Digital vs. Health Care – Rahmenbedingungen, Chancen und Herausforderungen

Digitalisierung des Gesundheitsmarktes — aber bitte mit Bedacht!

Marius Goebel
4 min readJul 24, 2018
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Digitalisierung und Digitale Transformation — zwei Begriffe, die uns heute täglich und in nahezu jedem Kontext begegnen: Industrie 4.0, Cloud based Micro Services, Augmented Reality … [das könnte ein lange Aufzählung werden ;-)]

Denkt man hingegen an den den heutigen Gesundheitsmarkt, an die Kommunikation mit Ärzten, Krankenkassen und an Prozesse im gesamten Gesundheitsapparat liegen diese Befrifflichkeiten in der Regel fern. Die Digitalisierung scheint noch keinen so starken Einzug erhalten zu haben, wie dies heute bereits in anderen Bereichen des täglichen Lebens und Arbeitens der Fall ist.

Doch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist es entscheidend, dass überzeugende Lösungen für eine Verbesserung der Effizienz des Gesundheitssystems gefunden werden. Geschieht dies nicht, wird ein immer größerer Teil des Bruttosozialproduktes für Gesundheitsausgaben sowie ein immer größerer Anteil an Humanressourcen aufgewendet werden müssen. Die aktuellen Kontroversen zum Pflegenotstand machen es auch für die Politik zunehmend schwerer die nahenden Herausforderungen ledigleich stiefmütterlich zu thematisieren, bzw. adequate Maßnahmen einzuleiten.

Lösungen durch Digital Health Care?

Einen Ansatz zur Effizienzsteigerung des Gesundheitssystems bieten Lösungen im Bereich Digital Health Care. Die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien beabsichtigt die Vernetzung des Gesundheitssystems, um so eine Effizienzsteigerung zu realisieren. Zudem unterstützt der Einsatz von technischen Lösungen im Health Care Bereich ärztliche und pflegerische Leistungen und schafft gleichzeitig einen Zugewinn an Lebens- und Arbeitsqualität für medizinisches Personal, Pflegekräfte, Angehörige und Betroffene. Der Einsatz von technischen Lösungen im Health Care Bereich beabsichtigt zum einen die aktive Unterstützung der Anwender, um Krankenhausaufenthalte zu vermeiden oder zu verkürzen sowie den Einzug in stationäre Einrichtungen zu vermieden oder zeitlich heraus zu zögern. Zum anderen eröffnet die elektronische Vernetzung im Gesundheitswesen — beispielsweise von Patient und Arzt — neue, effizientere Therapiemethoden. Hier bietet beispielsweise die bedarfsorientierte Übermittlung von Vital- und Patientendaten neue Möglichkeiten der Online-Anamnese, -Diagnose, -Therapie und -Medikation.

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Hemmnisse und Herausforderungen

Doch das papierlose Krankenhaus ist ein noch selteneres Phänomen, als das papierlose Büro. Dies liegt zum einen an teilweise vorhandenen infrastrukturellen Mängeln des Gesundheitsapparates, jedoch auch an den noch ungeklärten Fragen in Sachen Datenschutz und Datensicherheit im Kontext der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Denn erst wenn die gesamten elektronischen Daten eines Patienten sowie seiner Behandlung an allen Behandlungsorten genutzt werden dürfen, lässt sich der volle Nutzen aus diesen Daten ziehen.

Ein weiteres Hemmnis in der Digitalisierung des Gesundheitswesens stellt heutzutage auch die Schwierigkeit dar, technische Lösungen über die Pflegesätze oder Leistungen der Krankenkassen subventionieren oder finanzieren zu lassen. Oftmals haben diese technischen Neuerungen noch keinen Einzu in das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes gefunden Der GKV-Spitzenverband erstellt gemäß § 139 SGB V ein Hilfsmittelverzeichnis, in dem die von der Leistungspflicht der Kranken- und Pflegekassen umfassten Hilfsmittel aufgeführt sind. Der überwiegende Teil moderner technischer Lösungen ist in diesem Verzeichnis heute noch nicht erfasst und kann somit nicht subventioniert werden. Ein Lichtblick stellt das Pflegeneuausrichtungsgesetzt von 2015 dar — es tut sich was. Demnach sollen die Versicherten zwischen mehreren aufzahlungsfreien Hilfsmitteln wählen können. Zudem soll das Hilfsmittelverzeichnis regelmäßig überarbeitet und der Preis der Produkte nicht mehr das alleinige Kriterium bei Ausschreibungen sein.

Die richtigen Rahmenbedingungen schaffen

Dennoch gilt es zu beachten, ethische, rechtliche und soziale Aspekte maßgeblich in die Entwicklung von Digital Health Care Produkten und Lösungen einfließen zu lassen — vor allem, wenn diese dafür vorgesehen sind, das Leben sicherer zu gestalten und eine Schutzfunktion zu übernehmen. Ebenso müssen diese Aspekte bei der Integration der Systeme in das Lebensumfeld des Nutzer berücksichtigt werden. Die jüngste Vergangenheit hat zudem gezeigt, dass sich technische Unterstützungssysteme nur flankiert von bedarfsorientierten Konzepten und Dienstleistungen durchsetzen können. Diese Konzepte müssen in der Lage sein, die Anwender bedarfsorientiert zu unterstützen und zugleich in der Bedienung nutzerorientiert konzipiert sein. Innovative Technologien müssen frühzeitig mit dem Gesundheitssektor verknüpft werden. Daher ist es notwendig, die Akteure der Gesundheitswirtschaft frühzeitig in die Entwicklungsphasen dieser Systeme und Lösungen mit einzubinden. Es müssen Schulungen angeboten und die Lernpläne der Berufsschulen sowie Universitäten im Gesundheitssektor an die aktuellen Anforderungen, Herausforderungen und Bedürfnisse angepasst werden, um auf die neuen Aufgaben vorzubereiten. Zudem müssen Servicecenter eingerichtet werden, um Rückfragen auf einfache Weise zu ermöglichen und so weiterhin die Digitalisierung des Gesundheitswesen voranzutreiben. Des Weiteren gilt es, das Vertrauen der Anwender zu gewinnen, Berührungsängste zu neuen Technologien abzubauen.

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Marius Goebel

Freelance Marketing & Digital Strategy Consultant — Creating meaningful brands — www.kontik.de