Gott ist immer online

Eine Recherchereise durch die sozialen Medien

#Gott
8 min readNov 7, 2015

Gott ist bei Facebook und Gott ist bei Twitter. Selbst bei Instagram, Tumblr und Youtube ist der Herr permanent präsent. Doch welche Rolle spielt Gott auf diesen Plattformen? Zu welchen Anlässen verwenden die Menschen seinen Namen, und welchen Effekt hat das auf unsere Wahrnehmung im Alltäglichen?

Die katholische Journalistenschule ifp und das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken haben uns im Rahmen des Medienwettbewerbes “Deine Story mit Gott” auf die Suche geschickt, Gott in den sozialen Medien zu finden und unsere Ergebnisse und Erkenntnisse mit verschiedenen Personen zu diskutieren.

Wir sind 19 Schülerinnen am B.M.V.-Gymnasium Essen-Holsterhausen. Dies sind unsere Recherchen, unser Blog, unsere Podcasts. Dies ist unsere Story mit Gott.

Unsere Podcast-Gesprächspartner stellen sich vor

Um den Dialog über Gott zu fördern, haben wir uns in den für uns relevanten sozialen Medien mit eigenen #Gott-Accounts bemerkbar gemacht. Nach Abschluss unserer Recherchen haben wir über einen Aufruf in Lokalmedien und aus unserem Bekanntenkreis verschiedene Menschen zu einer Gesprächsrunde eingeladen.

(Foto: Lisa Mathofer / Bistumspresse).

Zu dieser Gesprächsrunde gehörten der Theologe und Podcaster Florian Giersch, die BMV-Absolventin und Instagrammerin Lawre Poma, der eher glaubenskritische Jugendtreffleiter Markus Schmahl sowie die kirchenlos gläubige Ernährungs- und Lebensberaterin Femke Zimmermann.

1. Über Gott wird viel getwittert

von Habyna, Celine, Leonie und Cara

Wer Gott bei Twitter sucht, findet ihn tausendfach. Das Recherchetool Topsy zählt unter dem Stichwort Gott rund 100.000 Tweets in 30 Tagen. Zum Vergleich: Das ist etwa halb so viel wie zum Stichwort Bundesliga und ein Drittel dessen, was die Menschen im selben Zeitraum zu Bundeskanzlerin Angela Merkel twitterten.

Quelle: topsy.com

Eine mögliche Erklärung für die relativ konstante Häufigkeit könnte sein, dass Gott oft als Teil einer alltäglichen Phrase des Erstaunens oder der Verstärkung verwendet wird.

Gott wird also nicht nur im Zusammenhang mit Religion und Kirche erwähnt, sondern in allen möglichen persönlichen Situationen des Alltags. Und auch bei verschiedenen gesellschaftlichen Themen spielt der Names des Herrn eine Rolle.

Welche Twitterer konzentrieren sich auf Gott?

104 Twitternutzer tragen Gott in ihrem Account-Namen oder der Profilbeschreibung, aber wenn man die thematisch weniger relevanten Accounts beiseite läßt (Max Gottfried, Karel Gott, Fußballgott…), bleiben nur noch eine Handvoll Nutzer, die Gott und Religion als zentrales Thema haben. Hinzu kommen jene, die aufgrund ihrer Tweets von Twitter als “Top Influencer” zum Thema #Gott eingestuft werden.

Die Palette reicht hierbei von Jesus, der mehrmals täglich Psalme und Bibelzitate postet (und nebenbei Edelsteine verkauft), und GottderHerr, der nur zweimal jährlich etwas Albernes twittert, über die christdemokratische LanceaBerlin bis hin zu prominenten Vetretern kirchlicher Institutionen.

Über diesen Tweet haben wir mit unseren Gästen diskutiert

Zum Weiterlesen: Gott bei Twitter

Um die Vielfalt der Themen zu veranschaulichen, bei denen Gott erwähnt wird, haben wir unsere ersten Eindrücke gesammelt, retweeted und in einer eigenen Tweet-Sammlung zu Gott zusammengestellt. Da es zum Stichwort Gott bisher noch keine vernünftige Twitterliste gab, sondern nur zu Kirche und Religion, haben wir aus den gefundenen Nutzern eine eigene Twitterliste erstellt. Wir nennen sie Gottes Twitterliste.

2. Facebook: Gott im Gruppengespräch

von Lara, Katharina und Corinna

Laut Google beinhaltet Facebook zum Stichwort Gott etwa 1,3 Millionen Posts, 117.000 Kommentare und 721 Einträge mit #Gott. Tatsächlich dürften es jedoch mehr sein, denn im Gegensatz zu Twitter sind bei Facebook viel weniger Nutzerinhalte öffentlich und das Hashtag ist hier nicht sehr etabliert.

Weil Facebook verschiedenen Nutzern gemäß individueller Vorlieben unterschiedliche Ergebnisse zeigt, haben wir uns für Recherche-Zwecke einen “blanken” Account eingerichtet, der nur das Minimum an Informationen enthielt.

#Gott bei Facebook: facebook.com/hashtag.gott

Außerdem haben wir die US-amerikanischen Einstellungen benutzt, um die Suchmöglichkeiten des Social Graph zu nutzen. Bei der Suche nach Leuten fanden sich auf diese Weise unter dem Stichwort Gott größtenteils Privatpersonen (Gotthardt, Gottlieb, Gottschalk…). Aber obwohl Facebook reale Vor- und Nachnamen verlangt, gibt es auch Accounts wie Jesus ist Gott, Gottes Stimme und Kind Gottes.

Gott im Gruppengespräch

Eine Besonderheit von Facebook ist die Kommunikation in Gruppen, und es gibt es auch eine ganze Reihe an Facebook-Gruppen über Gott, wo man Psalme oder Bibelausschnitte ebenso finden kann wie Cartoons, Witze oder Kommentare.

Das reicht von religiöseren Gruppen wie Gott liebt Dich und Ja, Ich glaube an Gott! über lustige Seiten wie Zuerst erschuf Gott den Mann — dann hatte er eine bessere Idee bis zur christlichen Partnersuche in der Single-Gruppe für Christen. Allerdings sind nicht alle dieser Gruppen öffentlich zugänglich, bei einigen muss man erst Mitglied werden.

In Facebook-Gruppen kann man schnell Gleichgesinnte finden.

Viele Bildmotive mit religiösem Bezug

Die Facebook-Bildersuche nach Gott ergab einen erstaunlich hohen Anteil religiöser Postings, denn hier finden sich hauptsächlich Bibelzitate, religiöse Sprüche, Gottesbekenntnisse und Aufforderungen zum Glauben. Das gilt umso mehr, wenn man die englischen Postings in Betracht zieht. Zu den aktivsten Akteuren gehören insgesamt wohl die Seiten Biblword, JesusDaily und GottinBerlin.

Quelle: facebook.com/Biblword
Quelle: facebook.com/GottinBerlin
Quelle: facebook.com/JesusDaily
Quelle: facebook.com/Mich.firmen.lassen

Dieses Bild haben wir mit unseren Gästen diskutiert

Quelle: facebook.com/JesusDaily

Zum Weiterlesen: Gott bei Facebook

Diverse Facebook-Fanseiten mit Bezug zu Gott haben wir in unserem Facebook-Profil zusammen gestellt: in der Liste Gott gefällt mir. Diverse Facebook-Gruppen kann man unter Gott im Gruppengespräch finden.

3. Du sollst Dir kein Bildnis machen?

von Lisa, Sonja, Viththiya, Katja, Lara, Arunjah und Jasmin

Instagram ist das derzeit meistgenutzte Bilder-Netzwerk. Viele Menschen nutzen die App, um sich oder ihr Umfeld fotografisch hübsch in Szene zu setzen und per Hashtag Gleichgesinnten zu zeigen. Unter dem Hashtag Gott findet man bei Instagram beinahe 700.000 Fotos, aber hier dominieren eher die Motive von leckerem Essen (“gott” ist schwedisch für “lecker”), gefolgt von Alltagsausrufen (“oh mein Gott”) und Selbstbeweihräucherungen (“Fußballgott”), während man nach religiösen Inhalten deutlich länger suchen muss.

Zum Vergleich: Selbst das englische #god ist mit rund 20 Mio. Fotos noch weit entfernt von den weltweit führenden Instagram-Schlagworten wie #friends (250 Mio. Fotos) #selfie (320 Mio.) oder #love (über eine Milliarde Fotos).

Rund 60 Instagram-Nutzer tragen das Wort Gott im Namen, aber darunter sind keine religiösen Accounts. Zu den aktivsten unter den religiös Orinierten gehören wohl Jesus.ch, die fast täglich einen Bibelsvers veröffentlichen, und der internationale Account der Zeugen Jehovas, die eher aus dem Arbeitsalltag der Organisation berichten.

Dieses Bild nahmen wir als Grundlage fürs Gespräch

Zum Weiterlesen: Gott bei Instagram

Einer Auswahl weiterer interessanter Gottes-Poster folgen wir mit unserem Instagram-Account Hashtag_Gott.

4. Oh mein Blog! Gott bei Tumblr

von Jenni, Stella, Helena und Hannah

Auch bei Yahoo’s Blogger-Plattform Tumblr waren wir aktiv.

Laut Google kommt Gott bei Tumblr etwa 179.000 mal vor, davon 7.900 Mal verschlagwortet mit #Gott. Yahoo, denen Tumblr gehört, findet zur selben Suchanfrage nur etwa ein Drittel der Ergebnisse. Woran das liegen könnte, ist uns nicht klar. Vielleicht haben die beiden Suchmaschinen Gott unterschiedlich definiert?

Auf den ersten Eindruck wirkt Tumblr jedenfalls ein wenig düster: Als Accounts gibt es zum Beispiel Gott ist tot oder Gott, ich will kein Engel sein. Gott beschäftigte sich hier nur mit Mode, Musik und Lifestyle - und hat seit vier Jahren nichts Neues mehr von sich hören lassen. Stattdessen regiert hier ein Emo-Rapper, der sich mit Liedern wie “Ascheregen” und “Rasierklingenliebe” seine Fans machte: Casper ist Gott. Nur die Accounts Gottesruhe und Lebemitgott veröffentlichen regelmäßig psalmbezogene Lebenshilfe.

Unter dem Schlagwort Gott mit uns findet man fast aussschließlich Heavy-Metal und Nazi-Kram. Da sind Posts unter den Schlagworten oh mein Gott und Gott sei Dank schon deutlich massentauglicher und sympathischer.

Bei der allgemeinen Bildersuche nach “Gott” findet man schnell hunderte Motive und Zitate. Gott wird hier verehrt, verflucht oder angezweifelt, verscherzt oder als umgangssprachlicher Ausdruck genutzt.

Quelle: atheismwethinkmore.tumblr.com
Quelle: ghettosahbi.tumblr.com
Quelle: keinstress.tumblr.com
Quelle: land-der-ruhe.tumblr.com

Dieses Tumblr-Posting haben wir ins Gespräch genommen

Quelle: city-without-sea.tumblr.com

Zum Weiterlesen: Gott auf Tumblr

Einige Auswahl erwähnenswerter tumblr-Beiträge und -Accounts haben wir in unserem eigenen Tumblr-Blog zusammengestellt unter hashtaggott.tumblr.com.

#Gott: Fazit und Ausblick

Unserer Recherche nach ist Gott in allen sozialen Medien präsent und tritt auf verschiedene Arten und Weisen in Erscheinung. Den Zahlen nach zu urteilen suchen viele Menschen in den sozialen Medien nach Gott oder reden drüber. Die Suche nach Gott ähnelt in manchen Netzwerken allerdings der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Jeder findet anderes, es gibt wenig Zusammenkünfte. Deshalb haben wir in unseren #Gott-Accounts einige weitere Ergebnisse, Gruppen und Listen zusammengestellt, die zur weiteren Recherche einladen sollen.

Natürlich könnte man die Recherche nach #Gott für größere Projekte auch ausweiten auf Massenmedien, die allgemeine Blogosphäre oder Bürgerportale wie Lokalkompass. Man könnte Gott auch in der Podcasting-Szene oder in Webvideos suchen. Dazu hier ein einziges Beispiel, über das man viel diskutieren könnte:

Nicht jeder, der nach Gott sucht, findet auf direktem Wege zu ihm. Das selbe gilt im Prinzip auch für die Suche im Internet. Für Rechercheure und Gottsuchende könnte es sich also lohnen, Begriffe mit einzubeziehen, die “mit Gott verwandt” sind.

Mit Gott verwandte Suchbegriffe. Quelle: hashtagify.com

Doch so hilf- und erkenntnisreich Recherchen auch sein können: Kern der sozialen Medien ist der Dialog, und der scheint beim Thema Gott noch ausbaufähig zu sein. Das wurde uns auch per Tweet mitgeteilt.

Um Anstoß und Inspiration zu geben, haben wir zum Abschluss unserer Gesprächsrunde allen Teilnehmern die selbe Frage gestellt, die wir bei tumblr fanden:

Quelle: ewigersommer.tumblr.com

Dieses Multimedia-Blog wurde realisiert im Rahmen des Medienwettbewerbes “Deine Story mit Gott, der von der katholischen Journalistenschule ifp und dem Bonifatiuswerk deutscher Katholiken ausgetragen wurde. Wir danken dem Projektleiter Stanley Vitte, der Kursleiterin Kirsten Gläsel und dem Referendar Thomas Remfort für die Koordination und Betreuung sowie den Podcastern Thorsten Runte (podcastverein.de) und Mark Bothe (gretchenfrage.net) für die Geduld und Unterstützung. Herzlichen Dank!

--

--

#Gott

Dies ist der Account des Q2-Religionskurses am Essener BMV-Gymnasium. Unser Thema: #Gott in den sozialen Medien.