So geht man als Maria durch das Leben
Kein andere Name wurde so viel besungen wie meiner. Maria. Das behaupte ich einfach mal und zähle noch nicht einmal alle Kirchenlieder dazu — und da gibt es einige, glauben Sie mir.
Jeder Onkel, jede Tante hatte ihren eigenen Schlager, den sie schmetterten, wenn sie mich sahen. “Mariandl” von der Bodenständigen, “Mary-Lou” von der Vielreisenden, “How do we solve a problem like Maria” (aus “The sound of music — das Musical über die Trapp-Familie) schmetterte Tante Mary aus Amerika und “Maria , breit den Mantel aus” der fromme Onkel.
Im Kindergarten wollte ich unbedingt Petra oder Bettina heißen. Deshalb nannte ich meine Puppen so. Was heute in den Namenshitlisten ganz oben rangiert, galt in den 60ern sogar in Bayern als altmodisch. Jedenfalls gab es in meiner Schule ebenfalls genügend “Josephs”. Religiöse Anspielungen waren natürlich vorprogrammiert.
Dabei durfte ich im Krippenspiel gar nicht mal die Maria spielen, sondern die böse Frau, die die Herberge verweigert. Meine Kinderfreundin Bettina übernahm den Part. Ich beneidete sie um die Rolle und den Namen. Allerdings hat das nachgelassen, als ich das erste Mal den Song von “Fettes Brot” gehört habe: “Bettina pack deine Brüste ein”.
Maria und Tony — Maria und Joseph
Irgendwann lief im Fernsehen die “Westside Story”, die Romanze à la Romeo und Julia in New York mit den Protagonisten Maria und Tony. Ein wunderbarer Film, aber nicht ganz einfach zu verkraften, wenn der Mädchenschwarm der Klasse ausgerechnet Tony heißt und man mitten in der Pubertät ist. Tauchten wir irgendwo auf, schmetterte mindestens einer, meist eine ganze Meute “Maria, Maria, Mariiiiiiiiia”. Ähnliches kennen vermutlich nur “Aniiiita–Aniiiiita” und “Michaela-a-a”.
Erst neulich fragte mich ein junger Kollege, ob ich die “Maria” (1999) von Santana (1999) bin — natürlich. Auch die “Maria Magdalena” von Sandra (1985). Und all die anderen Marias, denen ein Song gewidmet wurde. Sollen Claudia, Anja, Tanja, Bettina, Petra, Sabine, Susanne, Sandra, Evelyn und Andrea mich ruhig beneiden.
Ich komme gut durch die Welt, mein Name ist ziemlich international und trotzdem kein Allerweltsname. Das, was heute Mia ist, war Maria schon immer: weltweit akzeptiert, gut auszusprechen und — anders als Mia — ein Klassiker.
Selbst Starbucks-Mitarbeiter schaffen es nur sehr selten, meinen Namen falsch zu verstehen und den Becher kryptisch zu beschriften. Und Tische im Restaurant reservieren wir sowieso immer für Maria.
#growingupwithmyname — ich bin zufrieden mit meinem Namen.
Zuerst erschienen im Elternblog “Der Chipsmixer” auf t-online.de.