Franz Richter (User:FRZ)

Reputation: Wir müssen mit unserem digitalen Zwilling leben

Klaus Eck
CONTENT REVOLUTION

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Bettina Wulff hat ein Reputationsproblem und sehnt sich danach, ein anderes Bild in der Öffentlichkeit zu hinterlassen als das einer Ex-Frau eines gescheiterten Bundespräsidenten. Doch so leicht wird Sie ihre alte Rolle nicht mehr los. Ihr Buchprojekt konnte ihr in dieser Hinsicht nicht wirklich helfen. Aufgrund erheblicher Angriffe auf ihre Reputation sagte Bettina Wulff 2012 alle öffentlichen Auftritte für die Buchpromotion ab. Noch immer ist ihre Bekanntheit eng mit Christian Wulff verbunden.

In der Wikipedia kann jeder nachlesen, wie sich die ehemalige Präsidentengattin gegen öffentliche Gerüchte und einen vermeintlichen digitalen Rufmord gewehrt hat.

“Anfang September 2012 reichte Bettina Wulff beim Landgericht Hamburg Klagen gegen Günther Jauch und auch gegen Google ein, nachdem in den Monaten zuvor bereits 34 deutsche und ausländische Blogger und Medien Unterlassungserklärungen abgegeben hatten. Damit wehrt sie sich gegen seit 2006 kursierende Gerüchte, sie habe vor ihrer Ehe mit Christian Wulff im Rotlichtmilieu gearbeitet.[8] Der SZ-Redakteur Hans Leyendecker verwendete in diesem Zusammenhang den Begriff „Rufmord“. Das Gerücht sei 2006 von CDU-Kreisen in Hannover kolportiert worden, um ihrem Mann, dem damals amtierenden niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten, zu schaden.” (Wikipedia im September 2014)

Dieser Eintrag steht bei Google auf Platz 1, wenn Sie Bettina Wulff suchen. Mit dieser digitalen Macht muss heutzutage jede öffentliche Person rechnen. Aber auch Sie existieren nicht nur in Ihrer physikalischen Welt, sondern haben zumindest einen kleinen digitalen Zwilling, der Ihre persönlichen Eigenschaften zusammenträgt. Ihre zahlreichen Abbilder verdichten sich im Internet zu einem Eindruck, dem trotz eines vermeintlichen Rechts auf Vergessen nicht ganz entkommen können.

Digitale Vorurteile sind mächtig

Sobald Sie einem anderen Menschen begegnen, erzeugen Sie innerhalb von wenigen Sekunden einen ersten Eindruck bei diesem. Es entsteht sofort ein erstes Image. Daran sollten Sie immer denken, wenn Sie Ihr persönliches Ansehen (Reputation) verbessern wollen. Jedermann hat im beruflichen wie privaten Leben erste Impressionen seiner selbst bereits vermittelt, die sich auf die soziale Anerkennung und den persönlichen Erfolg auswirken. Deshalb sollten Sie bei Ihrer Karriereplanung oder dem Networking immer auch die Vorstellungen Ihres Umfeldes mit berücksichtigen. Dieses hat in der Regel zahlreiche Erwartungen an Ihre Person.

Der Aufbau einer Reputation kann nie kurzfristig erfolgen, sondern bedarf einer kontinuierlichen, langfristigen Anstrengung einer Person oder eines Unternehmens. Aus diesem Grunde haben die Klagen Bettina Wulff nicht geholfen, ihr Personal Branding zu verändern. Im Unterschied zu einer „Reputation“ steht der häufig synonym verwendete Begriff „Image“ für das Bild, das die Kunden von einem Unternehmen oder einer Person in einem bestimmten Moment haben. Lässt sich ein Image vielleicht noch durch Werbekampagnen kurzfristig verkaufen, basiert eine positive Reputation auf einer fundierten Leistung, die über einen längeren Zeitraum hinweg erbracht wird und die gemachten Erfahrungen reflektiert. Im Vergleich dazu ist das Image, das wir unmittelbar wahrnehmen, eher etwas Oberflächliches.

Andere entscheiden oftmals über Ihre Online-Reputation

Beim Aufbau der Reputation dürfen Sie nicht das Internet und Social Media außer Acht lassen, weil rund zwei Drittel der Gesellschaft online unterwegs sind, um sich zu informieren. Selbst wenn Sie kaum oder gar nicht im Web aktiv sind und sich dort nicht um ihren digitalen Ruf gekümmert haben, können Sie nicht davon ausgehen, dass es dort keine Inhalte zu Ihrer Person gibt. Das lässt sich schnell ändern. Wenn wir uns beispielsweise auf einem Event treffen und ich dort ein Foto von Ihnen mache und dieses sofort publiziere und mit Ihrem Namen versehe, nehme ich unmittelbar Einfluß auf Ihr Personal Branding. Im Gegensatz zu vielen anderen Hobby-Fotografen würde ich Sie jedoch um Ihre Zustimmung bitten und damit Ihre Persönlichkeitsrechte wahren. Anders sieht es jedoch aus, wenn Sie in einer Menschenmenge fotografiert werden. Dabei könnten Sie zufällig ins Bild geraten und müssen das in Kauf nehmen.

DMEXCO 2014

Mitunter hat Ihre Online-Wahrnehmung große Auswirkungen auf Ihre berufliche Entwicklung. Das muss nicht so sein, oftmals werden nur die ersten Google-Treffer betrachtet. Tiefere Recherchen erfolgen eher selten.

Die Selbstwahrnehmung deckt sich oft genug nicht mit dem eigenen Bild in der Öffentlichkeit. Letzlich entscheidet diese Fremdwahrnehmung über unser öffentliches Erscheinungsbild und wirkt sich auf unsere digitale Identität aus. Wir sind, was andere über uns denken und schreiben. Ob es uns gefällt oder nicht. Es nimmt Einfluß auf unsere öffentliche Reputation.

Die Online-Reputation ist oft abstrakt

In der Marketingtheorie wird die „Reputation“ häufig als Summe von Einzelerwartungen und -erfahrungen gesehen. Der Begriff soll Auskunft über die Vertrauenswürdigkeit und Kompetenz eines Menschen oder Unternehmens geben, damit wir diese in unser Kalkül aufnehmen können. Doch wenn sich immer mehr Konsumenten im Web über Personen, Produkte und Organisationen informieren, entsteht die Reputation zunehmend in einem abstrakten Raum, ohne persönliche Begegnung und Erfahrung.

Je abstrakter unsere Arbeitsverhältnisse werden, desto mehr wünschen wir einen Ausgleich dafür. Die Kommunikation verlagert sich zunehmend ins Internet. Dabei schenken wir Personen das Vertrauen, denen wir lesend immer wieder begegnen, ohne sie jeweils real getroffen haben zu müssen. Das ist besonders leicht auf Twitter zu beobachten, wenn wir dort miteinander öffentlich kommunizieren.

https://twitter.com/klauseck/status/514669302776356864
https://twitter.com/LousyPennies/status/514760570558767104

Unternehmen haben viele Markenbotschafter

Im Unternehmen stehen die Entscheider im Mittelpunkt des Interesses. Sie lenken die Unternehmensgeschicke und sind in der Öffentlichkeit präsenter als viele ihrer Mitarbeiter. Warum aber schenkt das Management der CEO-Reputation eine besondere Aufmerksamkeit und vernachlässigt die vielen Angestellten, die den direkten Kundenkontakt pflegen? Jeder Einzelne trägt zur Wahrnehmung des Unternehmens bei. Je exponierter die Arbeitnehmer selbst in der Öffentlichkeit sind, desto deutlicher wird diese Entwicklung. Längst pflegen die Unternehmensmitarbeiter ihre Kundenkontakte sowohl online wie offline. Dem werden die Firmen in Zukunft mehr Rechnung tragen müssen, falls sie die Chancen und Risiken für ihre Reputation ernst nehmen wollen.

In einigen Firmen gibt es sogar bereits offizielle Markenbotschafter, die für das Unternehmen aktiv das Reputation Management übernommen haben. Sie twittern, bloggen und instagrammen im Auftrag ihrer Organisation und nehmen darüber Einfluß auf die öffentliche Wahrnehmung. Erst durch ihre Persönlichkeit machen sie ein Unternehmen ansprechbarer, glaubwürdiger und authentischer. Für den PR-Blogger habe ich dazu Stefan Keuchel befragt, der bei myTaxi als Leiter der PR- und Social Media-Aktivitäten tätig sowie deren Markenbotschafter ist. Vorher war er in Deutschland der bekannteste Botschafter Googles.

Das Reputationsmanagement eines Unternehmens steht vor gänzlich neuen Herausforderungen: Schließlich muss es sich auch um die persönliche Entwicklung aller Mitarbeiter sorgen, die im Internet aktiv sind, um letztlich langfristig die Unternehmensreputation abzusichern. Durch das Internet ist die Welt des Reputationsmanagements komplexer geworden. Reputationsmanager müssen nicht nur auf die Medienöffentlichkeit, Geschäftspartner, Aktionäre, Gewerkschaften und Kunden reagieren, sondern haben zudem ständig die Interessen von Umweltgruppen, NGOs, Social Media und Influencer im Blick zu behalten.

Traditionell bemüht sich ein Unternehmen darum, die Differenz zwischen der eigenen und öffentlichen Wahrnehmung möglichst zu schließen. Das ist weiterhin auch eine Aufgabe des neuen Reputationsmanagements, das darüber hinaus auf Multiplikatoren in Social Media und Blogs achtet, neue Mikrotrends berücksichtigt und Strategien für die schneller entstehenden öffentlichen Diskussionen um Marken entwirft. Die Verbreitungsgeschwindigkeit von Meinungen stellt für das digitale Reputation Management eine große Herausforderung dar. Wer eine Krise vermeiden will, muss alle relevanten Online-Gespräche ausfindig machen und die vorhandenen technischen Möglichkeiten nutzen, um den Überblick über die multidimensionalen Kanäle zu behalten. Einige Unternehmen haben die Gefahren erkannt und stellen aus diesem Grund in PR oder Marketing Spezialisten als Reputationmanager ein, die für den Umgang mit den neuen Öffentlichkeiten verantwortlich sind.

Persönliche Reputation als Karrieretool

Jeder Mensch ist für seine persönliche Reputation selbst verantwortlich und sollte danach streben, sie unabhängig vom Unternehmen weiterzuentwickeln. Schließlich können angestellte Manager in der Regel nicht mehr von einer Anstellung auf Lebenszeit ausgehen, sondern müssen innerhalb ihres Arbeitslebens mit vielen beruflichen Wechseln rechnen. Wer sich als Arbeitnehmer oder Selbständiger frühzeitig um sein eigenes Selbstmarketing kümmert, eröffnet sich neue Karrierechancen. Das Internet bietet zahlreiche Gelegenheiten, sich positiv in Szene zu setzen. Deshalb wird es zunehmend wichtiger, sich der Gestaltungschancen bewusst zu sein.

Nehmen Sie deshalb Ihre ICH-Marke ernst und kümmern Sie sich aktiv um Ihr Personal Branding. Wer damit so lange wartet wie Bettina Wulff, der wird sich schwertun, seine Online-Reputation wieder zu verbessern.

Mehr über das Thema Personal Branding und Selbstvermarktung können Sie auch in meinem Buch “Karrierefalle Internet” lesen.

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Klaus Eck
CONTENT REVOLUTION

Gründer und Geschäftsführer der Content-Marketing Agentur @dtales #contentstrategie #contentmarketing