Einfluss von Bindungstrauma auf partnerschaftliche Beziehungen — von Alexander Bohley

Alexander Bohley
4 min readApr 14, 2024

“Streit gehört zu einer Beziehung dazu” — “man muss sich auf mal fetzen!” — “ein Gewitter reinigt die Luft” — an solche limitierenden Ideen habe ich auch mal geglaubt.

Seit ich jedoch eine Partnerschaft führe, in welcher es nicht einen einzigen Konflikt gab und so etwas wie “Streit” ein Fremdwort ist, habe ich erkannt, wie schön das ist.

Wie sicher sich eine solche Beziehung anfühlt. Wie harmonisch. Und wie viel Liebe sich kumuliert, ist unbeschreiblich schön.

Was ist unser Geheimnis?

Darauf gibt es zwei Antworten:

  1. Wir passen einfach gut zusammen. Wir teilen das gleiche Bedürfnis nach Nähe und Distanz, wir vertreten die gleichen Werte und haben die gleichen Vorstellungen von einem gemeinsamen Leben
  2. Wir haben uns dazu entschieden unsere bindungstraumatischen Anteile aus der Beziehung herauszuhalten. Wir reden über diese Anteile, aber wir leben sie nicht aus.

Wie findet man einen Partner, mit dem man sich gut versteht?

Auch hier gibt es einen Glaubenssatz, und zwar: “Gegensätze ziehen sich an.” — und das stimmt. Jedoch, und das zeigen Studien eindeutig (“Love Lab”; John Gottman), sinkt die Beziehungsqualität, je unterschiedlicher die Partner sind

Und hier kommt das Thema “Bindungstrauma” ins Spiel. Oftmals suchen wir uns instinktiv einen Partner, dessen Struktur entgegengesetzt unserer eigenen Traumastruktur ist.

Sind wir z.B. Verschmelzer, dann verlieben (ver-lieben; Achtung!) wir uns in einen Menschen, der großen Wert auf seine Eigenständigkeit legt. Denn wir sind von dem Anteil angezogen, der in uns selbst nicht integriert ist.

Doch was dann passiert ist, dass wir unser eigenes Trauma immer wieder aufs Neue durchleben. Z.B.: “Ich werde abgelehnt und verlassen.” oder “Mir wird meine Freiheit entzogen.”

Deswegen sollten wir bei Bindungstrauma eine bewusste Beziehungsentscheidung treffen und eben nicht auf unser Bauchgefühl hören. Denn diese Intuition ist durch das Trauma verzerrt.

Ich kann nur empfehlen, dass wir uns einen Partner suchen, der unser Trauma nicht länger bestätigt, sondern uns zeigt, dass wir mit unseren Wünschen und Bedürfnissen in Ordnung sind.

Als ich damals auf Partnersuche gegangen bin, habe ich vor allem auf Gemeinsamkeiten geachtet:

  • befinden wir uns im gleichen Bewusstsein?
  • vertreten wir die gleichen Grundwerte?
  • haben wir die gleiche Vorstellung von Beziehung?
  • wollen wir gleich viel Nähe und Distanz?
  • decken sich unsere Lebensziele?
  • möchten wir die gleichen Lebensumstände schaffen?
  • schaffen wir es eine gemeinsame Sprache (metaphorisch) zu sprechen?
  • usw.

Und das hat sich als Volltreffer herausgestellt. Die beste Möglichkeiten sich in Beziehung wirklich sicher zu fühlen und in dieser Sicherheit zu heilen.

Wie haben wir es geschafft, das Bindungstrauma nicht auszuleben?

Normalerweise werden Beziehungen von zwei traumatisierten Kindern geführt. Das führt zu:

  • Manipulation
  • Angriff
  • Flucht
  • Ignorieren
  • Betäuben

In dem Moment, in dem man dies auslebt, ist die Beziehung zum Scheitern verurteilt und das Bindungstrauma bleibt unangetastet.

Denn warum verhalten wir uns so?

Aus Angst. Wir haben Angst vor den Gefühlen, die entstehen, wenn wir damit aufhören.

Wir haben uns gesagt, dass wir uns den Gefühlsräumen stellen und uns unsere Gefühle gegenseitig mitteilen.

Ein Beispiel dazu:

Falsch: Der Mann schaut auf der Straße einer anderen Frau hinterher. Die Frau fühlt sich verletzt und empfindet Eifersucht. Sie ignoriert den Mann. Dieser weiß nicht, was los ist und wird sauer, weil er ignoriert wird. Er reagiert mit Angriff — einer Schimpftirade auf die Frau. Die Frau fühlt sich noch verletzter und ergreift die Flucht. Sie läuft weg und meldet sich nicht mehr. Der Mann ist vollkommen verzweifelt und betäubt sich mit ein paar Flaschen Bier. Die Frau kommt nach Hause und findet ihren Mann betrunken vor. Sie fühlt sich verletzt und betäubt sich ebenfalls, in dem sie zu ihrem besten Freund fährt und ihrem Mann fremd geht. Die Beziehung zerbricht.

Richtig: Der Mann schaut auf der Straße einer anderen Frau hinterher. Die Frau fühlt sich verletzt und empfindet Eifersucht. Sie sagt: “Ich fühle emotionale Verletzung. Ich fühle Eifersucht.” Der Mann fragt: “Wieso, was ist passiert?” Die Frau erwidert: “Mein Eindruck war, dass du gerade dieser Frau nachgeschaut hast, stimmt das?” Der Mann sagt dazu: “Ja, das stimmt. Diese Frau war attraktiv und ich habe geschaut. Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe. Ich fühle jetzt Scham. Ich fühle Schuldgefühle.” Die Frau fragt: “In meinem Kopf ist die Idee, dass du mich nicht mehr attraktiv findest, stimmt das?” Daraufhin der Mann: “Nein, gar nicht. Ich finde dich attraktiv. Ich fühle Verwunderung. Wie kommst du denn darauf, dass ich dich nicht mehr gut finde?” Die Frau: “Na, weil du andere Frauen anschaust.” Der Mann dazu: “Ich hatte den Impuls zu schauen, ja. Aber das hat wirklich nichts mit mir zu tun. Glaubst du mir das?” Die Frau antwortet: “Ja, das glaube ich dir.”

Du siehst also, dass mit der richtigen Kommunikation nicht nur ein Konflikt vermieden werden kann, sondern bindungstraumatische Ideen auch aktualisieren werden können.

Aber wie schafft man das, nicht in seine bindungstraumatischen Muster zu fallen?

Das ist nicht leicht, klar. Manchmal bedarf es Traumaarbeit, um an diesen Punkt zu kommen.

Wie geht das? Das erfärhst du hier: https://deep-connect.net

Dein
Alexander Bohley

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