Nachhaltigkeit — Noch Differenzierungs- oder schon Hygienefaktor?

VORN Strategy Consulting
4 min readAug 17, 2022

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Drei Fragen an Carina Erhardt, Strategy Consultant

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3 Fragen — 3 Antworten — ein Thema: Inwiefern stellt Nachhaltigkeit heute noch einen Differenzierungsfaktor dar? Worauf müssen sich Unternehmen einstellen, wenn sie auch morgen noch erfolgreich sein wollen? Nachhaltigkeitsexpertin und Strategy Consultant bei VORN, Carina Erhardt, teilt mit uns im Interview ihre Einschätzung zu dem Thema und erklärt, worauf es bei nachhaltig ausgerichteten Geschäftsmodellen ankommt.

1. Ist Nachhaltigkeit für Unternehmen heutzutage noch ein Differenzierungsfaktor?

Gehen wir zurück in der Zeit, so sind es gerade Sozialunternehmen und nachhaltige Start-Ups, die Blaupausen für ein nachhaltiges Geschäftsmodell geschaffen und damit bestehende Unternehmen über die letzten Jahre herausgefordert haben. Heute sehen wir Unternehmen, die zuvor per se nicht nachhaltig waren, jetzt aber das Thema in Produkt und Kommunikation immer mehr aufgreifen.
Was bisher eine Nische war und als „Öko“ abgestempelt wurde, ist heute nicht zuletzt bei der jungen Zielgruppe en vogue. Immer mehr tritt dabei jedoch die Problematik des Greenwashings auf, bei dem sich Unternehmen eine nachhaltigere Fassade gegenüber ihrer Zielgruppe schaffen. Um dies zu vermeiden ergibt sich für Unternehmen in den nächsten Jahren eine klare Transparenz der internen Nachhaltigkeitsleistung nach außen in Form einer Berichterstattung. Diese besteht bereits bei finanzmarktorientierten Unternehmen in Form einer nichtfinanziellen Berichterstattung (Nonfinancial Reporting Directive (NFRD)) von 2014. Die EU geht jedoch mit der sogenannten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) einen Schritt weiter und verpflichtet ab 2025 auch große Unternehmen (ab 250 Mitarbeitende und 20 Millionen Euro Bilanzsumme oder einem Umsatz von über 40 Millionen) zu berichten. Nachhaltigkeit wird und sollte in Zukunft also kein Differenzierungsfaktor mehr sein, sondern als sinnvoller Managementansatz von Anfang an mitgedacht werden.

2. Welchen Einfluss haben aktuelle Krisen, wie die Coronakrise und der Ukraine Krieg, auf die Nachhaltigkeit in Unternehmen?

Fernab von den zahlreichen negativen Auswirkungen, haben und werden diese dazu beitragen, das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext zu stärken und wichtige Innovationen voranzutreiben.
Die Coronakrise hat beispielsweise die Themen Arbeit, Mobilität und Lieferketten in Unternehmen neu ausgerichtet. Mehr denn je wurde sichtbar, welche Berufsgruppen in dieser Krise „systemrelevant“ waren und zur Lösung des Problems beitrugen — und welche nicht. Die Sinnfrage des eigenen Jobs und der Unternehmen wurde bestärkt. Geschäftliche Termine waren plötzlich von zu Hause aus über digitale Räume möglich. So musste beispielsweise nicht mehr geflogen werden, was einen positiven Einfluss auf die CO2-Bilanz hatte. Bei global bestehenden Lieferketten kommt es zu Engpässen, was auch hier zu einem Umdenken führt und das Thema Regionalität bestärkt. Aber auch der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Energiekrise bringen das Thema Energieeffizienz und Eigenenergieerzeugung auf die Agenda der Unternehmen.
Nicht zuletzt bringt die fortlaufende Klimakrise mehr denn je das bestehende lineare Wirtschaftssystem ins Schwanken und muss zu einem Umdenken in der Wirtschaftswelt bis hin zu einem Kreislaufgedanken führen.
Zumal wir bei bestehender Ressourcenknappheit unsere Ressourcen nicht mehr sinnlos und ineffizient verbrauchen können.

3. Gilt nachhaltiges Handeln heute schon als Voraussetzung für den Erfolg eines Unternehmens?

Meine persönliche Meinung dazu: definitiv sollte es das! Aber der Blick auf erfolgreiche Unternehmen der letzten Jahre zeigt, dass diese nicht immer per se nachhaltig agierten. Auch die Erfolgsgeschichte in der Start-Up-Szene, so schnell wie möglich die „Milliarde zu knacken“, um sich als Unicorn zu betiteln, zeigt die kurzfristige Sichtweise dahinter. Wir müssen also den Begriff Erfolg in der Wirtschaftswelt neu definieren. Hier setzt der andersartige Gedanke der Zebras an, die in der Start-Up-Szene das reparieren, was die Einhörner zuvor kaputt gemacht haben. Sie verbinden den gesellschaftlichen Mehrwert und somit den Sinn mit Profitabilität. Statt schnellstmöglicher Skalierung setzen sie auf maximalen Impact in der Gesellschaft. Zusätzlich zu ökonomischen Kennzahlen werden somit auch ökologische und soziale Indikatoren relevant für die Erfolgsmessung. Denn hier gilt klar, statt dem besten Unternehmen in der Welt, sollten Unternehmen anstreben das Beste für die Welt zu werden und somit die Zukunftsfähigkeit unserer Lebens- und Wirtschaftsgrundlage zu sichern.

Carina Erhardt ist Strategy Consultant bei VORN Strategy Consulting in Berlin. VORN hilft Unternehmen dabei, ihr Geschäftsmodell, ihre Marke und Innovationskraft im konstanten Wandel zukunftsstark zu machen. Das oberste Ziel ist es, Unternehmen eine schöpferische Richtung zu geben. Dafür bündelt VORN seine Kompetenzen und sein Methoden-Spektrum in drei Bereiche: Markenführung, Innovation und Transformation.

VORN Strategy Consulting. Strategien für Marken und Morgen.

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