Die EU schafft das Internet und sich selbst ab

Zusammenfassung:

  • Die EU hat erfolgreich das Internet abgeschafft! Glückwunsch!
  • Wer ist hier der Dumme? Politik, Politiker oder Bürger? (Die Antwort dürfte wohl klar sein)
  • Die Telekom macht es offiziell: Startups fallen unter “Spezialdienste”!
  • Kuhhandel: Roaming gegen Netzneutralität
  • Unsere US Green Card liegt bereit.

Die EU geizt kaum mit Hiobsbotschaften. Jetzt hat sie es endlich geschafft — die Netzneutralität wurde erfolgreich abgeschafft. Glückwunsch! Aber was bedeutet schon Netzneutralität? Neutrales Netz? Die EU hat da ihre eigene Definition: Digitale Überholspuren für “Spezialdienste” sind dabei nicht ausgeschlossen. Sascha Lobo spricht in einer Spiegel Kolumne von einer Dummdeutung. Aber wer ist hier dumm? Die Politik, weil sie zulässt, dass Leute Schlüsselpositionen besetzen, von denen sie überhaupt keine Ahnung haben? Die Politiker selbst, weil sie glauben ein paar von den Kindern heruntergeladene Apps würden qualifizieren über die Zukunft des Internet zu entscheiden (findet man in der gesamten EU wirklich niemand besseren als Oettinger für das EU Kommissariat für digitale Wirtschaft, der oder die auch Kinder mit Apps haben, etwas von Internet verstehen und sogar Englisch sprechen)? Oder will man den Bürger als dumm verkaufen? Die Antwort lautet: ja, ja, (ja) und ja! Das Zuschachern von Minister- und Kommissarposten ist in der Politik mittlerweile gängige Praxis. Die eigene Inkompetenz kennen Politiker wohl am besten, aber vermutlich gehen sie davon aus, dass Lobbyisten die besten Berater sind.

Aber in erster Linie will man den Wähler doch nur für dumm verkaufen. Das Volk will Netzneutralität, das Volk bekommt Netzneutralität! Man sorgt einfach mit Zusatzklauseln, dass Vorfahrtsspuren für “Spezialdienste” doch schnelleres Internet erhalten könne, als das “Gemeine” — der Wähler wird es schon nicht merken. Zudem liegt Brüssel ohnehin so fern und außer Reichweite, dass wirklicher Widerstand kaum zu befürchten ist.

Und die Gefahr lauert nicht darin, dass der Endkonsument mehr Geld für schnelleres Internet bezahlt, obwohl das schon traurig genug wäre. Nein, die Gefahr lauert darin, dass junge, innovative Internet-Unternehmen nicht die Ressourcen aufbringen können, um Infrastruktur-Dienstleister Wegegeld zu zahlen, und damit nicht konkurrenzfähig mit den Big Players sind. Und das, obwohl man das Bestreben hatte ein europäisches Google oder Facebook aufzubauen bzw. alles daran setzt den Silicon Valley Unternehmen das Leben in Europa so hart wie möglich zu gestalten. Ich hab den Kommunismus zwar nicht selbst miterlebt, aber man sollte doch aus dem Geschichteunterricht wissen, dass man nicht einfach mal politisch entscheidet ein Mega-Konzern zu erschaffen. Die Politik sollte einfach nur dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen die Richtigen sind, nicht mehr und nicht weniger — die Konzerne werden folgen. Aber Geschichtsunterricht gibt ja jener Lobbyist mit dem meisten Geld.

Ein Schelm wer glaubt, dass allgemeine Dienste die Ausnahme sind. Oder doch nicht? Keine 24 Stunden hat es gedauert, bis der Telekom-Chef Tim Höttges mit einem neuen innovativen Geschäftsmodell publik wird. Die Telekom beteiligt sich einfach am Umsatz an Startups, welche für ihre Services schnelles Internet haben wollen. Tolle Geschichte! Startups fallen also auch unter den Begriff “Spezialhilfe”. Und das versucht man auch noch wirklich als tolle Geschichte zu verkaufen! Schließlich können Startups so einen bessere Leistung für ihre Kunden erhalten. Auch so funktioniert Politik heute, einfach alles so verdrehen und betonen, wie man es braucht. Wie auch Merkel, die sich kürzlich merklich aufgeregt hat, dass alle Freihandelsabkommen bisher kein Problem dargestellt haben, wobei diese nur Zölle und Handelsbarrieren betroffen haben — und jetzt, als es um mehr als diese Dinge geht (Investorenschutz, Aushebelung der Demokratie, paralleles Justizsystem usw.) steigen alle auf die Barrikaden. Nicht falsch verstehen, ich bin pro Freihandel, aber auch pro Demokratie. Aber dazu vielleicht ein anderes mal mehr.

Persönlich glaube ich, dass die EU mit Telekom und Co. nichts anderes als einen Kuhhandel eingegangen ist: Sie hat die Roaming-Gebühren abgeschafft (natürlich nicht ab sofort, sondern erst ab 2018) und hat gleichzeitig den Weg der Netzbefangenheit Tür und Tor geöffnet.

Ich glaube auch, dass es nicht lange dauern wird, dass die Geschwindigkeit “normalspuriges” Internet gedrosselt wird. Ich will eigentlich nicht die VW-Karte ziehen, aber man sieht ja, wohin es führt, wenn die technischen Möglichkeiten gegeben sind.

Ich hab es schon in unserem Beitrag bezüglich des Pseudo-Datenschutzes in Deutschland geschrieben. Europa und Deutschland steht nicht nur steuerlich im Wettbewerb mit anderen Staaten. Von den USA mag man nun halten, was man will, aber die fundamentalsten Grundlagen will auch deren Präsident verteidigen. Ich bin jedenfalls froh, dass meine Green Card griffbereit liegt und somit eine Gründung in den Staaten nichts im Wege steht — sofern natürlich die EU und Deutschland sorgen, dass bis dahin unser gesamtes Projekt eingestampft werden muss. Um ehrlich zu sein, zurzeit scheitert dies nur an finanzielle Ressourcen, da wir, wie so viele Startups in der Anfangsphase, nicht genügend Umsatz für diesen Schritt erwirtschaften.

N.B. Wir sind keine deutschen Staatsbürger und haben uns entschlossen, in Deutschland zu gründen. Politisch gibt es ja den Anschein sich aktiv für Startups zu engagieren. Faktisch ist die Bundesregierung wohl froh, dass der EU der schwarze Peter zugeschoben werden kann.

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