Urheberrecht & Bibel
oder: Warum digitales “Bibel teilen” gar nicht mal so leicht ist.
Einleitendes
Stellen Sie sich vor Sie haben etwas besonderes irgendwo in den weiten des Internets gelesen, was sie persönlich anrührt oder in Ihnen irgendeine Art von emotioneller Resonanz hervorruft. Was machen Sie in Zeiten von Facebook & Co? Sicherlich: Sie werden es mit Ihren Freunden teilen, in der Hoffnung das diese genauso angetan sind.
Freude, Trauer, Leid, Angst zu teilen ist ein Grundprinzip unserer Gesellschaft. Dinge die uns anrühren geben wir gerne weiter. Wir möchten unsere Gefühle gerne mit-teilen. Der “teilen”-Button ist zu einem Standard auf Websiten geworden und ein feuchter Traum für alle Marketing-Agenturen. Informationen verteilen sich heutzutage digital. Hypes wie der “Harlem Shake”, “Supergeil” und Co zeugen von dem unglaublichen Verbreitungspotential des Internet.
Dinge die sich nicht teilen lassen, können wir anderen nicht mit-teilen. Es klingt profan, aber genau an dieser Stelle scheitert die Bibel im digitalen Zeitalter.
In der analogen Welt haben wir das Prinzip des “Bibel teilen” als Form den Text für sich zugänglich zu machen. Diese Art von Bibelarbeit wird u.a. von dem päpstlichen Missionswerk “missio” voran getrieben. Was in der analogen Welt gut zu funktionieren scheint, scheitert in der digitalen Welt an einem sehr profanen Grund: dem Urheberrecht.
Gerade für meine Forschungsarbeit mit »dreifach glauben« sind Wege die eine Auseinandersetzung bzw. Konfrontation mit christlichen Glaubenstexten in der digitalen Welt fördern im besonderen Fokus. Doch gerade hier schafft das Urheberrecht eine hohe Hürde.
Die Sachlage
Prinzipiell gilt, dass zum Schutze des Urhebers eines kreativen Werkes (und kreativ wird hier sehr geräumig ausgelegt), dieses vom Staat unter einen besonderen Schutz gesetzt wird. Das Urheberrecht. Dies soll dafür Sorgen, dass sich Künstler_innen überhaupt von ihren Werken ernähren können. Durch den besonderen Schutz ihrer Werke ist es Ihnen möglich Geld für die Nutzung zu verlangen und gleichzeitig das plagatieren unterbinden.
Bitterer Fakt ist, dass wenn man aktuelle, gänge Bibelübersetzungen (sprich: Luther Bibel, revidierte Elberfelder, Einheitsübersetzung, Basis Bibel, Gute Nachricht) benutzen will, das Urheberrecht vor ab klären muss.
Denn sowohl Übersetzung als auch wissenschaftliche er- bzw. überarbeitung des biblischen Ur-Textes sind eigenständige, kreative Leistungen im Sinne des Urheberrechts und genießen dadurch eine (irgendwann mal verjährende) Schutzfrist. Die beiden großen Rechteinhaber sind die “Deutsche Bibelgesellschaft” (u.a. für Luther Bibel, Basis Bibel, Gute Nachricht) auf der protestantischen Seite und das “katholische Bibelwerk” (u.a. für die Einheitsübersetzung) auf der katholischen Seite.
Wo liegt das Problem?
Dinge leben durch Kreativität. Dinge beginnen zu leben, wenn man mit ihnen Arbeitet. Gewisserweise mit ihnen herumspielt. Positives Beispiel für einen produktiven Umgang mit der Heiligen Schrift ist bibelserver.com. Keine andere digitale Bibel bietet so viel Funktionsumfang und Komfort.
Leider gibt es ansonsten kaum (Web)Anwendungen mit der Bibel. Vorstellbar wäre einiges:
- (Zufällige) Tageslosungen via Mail, Facebook, WhatsApp
- Bibellesepläne analog zu den ganzen Fitness Apps
- Social Reading mit direktem kommentieren im Text, wenn einem etwas unklar bleibt oder das markieren von besonders prägnanten Stellen.
- Bewertungen von Textzeilen mit Stimmungsbarometer
Aber all diese Anwendungen scheitern an der Nutzung von aktuellen Bibelübersetzungen.
Wer möchte bitte ein Buch in der Sprache des letzten Jahrhunderts lesen, wenn dieses Buch in der heutigen Sprache schwer zu verstehen ist?
Auswege?
Das Projekt “Offene Bibel” ist ein kleiner Lichtblick am digitalen Horizont. Ziel dieses Projektes ist eine vollständige Bibelübersetzung als Studienfassung (Textkritische Übersetzung), Lesefassung (modernen Deutsch) und einer in Leichter Sprache.
Den Faktor “offen” versucht das Projekt durch die Nutzung der Creative Commons (by-sa) Lizenz zu erreichen, wobei das
“by” für die Namensnennung des Autors steht (in diesem Fall wohl das Projekt Offene Bibel” und das “sa” für “same attribute”, also Weitergabe zu den selben Bedingungen. (Sprich: egal was sich dran ändert, das Endprodukt muss stehts unter eine freie Lizenz fallen).
Der aktuelle Stand des Projekts ist durchwachsen, aber an einigen Stellen schon recht lesenswert. (Vor allem das Markus Evangelium ist in der Studienfassung fast vollkommen fertig übersetzt.)
Vor allem die textkritische Ausgabe ist weit fortgeschritten und bietet eine gute exegetische Basis.
Interessant ist außerdem der Aufbau eines Bibel Lexikons.
Die Konsequenzen
- Ich werde das katholische Bibelwerk anschreiben und um Nutzungsrechte für die Einheitsübersetzung im Rahmen von »dreifach glauben« fragen. Diese Bibelübersetzung ist nun mal der status quo und es wäre Schade, wenn der altbekannte Wortlaut unhörbar bleibt.
- Alle bibelbezogenen Projektanteile (z.B. Einfache Erklärung von Bibelvokabular) von »dreifach glauben« werde ich, soweit es geht, in das “Offene Bibel”-Projekt einfließen lassen. Lohnt ja nicht sich doppelt Arbeit zu machen.