Weiter gehts. In diesen Tagen haben zwei neue Anwendungen, die Live Video mit dem Smartphone ermöglichen, ihren Siegeszug begonnen. Sie verändern das Internet für immer. Noch ist alles weitgehend spielerisch. Aber das wird sich schnell ändern. Meerkat und Periscope nennen sich die Apps, mit denen man Aufnahmen mit dem Smartphone in Echtzeit bzw. mit einer Verzögerung von 30 Sekunden, im Internet streamen kann. Mitten drin im Geschehen zu sein, ist dann nicht mehr einer Live-Berichterstattung des Fernsehens vorbehalten, jedermann wird zum Sender. Sind es bisher weitgehend Texte die bei Twitter bereitgestellt werden, werden künftig Ereignisse unmittelbar gestreamt. Es ist kein Zufall, dass gerade Twitter sich dieser neuen Anwendung bemächtigt.
Schneller geht es nicht mehr
In diesen Tagen gab es in New York City eine Explosion. Sekunden danach wurden mit Smartphones die ersten Bewegtbilder gesendet. Immer mehr Akteuere filmten aus unterschiedlichen Blickwinkeln das Ereignis. Hinzu kommt, das mit der neuen Technik gleichzeitig ein Feedback der Zuschauer verbunden ist. Sie können ins Bild eingeblendet Fragen stellen oder Kommentare abgeben. Sie können den Filmenden Anweisungen geben, was er filmen, welche Perspektive er einnehmen soll. Der Zuschauer wird so gleichzeitig zum Regisseur. Egal wo er sich auf der Welt aufhält. Seine Augen überwinden Kontinente. Schaut man sich die Videos an, sieht man noch weitgehend unbeholfene Spots.
Beliebt sind derzeit Bilder von Fußgängern auf Straßen, aus Bussen und Bahnen, aus Gebäuden und Wohnungen, von der Arbeit und aus Museen. Die Authentizität ist weit höher als bei TV-Sendungen. Vieles ist spielerisch und ohne Belang, ein Zeitvertreib der anderen Art. Aber denkbar sind strukturierte Live-Sendungen, aus der Uni, vom Marktplatz bei einer Rede und beim Wahlkampf. Kandidaten können sich selbst aufnehmen und ihre Botschaften zeitgleich während ihres Vortrages senden. Sie können während ihrer Rede auf Fragen von Zuschauern und Zuhörern direkt eingehen. Sie können sich von zu Hause aus jederzeit an Interessierte wenden und ihre eigenen Sendungen machen. Schaut man beispielsweise bei Periscope zu, sieht man erste junge Leute, die unter dem Motto „Fragt mich!“ auf Sendung sind und Fragen aus aller Welt beantworten. Offenbar macht das Spaß. Interaktion heißt das.
Wie jede Medaille zwei Seiten hat, wird dies auch beim Live Video sein. Auch Hassprediger werden sich der Anwendungen bemächtigen.
Ab jetzt werden wir überall dabei sein
Neue Fragen des Datenschutzes stellen sich. Was passiert, wenn Sportveranstaltungen oder Konzerte von Zuschauern live übertragen werden? Was ist mit den Urheberrechten? Die Folgen derartiger Sendungen sind noch nicht abzusehen. Die Kompetenz des Fernsehens auf News bekommt Konkurrenz. Denn so schnell wie der Zuschauer mitten im Geschehen selber wird kein Kameramann einer Redaktion sein können. Ich filme, also bin ich. Ich streame also kommuniziere ich.