Unter dem Radar — Jett Howard, Michigan Wolverines

Gathering Intel
6 min readSep 18, 2022

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Es gibt ganz verschiedene Gründe, weshalb Spieler vor der Saison oftmals noch nicht so richtig auf dem Radar der Scouts sind. Zum einen gibt es die Highschool Rankings, die vielerorts genutzt werden, um potenzielle Top-Talente auszumachen. Dies erfordert nicht viel Arbeit und gibt in der Regel eine solide Baseline, um eine erste Watchlist und das Pre-Season Ranking. Dass allerdings ein 6–7 großer Flügelspieler mit sehr spannenden Ballhandling, Playmaking Flashes und Wurf auf einigen Boards komplett durchrutscht, wirkt im NBA Kontext überraschend. Mehr noch, wenn es um den Sohn eines Coaches und Ex-NBA Spieler geht. IMGs Jett Howard ist ein 4 Sterne Rekrut und aktuell auf 247Sports Ranking als 42. bester Spieler seines Highschool Jahrgangs gesehen. Die Highschool Rankings bieten, historisch gesehen, durchaus Raum für Kritik, denn sie dienen Teams nachweislich als Indikator im Draft, haben aber ganz offensichtlich nicht viel Aussagekraft, wenn man sich einmal die Pre-Season Rankings der letzten 10 Jahre ansieht. Sie sind nachweislich ein mentaler Anker, der Entscheidungen der Manager beeinflusst.

Background

Geburtsdatum: 15.09.2003
Draft Alter: 19 Jahre 9 Monate
Größe: 6–7
Gewicht: 220 lbs
Wingspan: ~ 6–9 laut eigenen Angaben

Jett ist das jüngste von 6 Kindern. Sein leiblicher Bruder Jace spielt ebenfalls für die Michigan Wolverines, die von Vater Juwan Howard gecoacht werden. Die anderen Geschwister stammen aus vorherigen Ehen seines Vaters.

Bevor er für die IMG Academy auflief, spielte er für die University School, ebenfalls aus Florida, für die auch schon Vernon Carey und Scottie Barnes aufliefen.

Aus dem Pro Insight Interview, welches vor dem letzten HS Jahr stattfand:

  • Spielte Fußball (bis zum 13. Lebensjahr), Football (bis zur 8. Klasse, Wide Receiver) und Baseball (bis zum 10. Lebensjahr)
  • Football hat ihm geholfen sich physisch und mental weiter zu entwickeln
  • Trägt die Nummer 13, weil James Harden und Odell Beckham Jr. seine Lieblingsspieler sind

„Sell me this pen“

Flügelspieler Größe, positive Wingspan, Agilität und laterale Geschwindigkeit sind Attribute, die man Jett auch nach einem nicht so intensiven Blick schnell zuschreiben kann. Der Wurf sieht außerdem wirklich sauber aus und verfügt über eine gute Reichweite. Es sollte nur eine Frage der Zeit sein, bis Jett ihn wirklich hochprozentig trifft. Er ist zudem in der Lage, sehr variabel zu agieren und verfügt über einen sauberen Gather aus dem Dribbling, der es ihm erlaubt, sehr sauber in den Wurf zu kommen. Es mag ein Bias meinerseits sein, aber ich glaube, dass jüngere Geschwister oftmals einen riesigen Vorteil in ihrer Entwicklung haben und auch dadurch etwas mehr Beachtung verdienen.

The roots of the little sibling effect may lie in the way younger siblings strive to match their older siblings on the field. This was the case with Michael Jordan, the youngest of the three Jordan boys and the fourth of the five Jordan children. When the siblings were growing up, Larry — who was born 11 months before Michael — was considered a better basketball player and regularly bested Michael in one-on-one games.

“I don’t think, from a competitive standpoint, I would be here without the confrontations with my brother,” Michael recalled in the ESPN documentary “The Last Dance.” “When you come to blows with someone you absolutely love, that’s igniting every fire within you. And I always felt like I was fighting Larry for my father’s attention. …

Zitat aus https://fivethirtyeight.com/features/why-are-great-athletes-more-likely-to-be-the-younger-siblings/

Sieht man Jett spielen, gibt es durchaus Momente, in denen man niemals erwarten würde, dass er wirklich 6–7 groß ist. Mit dem Ball in der Hand wirkt er oftmals wie ein etwas größerer Guard. Sein Dribbling in engen Räumen ist teilweise extrem beeindruckend und auch wenn er hier noch relativ viele Turnover produziert, lässt sich hier erahnen, dass dort einfach eine Menge Potenzial steckt. Phasenweise bekam Jett in der abgelaufenen Saison einfach nicht viele Möglichkeiten, sich in diesen Situationen zu beweisen. Dafür war das Team der IMG Academy einfach zu prall gefüllt mit anderen Prospects, die ebenfalls ihre Touches benötigten. Beim Peach Jam 2021 hatte er im Team der Nightrydas häufiger die Möglichkeit als Ballhandler zu agieren, Pick & Rolls zu laufen und eine Defense auf verschiedene Arten anzugreifen. Diese Erfahrung wird ihm helfen, in Zukunft je nach Entwicklung ebenfalls mit dem Ball in der Hand zu agieren — sei es als sekundärer Ballhandler oder On-Ball Creator.

Er ist sehr komfortabel als Passer in unterschiedlichen Situationen, trifft hier aber noch nicht konstant die besten Entscheidungen — was wir von einem Flügelspieler, der unregelmäßige On-Ball Reps bekommt, auch nicht erwarten dürfen. Die Kreativität und Geschwindigkeit, mit der Howard seine Entscheidungen trifft, ist außergewöhnlich für einen Spieler mit seinem Profil und könnte auf seinen Background zurückzuführen sein. Jett war immerhin sein gesamtes Leben als Basketballer in einem professionellen Umfeld und wurde geprägt durch Pickup Games gegen seinen älteren Bruder, damalige Mitspieler seines Vaters und anderen älteren, professionellen Spielern. In dem Interview mit Pro Insight sprach er darüber, dass er in der Vergangenheit gegen zahlreiche NBA Spieler wie Andre Drummond, Jeff Green oder auch Jimmy Butler gespielt habe.

PI: How has playing and working out with those guys boosted your confidence?

JH: It’s definitely boosted my confidence, for sure…sometimes I’m like “if it’s this easy, shouldn’t I already be in the league right now?” Those are some thoughts that come to my head sometimes, but I have to calm myself and humble myself a little bit. Jimmy, once you get a bucket on him, you’ll realize certain things aren’t gonna fly, so you have to minimize and simplify your game. I try to put myself in a game situation and be like, “okay, you’re not going to get five or six dribbles in a game, so don’t even think you’re doing something like that. You only get two or three dribbles in a game so don’t even try to compare yourself to NBA players right now, just stay humble.”
Zitat aus https://www.prospectiveinsight.com/post/jett-howard

Der junge Flügelspieler der Michigan Wolverines verfügt über einen überaus soliden Wurf. Die Preperation wirkt stimmig, Jett ist abseits des Balles in den meisten Fällen absolut bereit für den Wurf. Bei seinen entfernteren Dreiern gefällt mir, dass er direkt mit Erhalt des Passes in den Hop geht und hier wirklich „springy“ wirkt. Der Releasepunkt ist nicht extrem hoch, die Bewegung im Allgemeinen aber sehr schnell und flüssig. Es gibt oftmals einen kleinen „Mid-Air Turn“, also ein Eindrehen der Hüfte in der Luft. Spieler nutzen diesen unbewusst, um den Körper richtig auszurichten.

Defensiv bin ich sehr gespannt auf sein College Tape. Am Ball und bei Closeouts war er bislang technisch unsauber und ließ zu viele Drives gegen sich zu. Er zeigte aber auch eine vielversprechende Screen-Navigation und dass er seine Laterale Beweglichkeit beim Ballhandling in diesem Bereich übertragen kann. Wir sehen aber auch regelmäßig, dass Spieler mit dem Sprung ans College auch etwas fokussierter am Ball verteidigen. Abseits des Balles glänzen Jetts Tools und ermöglichen ihm eine gute Ground Coverage. Er ist in der Lage, auch längere Rotationen zu laufen und Würfe zu contesten. Allgemein erlaubt ihm der Mix aus Größe, Kraft und Agilität ein hohes Maß an Flexibilität in der Defense. Da sich der Stil am College und später in der NBA sehr von dem Pre-College Tape unterscheiden wird, ist die Einschätzung in diesem Bereich etwas knifflig für Guards und Flügelspieler. Highschool und AAU Basketball sind geprägt von Zonen Verteidigungen und es werden im Allgemeinen auch nicht viele Pick & Rolls oder Off-Ball Aktionen gelaufen.

Ich bin extrem gespannt auf die Saison der Michigan Wolverines und wie Coach Howard seinen jüngsten Zögling einsetzt. Sollte Jett genügend Spielzeit sehen und einigermaßen effizient spielen, wird er zeitnah einen steilen Aufstieg auf den meisten Boards erleben. Selbst wenn er bei Michigan in einer eher reduzierten Off-Ball Rolle agiert, wissen wir, dass er in der Vergangenheit durchaus schon Ansätze mit dem Ball in der Hand gezeigt hat und ein größerer Entwicklungssprung in diesem Bereich absolut möglich ist. Die Kombination aus Größe, Ballhandling und Shooting gepaart mit der Kreativität, die Howard besitzt, sind ein guter Indikator, um an eine zukünftige Entwicklung als On-Ball Creator zu glauben.

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