Am Tropf

Pieceoplastic
5 min readAug 13, 2015

Was können wir als MieterInnen unternehmen damit die HausbesitzerInnen auf alternative Heizungssysteme umstellen?

Vorgeschichte

Seit etwas mehr als einem Jahr wohnen wir in einer neuen Wohnung. Leider befindet sich unser Schlafzimmer direkt über dem Heizungsraum. Da ich einen sehr leichten Schlaf habe, hat mich der Heizungslärm immer wieder geweckt und/oder wachbehalten. Nicht leichter wird dieser Umstand durch die Tatsache, dass es sich dabei um eine Ölheizung handelt. Ich jedenfalls lag weit gelassener wach in unsere vorherigen Wohnung mit Minergie P Standard.

Beim rumwälzen wurde mir bewusst, wie wenig wir als MieterInnen zu diesem Thema zu sagen haben. Es bestehen kaum Möglichkeiten bei der heute so wichtigen Frage mitzureden. Dabei ist es von grosser Wichtigkeit mit welchem Heizungssystem unsere Wohnungen geheizt werden.

Den meisten intelligenten Menschen dürfte inzwischen klar geworden sein, dass die Ölverbrennung, in Heizungen oder Motoren, ein wichtiger, aktiver Faktor ist der zum Global Warming und damit zum Klimawandel beiträgt. Auf ein Auto kann man leicht verzichten, auf’s Heizen - jedenfalls hier in der Schweiz - nur schlecht. Im Winter hat niemand gerne kalt. Doch mit der Benutzung einer Ölheizung machen wir uns mitverantwortlich.

Bei der Wohnungssuche bietet sich uns als MieterInnen oft keine Alternative, und niemand macht sich gerne unbeliebt bei den VermieterInnen. Doch es gibt es genügend Alternativen zu Ölheizungen, und die Zeit drängt.

So stiess ich auf nachfolgende Idee. Als Warnung möchte ich vorausschicken, die Idee ist in Teilen unausgereift. Ich bin weder Texter, noch PR-Mensch. Ob und wie sie sich umsetzen lässt ist mir nicht klar. Trotzdem möchte ich sie hier mal formulieren in der Hoffnung auf Feedbacks und Vorschläge.

Grassroots Kampagne: Am Tropf

Der Name Am Tropf soll andeuten, dass wir in einer Abhängigkeit stehen. Wie an einer Infusion hangen wir alle am Tropf der Ölindustrie. Wenn ein Patient an einer Infusion hängt, ist es eine weitgehend passive Situation. Der Arzt bestimmt welche Medikamente zugeführt werden, und wie lange. Das Öl fliesst - ebenfalls ohne unsere Mitsprache - in die Heizkessel in unseren Häusern, wir bleiben dadurch in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Heizöl. Und dadurch machen wir uns mitschuldig.

Eigentlich möchten informierte MieterInnen mitdiskutieren, doch eines der Hauptprobleme bei der Mitsprache in der Heizungsfrage ist unsere Isoliertheit. Man fühlt sich allein. Als Mieter möchte man sich beim Vermieter nicht unbeliebt machen. Darum braucht es eine breitangelegte Kampagne, um die einzelnen MieterInnen zu schützen und zu stärken.

Die Grundidee

Die Grundidee der Kampagne ist einfach: MieterInnen als direkt Betroffene sollen dabei unterstützt werden mit den VermieterInnen in’s Gespräch zu kommen in Bezug auf Ölheizungen und einer Umstellung auf Alternative Heizsysteme. Durch die Kampagne soll ein breit abgestützes Druckmittel entstehen, welches einzelne Mieter nicht übermässig exponiert.

Kernstück der Kampagne sind einerseits eine Website, unterstützt von Aktivitäten auf Social Media, andererseits geht es primär darum den MieterInnen ganz konkrete Tools und Resourcen anzubieten, die es vereinfachen mit den VermieterInnen zu verhandeln.

Auf der Website finden sich so rechtliche Informationen, Facts, Statistiken, aber auch Musterbriefe an VermieterInnen oder Instruktionen wie Sammelbriefe mit den anderen MieterInnen in der Liegenschaft initiert werden können.

Zudem kann ein Kitt bestellt werden, mit einer Fahne für den Balkon, Klebern für die Briefkästen, Factsheets und Musterbriefen für Einzel- und Sammelanfragen.

Die Fahne

Die Fahne wird zum Symbol mit Wiedererkennungswert, die sich hoffentlich weitflächig verteilt und so zur Verbreitung der Kampagne beiträgt. Ähnlich wie die PACE oder 1:12 Fahnen, wird sie am Balkon oder Fenster ausgehängt. Damit entsteht ein öffentlicher Druck auf die Hausbesitzer in dieser wichtigen Sache endlich vorwärts zu machen.

Die Fahne ist schwarz, wie Rohöl (welches als Heizöl eigentlich gelb ist). Links darauf das Bild eines grossen Tropfes, mit dem Slogan “Am Tropf”, rechts eine Ampel. Es gibt sie in drei Versionen.

Oh Orange, bald geschieht etwas

Bei Fassung eins steht die Ampel auf Orange. Dies bedeutet, in diesem Haus wird zwar noch mit Heizöl geheizt, die Vermieter sind kontaktiert worden in Bezug auf eine Umstellung auf Alternativenergie, ihre Antwort steht aber noch aus.

Grünes Licht

Fassung zwei, der Idealfall: die Ampel wechselt auf grün. Dies bedeutet die Vermieter haben ein verbindliches Versprechen gemacht in absehbarer Zeit (innerhalb von 3 Jahren?) die Umstellung anzugehen. In diesem Haus wird noch mit Heizöl geheizt, aber nicht mehr lange.

Die Ampel bleibt Rot

Fassung drei, worst case: die Ampel wechselt auf rot, der Vermieter hat die Anfrage abgeschmettert. In diesem Haus wird weiterhin mit Heizöl geheizt. Keine Änderung in Sicht.

???

Möglicherweise braucht es eine weitere Fahne, Vom Tropf, ganz in Grün, für Häuser die ohne Heizöl beheizt werden. Oder für solche, die es nach Umstellung nicht mehr tun.

Die Politik muss mitziehen

Gleichzeitig versteht sich die Website als Platform um Druck auf die Politik auszuüben, damit den VermieterInnen eine Umstellung auf Alternativenergie erleichtert und schmackhaft gemacht wird. Hierzu entstehen ein Communityforum mit Kalender für Veranstaltungen; Petitionen und Social Media Kampagnen werden lanciert.

Internationale Kampagne?

Es gibt keinen Grund, warum diese Kampagne nicht in einem nächsten Schritt international ausgebaut werden kann. Dazu braucht es dann übersetzte Fassungen der Website mit den jeweils länderspezifisch angepassten rechtlichen Informationen etc.

Doch erst mal Schritt für Schritt.

Wer machts?

Es soll eine Grassroots Bewegung entstehen, von Betroffenen, für Betroffene. Doch natürlich wäre es von Vorteil sich mit bestehenden Organisationen zu vernetzen, mit den Grünen, den Jungen Grünen, der Jungen SP, aber auch Greenpeace, dem Mieterverband, und vielen mehr. Wenn hier erst Kontaktaufnahmen möglich sind, prima.

Finanzierung

Finanziert wird das ganze zuerst via Crowdfunding, dann durch Spenden.

Feedback Erwünscht

Soweit die Idee in groben Zügen. Ich wäre wie gesagt dankbar für Feedback, Ausführungen, Vertiefungen, Vorschlägen.

Eine Frage, die ich selber habe: wirkt die Fahne nicht zu anklagend, ist ihr Aushängen eine zu öffentliche Anprangerung?

Ich selber denke dazu, die Zeit für Nettigkeiten müsste eigentlich vorbei sein, die Zeit drängt, es pressiert, es müssen endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden in der Energiewende. Und MieterInnen müssen in solchen Fragen von zentraler Wichtigkeit mitreden und auch Druck ausüben können. Aber kontraproduktiv soll diese Kampagne keinesfalls sein.

Ich hoffe auch, dass sich eine Gruppe von Interessierten findet, um die Sache konkret anzupacken.

Bitte weitersagen und mitdiskutieren. Danke.

[Graphik und Illustration von der grossartigen @fr3nzin3]

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