Spricht Mixed Reality die Sprache des Erfolgs? Visionärer Blick auf das Lernen der Zukunft

Taikonauten
8 min readMar 26, 2024

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Zwei Mitarbeitende sitzen sich im Büro gegenüber und tragen Mixed Reality Headsets. Sie verbessern ihre Kommunikationsfähigkeiten mit einer immersiven Sprachlern-Anwendung.
Sprachkenntnisse verbessern durch immersive Erlebnisse: Werden mit Mixed-Reality-Anwendungen Sprachbarrieren im Arbeitsalltag zukünftig effizient überwunden? (Quelle: AI-generiert/Midjourney)

Du suchst nach der englischen Version dieses Artikels? // Looking for the English version of this story? ➡️ Overcome Language Barriers in Mixed Reality: The Future of Corporate Learning?

Mixed-Reality-Anwendungen integrieren digitale Inhalte nahtlos in unsere physische Umgebung. Dieser hohe Grad an Immersion erschließt eine Vielzahl neuer Potenziale in den unterschiedlichsten Branchen und Fachbereichen, beispielsweise erfolgreiches Sprachenlernen im Business Kontext. In diesem Artikel diskutieren wir mit Michelle Bechinie, Interim HR Consultant, und Katharina Schweitzer, Geschäftsleitung bei STARTUP TEENS, die Auswirkungen von Kommunikationsbarrieren in mehrsprachigen Unternehmen. Entdecke außerdem mögliche Anwendungsbeispiele und blicke hinter die Kulissen unseres neuen Taikonauten Forschungsprojekts, in dem die Bereiche Spieleentwicklung, Mixed Reality und Sprachtraining zusammenfließen.

Kommunikation als Schlüsselelement für den Unternehmenserfolg

Kommunizierst du in deinem Berufsalltag häufig in einer Fremdsprache und fühlst du dich damit teilweise unwohl? Ja? Keine Sorge, damit bist du nicht alleine. Das Marktforschungsinstitut respondi befragte 2.299 deutschsprachige Arbeitnehmende zu ihren Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit am Arbeitsplatz. 44 Prozent der Teilnehmenden sprechen in ihrem Berufsleben regelmäßig mindestens eine Fremdsprache. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Englisch, doch lediglich 12,4 Prozent der Befragten fühlen sich im Umgang damit auch wirklich sicher.

Michelle Bechinie, Interim HR Consultant, hat in ihrer Karrierelaufbahn mehrere englischsprachige Betriebe kennengelernt und teilt ihre persönlichen Eindrücke mit uns:

“Von HR-Fachkräften wird oft eine fehlerfreie Kommunikation erwartet, in jeglicher Hinsicht. Doch ehrlicherweise fühle ich mich, gerade wegen meiner HR-Erfahrung in internationalen Teams, auch hin und wieder unsicher im Gebrauch der englischen Sprache. Das gilt vor allem dann, wenn ich mit Muttersprachler:innen kommuniziere. Ich spreche zwar fließend Englisch, doch manchmal sind es kleine Nuancen, beispielsweise mehrdeutige Formulierungen oder Fachvokabeln, die im Zweifel ernsthafte Missverständnisse herbeiführen. Deshalb bereite ich sensible Personalgespräche oder wichtige Ankündigungen in einer Fremdsprache besonders sorgfältig vor und arbeite regelmäßig an meinen Englischkenntnissen.”

Nicht nur im sensiblen HR-Bereich ist eine saubere Kommunikation von größter Bedeutung, sondern vielmehr in allen Geschäftsbereichen. Gravierende Missverständnisse belasten das allgemeine Betriebsklima und beeinflussen Unternehmensabläufe nachhaltig. Umso wichtiger ist es, Mitarbeitende für dieses Risiko zu sensibilisieren.

Wir haben mit Katharina Schweitzer, Geschäftsleitung von STARTUP TEENS, über ihre Erfahrungen mit Sprachbarrieren in ihrer bisherigen Karrierelaufbahn gesprochen:

“Ich weiß, nicht nur aufgrund meiner mehrjährigen Berufserfahrung im Personalwesen, wie wichtig eine reibungslose Kommunikation auf den verschiedenen Betriebsebenen und in sämtlichen Geschäftsbereichen eines Unternehmens ist. Insbesondere mit dem Blick auf multinationale Teams kommt es darauf an, Mitarbeitende bestmöglich dabei zu unterstützen, ihre sprachlichen Komfortzonen zu verlassen. Das steigert sowohl die generelle Zufriedenheit im Betrieb als auch das persönliche Selbstwertgefühl.”

So sind Mitarbeitende, die in der jeweiligen Betriebssprache selbstbewusst kommunizieren, im Allgemeinen motivierter und zufriedener an ihrem Arbeitsplatz. Das verschafft Unternehmen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil welcher sich wiederum positiv auf den Umsatz auswirkt.

Neue Technologien, neue Chancen: Mixed Reality steigert Lernerfolge

Die Fähigkeit, eine virtuelle Ebene über die Realität zu legen, ermöglicht es, eine Lernumgebung mit zusätzlichen Informationen und Möglichkeiten zur Interaktion zu bereichern. Auf diese Weise werden verschiedene Lernstile stimuliert, z. B. visuell, haptisch und akustisch. So bleiben gelernte Inhalte besser im Gedächtnis — und das steigert die Lernkurve.

Zusätzlich besitzen Mixed-Reality-Anwendungen einen Gamification-Charakter. Spielerische Elemente steigern die Motivation und involvieren Lernende nicht nur kognitiv, sondern auch sozial und emotional. Das sorgt für ein umfassendes Gesamterlebnis, das sich besser auf individuelle Bedürfnisse zuschneiden lässt.

Die Indizien sprechen dafür, dass Mixed-Reality-Anwendungen ein erstklassiges Werkzeug sind, um Lernerfolge im Bereich des Sprachenlernens zukünftig noch weiter zu stärken und folglich Kommunikationsbarrieren im Arbeitsalltag leichter zu überwinden. Auch Michelle Bechinie blickt mit Neugier und Optimismus auf mögliche Anwendungsbereiche neuer Technologien im beruflichen Kontext:

“Zwar hat der Begriff Mixed Reality in Fachkreisen bereits eine lange Geschichte zu verzeichnen, beschreibt aber trotzdem eine neue Technologie, die bisher nur in wenigen Unternehmen einen festen Platz in alltäglichen Prozessen eingenommen hat. Aus meiner Sicht ist für uns alle jetzt der ideale Zeitpunkt, das Potenzial ebendieser Technologien zu erkunden und die vielseitigen Funktionen selbst zu testen. So arbeiten wir gemeinsam daran, unser Geschäftsleben von Morgen optimal zu gestalten. In Bezug auf die Integration intelligenter Sprachlernangebote, beispielsweise im Rahmen von Benefit-Programmen für Angestellte oder Teambuilding-Veranstaltungen, profitieren letztlich beide Seiten: das Unternehmen und die Mitarbeitenden selbst.”

Auf Theorie folgt praktische Anwendung

Mit der Entwicklung von Mixed-Reality-Erlebnissen für die Meta Quest 3 in Unity und WebXR haben wir uns als Research und Development Team bereits in unserer Neujahrs-Artikelserie auseinandergesetzt und viele wichtige Erkenntnisse gewonnen. Nun möchten wir dieses Wissen in unserem aktuellem Forschungsthema nutzen: Wir validieren unsere Annahmen bezüglich des Potenzials von Mixed-Reality-Anwendungen für das Sprachenlernen und entwickeln einen Prototyp.

💡 Was bedeutet Research and Development bei den Taikonauten? 💡

Wer die Zukunft gestalten will, muss bekanntlich mit ihr Schritt halten. Wir bei den Taikonauten verfolgen deshalb Forschungs- und Entwicklungsprojekte in unserem eigens dafür gegründeten Research & Development Lab, um unser technisches Know-how kontinuierlich zu erweitern und die neuesten technologischen Fortschritte zu erforschen. Unser Ansatz verbindet Nutzerzentrierung mit agiler, schlanker Produktentwicklung und wir konzentrieren uns auf die gezielte Erforschung technologischer Anwendungsfälle, Möglichkeiten und Grenzen. Auf diese Weise unterstützt unser Forschungs- und Entwicklungsprogramm andere Unternehmen dabei, sich erfolgreich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und zukunftsfähig zu werden.

Bleibt die Frage: Wie genau sollen neue, immersive Lernprogramme in Zukunft eigentlich aussehen? Werfen wir einen Blick auf unsere drei Favoriten technologischer Anwendungsfälle, die wir im Rahmen unserer ersten Ideenfindungsphase skizziert haben:

#1 Vokabeltraining im Wortgefecht mit Language Defense

Was passiert, wenn Sprachlernkonzepte mit einer virtuellen Spielwelt in einem Mixed-Reality-Szenario verschmelzen? Stell dir vor, dein Wohnraum verwandelt sich in eine interaktive Spielfläche, beispielsweise ähnlich einem Tower Defense Spiel. Du stellst dich sprachbezogenen Herausforderungen, um dein Territorium erfolgreich gegen virtuelle gegnerische Charaktere zu verteidigen.

Deine Verteidigung stärkst du Schritt für Schritt durch die korrekte Übersetzung von Vokabeln. So steigerst du gleichermaßen deinen Spielerfolg und deine Sprachkenntnisse. Klingt nach einer erfrischenden Alternative zu herkömmlichen Sprachkursen, stimmt’s?

Sprachlerner sitzt mit Mixed Reality Headset vor Schreibtisch und spielt Language Defense. Er interagiert mit virtuellen Elementen, wie dem Spielbrett und gegnerischen Charakteren.
Language Defense kombiniert deine Lernerfahrung mit einer spannenden Spielatmosphäre. (Quelle: KI-generiert/Midjourney)

#2 Sprachen lernen und anwenden in komplexen Simulationen

In diesem Szenario transformiert sich dein zu Hause in ein digitales Lernuniversum und gewohnte Objekte in deiner Umgebung werden als interaktive Lernelemente in die Simulation integriert. So wirst du beispielsweise in deiner gewählten Zielsprache dazu aufgefordert, virtuelle Objekte an realen Orten zu platzieren: “leg das Buch (virtuelles Element) unter den Tisch (reales Element)”.

Auf diese Art und Weise trainierst du nicht nur Vokabeln, sondern wendest dein Wissen direkt in einem alltäglichen Kontext an. Mittels künstlicher Intelligenz gibt dir das System Feedback basierend auf deinen Handlungen und passt deine Lernerfahrung individuell auf deinen persönlichen Fortschritt an.

Sprachlernerin sitzt mit Mixed Reality Headset vor Schreibtisch und erlebt eine komplexe Simulation. Sie interagiert mit realen Elementen, wie einem Buch und virtuellen Elementen, zum Beispiel Textfelder mit zusätzlichen Informationen oder Infografiken.
In einer komplexen Simulation verwandeln sich die alltäglichen Gegenstände in deinem Wohnzimmer in interaktive Lernelemente. (Quelle: KI-generiert/Midjourney)

#3 Interaktive Sprachabenteuer mit Language Quests

Lass uns noch ein letztes Mal den Kontext wechseln. In diesem Anwendungsbeispiel befindest dich an einem öffentlichen Platz, etwa an einer historischen Stätte. Mit Hilfe von Mixed-Reality-Technologie werden dir zusätzliche Informationen oder Aufgaben eingeblendet, die mit deiner realen Umgebung verschmelzen. So verwandelt sich die Welt um dich herum in eine interaktive Lernplattform.

Das System erfasst und analysiert deine Antworten. So erhältst du kontextbezogene Sprachaufgaben, die sowohl auf deiner Umgebung als auch deinem individuellen Lernfortschritt basieren. Den Methoden sind dabei kaum Grenzen gesetzt — die Visualisierung geschichtlicher Ereignisse, der fiktionale Austausch mit historischen Charakteren oder interaktive Schnitzeljagden sind dabei nur ein kleiner Teil des Möglichen. Kurz gesagt: wie Sightseeing, nur besser.

Sprachlernerin steht auf öffentlichem Platz vor einem Denkmal mit Mixed Reality Headset auf dem Kopf. Mit Language Quests interagiert mit virtuellen Elementen, wie zum Beispiel Textfelder mit zusätzlichen Informationen oder Aufgabenfelder.
Lernen und erleben: Mit Language Quests lernst du deine Lieblingssprachen, während du die Welt erkundest. (Quelle: KI-generiert/Midjourney)

Spielend Sprachen lernen: Die Kompassnadel zeigt auf Language Defense

Unser Forschergeist ist geweckt — jetzt ist es an der Zeit, eine unserer Ideen in die Praxis umzusetzen und ihr tatsächliches Potenzial in der Realität näher zu untersuchen. Fragt sich nur, welche.

Hast du einen Favoriten? Keine leichte Entscheidung, doch letztendlich können wir nur gewinnen — viele neue Erfahrungen und einen Prototyp, der die Forschungswelt, rund um das Thema Sprachenlernen mit neuen Technologien, weiter bereichert.

Bis zu diesem Zeitpunkt können wir noch keine Erfahrungen im Bereich der Entwicklung von Lernanwendungen, insbesondere in einer Mixed-Reality-Umgebung, vorweisen. Deshalb möchten wir unser Wissen und unsere Kompetenz in diesem Bereich erweitern — mit der Entwicklung eines Language Defense Prototyp.

Und Gaming ist sehr beliebt. Laut einer Statistik des Statista Research Department vom Februar 2024 spielt rund die Hälfte aller Deutschen zumindest gelegentlich Computer- und Videospiele. Bei den 16- bis 29-Jährigen liegt der Anteil sogar bei über 85 Prozent. Ein Angebot, das Sprachenlernen und Gaming miteinander kombiniert, könnte insbesondere junge Berufsanfänger:innen dazu motivieren, ihre Sprachkenntnisse kontinuierlich zu trainieren.

Nägel mit Köpfen machen: Das Konzept

Einen kleinen Vorgeschmack von Language Defense hast du bereits erhalten. Nun hauchen wir der Idee mit einem Spielkonzept etwas Leben ein. Stell dir vor, du sitzt in deinem Wohnzimmer. Vor dir befindet sich eine gerade Fläche, beispielsweise ein Tisch. Du machst es dir bequem und setzt dir dein Mixed-Reality-Headset auf.

Jetzt tippst du mit deiner Hand auf den Tisch vor dir. Plötzlich wird an dieser Stelle ein virtuelles Spielfeld ausgerollt — dein immersives Lernerlebnis beginnt. Die ersten gegnerischen Charaktere bauen sich bedrohlich am Rand der Spielfläche auf. Jede Figur hat Vokabelaufgaben im Gepäck, die es zu lösen gilt, um dein Gebiet erfolgreich zu verteidigen.

Während sich die erste Spielfigur nähert, erscheint auch schon ein Fremdwort mit möglichen Übersetzungen im Multiple-Choice-Format vor dir. Wählst du die richtige Antwort, wird der damit verbundene Charakter zerstört.

Liegst du jedoch falsch, rückt dieser einen weiteren Schritt näher. Doch Aufgeben ist keine Option — deine Sprachkenntnisse werden sofort vom nächsten Spielcharakter auf die Probe gestellt. Dieser Zyklus wiederholt sich, bis alle Vokabelaufgaben der ersten Runde erstmals von dir beantwortet wurden.

Jetzt bekommst du deine zweite Chance: Verteidige dein Gebiet auch vor den verbliebenen Figuren, die du im ersten Anlauf nicht mit einer korrekten Übersetzung besiegt hast. Bleib konzentriert, schließlich hast du insgesamt nur drei Versuche pro Vokabel, um die Runde siegreich zu beenden.

Überschrift: Vokabeltraining in Kombination mit einem Tower Defense Spiel. Abbildung: Grafik für das Spielekonzept von Language Defense. Frau entdeckt durch Mixed Reality Headset, wie die Anwendung funktioniert und was sie erwartet.
Eine mögliche Konzeptvariante für Language Defense. (Source: Taikonauten)

Geschafft? Herzlichen Glückwunsch. Die Anspannung löst sich und du erhältst eine Zusammenfassung der trainierten Vokabeln inklusive Korrekturen. Nutze die ruhigen Atmosphäre, denn diese Wiederholung festigt die gelernten Inhalte zusätzlich. Also, tief durchatmen, Vokabeln verinnerlichen und Kräfte sammeln für die nächste Lektion.

Nächster Halt: Technischer Prototyp

Das grobe Konzept steht, jetzt wird es Ernst. Noch sind die Bereiche Spieleentwicklung und Sprachenlernen für uns weiße Flecken auf der Landkarte. Doch wir sind bereit für die Reise und unser Experiment Language Defense beginnt jetzt.

Mit einem Zeitlimit von zwei Wochen entwickeln wir einen Prototyp für Language Defense, um erste Herausforderungen und mögliche funktionale Erweiterungen, wie beispielsweise eine Spracherkennung, zu identifizieren. Ziel ist es, eine realistische Vorstellung davon zu bekommen, was in einem knappen Zeitrahmen von 14 Tagen machbar ist — und was nicht.

Neugierig, welche Herausforderungen das Experiment für uns bereit hält? Wir auch. Was wir auf unserer Reise im Research & Development Lab erleben und wie sich der Prototyp entwickelt, erfährst du im Anschluss an unsere zweiwöchige Testphase im nächsten Artikel.

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Redaktion: Shirley Schmolke

Das Thema interessiert dich und du möchtest lernen, wie du selbst Mixed-Reality-Anwendungen entwickeln kannst, um dein eigenes immersives Lernerlebnis zu schaffen? Kein Problem. Wir begleiten dich mit unseren kostenlosen Beginner’s Guides* bei deinen ersten Schritten in der WebXR-Entwicklung mit Babylon.js oder der Mixed Reality-Entwicklung mit Unity.

*aktuell nur in englischer Sprache erhältlich

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