Ein Medienprojekt im Auftrag der katholischen Journalistenschule ifp, in Zusammenarbeit mit dem Podcastverein (Foto: Simon Wiggen / Bistum Essen)

Recherche, Blog und Podcast: Ein Schulprojekt

Meine Erfahrungen als Projektleiter und Medientrainer

Stanley Vitte

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Die Arbeit mit Schülern war mir eine besondere Herausforderung: Dieses Jahr hatte ich die Ehre und das Vergnügen, im Auftrag der Journalistenschule ifp über mehrere Monate ein Schulprojekt zu leiten. Der Religionskurs des Essener BMV-Gymnasiums hatte beim Medienwettbewerb „Meine Story mit Gott“ als eine von drei Klassen in Deutschland den Zuschlag erhalten, innerhalb von etwa fünf Monaten einen Blog mit Podcast-Folgen zu verwirklichen. Das Thema: „Gott in den sozialen Medien

Die 19 Schülerinnen im Alter von 16 bis 18 Jahren hatten Interesse an Social Media und Podcasts, aber keine journalistische Erfahrung, und das Projekt sollte auf freiwilliger Basis neben der Schulzeit laufen. Wie das wohl funktionieren würde?

Treffen, Kennenlernen und Projektplanung

Ich muss zugeben, dass ich beim ersten Treffen mit der Klasse im Juni 2015 relativ aufgeregt war, denn zum einen hatten die Schülerinnen ihr Projekt bereits selbst konzipiert, das ungefähre Ziel war also vorgegeben. Zum anderen war vorab nur bedingt abschätzbar, was ich von der Klasse erwarten kann und wie sich die Zusammenarbeit entwickeln würde — und das bei meinem ersten Schulprojekt!

Immer wieder freitags ging es im Religionsunterricht um Gott, soziale Medien, Recherchetechniken und Medienproduktion (Foto: Johannes Weil / pro Medienmagazin)

Um mir ein besseres Bild von der Gruppe zu machen und die Dynamiken besser einzuschätzen, hörte ich der Lehrerin Dr. Kirsten Gläsel und ihrer Klasse genau zu. Die Fragen waren vielfältig: Wie oft wollen wir uns treffen? In welchen sozialen Medien wollen wir recherchieren? Wie viele Fotos brauchen wir insgesamt, wer macht das Blog, und wie kriegen wir das mit den Podcasts hin? Der Eifer war groß, das Chaos auch.

Deshalb teilten wir den Kurs zunächst in Arbeitsgruppen auf: jede Gruppe sollte in ihrem Netzwerk jeweils einen Account anlegen, offen recherchieren und ein paar erste Erkenntnisse zusammentragen. Danach begannen wir mit der fragenbasierten Recherche und ich gab den Gruppen ein paar Tools an die Hand, mit der sie die sozialen Plattformen jeweils etwas tiefer erforschen konnten. Zeitlich einigten wir uns auf diverse Termine freitags nachmittags. Außerhalb des Unterrichts lief die Kommunikation und Koordination weitgehend über Whatsapp-Gruppen (eine für die Klasse, eine für Dozenten), was sich rückblickend als sehr effektiv erwies.

Vorbereitungen während der Sommerferien

Wie produziert man einen Podcast? Welche Mikrofone und Aufnahmegeräte braucht man, wie moderiert man ein Gespräch, und wann und wo und wie soll die Klasse das alles machen? Um diese Fragen zu beantworten und Unterstützer zu finden, ging ich mit einigen Schülerinnen zum Podcaster-Stammtisch Ruhrgebiet, der regelmäßig im Essener Unperfekthaus stattfindet.

Erste Berührungsen mit der Öffentlichkeit: Cara, Coco und Stanley waren als Projekt-Botschafter beim Podcaster-Stammtisch zu Gast und setzen von dort ihren ersten Tweet ab (Foto: Vitte).

Vielleicht war es Zufall, vielleicht war es Fügung: bei diesem Szenetreff lernten wir zum einen Thorsten Runte kennen, der gerade den Podcastverein gegründet hatte, um Einsteigern den Start in die Podcastwelt erleichtern und auch Schulklassen bei Projekten zu unterstützen. Zum anderen trafen wir Mark Bothe und Florian Giersch, die beim Bistum Essen arbeiten und privat einen theologischen Podcast betreiben. Im Nachhinein muss ich sagen: eine bessere Unterstützung hätten wir für unser Podcast-Unterfangen nicht wünschen können.

Workshops, Barcamp und Lokalzeitung

Kurz nach den Sommerferien waren die Recherchen weitesgehend abgeschlossen. Wir trafen uns an einem Samstag, um die Erkenntnisse und Antworten zu sortieren und schriftlich festzuhalten und diskutierten, welche Fundstücke als Impuls für die Podcast-Gespräche dienen sollten. Die Podcaster Thorsten Runte und Mark Bothe kamen jeweils freitags in die Schule, um der Klasse verschiedene Audio- und Gesprächstechniken näher zu bringen.

Mark Bothe erklärt die Kniffe im Ungang mit Mikrofonen und Gesprächspartnern (Foto: Christian Weil / pro Medienmagazin)

Ich als Projektleiter ging indes zum Barcamp Kirche Online, um das Projekt erstmals in einer Medienszene vorzustellen, die für unser Thema relevant war. Außerdem arrangierte ich einen Aufruf in der lokalen Wochenzeitung Stadtspiegel, um nach weiteren Gesprächspartnern zu suchen, die sich speziell für unser Blog-Thema und den entsprechenden Podcast-Nachmittag interessierten.

Der große Tag: Podcast-Gespräche über Gott

Am 25. September war es schließlich so weit: Die Technik war ausgeliehen und aufnahmebereit, die Talkgäste eingetroffen und die Schülerinnen hatten pro Gruppe jeweils eine Moderatorin gestellt, die an diesem Nachmittag die Gespräche über Gott bei Twitter, Facebook, Instagram und Tumblr führen sollten. Das Aufregendste für mich persönlich war, dass ich die Veranstaltung zwar mit ein paar erklärenden Worten eröffnet habe, während der Gesprächsrunden aber nicht mehr eingreifen wollte. Ich musste drei Stunden lang einfach nur zuschauen und zuhören — und habe es nicht bereut.

Thorsten Runte vom Podcastverein kontrolliert das Aufnahmegerät (links), während Simon Wiggen bereits die ersten Fotos fürs Bistum Essen schießt (Foto: Vitte).
Als die Mikrofone und Talkrunden laufen, blieb der Projektleiter im Hintergrund (Foto: Lisa Mathofer / Bistumspresse)
Abschlussfrage an alle Schüler und Talk-Gäste: “Was würdest Du tun, wenn Du einen Tag Gott wärst?”

Ausflug nach Paderborn: Die Preisverleihung

Natürlich hat es uns noch einiges an Schweiß und Arbeit gekostet, Blog und Podcast fertig zu produzieren, aber die Mühe war es wert: am 7. November fuhr der ganze Kurs nach Paderborn, um sich als Preisträger des Medienwettbewerbes für Jugendliche „Meine Story mit Gott“ feiern zu lassen. Maite Kelly moderierte den Abend, Judy Bailey sang, und ich durfte unser Projekt vor geladenem Publikum vorstellen. Was für ein Fest!

Gruppenselfie im Heinz Nixdof MuseumsForum Paderborn: der BMV-Religionskurs gehörte mit seinem Projekt “Hashtag Gott” beim Medienwettbewerb “meine Story mit Gott” zu den stolzen Preisträgern (Foto: privat)
Moderatorin Maite Kelly fragt Lehrerin Dr. Kirsten Gläsel: “Ist das Projekt nun abgeschlossen?” (Foto: Bonifatiuswerk)

Projektleiter #Gott: Fazit und Ausblick

Letztendlich bin ich mit dem Ergebnis des Projekts sehr zufrieden und fände es toll, wenn es andere Schulen zu ähnlichen Projekten inspiriert oder Journalisten mit dem Schwerpunkt Religion und Glaube zu weiteren Recherchen einlädt.

Mein besonderer Dank gilt dem Podcastverein, dessen Unterstützung für unser Projekt sehr wertvoll war, der bereits in einem Podcast über unser Projekt berichtete, und der hoffentlich bald als gemeinnützig anerkannt wird, um viele weitere Projekte dieser Art zielgerichtet unterstützen zu können.

Die Schülerinnen haben einen vielseitigen Einblick in die Medienarbeit bekommen, und eventuell wächst ihr Interesse am Journalismus noch, wenn wir als “Belohnung” im Januar einen Exkurs zum WDR Studio 2 machen, um dort aus den eigenen Podcasts eine eigene Radiosendung zu produzieren

.Auch ich selbst habe bei der Durchführung dieses mehrmonatigen Projekts viel lernen dürfen: von der Koordination einer größeren Gruppe über die Wirksamkeit verschiedener Kommunikationsformen bis hin zur Abstimmung unter Verantwortlichen — auf all diese Erfahrungswerte kann ich hoffentlich beim nächsten Großprojekt aufbauen. Zur Arbeit mit Schülern würde ich mich gerne mit anderen Dozenten und Trainern austauschen, auch wenn ich mit den Schülerinnen des BMV-Gymnasiums großes Glück hatte: die waren rege interessiert, sehr engagiert und herzlich umgänglich.

Eine schöne Erinnerung: die Dankeskarte der Religionskurses Q1 vom Essener BMV-Gymnasium (Foto: Vitte).

Das Podcastprojekt #Gott in den Medien

Sowohl während der Projektphase als auch im Anschluss an die Veröffentlichung von Blog und Podcast erzeugte unser Projekt einige Medienresonanz.

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Stanley Vitte

freier Journalist, Autor und Community-Manager. In der Welt unterwegs, in Düsseldorf zuhaus. Netzwerker.