Antwort auf mir gestellte Fragen Teil 1

Adrian Oertli
3 min readJun 27, 2016

Wie kann man die Welt wirklich verbessern? Aus meiner Sicht nur im Dialog. Es freut mich deshalb sehr, dass mich per Twitter auch gewisse Fragen gefunden haben. Hiermit will ich anfangen darauf einzugehen. Ihr könnt mir natürlich gerne weitere Fragen stellen. Wenn mir danach ist, dann antworte ich darauf.

Frage 1: Wieso bist Du so friedlich?

Jetzt gerade fühle ich mich wirklich friedlich. Das hat damit zu tun, dass ich sehr schöne Begegnungen mit meinen PatientInnen hatte. Menschen ernstzunehmen, zu sehen, was in Ihnen lebendig ist. Mich von ihrem Freud und Leid berühren zu lassen. Sie darin zu unterstützen, hilfreiche Strategien zu entwickeln, um ihre Bedürfnisse besser zu befriedigen. Das gibt mir sehr viel Frieden.

Manchmal bin ich aber auch wütend. Dann ist ein Teil in mir aktiv, der über andere richten will, ihnen “die Meinung sagen” will. Sie bestrafen will. Manchmal nimmt der Teil von mir auch überhand und ich folge seinen Impulsen. Jedesmal wenn ich das mache, werde ich jedoch merken, dass es mich nicht besser fühlen lässt. Kein Wunder, bin ich ja in diesem Moment überhaupt nicht in Verbindung mit meinen Bedürfnissen und habe so auch keinen guten Kontakt zu Strategien, welche diese wirklich befriedigen. Deshalb versuche ich wann immer möglich, meinem “inneren Wolf” (um die Sprache der gewaltfreien Kommunikation zu benutzen) erst solange zuzuhören, um herauszufinden, was mein eigentliches Bedürfnis ist.

Dann ist mir auch bewusst, dass Menschen sehr gerne zum Glück von anderen Menschen beitragen, wenn sie das Gefühl haben, dass sie es freiwillig machen. Jedesmal wenn ich Menschen klarmache, dass ich irgendwas von ihnen “verlange”, dann trage ich dazu bei, dass dieses Gefühl von Freiwilligkeit beschädigt wird und die Freude am Geben sich verringert. Da ich in meinem Glück von anderen Menschen abhängig bin, ist es von dem her meinen Bedürfnissen langfristig dienlich, wenn ich niemanden unter Druck setze.

Marshall Rosenberg hat diese Weisheit mit diesem Zitat von ihm wunderbar auf den Punkt gebracht:

“Tue nichts aus Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder um mehr geliebt zu werden und erwarte auch nicht von anderen, dass sie etwas aus Angst, Schuld Scham oder Pflicht für dich tun. Unser Leben ist viel zu kurz und zu wertvoll, für den Preis, den ihr dafür bezahlen werdet. Tue alles nur mit der Freude W>aseines kleinen Kindes, das eine hungrige Ente füttert.”

Und wenn wir schon bei Marshall Rosenberg sind… Er ist für mich sicher eine sehr wichtige Figur, auch wenn ich ihn nie persönlich kennengelernt habe. Er hat mir gelehrt und vorgelebt, wie man ein Leben führen kann, indem man “niemanden so viel Macht gibt, um sich ihm zu unterwerfen oder gegen ihn zu rebellieren”. Er hat mir gezeigt, dass Verletzbarkeit, Bedürfigkeit und Stärke keine Widersprüche sind. Hat mir geholfen meine Beziehungsprobleme besser zu verstehen. Hat mir geholfen, wieder Vertrauen in die Menschheit zu gewinnen. Hat aber auch mein Bewusstsein dafür geschärft, wie ich im Alltag mit jeder meiner Handlungen zu einer gewalttätigeren oder empathischeren Welt beitragen kann. Gewalt ist ansteckend. Empathie jedoch genauso. Je besser wir uns verstehen, desto schwieriger fällt es, uns zu verurteilen…

Soweit für heute. Offene Fragen sind noch. Falls noch neue dazukommen, werde ich jeweils die beantworten, wo ich am meisten Bock drauf habe…

  • Wieso bist Du so ein Revisionist?
  • Was hälst Du vom grossen Genossen Mao?

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Adrian Oertli

Aussteiger aus dem gewaltbereiten linksextremen Milieu, Psychotherapeut, Gleitschirmflieger, Rapper, Teilzeitmensch