Die Zwangseinwilligung

Christian Aretz
2 min readFeb 18, 2023

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Bei der Nutzung von Online-Verwaltungsleistungen ist in den meisten Fällen eine elektronische Identifizierung des Bürgers erforderlich. Diese kann mittels einer einmaligen Abfrage der Identitätsdaten erfolgen, z.B. über die Online-Ausweisfunktion des „neuen“ Personalausweises. Es kann jedoch auch eine dauerhafte Speicherung der Identitätsdaten vorgenommen und deren Übermittlung an eine Behörde ermöglicht werden. Zu diesem Zweck kann der/die Bürger*in ein Nutzerkonto Bund („BundID“) einrichten. Anbieterin der BundID, und somit auch Verantwortliche i.S.d. DSGVO, ist das BMI. Die Behörde stützt folgerichtig laut ihrer Datenschutzerklärung (abrufbar unter https://id.bund.de/de/eservice/konto/datenschutz) die Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit der BundID auf die “Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt” (Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e DSGVO). Richtet ein*e Nutzer*in die bereits zuvor erwähnte dauerhafte Speicherung der Identitätsdaten in der BundID ein, stützt das BMI die Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten auf die einschlägigen Rechtsgrundlagen der Datenverarbeitung im Zusammenhang mit dem (OZG-) Nutzerkonto (§ 8 Abs. 5 OZG). Danach ist mit Einwilligung der Nutzenden die dauerhafte Speicherung der Identitätsdaten in der BundID grundsätzlich zulässig. Das BMI weist in Nr. 11.1 der Datenschutzerklärung darauf hin, dass es sich um eine Einwilligung i.S.d. Art. 7 Abs. 3 DSGVO handelt. Die Einwilligung muss mithin auch den Anforderungen der DSGVO entsprechen. Anforderungen an eine Einwilligung nach der DSGVO sind neben der eindeutigen bestätigenden Handlung ihre Freiwilligkeit. Sie muss für den konkreten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich bekundet werden. Die Bereitstellung des Online-Verwaltungsverfahrens zur Auszahlung einer einmaligen Energiepreispauschale obliegt wiederum dem Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt. Diese Behörde setzt nach derzeitigem Stand der Information zwingend ein BundID-Konto als Bedingung für die Beantragung der Einmalzahlung voraus. Indem es die Einmalzahlung an die Verpflichtung zur Einrichtung einer BundID koppelt und keine (analoge) Alternative zum digitalen Antragsverfahren anbietet, mangelt es schlussendlich an der Freiwilligkeit der Einwilligung, welche die Rechtsgrundlage für die Einrichtung einer BundID ist. Dies dürfte insofern einen Verstoß gegen die DSGVO darstellen. Ohnehin ist eine gegenüber Behörden erteilte Einwilligung in die Datenverarbeitung auf Grund des Subordinationsverhältnisses des Bürgers gegenüber dem Staat umstritten und sollte in der Regel nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden.

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Christian Aretz

Experte für deutsches und europäisches Datenschutzrecht, Informationssicherheitsstandards und Managementsysteme. CIPP/E, CIPM, CIPT, FIP, CISM, CISA.