Facebook ist ein ägyptisches Einkaufszentrum

Christian Taferner
4 min readMar 6, 2019

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Was haben die Pyramiden von Gizeh, ein Einkaufszentrum und Facebook gemeinsam? Eigentlich nichts.

Meine erste Semesterarbeit, die ich im Rahmen meines Studiums Content Strategy an der FH Joanneum in Graz geschrieben habe, handelt vom Shopping Mall Prinzip. Was ist das Shopping Mall Prinzip fragst du dich? Nun ja, das Shopping Mall Prinzip beschreibt Facebook als Einkaufszentrum und deine (Unternehmens)-Seite als einen Shop in eben diesem.
Ziel ist es, möglichst viele Menschen in diesen Shop zu locken. Doch wie schaffst du das? Um das besser erklären zu können, muss ich ein bisschen ausholen.

Photo by Simon Matzinger on Unsplash

Vor mehr als 4000 Jahren wurden im alten Ägypten die Pyramiden errichtet. Angelehnt an deren Form, habe ich in meiner Semesterarbeit die Content-Pyramide erfunden. Diese beruht auf einer Konkurrenzanalyse, in der ich den Facebook-Content von 13 österreichischen Agenturen untersucht habe. Das Ergebnis sieht wie folgt aus:

Die Content-Pyramide

Die Content-Pyramide unterteilt den Facebook-Content der Agenturen in 3 Ebenen, wobei mit steigender Ebene auch die Emo­ti­o­na­li­tät, Authentizität und Persönlichkeit steigen.

Ebene 1:
Diese Ebene stellt das Fundament, das Grundrauschen, dar. Dieser Content ähnelt einem Portfolio: Das Unternehmen stellt sich selbst kurz vor, die Kunden für die es arbeitet und die Projekte die es bereits abgeschlossen hat. Es werden also die Leistungen, Services und Produkte vorgestellt. Alles relativ sachlich und emotionslos und nachdem es alle so machen auch relativ schwer damit aufzufallen. Außer natürlich die Projekte, Services und Kunden sind außergewöhnlich stark.

Ebene 2:
Die nächste Ebene gewährt einen Einblick in das Unternehmen. Hier werden Mitarbeiter gezeigt und wie sie arbeiten. Doch hier soll das Unternehmen als mehr als nur ein Arbeitsplatz dargestellt werden. Die Menschen stehen im Mittelpunkt, sowohl im als auch außerhalb des Unternehmens. Fotos von der Weihnachtsfeier, eine Spotify-Playlist die im Büro läuft oder ein #agencylife Meme tragen dazu bei, aus dem klassischen 9–5 ein Lebensgefühl zu machen.

Ebene 3:
Die letzte Ebene ist jene, die dem Unternehmen eine Haltung und eine Persönlichkeit gibt. Genauer gesagt die unternehmerische Persönlichkeit, oder Corporate Persona. Diese sollte im besten Fall einen Querschnitt aller Werte, Wünsche, Ziele und Eigenschaften des Unternehmens und deren Mitarbeiter darstellen. Die Frage lautet: Wenn meine Firma eine Person wäre, wie wäre diese? Diese Persona gibt dem Unternehmen nicht nur einen Rahmen und eine Richtung für seine Kommunikation, sondern auch ein (unsichtbares) Gesicht, das es den Usern erleichtert, eine Beziehung aufzubauen.

Photo by Michael Weidemann on Unsplash

Das Shopping Mall Prinzip

Verbindet man nun diese Content-Pyramide mit dem Konzept der Shopping Mall würde dies wie folgt aussehen:

Ebene 1 wird somit zum Schaufenster des Shops. Hier werden die angebotenen Waren ausgestellt. Diese sollten so ästhetisch wie möglich präsentiert werden, denn nur wenn damit das Interesse und die Aufmerksamkeit der Passanten gewonnen wird, werden diese den Laden auch betreten. Ebene 2 stellt das Innere des Geschäfts dar. Es läuft Musik und Mitarbeiter gehen ihrer Arbeit nach. Hier geht es darum eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Besucher wohl fühlen und sich in Ruhe umschauen können und ihrer Neugierde beim Erkunden freien Lauf lassen können. Die oberste Ebene ist schließlich die Person(a) hinter dem Tresen, die mit dem potenziellen Kunden spricht und eine Beziehung zu ihm aufbaut. Diese sollte natürlich sympathisch, witzig, intelligent, wortgewandt, seriös und bemüht sein und eine positive Ausstrahlung haben. Sie sollte also jede positive Eigenschaft, die eine Person haben kann, aufweisen und genau deshalb, ist dies auch die Königsdisziplin dieses Prinzips. Die Corporate Persona sollte so like-able wie möglich und gleichzeitig edgy und unique sein. Eine eindimensionale Persona, die keine Tiefe aufweist und für Besucher nicht interessant ist, wird auch nichts Wichtiges zu sagen haben. Wieso sollte der User also ein “Gefällt mir” da lassen? Eine Corporate Persona muss mindestens so cool, lustig und aufregend sein, dass sich der Besucher sagt “Hey, das find’ ich gut! Davon möcht’ ich mehr sehen!”
So wird ein User zu einem Fan.

Die Content-Pyramide und das Shopping Mall Prinzip sind natürlich nicht ausschließlich für Agenturen und Facebook relevant. Jedes Unternehmen kann auf jedem Kanal, unter Berücksichtigung plattformspezifischer Gegebenheiten, damit punkten. Doch am Ende des Tages geht es bei jedem Wirtschaftsbetrieb darum, Geld zu verdienen. Mitarbeiter und Rechnungen müssen schließlich bezahlt werden. Dies geschieht primär durch den Verkauf der im Schaufenster (Ebene 1) angebotenen Produkte und Leistungen. Doch ein schönes Schaufenster allein reicht nicht, weil ja jeder ein schönes Schaufenster hat. Die Latte liegt höher und nur wer Ebene 2 und vor allem 3 versteht und angemessen bespielt, kann sich von den anderen Shops in der Mall abheben. In Anlehnung an das Posting von Mark Zuckerberg vom 12. Jänner 2018 möchte ich dir noch folgenden Leitsatz mit auf den Weg geben:

Follower sind Freunde.
Wer immer nur versucht, seinen Freunden etwas zu verkaufen, wird bald keine Freunde mehr haben.

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Christian Taferner

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