache. Im Gegenteil: Gerade in Zeiten, in denen die Wellen rund um Datenleaks und Russen-Ads wieder besonders hoch schlagen, hat sich der Watchblog als eine verlässliche Anlaufstelle für ausgeruhte Analyse und Reflektion bewährt.

Der Newsletter erscheint Mittwochs, Donnerstags und Freitags.

Krautreporter Morgenpost

Christian Fahrenbach ist Erklärbär aus Leidenschaft. Der Wahl-New Yorker fasst jeweils an seinen Abenden die Ereignisse des Tages zusammen, damit wir an unseren Morgen die Welt verstehen. Christian widmet sicher dieser Aufgabe mit so viel Hingabe und Können, dass es eine Freude ist, selbst wenn die Nachrichten mal wieder zum Heulen sind. Die Morgenpost kommt von den Krautreportern, ist aber anders als die meisten Inhalte der Plattform, kostenfrei.

Erscheint Montags bis Freitags

Correctiv Spotlight

Das Recherchenetzwerk versendet einmal in wöchentlich einen Newsletter, in dem der sogenannte Watchdog-Journalismus gefeiert wird. Die Art von Journalismus, die den mächtigen auf die Finger schaut. Journalismus als vierte Gewalt. Der Newsletter ist dabei aber angenehm locker im Stil und schockiert mich jede Woche aufs Neue denn er erinnert daran wie viel wirklich wichtiger und gesellschaftlich relevanter Journalismus quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. In die Facebook- und Twitter-Streams mit ihren emotionalen Inhalten, schaffen es die häufig sperrigen Texte jedenfalls nur selten.

Erscheint immer Samstags

--

--

Frederik Fischer

Founding and managing editor @piqd_de & @piqd_com/ Co-Publisher @voiceofvocer / #Netzwende / #KoDorf / #dorf_2.0 / #futureofwork