No 22 — On Point

Zielgruppendefinition

Alexander Schlosser
4 min readJun 4, 2017

Eine Passion für Autos, männlich oder weiblich, zwischen 20 und 40 Jahren alt, hohe bis sehr hohe Aktivität in sozialen Netzwerken: Eine grobe Einordnung der Zielgruppe war durch die vorangegangenen Interviews bereits gegeben — und hatte sich durch die intensive Auseinandersetzung mit potenziellen Nutzern im Rahmen des Businessplans im Einzelnen auch bestätigt.

Doch die Arbeit an Compass sollte zeigen: Generell bietet das Konzept die Möglichkeit, eine weitaus größere Nutzergruppe anzusprechen. Eine Nutzergruppe, die über den leidenschaftlichen Autofahrer hinausgeht.

SIGMA Milieus

Doch der Reihe nach. Zuerst galt es, eine genauere Einordnung, eine Benennung möglicher Nutzergruppen vorzunehmen.

Ausgangspunkt: Der ausgeprägte Fokus der Anwendung auf digitalen Medien sowie der intuitive Ansatz bei der Generierung neuer Routen. Und die Erkenntnis, dass Compass damit in erster Linie progressiv orientierte Menschen anspricht. Menschen, die bereit sind, neue Lösungen auszuprobieren und gelernte Muster zu überdenken.

Aber wodurch zeichnen sich diese Nutzer aus? Eine gute Orientierung liefert SIGMA — ein Marktforschungsunternehmen, das sich mit seinem gleichnamigen Milieumodell auf die Autobranche spezialisiert hat.¹ Die SIGMA Milieus gehen über rein demografische Komponenten hinaus, untersuchen zudem das Verhalten der Nutzer und definieren zehn Lebensleitbilder.² Ausgehend von den bisherigen Erkenntnissen liegt eine Fokussierung auf dem Modernen Arbeitnehmermilieu sowie — zumindest in Teilen — dem Postmodernen Milieu nahe.

Die SIGMA Milieus in der Übersicht

Modernes Arbeitermilieu
„Vielfach jüngere Facharbeiter, white- und no-collars in neuen Branchen (moderne Dienstleistungen). Aufgeschlossen für Neues (Erfahrungen, Erlebnisse, Lebensweisen, Konsum).
Jung, flexibel, ambitioniert, konsumfreudig, so zeigen sich die meisten Angehörigen dieses, für das Lifestyle-Verständnis im modernen Mainstream so wichtigen Milieus.“ ³

Postmodernes Milieu
„Junges, zumeist hochgebildetes Avantgarde-Milieu mit Schwerpunkt in den Metropolen. Lebensstil-­Trendsetter mit subjektivistischer Lebensphilosophie: Der Einzelne als Ingenieur seines persönlichen Universums.
Sie sind selbstbewusste Lifestyle-Architekten, die sich ohne Bauanleitung aus ihrem ­individuellen construction kit einen Lebensstil nach ihrem persönlichen Maß schneidern. Hier wird die Freiheit des anything goes gepflegt (ausgenommen: der Durchschnittsgeschmack)“ ⁴

Das Blickfeld weiten
Doch bei genauerer Betrachtung fällt auf: Die Definitionen greifen zu kurz, schließen einen Großteil potenzieller Nutzer durch einen starken Fokus auf einem guten Bildungsniveau sowie hohem Einkommen von vornherein aus.

Das Intro hob das individuelle Fahrerlebnis hervor, sprach von einem Werkzeug zum Entdecken neuer Orte.
Aspekte, die laut SIGMA auch dem hedonistischen Milieu zugeschrieben werden können. »Die ständige Suche nach Abwechslung«, »das Leben genießen, aus den Zwängen des Alltags ausbrechen«, heißt es in der kurzen Beschreibung⁵. Punkte, die aufzeigen, dass Compass sich nicht allein auf die mittlere bis obere Mittelschicht beschränken darf, sondern sich auch nach unten öffnen muss.

Mit dem Wegfall der Markenbindung ergibt sich die Chance, unabhängig von bestehenden Kernwerten zu agieren und das Zielpublikum zu erweitern.

Zum Ende des zweiten Semesters war das Dienstleistungskonzept noch stark an die Marke MINI gebunden und dementsprechend in Milieus mit der entsprechenden Kaufkraft positioniert. Doch mit dem Wegfall der Markenbindung ergibt sich die Chance, unabhängig von bestehenden Kernwerten zu agieren und das Zielpublikum zu erweitern. Zumal die Nutzung von Compass stets kostenlos bleiben und sich — ähnlich wie Instagram oder Facebook — allein über Branded Content finanzieren soll.

Letztlich wird die Art der Nutzung definieren, welche Bedürfnisse mit dem Dienstleistungsangebot befriedigt werden. Allein das Interesse an schönen Umgebungen, am Entdecken neuer Orte reicht beispielsweise aus, um einen Nutzen in Compass zu finden — ganz unabhängig davon, ob man passionierter Auto- beziehungsweise Motorradfahrer ist oder nicht.

Klar ist: Compass bewegt sich stets in einem modernen bis postmodernen Umfeld — spannt dabei aber einen Bogen, der nahezu alle sozialen Schichten abdeckt. Der Besitz eines Autos ist — insbesondere in der Schweiz — nur bedingt vom sozialen Stand abhängig⁶⁺⁷. Und über Car Sharing und Mietangebote wird der Kreis potenzieller Nutzer abermals erweitert.
Und so steht am Ende auch die Erkenntnis, dass sich die Zielgruppe von Compass hauptsächlich über eine hohe Affinität zu digitalen Medien und sozialen Netzwerken definiert. Eine genauere Eingrenzung ist — wie oben bereits eingehend besprochen — zwar möglich, mit Blick auf die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der App aber stets mit Vorsicht zu betrachten.

Der Aufbau einer Community mit ähnlichen Interessen und Anforderungen wäre ohne einen klaren Fokus innerhalb der Anwendung ungleich schwerer.

Ein Fokus auf Auto- und Motorradfahrern ist sicherlich nicht zu leugnen. Sonst würden Features wie die Einbindung eines Driving Ratios (Bewertungsgrundlage für die Qualität einer Fahrstrecke) oder Angaben über die eigenen Fahrzeuge im Nutzerprofil nur bedingt Sinn ergeben. Und auch der Aufbau einer Community mit ähnlichen Interessen und Anforderungen wäre ohne einen klaren Fokus innerhalb der Anwendung ungleich schwerer.
Gleichzeitig darf sich Compass anderen Nutzern gegenüber aber nicht von vornherein verschließen, sie durch eine allzu technisch orientierte Anmutung oder Fachjargon gar verschrecken.
Das Dienstleistungsangebot bewegt sich letztlich in einem ähnlichen Feld wie Instagram, Facebook oder VSCO, deren jeweiliger Zweck sich für den Einzelnen hauptsächlich aus den veröffentlichten Inhalten ergibt. Und so stellt auch das Erscheinungsbild von Compass die Inhalte selbst in den Mittelpunkt, schafft eine Bühne und lässt dem User genügend Raum, einen persönlichen Nutzen aus der Anwendung zu ziehen.

¹
vgl. SIGMA: Die SIGMA Milieus. URL: www.sigma-online.com/de/SIGMA_Milieus. Zuletzt abgerufen am 2. Mai 2016

²
vgl. ebd.

³
vgl. ebd.


vgl. ebd.


vgl. ebd.


vgl. Haefeli, Ueli; Arnold, Tobias (2015): Autofreie Lebensstile — Spezialauswertungen der Mikrozensen Verkehr 1994, 2000, 2005 und 2010 sowie der Haushaltsbudgeterhebung (HABE) 2009–2011. Bericht zuhanden des Bundesamts für Energie (BFE). Interface Politikstudien Forschung Beratung. Luzern. S. 28


vgl. Giusto, Lina (2016): Wer sich heute alles noch ein Auto kauft. URL: www.aargauerzeitung.ch/wirtschaft/maennlich-ueber-40-und-gutverdiener-wer-sich-heute-alles-noch-ein-auto-kauft-130107740. Zuletzt aufgerufen am 20. Mai 2017

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