Zerstörtes Vertrauen

VivaLaVita schreibt.
7 min readNov 27, 2020

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Monatelang hatten die Kultusminister Zeit, um gute Konzepte zu entwickeln, um Bildung und Infektionsschutz miteinander zu verbinden.
Zum Beispiel durch eine gut organisierte Betreuung für berufstätige Eltern, um keinen Interessenskonflikt zu schaffen und Hybridunterricht zu ermöglichen, sowie einer massiven Digitalisierung.Was ist passiert? Nichts.

Bei einer bundesweiten Inzidenz von 150 werden die RKI Vorgaben bzgl. der Schulen immer noch nicht umgesetzt. Die Kinder sitzen in vollen Schulklassen, in denen kein Abstand zueinander eingehalten werden kann. In Zimmern, die schlecht belüftet werden können… Mehr noch, man beschliesst die Marke von 50 auf 200 hochzusetzen und wenn überhaupt nur die oberen Klassen zu teilen.

Deutschland im November 2020. Täglich haben Eltern Angst ihre Kinder bei sehr hohen Inzidenzen in die Schulen zu schicken. Ungeschützt. Sie wissen genau, dass das Märchen der ‘sicheren Schulen’ unter solchen Umständen natürlich nicht wahr ist. Bildungseinrichtungen wiederspiegeln lediglich das umliegende Infektionsgeschehen. Täglich haben Schüler Angst, in volle Busse einzusteigen, indenen Abstand halten unmöglich ist. Sie fragen sich: Wen trifft es als Nächstes?
Sie machen sich Sorgen, daß sie das Virus mit nach Hause zu bringen… vorallem wenn Sie in einer der vielen Risikofamilien leben.

Risikofamilien. Warum redet eigentlich niemand über sie? Klar, in den Medien wird immer wieder über die ‘vulnerable Gruppe’ gesprochen, und dass wir Solidarität mit Ihnen zeigen sollen, und sie so gut wie möglich schützen sollten. Aber dass wir durch volle Schulklassen ohne Abstand genau diese wissentlich in Gefahr bringen… interessiert anscheinend kaum jemanden.
Und dass Sie aufgrund der Schul- Präsenzpflicht dazu gezwungen sind, sich und ihre Familien täglich zu gefährden…

Sehr viele Menschen wissen nicht, daß Sie zur Risikogruppe gehören. Wie viele schwangere Mütter, diabeteskranke Geschwister, übergewichtige Väter, Kinder, die auf engem Wohnraum leben… es in Deutschland wohl gibt? Wie sollen diese Menschen sich schützen — wenn ihre Kinder aufgrund der Schulpflicht ungeschützt in die Schule gehen müssen? Indem Sie bei sich Daheim Abstand vor ihren eigenen Kindern halten? FFP2 Masken tragen? Das ist absurd und unmenschlich. Warum gibt es nicht wenigstens für diese Menschen bei hohen Inzidenzen eine Aussetzung der Präsenzpflicht, und dafür eine Bildungspflicht?
Photo by Jannis Lucas on Unsplash

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Wie fühlt es sich an…

…wenn man sein Kind jeden Tag mit Angst zur Schule schicken muß? Ungeschützt.
Mitten in einer Hochphase der Pandemie.
Und dabei das Kind anzulächeln, und so zu tun, als ob alles in bester Ordnung wäre. Nur — leider ist es das nicht.

In New York haben über 4000 Kinder ihre Eltern verloren. New York hat inzwischen bei einer niedrigeren prozentualen Inzidenz als in Deutschland — die Schulen wieder geschlossen. Und was machen wir?
https://twitter.com/Michael_Kunz/status/1329168531502587904
https://nypost.com/2020/09/30/study-finds-4200-kids-in-nyc-have-lost-a-parent-to-covid-19/

Die Menschen verlieren das Vertrauen in ihre Regierenden. Die Wirtschaft soll auf Kosten der Gesundheit der Lehrer, Erzieher, Kinder und ihrer Familien weiterlaufen.
Das Problem ist nur… diese Rechnung geht nicht auf. Denn solange die dringend notwendigen Maßnahmen an Schulen und Kitas nicht eingehalten werden — werden die Zahlen nicht sinken.
Und das hätte nicht nur enormen wirtschaftlichen Schaden zur Folge, sondern auch sozialen und gesundheitlichen.

Unsere Gesellschaft kann nicht in einem dauerhaften Soft-Lockdown-Zustand leben. Oder sich von einem Lockdown zum nächsten hangeln. Das hält weder die Wirtschaft, noch die Gesellschaft aus. Je früher wir also handeln, desto schneller gehen die Inzidenzen wieder runter. Leider wird genau das Gegenteil gemacht. Man wartet ab. Warum?

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Eine Gesellschaft in Scherben. Die Gesellschaft ist gespalten. Die Elternschaft auch. Während die Einen sich offene Schulen bis zum bitteren Ende wünschen — legen die Anderen nicht nur auf Bildung, sondern auch auf Sicherheit wert. Sehr schade, daß die Politik es in so vielen Monaten nicht geschafft hat, Konzepte zu entwickeln und auch umzusetzen, die beiden Seiten gerecht werden.

Die gegenwärtige Politik befeuert im Grunde diese Spaltung.
Und je länger sie wartet, desto mehr verhärten sich die Fronten.

Asymptomatische Kinder
Gottseidank sind Kinder selber selten schwer betroffen. (mit Ausnahme der unbekannten Langzeitfolgen …)
Aber allgemein anerkannt ist, daß Kinder sich infizieren können, und auch Andere infizieren können. Da aber asymptomatische Kinder in der Regel selten getestet werden, entsteht der Eindruck, sie seien seltener betroffen.
Im Ausland weiß man das längst.

Mangelnde Transparenz Warum war es in so vielen Monaten nicht möglich eine ‘offizielle Karte’ der betroffenen Einrichtungen zu erstellen? Warum gibt es kein bundesweites Kataster? Warum häufen sich auf Social Media die Meldungen, daß Fälle wissentlich nicht öffentlich kommuniziert werden sollen? All das ist kontraproduktiv und schafft kein Vertrauen in der Bevölkerung. Eine Hamburger Lehrerin sammelt in mühseliger Kleinarbeit monatlich die Fälle, die es in die Presse geschafft haben.
https://www.google.com/maps/d/u/0/edit?mid=13WNBZwjVF0xezApDJkswW3KfkevBGNgu&usp=sharing

Nachtrag vom 27.11.2020- seit heute gibt es von der KMK offizielle Zahlen zu den betroffenen Schulen. https://www.kmk.org/dokumentation-statistik/statistik/schulstatistik/schulstatistische-informationen-zur-covid-19-pandemie.html Was ist mit den Kitas?

Was machen wir, wenn nach und nach alle Einrichtungen schliessen müssen? Weil es nicht mehr ausreichend gesunde Pädagogen gibt… weil die Krankenhäuser voll laufen…? Warum versuchen wir nicht die Schulschliessungen durch präventives Handeln zu verhindern, anstatt sehenden Auges ins Verderben zu rennen?

Kinder, die in schwierigen Familienumständen leben, sind von Schul- und Kitaschliessungen besonders hart betroffen. Gerade für diese Kinder wäre also eine möglichst kontinuierliche und risikoarme Beschulung besonders wichtig. Und nicht das, was gerade passiert…

Kann es sein, dass gerade Sie besonders häufig auch in Risikofamilien leben? (Enger Wohnraum, schlechte Gesundheit der Angehörigen, Übergewicht, Diabetes, Schwangerschaft…) wollen wir also nicht nur an deren schlechteren Bildungschancen sondern uns auch an der schweren Erkrankung, gar am Tod von deren Angehörigen mitschuldig machen?

Seit Jahrzehnten kennt man schon die schlimme Situation dieser zutiefst bemitleidenswerten Kinder. Warum hat man sich nicht schon viel früher um sie gekümmert? Durch Familienhilfen, Sozialarbeiter, Beratungs- und sonstige Unterstützung,…? Warum hilft man diesen Kindern nicht?

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Alle international anerkannten Wissenschaftler sind sich einig, dass bei hohen Infektionszahlen Schulen und Kitas nicht sicher sind. Aber von unseren Länderregierungen werden diese Erkenntnisse einfach ignoriert.
Bzw. die schwere Erkrankung oder der Tod von Menschen wird einfach in Kauf genommen.

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RKI, Leopoldina, Gesellschaft für Virologie, Universität Harvard, Dr. Fauci, Herr Drosten, … und viele, viele Andere empfehlen bei hohen Inzidenzen Abstand im Klassenzimmer und nach Möglichkeit auch Luftfiltergeräte.
Selbst die DAKJ, mit ihrem flammenden Plädoyer ‘Lasst die Schulen offen’ empfehlen die Teilung aller Klassenstufen ab Inzidenz 50.
Siehe pdf Seite 15

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Praevention-Schulen.pdf?__blob=publicationFile https://www.g-f-v.org/node/1326 https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2020_08_05_Leopoldina_Stellungnahme_Coronavirus_Bildung.pdf https://schools.forhealth.org/wp-content/uploads/sites/19/2020/06/Harvard-Healthy-Buildings-Program-Schools-For-Health-Reopening-Covid19-June2020.pdf https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2020_08_05_Leopoldina_Stellungnahme_Coronavirus_Bildung.pdf https://www.dakj.de/wp-content/uploads/2020/08/DAKJ-SN-Aufrechterhaltung-Regelbetrieb-Gemeinschaftseinrichtungen.pdf

Enttäuschung und Trauer manchmal sogar Wut macht sich in der Bevölkerung breit. Eltern, Lehrer, Erzieher, medizinisches Personal, Ärzte, Beamten, Akademiker,…und viele, viele andere verantwortungsvolle Bürger sind bitter enttäuscht von den mangelhaften Containment Massnahmen. Und beobachten mit größter Sorge die gegenwärtige Politik, die offensichtlich in die falsche Richtung geht…

https://www.openpetition.de/petition/online/bildungsgerechtigkeit-und-gesundheitsschutz-in-der-pandemie

Photo by Myles Tan on Unsplash

Warum können wir Corona nicht einfach auch mal als etwas Positives betrachen? Zum Beispiel dadurch, daß wir endlich zu der Erkenntnis kommen, daß wir unser Bildungs- und Betreuungssystem dringend modernisieren sollten?

Warum führen wir nicht dauerhaft kleinere Klassen und kleine Kitagruppen ein? Mehr Personal, Modernisierung, Digitalisierung…
Das wäre ein essentieller Beitrag zu qualitativ hochwertiger Bildung, zu mehr Bildungsgerechtigkeit, zu Gewalt- und Missbrauchsprävention.

Was ist schon ein ‘rumpelndes Coronajahr’ im Vergleich zu Generationen von Kindern, die durch kleinere Klassen, kleine Kitagruppen profitieren könnten?
Nein, wir Eltern wollen keine ‘Ganztags-Kinderaufbewahranstalten’ mehr.
Unsere Kinder werden in der Zukunft noch vor große Herausforderungen gestellt werden — und es ist unsere Pflicht als Eltern, als Gesellschaft, sie mit dem bestmöglichen ‘Rüstzeug’ dafür auszustatten.

Kinder sind das Kostbarste, was wir haben. Sie sind unsere ‘Human Ressources’. Sie sind unsere Zukunft und Sie haben es verdient, dass wir uns für Sie einsetzen.

Liebe Eltern, liebe Pädagogen, liebe sonstigen verantwortungsvollen Bürger, bitte lasst uns, uns gemeinsam für das Wohlergehen und die Zukunft unseres Landes einsetzen! Gemeinsam können wir diese Krise meistern.

Bitte laßt uns aufhören zu streiten, und stattdessen Brücken bauen — wie wir es schaffen können, unsere Politik dazu zu bringen, sich WIRKLICH für die Interessen unseres Landes und das Wohl unserer Familien, unserer Kinder einzusetzen.

Die Zeit ‘vor Corona’ wird es nicht mehr geben. Aber es liegt vor allem an uns, wie wir die Zeit ‘nach Corona’ gestalten wollen.

Wir sollten also nicht lernen MIT, sondern OHNE Corona zu leben.

Schon seit Monaten schon wird auf Social Media vor genau der Situation, in der wir uns gerade befinden, gewarnt. Um bessere Vorbereitung, um bessere Konzepte, um bessere Maßnahmen wird flehentlich gebeten.
Unter
#BildungAberSicher #TeamSichereBildung #SichereBildungDE #SichereBildungJetzt #WellenbrecherJetzt #Coronaschulen #RisikoBildung #Schattenfamilien #Twitterlehrerzimmer sind Tausende Tweets zu genau diesem Thema. Dort findet man auch viele konstruktive Vorschläge zur Umsetzung.

Warum hat Niemand auf uns gehört?

Liebe Familien, liebe Containment- Mitstreiter, liebe SichereBildung-Helden, liebe Wellenbrecher und ZeroCovid-ler, liebe Schattenfamilien, liebe Virologen, liebe Wissenschaftler, liebe sonstigen verantwortungsvollen Bürger — Danke, daß ihr da seid… Und — it’s only over, when it’s over… Also, weitermachen! ………………… Wer das Alles hier schreibt? Einfach nur irgendeine Mutter, die ihre Arbeit liebt, aber ihre Kinder und ihre Familie noch mehr.

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VivaLaVita schreibt.

Mensch & Mutter, schreibt über Bildung, Corona, wie wir es in den Griff bekommen könnten… und nicht zu vergessen: “No one is safe, until everyone is”