Wagnerwagner beim OFFF Festival 2017 — Tag 1

Wagnerwagner
7 min readApr 27, 2017

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Das Außengelände des Museu del Disseny de Barcelona während der OFFF

Die Vorträge des ersten Tags

Outrostudio

Junges siebenköpfiges Studio aus Barcelona das viel klassisches Grafikdesign aber auch Animation und Bewegtbild macht.

Die haben das ziemlich gute Kommunikationsmaterial des diesjährigen OFFF gestaltet, also unter anderem die Printsachen, den wirklich tollen Eröffnungsfilm, die Onscreen-Grafiken vor Ort und das Festival-Buch, das auch hier in der Agentur liegt. Neben der OFFF-Kampagne sprachen sie über die Bedeutung und die Vorteile von Low-Budget- und Eigenprojekten und über die Wichtigkeit der Beziehungen zwischen Agentur und Auftraggeber.

Die Website des Studios ist ziemlich unspektakulär, hat aber ein paar nette Spielereien wie die PreLoad-Animation und die animierte Illustration auf der Contact-Seite. Einige der auf dem OFFF und der Website vorgestellten Projekte (wie der Clip für das Sonnenbrillenlabel Etnia aus Barcelona), wie auch den OFFF-Kram selbst finde ich ziemlich gut.

Adam J. Kurtz

Adam J. Kurtz ist ein ziemlich sympathischer Künstler aus New York der mit gestalterisch sehr simplen aber inhaltlich durchaus spannenden (Typo-)Illustrationen auf Instagram bekannt wurde. Heute lebt er vor allem von Büchern die er schreibt und Produkten die er in Zusammenarbeit mit verschiedenen Läden und Onlineshops etc. gestaltet.

Der Vortrag stand unter dem Titel „feelings and fun“ und war ziemlich unterhaltsam. Alles begonnen hat für ihn mit den „Sorry I am such an asshole“-Luftballon. Er wollte eigentlich nur einen um mit seinem damaligen Freund Schluss zu machen. Weil er gleich einige dutzend bedrucken musste, hat er die übrigen im Internet verkauft. Die Luftballons liefen wohl ziemlich gut nachdem sie auf Tumblr viral gingen und tatsächlich werden die auch nach wie vor online verkauft.

Die Website ist allerdings eher pragmatisch (um es positiv zu formulieren) und dient im wesentlichen auch nur dem Vertrieb von Produkten. Mehr aktuelle Kunst passiert nach wie vor auf Instagram.

Foto aus ADAMJK GIFT SHOP

Adobe & Kelli Anderson

Erst hat Adobe (auch dieses Jahr wieder einer der Sponsoren des OFFF) ein bisschen über die Communitygestützte Entwicklung von Adobe Experience Design sowie das Adobe Creative Residency Programm für junge Kreative gesprochen. Bei letzterem werden Künstler ein Jahr von Adobe gesponsert, müssen aber dafür halt Adobe-Programme nutzen und online darüber berichten. Eingeleitet wurde das ganze von einem Adobe-Vertreter der zu fetziger Musik und einem Hochglanz-Werbeclip eine E-Gitarre auf der Bühne zerlegte. Das war eher peinlich.

Danach folgte direkt der Vortrag einer 2015 geförderte Künstlerin namens Kelli Anderson, die über ihre charmante Arbeit gesprochen hat. Ihr Motto war dabei „Lo-Fi-Magic“, also mit einfachen Mitteln erzeugte, händische Projekte, die aber immer mit einem Kniff daherkommen. Neben einer funktionierenden Papierkamera hat sie unter anderem eine Schallplatten-Hochzeitseinladungen gezeigt, die mal viral durchs Netz geisterte — meine wir hatten die auch in der Gesamtsituation, mir war sie auf jeden Fall auch bekannt.

Die Website der jungen Dame könnte definitiv Arbeit gebrauchen, die ist nämlich ziemlich altbacken und auch inhaltlich veraltet. Neues Zeug gibt es wohl eher auf dem Blog.

Folch

Eher philosophischer Vortrag zu wunderschönen Naturaufnahmen und passender Soundkulisse, der die Arbeits- und Sichtweisen der Agentur aus Barcelona eher abstrakt präsentiert hat. Sehr speziell, aber ich fand es ziemlich gut — auch weil es mal was ganz anderes war.

Über die Arbeit hat man hingegen quasi gar nichts erfahren, denn selbst die schönen Bilder waren nicht alle Inhouse-Erzeugnisse. Aber dafür gibt es ja die Website der Agentur auf der übrigens auch Hintergrundinfos wie die Motivation zum OFFF-Vortrag zu finden sind.

Wasted Rita

Die Künstlerin Rita Gomes macht unter dem Pseudonym Wasted Rita grafisch wenig ausgefeilte dafür teils recht vulgäre Kunst und hat einen verqueren Vortrag gehalten bei dem Sie jeden zweiten Satz mit „I suck, because…“ angefangen und insgesamt deutlich früher als geplant aufgehört hat.

Hat mich stark an Mr. Bingo letztes Jahr und ein bisschen an den zuvor schon gesehenen Adam JK erinnert, gefiel mir aber im direkten Vergleich nicht ganz so gut — weder von der Kunst, noch vom Vortrag. Einen Blick ist ihre Arbeit schon wert — auch wenn ich mich wunder, dass man davon scheinbar leben kann. Wohl gar nicht mal so unerfolgreich, schließlich hat sie u.a. auch Arbeiten zu Banksys Dismaland beigetragen. Meine Favoriten unter den gezeigten Arbeiten: Love Letters, Unfortunate Cookies und Neon Lights.

Die Website ist unspektakulär (irgend eine Baukasten-Website), aber es gibt auch noch einen ziemlich aktiven Instagram-Account. Überhaupt scheint der bei diversen Kreativen inzwischen wichtiger als die eigene Portfolio-Website zu sein.

crisis and bullshit von Wasted Rita

Forreal

Eine deutsche Agentur aus Trier mit Fokus auf 3D und Illustration .

Die Sprachen davon wie man eine Balance aus Eigenprojekten zur Motivation und Kundenprojekten zur Finanzierung findet. Sie hatten auch ein Anti-Reel in dem sie ausschließlich Arbeit gezeigt haben, auf die Sie nicht stolz waren (die auch nicht auf der Website der Agentur zu finden sind), sondern die sie nur fürs Geld gemacht haben. Außerdem ging es um Quickies, kurze Eintags-Eigenprojekte die immer wieder zu bezahlten Projekten führen. Diverse Sachen von denen sind mir auch schon Online über den Weg gelaufen, allen voran die explodierenden Früchte, die das Studio kurz nach der Eröffnung zur Eigenwerbung gestaltet hatte.

Der Vortrag war super, die Arbeiten finde ich teilweise recht gut und teilweise eher schlecht. Auf der aufgeräumten Website gibts auf jeden Fall genug Auswahl von beidem.

Corporate Warfare von FORREAL

Middle Boop

Studio des sehr britischen Illustrator und Designer Gordon Reid.

Lustiger Vortrag (ich stehe auf den trockenen, britischen Humor), der aber die traditionelle Grafik-Arbeiten nicht wirklich vermitteln konnte. Dafür hat man einen ganz guten Einblick in den Werdegang des Designers erhalten.

Die wohl kürzlich erneuerte Website zeigt die Arbeiten deutlich besser, auch wenn ich trotz teils großer Kunden nach wie vor nicht übermäßig beeindruckt bin. Unterhaltsam war es aber auf alle Fälle und den ein oder anderen Tipp gab es auch abzugreifen.

Visa Rio Olympics von Middle Boop

Hungry Castle

Künstler-Studio aus Barcelona das unter anderem das Modelabel Cool Shit und den ButiClub ins Leben gerufen hat.

Auch sonst machen die eher freakigen Kram, in letzter Zeit vor allem diverse aufblasbare Skulpturen (wie den begehbaren Lionel Richie-Kopf, eine Laser schießende Katzenkopf und ein begehbares Poop-Emoji mit integrierter Schoko-Eisdiele), über deren Entstehung sie gesprochen haben. Die hatten einen ziemlich freakigen Vortrag, inklusive Kanye West Pappmaché-Kopf. Nette Anekdote zum Big Bird; Die Skulptur sollte Besucher eines Festivals mit Fake-Scheiße besprühen, weil das wohl Glück bringt. Bei der Erstellung der braunen Substanz hat man dann dummerweise auch natürliche Zutaten verwendet und nicht bedacht, wie sich diese nach drei Tagen in der Sonne verändern. Dadurch wurde es dann ungewollt egklig und erschreckend realitätsnah.

Sympathische Menschen mit witziger, abstruser Kunst, schaut am besten mal auf deren Website (die ich trotz der Einfachheit gut finde) oder dem Onlineshop vorbei.

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