Danke, Airbnb. Danke für (m)eine bessere Welt und so viele schöne Erlebnisse. You rock!

Tobias Schwarz
3 min readJul 15, 2016

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Vor einem Jahr sind meine Freundin und ich zu einer Reise quer durch Europa aufgebrochen. Im Vordergrund stand die Frage, wie mobil wir eigentlich heutzutage arbeiten können. Jeden Tag suchten wir ein anderes Coworking Space auf und gingen unserer täglichen Arbeit nach. Alle paar Tage zogen wir weiter in eine andere Stadt. Urlaub war das nicht, wir arbeiteten einfach nur von unterwegs, lebten unser Leben woanders. So kam es, dass wir mehr als 7.000 Kilometer zurücklegten und dieses Europa zwischen Barcelona und Stockholm kennenlernten.

Wir reisten genau zwei Monate umher auf diesem Kontinent, den wir vor einem Jahr zum ersten Mal so bewusst entdeckten, und der jetzt so unheimlich fragil wirkt. Wir lernten auch uns besser kennen, zumindest glaube ich das. So eine Reise kann ein sehr intimes Ereignis sein. Aufgrund dieser emotionalen Herausforderung als ein Paar so eng zu reisen und den allgemeinen Strapazen einer derartigen Rucksackreise, stellte es sich als sehr wichtig heraus, eigentlich gar nicht überraschend, dass wir uns dort, wo wir lebten, auch wirklich wohl fühlten.

Wenn wir heute zusammen sind und uns wieder gegenseitig Anekdoten unserer gemeinsamen Reise erzählen, die uns gerade wieder in den Sinn gekommen sind und ein Lächeln bescherten, dann reden wir nie über die Hotels oder die Hotelzimmer, in denen wir übernachteten. Wir denken immer an die Wohnungen zurück, die wir auf Airbnb gefunden haben und an die Menschen, die uns in ihr Zuhause ließen, uns an fremden Orten willkommen hießen und uns auch zeigten, dass Europa nichts Abstraktes ist oder Striche auf Landkarten, sondern auch aus Menschen besteht.

Wir erinnern uns an Arne in Kopenhagen, der uns Brot, Käse und Bier gab, nachdem er uns mitten in der Nacht vom Bahnhof abholte, damit wir nicht hungrig ins Bett mussten. Oder an Monika in Danzig, die im Sommer ihre Wohnung in einem alten Stadttor anbietet, was mir persönlich eine sehr wertvolle Erinnerung wurde, da meine Familie aus Danzig kam und ich mich so mit der Geschichte verbunden fühlte. Wir erinnern uns an Ed, der uns auf dem Fahrrad sein Amsterdam zeigte. An das wohl bequemste Bett der Welt, welches Juliette aus Montmartre gehört und an Lunas Apartment in Barcelona, welches nur zwei Minuten vom Strand entfernt ist.

Mir ist bewusst, dass Airbnb ein auf Profit ausgerichtetes Unternehmen ist, das seine Eigeninteressen verfolgt. Mir ist Airbnb an sich auch egal, aber mir sind die Menschen und die Möglichkeiten nicht egal, die einem eine derartige Plattform bietet. Deshalb stört mich auch der zurzeit in Berlin verbreitete Aufruf zum Boykott von Airbnb. Gegen falsche Behauptungen kann ich nichts machen. Es ist eine Krankheit moderner Debatten, dass Fakten als störend empfunden werden. Aber ich kann einer unsachlichen Aktion wie diesem Boykott-Aufruf eine Emotion entgegensetzen.

Image: (Rights probably by Twitter)

Und Airbnb auch einmal Danke sagen. Danke dafür, dass die Plattform die Welt verändert, indem es die Menschen aneinander näher bringt. Meine Welt hat Airbnb bisher nur bereichert. Über die Berliner Politik und Menschen mit anachronistischer Bewahrermentalität kann ich das nicht behaupten. Ich rufe aber deshalb nicht zum Boykott auf. Ganz im Gegenteil, in wenigen Wochen wird in Berlin gewählt und ein jeder Mensch mit Wahlrecht in dieser Stadt (zu dem Thema mache ich jetzt hier aber kein Fass auf), kann die Verhältnisse durch seine Wahlentscheidung beeinflussen.

Wählt Freiheit.

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Tobias Schwarz

Tobias Schwarz, who was born and raised in Magdeburg, is Coworking Manager of the St. Oberholz in Berlin and Editor-at-Large for Netzpiloten.de.