Back to the Future of Collaboration: So bringst du dein Team trotz Remote Zusammenarbeit zurück in die High Performance Zone.

Christian Stocker
5 min readApr 9, 2020

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Photo by Toa Heftiba on Unsplash

Unsere Zusammenarbeit ausschliesslich virtuell zu gestalten war für die meisten von uns vor ein paar Wochen noch undenkbar. In der Zwischenzeit haben wir alle unsere Erfahrungen gesammelt und dabei viel gelernt und Bekanntschaft mit unterschiedlichen Facetten der virtuellen Kollaboration geschlossen.

Dabei haben die meisten Teams, mit denen wir in den letzten Wochen gesprochen haben, eine ähnliche Erfahrung gemacht: Die komplette Absenz des räumlichen Miteinanders führt uns vor Augen, welch wertvollen Aspekte der Zusammenarbeit alleine durch die physische Nähe abgedeckt wurden.

Den virtuellen Team-Kaffee oder Freitagsapéro haben die meisten Teams eingeführt, womit zumindest der informelle Informationsfluss wiederbelebt ist. Wie aber steht es um all die implizit geregelten Themen in eurer Zusammenarbeit? Ziehen eure Teams noch genauso oft am selben Strang wie früher? Werden Konflikte und Spannungen zielorientiert aufgelöst? Wie hoch ist der Grad der Verantwortung, die ihr bei eurem Teams wahrnehmt? Ist die Motivation auch nach einigen Wochen im HomeOffice noch intakt?

Ganz ehrlich: Wir selbst tun uns schwer damit, all diese Fragen jederzeit mit Ja zu beantworten. Dann gehen wir zurück und überlegen uns, was uns fehlt und wie wir das wiederherstellen können. Da wir uns seit fast einem Jahr ausschliesslich mit Zusammenarbeit beschäftigen gelingt uns das meistens relativ gut. Bei der Reflexion unserer eigenen Bedürfnisse wie auch in den vielen (virtuellen) Gesprächen, die wir mit Teams und Leadern führen, haben wir eine spannende Beobachtung gemacht: Die meisten Teams, inklusive uns selbst, sind durch die räumliche Isolation in ihrer Entwicklung um einige Schritte zurück geworfen worden.

Zurück geworfen?

Ja genau, zurück geworfen. Wenn wir uns die Entwicklung einer Gruppe zu einem funktionierenden Team anschauen, so durchläuft diese typischerweise 5 Phasen. Diese Phasen wurden an unterschiedlichen Stellen beschrieben, wir bevorzugen das Modell von Susan Wheelan, die ihr Leben der Erforschung von High Performance Teams verschrieben hat. Sie hat das bekannte Modell von Tuckman (Norming, Storming usw.) mit weiteren Modellen verglichen und mit ihrer eigenen Forschung kombiniert und daraus 5 Stufen der Gruppen Entwicklung abgeleitet.

Wenn du dir also die Frage stellt, wo dein Team gerade steht und was es benötigt um weiter zu kommen, so empfehlen wir dir dieses Modell etwas eingehender zu studieren. In der Folge eine kurze Einführung. Diese kann dir hilfreich sein, wenn du als Leader dein Team neuerdings Remote managst wie auch als Team Member um zu verstehen, wir ihr gemeinsam weiterkommen könnt.

Intro zum Modell

In der Zusammenarbeit haben Teams je nach Reifegrad ihrer Kollaboration unterschiedliche Bedürfnisse. Diese Bedürfnisse zu kennen und die richtigen Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung zu schaffen ist in der Remote Kollaboration wichtiger denn je. Denn viele der beschriebenen Aspekte werden durch ein gemeinsames Office implizit abgedeckt, fehlen uns nun aber in der virtuellen Zusammenarbeit.

Stufe 1: Abhängigkeit und Einbezug

In dieser Phase dominiert der Wunsch nach Einbezug ins Team bei den Gruppen-Mitgliedern und entsprechend sind ihre Verhalten von Vorsicht und gegenseitigem Respekt geprägt. Man versucht möglichst nicht aufzufallen und so sind Teams in dieser Phase stark abhängig von Leadern und Führungspersonen, die Sicherheit geben, Orientierung schaffen und Leitplanken setzen.

Bei vielen Gesprächen, die wir ganz am Anfang der verordneten Heimarbeit mit Teams geführt haben, haben wir eine hohe gegenseitige Toleranz festgestellt: Es wird mehr oder weniger diskussionslos akzeptiert, wenn jemand zu spät in ein Meeting kommt oder mit technischen Schwierigkeiten kämpft. Das sind typische Verhaltensmuster eines Teams in Phase 1. Ich würde aber vermuten, dass ihr heute ganz andere Ansprüche an eure Teammitglieder habt. Und damit kommen wir zu Stufe 2.

Stufe 2: Gegenseitige Abhängigkeit und Konflikt

Der Wunsch nach Individualität wird je länger je stärker und so werden Rollen und Vorgaben vermehrt hinterfragt und Leader nicht mehr bedingungslos akzeptiert. Konflikte in Bezug auf die Zielvorgaben oder den Weg zu ihrer Erreichung treten auf. Der Wunsch nach Rollen Definition vermehren sich. Es wird implizit oder explizit ein Set an Werten definiert, die gegenseitig eingefordert werden.

Diverse Teams aus unseren Gesprächen zeigen mehr oder weniger deutliche Anzeichen dieser Entwicklungsstufe. Wenn gegenseitige Erwartungshaltungen ausgedrückt oder allgemeine Unzufriedenheit mit den vorhandenen Tools und Strukturen ausgedrückt werden, so sind das Zeichen, der Weiterentwicklung eines Teams. Hier nun wird es besonders wichtig: Die Stufe 2 gilt als Gatekeeper, der Umgang mit den Konflikten ist entscheidend ob wir es in die Stufe 3 schaffen oder schlimmstenfalls in die Stufe 1 zurück fallen.

Claudia und ich haben übrigens in den vergangenen Tagen nochmals Zeit in unsere Tool Landschaft investiert.

Stufe 3: Vertrauen und Struktur

Ein Team, das einen Weg gefunden hat mit Konflikten umzugehen und die Andersartigkeit der Teammitglieder akzeptiert, befindet sich auf dem Weg zur Stufe 3. Mitglieder beginnen Vertrauen aufzubauen und aufeinander zu zählen. Einfluss und Gärtchen rücken in den Hintergrund, stattdessen fokussiert man sich auf die anstehenden Tasks. Rollen werden definiert, Methoden entwickelt und Teams organisiert, damit man gemeinsam auf ein Ziel hin arbeiten kann.

Leider gibt es zu viele Teams, die diese Phase nie erreichen. Gerade in der Remote Arbeit, wo man nicht mal alle zusammen in einen Raum setzen kann um eine gemeinsame Lösung zu finden, ist das Erreichen dieser Phase essentiell. Voraussetzungen dafür sind eine gesunde, das Miteinander fördernde Kultur sowie ein zeitgemässes Verständnis von Führung. Und eine aktive Auseinandersetzung mit der Entwicklung eines Teams.

Stufe 4: Performance und Produktivität

Teams in dieser Phase richten ihre gesamte Energie auf die Erreichung der gemeinsamen Ziele. Das Team hat ihre Verhaltensweisen eingespielt und sämtliche Mitglieder des Teams als vollwertige Angehörige akzeptiert. Die Kreativität und die Stimmung nehmen zu und erlauben dem Team, auch herausfordernde Aufgaben erfolgreich zu meistern. Das Verantwortungsgefühl dem Team gegenüber ist maximal.

Teams, die Stufe 4 erreicht haben, werden nicht selten als „Dream Teams“ bezeichnet. Sie bleiben uns lange in Erinnerung wegen der guten Stimmung, der totalen Verlässlichkeit und der top Resultate.

Stufe 5: Auflösung

Die meisten Teams arbeiten für eine bestimmte Zeit zusammen an einem Projekt und lösen sich früher oder später mit dem Erreichen eines Ziels wieder auf. Die aktive Gestaltung dieses Prozesses hilft dem Unternehmen wie auch jedem Einzelnen, die gesammelten Erfahrungen in Wissen zu transferieren.

Die Auflösung eines Teams ist oft mit Wehmut verbunden, gerade bei Teams die alle 4 vorherigen Phasen durchlaufen haben. Die geknüpften Beziehungen gibt man nur ungerne auf — umso wichtiger ist es, dass man dies bewusst tut und sich auch gegenseitige Wertschätzung entgegen bringen kann.

In 4 Schritten zu besserer Kollaboration

Wie du das Modell Schritt für Schritt anwenden kannst um eure Zusammenarbeit zurück in die High Performance Zone zu bringen, das erzählen wir dir in den nächsten 4 Artikeln. Wir starten nächste Woche mit Stufe 1.

Dabei erzählen wir dir, wie du virtuelle Kollaboration mit einem Team aufsetzt und was es braucht, damit Menschen sich auch im virtuellen Raum entfalten können. Und natürlich geben wir dir ganz viele Tipps mit, wie du die Remote Kollaboration so gestalten kannst, um den Prozesss für dein Team zu beschleunigen.

Du fragst dich jetzt, wie man ein Team direkt von Phase 1 in Phase 4 katapultieren kann? Die schlechte Nachricht: Einen direkten Weg gibt es nicht. Die Gute: Wenn du bereit bist intensiv mit deinem Team zu arbeiten, reichen ein paar Tage für den gesamten Prozess aus. Mehr dazu gerne persönlich.

Bevor wir aber nächste Woche mit unserer Serie starten, haben wir 2 Fragen für dich:

  • In welcher Phase der Remote Zusammenarbeit steckt dein Team zur Zeit?
  • Woran zeigt sich das?

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Christian Stocker

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