Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Prostata-Krebszellklumpens

Können wir Krebs verstehen ?

Cristina Voss

--

Mit der Krankheit Krebs beschäftigen sich so viele Menschen. Patienten, Angehörige, Mediziner, Wissenschaftler, Journalisten erzählen in unzähligen Geschichten, Erfahrungsberichten, wissenschaftlichen Publikationen oder aufgearbeiteten Berichten von dem Kampf gegen die Krankheit. Sie füllen ganze wissenschaftliche Zeitschriften, das Internet, die Bücherregale. Unter den Büchern finden sich viele Ratgeber. Einige davon widersprechen den medizinischen Tatsachen und erprobten Therapien, versprechen dagegen schnelle Heilung mit einfachen Mitteln. Andere Bücher, die sich schonungsloser der Krebs Problematik stellen, sind dagegen komplex und oft schwer zugänglich. Der Abgrund zwischen dem kranken Menschen und der Wissenschaft scheint nirgends tiefer zu sein. Kann man ihn überwinden? Kann man Krebs mit einfachen Worten erklären? Kann man 50 Jahre intensivster Forschung auf eine Internet-Seite, in eine Broschüre packen?

Vermutlich nicht. Krebs ist nicht nur eine der häufigsten schweren Erkrankungen unserer Zeit, er ist auch eine der komplexesten. Es gibt nicht den einen Krebs. Es gibt nicht einmal den einen Darmkrebs, den einen Brustkrebs, den einen Prostatakrebs. Jede Krebserkrankung ist anders, mehr noch, verändert sich im Laufe der Zeit weiter. Es gibt nicht die eine Therapie. Was einem Patienten hilft, kann bei einem anderen mit der gleichen Krebsart vielleicht nicht angewendet werden oder bleibt wirkungslos. Solch eine Erkrankung lässt sich nicht schnell und mit einfachen Mitteln erklären.

Oder vielleicht doch? Wenn man es kurz halten möchte, kann man Krebs als eine Erkrankung des Erbmaterials beschreiben. Sie betrifft zunächst nur eine, dann einige wenige Zellen. Diese Zellen aber, deren Erbinformation, ihr innerstes Programm, geschädigt wurde, laufen schließlich Amok. Sie gehorchen weder den inneren Signalen, die ihre Teilung bremsen sollen, noch den äußeren, die ihnen Grenzen weisen. Sie überwachsen ihre Zellnachbarn, die Gewebe und Organabgrenzungen. Sie schaffen es, sich frei zu schwimmen, dringen ins Blut hinein, um dann in anderen Organen Fuß zu fassen. Im Körper sind Krebszellen die absoluten Überlebenskünstler, die ohne Rücksicht auf Verluste jedes Hindernis auf dem Weg ihrer Vermehrung überwinden.

Aber reicht diese Erkenntnis, um Krebs zu verstehen? Fragen reihen sich an Fragen. Wieso erkrankt das Erbmaterial? Wer oder was ist Schuld, wenn man „Krebs bekommt“? Ist es das Essen, das Rauchen, sind es die Chemikalien in der Umwelt? Liegt es an unserem Lebensstil, am tagtäglichen Stress? Wieso erkranken Menschen, die gesund Leben, während andere, die nie auf ihre Ernährung geachtet und ihr Leben lang geraucht haben, verschont bleiben? Und weiter — was kann man tun, wenn man bereits an Krebs erkrankt ist? Kann man überhaupt etwas tun? Soll man sich auf eine Chemotherapie einlassen? Gibt es echte, wirksame Alternativen?

Will man Antworten auf diese Fragen finden, reicht die kurze Antwort nicht. Man muss die Oberfläche verlassen und in die Tiefe hineindringen, in die Tiefe der Zellen, dort, wo Krebs entsteht, und wo sich der Kampf gegen den Krebs entscheidet. An der Auseinandersetzung mit der Biologie der Krebszellen führt kein Weg vorbei. Warum auch immer Sie sich für das Thema Krebs interessieren, mein Blog möchte Sie auf diesem Weg begleiten.

--

--

Cristina Voss

Promovierte Biologin mit jahrelanger Erfahrung in der Krebsforschung, Wissenschafts-Vermittlerin aus Leidenschaft