Festgeld Betrug 2023: Erfahrungen aus meiner Anwaltskanzlei!

Anwalt Martin Wehrmann
5 min readDec 2, 2023

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Festgeldbetrüger fluten das Internet. Die Täter sind keine Kleinkriminellen, sondern hochorganisierte, international agierende Betrügernetzwerke.

Was mir als Anwalt bei der Bearbeitung dieser Fälle von Festgeld Betrug im Jahr 2023 aufgefallen ist, beschreibe ich Ihnen hier als “druckfrischen” Erfahrungsbericht.

Ausländische Bankkonten: Auf welchem Namen laufen die IBANs?

Wie die Festgeld Betrugsmasche funktioniert, habe ich bereits hier dargestellt. Den Anlagebetrügern gelingt es, ihre Websites aussehen zu lassen, als seien sie tatsächlich von einem seriösen Festgeldanbieter erstellt. Selbst der direkte Kontakt zum vermeintlich vertrauenswürdigen Finanzvermittler ist einwandfrei eingefädelt.

Doch es gibt neue Details, die mir zunehmend auffallen:

  1. Die Betrugsopfer erhalten authentisch wirkende Vertragsunterlagen.
  2. Nach Unterzeichnung wird eine IBAN mitgeteilt.
  3. Diese IBAN soll angeblich ein Festgeldkonto sein.
  4. Hierfür werden ausländische Banken von den Tätern genutzt.
  5. Doch die Bankkonten laufen nicht auf den Namen der Betrugsopfer!
Anlagebetrug mit Festgeld
Festgeld Betrug: ZEIT Online zitiert Rechtsanwalt Martin Wehrmann

Wieso fällt der Schwindel bei den Bankkonten nicht auf?

Beim Festgeld Betrug machen die Scammer es sich zunutze, dass unser Bankensystem im Euroraum primär über das Unterscheidungsmerkmal “IBAN” abläuft. Beispielsweise ist der Name des Empfängers einer Zahlung kein dringend notwendiges Detail hinsichtlich der Überweisung.

Somit können die Täter den gutgläubigen Betrugsopfern eine IBAN übermitteln und es aussehen lassen, als liefe dieses Bankkonto auf ihren Namen. Tatsächlich handelt es sich um ein extra für die Betrugsmasche mit der Geldanlage eingerichtetes, fremdes Konto.

Bedeutet:

  1. Die Betrugsopfer überweisen an eine IBAN und geben ihren eigenen, echten Namen als Empfänger der Zahlung an.
  2. Bei der ausländischen Bank, die ebenso ahnungslos ist wie die Betrugsopfer, wird die Zahlung entsprechend der IBAN verbucht.
  3. Dass dabei der Name des Zahlungsempfängers abweicht, spielt anscheinend für die ausländischen Banken keine große Rolle.
  4. Somit haben die Festgeld Betrüger es geschafft, den Betroffenen vorzugaukeln, sie hätten auf ihr eigenes Festgeldkonto eingezahlt.

Anruf bei der Bank?

Der Anlagebetrug mit Festgeld entpuppt sein hässliches Gesicht erst, wenn die Betrugsopfer nach Ablauf der Vertragslaufzeit feststellen, dass keine Auszahlung erfolgt. In den meisten Fällen kommt dieses “böse Erwachen” also nach 12–24 Monaten.

Wenn sich die Betrugsopfer nicht bereits anwaltlich vertreten lassen, führen sie meinen Erfahrungen nach zunächst eine Eigenrecherche durch. Sprich, die Betrugsopfer melden sich bei der ausländischen Bank und fragen, wo das Geld geblieben ist!

Die Bank teilt dann entweder gar nichts mit (“Bankgeheimnis”), oder es erfolgt die Information, dass ein Bankkonto auf den Namen des Betrugsopfers nicht existiert. Die IBAN, welche zu Beginn der Kooperation mit den Festgeldbetrügern übermittelt wurde, gibt es jedoch sehr wohl!

Natürlich ist das Bankkonto mit der besagten IBAN längst “geplündert” worden. Wenn überhaupt, gab es nur zum Schein einige Zinsausschüttungen, doch die eigentliche Anlagesumme ist auf weitere, nochmals ausländische Bankkonten der Betrüger verteilt worden.

Nach der Festgeld Betrugsmasche einen Überweisungsrückruf initiieren?

Normalerweise können Sie bei Ihrer Bank einen Überweisungsrückruf in Auftrag geben — selbst bei Auslandszahlungen. Doch dieses bankeninterne “Instrument” sieht sehr kurze Fristen vor und ist abhängig von der Zustimmung des Zahlungsempfängers und seiner Bank.

Somit kann zwar ein solcher Überweisungsrückruf durchgeführt werden, er stößt beim Anlagebetrug mit Festgeld aber aufgrund des zeitlichen Ablaufs bereits an seine Grenzen.

Denn nach 12–24 Monaten — die üblichen Laufzeiten einer Festgeldanlage — werden Banküberweisungen nicht per Überweisungsrückruf “einfach so rückabgewickelt”. Ferner werden die Täter hinter der Betrugsmasche keinesfalls ihre Zustimmung erteilen.

Geldwäschegesetzgebung beim Festgeld Betrug: Wieso hat die ausländische Bank solche Geldsummen ohne Sonderprüfung angenommen?

Oben habe ich Ihnen beschrieben, dass eine Überweisung per IBAN nicht notwendigerweise einen “stimmigen Zahlungsempfänger” aufweisen muss, um erfolgreich verbucht zu werden. Doch beim Festgeld Betrug sprechen wir von hohen, meist fünf- bis sechsstelligen Eurosummen, die verschoben werden.

Somit stellt sich für mich als Rechtsanwalt die Frage, inwieweit das geltende Geldwäschegesetz — sowohl in Deutschland, als auch in der Europäischen Union — die Banken nicht verpflichten würde, solch hohe Transaktionen kritisch zu hinterfragen.

Denn grundsätzlich ist es nicht “normal” oder “üblich”, dass 50.000,00 Euro problemlos verbucht werden, obwohl ein falscher Zahlungsempfänger angegeben wurde! Siehe auch: Mittelherkunftsnachweis.

Schadensersatz bei Anlagebetrug mit Festgeld gegenüber der Empfängerbank?

Die Betrugsopfer können allerdings nicht direkt aus dem Geldwäschegesetz einen Schadensersatzanspruch gegenüber der Empfängerbank geltend machen. Einen solchen Schadensersatzanspruch sieht das Geldwäschegesetz nicht vor.

Denn Sinn und Zweck des Geldwäschegesetzes ist es nicht, Kapitalanlagebetrug zu verhindern und damit verbundene Schäden zu bereinigen.

Trotzdem kann eine erhebliche Sorgfaltspflichtverletzung der ausländischen Bank als Anknüpfungspunkt für andere Arten von Schadensersatz — auch in Verbindung mit dem Geldwäschegesetz — geprüft werden. Immerhin gab es einen abweichenden Zahlungsempfänger, eine erhebliche Geldsumme, sowie — vermutlich — ohnehin Auffälligkeiten beim Kontoinhaber.

Denn die Festgeldbetrüger nutzen oftmals ein- und dasselbe Bankkonto, um mehrere Betrugsopfer abzuzocken. Somit hätte der Bank doch bereits aus Perspektive des gesunden Menschenverstands auffallen können, dass “etwas gehörig nicht stimmt”!

Müsste eine anständige Bank hier nicht genauer hinschauen:

  1. Mehrere bis dato unbekannte Personen überweisen 50.000,00 Euro.
  2. Allesamt haben sie die gleiche IBAN genutzt.
  3. Das Geld kommt ausschließlich aus dem Ausland.
  4. Jede einzelne Überweisung hatte einen abweichenden Zahlungsempfänger.
  5. Wann, wenn nicht in diesen offensichtlichen Fällen, muss das Sicherheitssystem der Empfängerbank denn endlich Alarm auslösen?

Die Rolle der Empfängerbank ist daher im konkreten Einzelfall nicht außer Acht zu lassen.

Echter Erfahrungsbericht einer betroffenen Person!

Wie ein Festgeld Betrug konkret abläuft, mag folgender, echter Beispielfall aufzeigen. Eine betroffene Person schrieb mir — leider sehr spät — , da sie vermutete, online in die Fänge eines betrügerischen Unternehmens geraten zu sein. Es ging konkret um “Einlagenkompass”, einem angeblich seriösen Festgeldanbieter.

Verführt von der Aussicht auf anständige Zinsausschüttungen, wählte die betroffene Person eine renommierte Bank aus und überwies, den Anweisungen von “Einlagenkompass” folgend, ihr Geld auf ein dortiges Konto. Zuvor hatte sie ihre persönlichen Daten und den Personalausweis per E-Mail an das Unternehmen gesendet.

Misstrauen keimte auf, als von der Bank trotz mehrfacher Nachfragen keine Bestätigungsmitteilung für die vermeintliche Festgeldanlage eintraf. Spätere Online-Recherchen der betroffenen Person führten sie zu meiner bereits seit Wochen veröffentlichten Warnung vor dem dubiosen Unternehmen auf.

Inzwischen waren sowohl die Telefonleitungen, als auch die Website des Unternehmens nicht mehr erreichbar!

Die betroffene Person wandte sich zunächst “auf eigene Faust” verzweifelt an ihre Hausbank, um ihr Geld zurückzuerlangen, doch die Erfolgsaussichten waren auf diesem Wege düster.

Ein darauffolgender Anruf bei der Empfängerbank im Ausland ergab, dass das Konto nicht auf ihren Namen registriert war, weshalb ihr keine weiteren Informationen zugänglich gemacht wurden.

Sie versuchte noch, bei der Empfängerbank in Eigenregie zumindest eine Kontosperrung zu erreichen — doch keine Chance. Somit hat sie sich in ihrer Verzweiflung endlich an eine spezialisierte Anwaltskanzlei gewandt.

Was erwarte ich für 2024? Festgeld Betrug dürfte zunehmen!

Mittlerweile muss ich aufgrund meiner Erfahrungen davon ausgehen, dass die Täter “gerade erst angefangen” haben. Bereits in 2023 haben sich unzählige Geschädigte in meiner Kanzlei gemeldet.

Ich habe die Schadensmeldungen entsprechend aufgenommen, analysiert, mit bereits vorhanden Informationen abgeglichen und anschließend meine Warnliste Geldanlage aktualisiert. Auf Wunsch meiner Mandantinnen und Mandanten leite ich die erforderlichen Maßnahmen ein — sowohl in zivilrechtlicher, als auch in strafrechtlicher Hinsicht.

Auf meiner “schwarzen Liste” für unseriöse Festgeldanbieter stelle ich die bekannt gewordenen Abzocker an den digitalen Pranger.

Doch die Täter schlafen nicht. Durch künstliche Intelligenz gestützt, werden sich die Hintermänner nochmals “hübschere Websites” aufbauen und umso überzeugender wirken können (sehen Sie hierzu meine Erfahrungen mit unseriösen Trading-Plattformen).

Sie basteln vermutlich an weiteren Methoden, den Menschen ihr eisern Erspartes abzuknöpfen. Insbesondere fällt mir auf, dass längst keine “astronomisch hohen Zinsen” mehr versprochen werden — viel eher versuchen die Kriminellen, mit attraktiven, aber trotzdem marktüblichen oder “hauchdünn-überdurchschnittlichen” Angeboten auf Jagd zu gehen.

Rechtsanwalt Wehrmann führt eine eigene Warnliste zum Festgeld Betrug
Anwalt Martin Wehrmann: “Auf meiner Warnliste Geldanlage benenne ich aktuelle Festgeldbetrüger!”

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Written by Anwalt Martin Wehrmann

Hier schreibt Anwalt Martin Wehrmann über seine Erfahrungen.

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