Pivot im Leben — Warum ich mich entschied nach Schleswig zu ziehen

Rathes Sachchithananthan
5 min readNov 6, 2016

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Die erste Woche ist vorüber und ich fühle mich wohl in der kleinen, aber feinen Stadt Schleswig. Ein paar wenige Worte, warum ich mich dazu entschieden habe den Pott zu verlassen und warum es gerade Schleswig geworden ist.

Seit dem ersten November lebe ich hier in Schleswig und ich muss sagen, dass die Stadt genau die Erwartungen erfüllt, die ich von Schleswig hatte: Eine Stadt, wo ich neue Energie tanken und mich wieder auf meine Lebensziele konzentrieren kann.

Verfehlte Ziele

Ich habe dieses Jahr — wie jedes andere Jahr auch — voller Elan und vielen netten Zielen angefangen. Diesmal hatte ich nur sehr kleine Ziele, ich hatte mir vorgenommen sehr kleine Brötchen zu backen, da alles andere nur schief gehen konnte.

Alles hat auch super begonnen. Im März hatte ich Aheenam als Unternehmergesellschaft ausgegründet und ich war endlich bereit wieder größere Projekte anzugehen. Und ich wollte endlich meine eigenen Ideen umsetzen, die schon ewig in der Pipeline sind, aber noch nie finalisiert wurden.

Damit ich das angehen konnte, brauchte ich aber vorher ein klein wenig Kapital. Ich hatte zu dem Zeitpunkt zwar noch zu Hause gelebt und so sehr minimale Kosten, aber Geld brauchst du trotzdem. Also fing ich mit dem an, was ich sehr schnell und effektiv konnte: Wordpress Themes entwickeln.

Eine Tätigkeit, die ich überhaupt nicht mag. Wordpress in seiner Urform ist zwar unglaublich genial, aber mit der Zeit hat sich das Ökosystem so extrem aufgebläht, das ist überhaupt nicht mehr angenehm. Ein CRM mit Wordpress? Really?

Nun ja, ich habe mich kurz in den Abgrund gewagt und wurde soweit nach unten gezogen, dass ich nicht mehr rauskam. April, Mai, Juni … Irgendwann war auch der Sommer vorbei und die ursprünglichen Ideen für Aheenam hatte ich nicht mal angefangen. Und zu allem Überfluss hatte ich auch noch das Pech in ein Projekt zu geraten, das über 6 Monate ging. Im besten Fall hätte man das Projekt in 6h fertigstellen können.

Anfang September saß ich dann da und dachte über die aktuelle Situation nach:

“Das ist doch nicht, dass du dir erhofft hast, Rathes. Wenn das so weitergeht, dann kannst du Aheenam direkt wieder dicht machen.”

Ich hatte zwar einiges an Kapital zusammen, sodass ich für die nächsten Monate nur an meinen Projekten hätte sitzen können, aber wenn eines davon scheitern sollte, würde der ganze Spaß wieder von vorne losgehen.

Seit dem sehr frühen Tod meines Bruders Sukanan habe ich aber die Einstellung gewonnen, dass ich mich zwar aufreiben kann und endlos arbeiten kann, aber wenn ich morgen den Löffel abgebe, dann hatte keiner was von meinem Leben.

Die Entscheidung meines Lebens — und noch eine

Also beschloss ich was zu ändern. Die Entscheidung war wohl die schwierigste meines Lebens bisher: Ich muss mich von meiner Selbstständigkeit trennen. Zumindest teilweise. Für einen, der seit 10 Jahren selbstständig ist. Einen, der bisher halt immer nur selbstständig war, eine sehr krasse und schwierige Entscheidung. Aber sobald die Entscheidung stand, fühlte es sich gut an.

Nun ging es aber daran, eine Stelle zu finden. Seit der fünften Klasse beschäftige ich mich mit dem Web. Als Freelancer bin ich in nahezu alle Bereiche im Web mal eingetaucht. Der Nachteil: Ich bin in fast keinem Bereich tiefer in die Materie eingetaucht als ich musste.

Lediglich im Umgang mit PHP und klassische Interface Entwicklung mit HTML/CSS bin ich bewanderter als viele andere. Und das Thema Anforderungsanalyse (Requirements Engineering) ist ebenfalls mein Steckenpferd.

Und wieder traf ich eine Entscheidung. Obwohl ich gute Angebote in der Frontend-Entwicklung hatte, sogar in meiner Lieblingsstadt Oslo, entschied ich mich eine Stelle zu finden, die es mir ermöglicht noch weiter in die PHP-Entwicklung einzutauchen. Frontend-Entwicklung soll der Bereich werden, wo ich experimentieren kann, wie früher als alles eher ein Hobby war.

Ich ging sogar noch weiter und wollte unbedingt eine Stelle als Laravel-Entwickler finden. Das beste PHP-Framework überhaupt auf dem Markt. Wenn du als PHP-Entwickler damit noch nichts zu tun hattest, dann hole es dringend nach!

Also ging ich auf Suche. So einfach war das aber nicht. In Deutschland scheint Laravel in die Unternehmen noch nicht angekommen zu sein. Typisch für das Land. Und für ausländische Unternehmen (London, Oslo oder Amsterdam) waren meine Laravel Skills nicht gut genug.

Die Wahl fiel auf Schleswig

Am Ende hatte ich drei Unternehmen zur Auswahl und ich entschied mich für die Stelle in Schleswig, sodass ich nun hier lebe.

Fragst du dich gerade auch “Will der mich verarschen. Der hat ja immer noch nicht erzählt, warum er nach Schleswig gezogen ist.”? Genau die Frage hatte ich auch gerade. Habe wohl etwas zu weit ausgeholt.

Die Antwort ist ganz einfach. Das Team, mit dem ich hier arbeite war mir von Anfang an sympathisch. Und mein Gefühl sagte mir, dass ich mich gemeinsam mit dem Team weiterentwickeln kann. Wir sind ein kleines Team, sodass es keine langen Wege bis zur Entscheidung gibt.

Als ich mich nach Stellen umgeschaut habe, wusste ich direkt, dass ich nicht in den Süden wollte. Ich habe drei wundervolle Jahre in Ulm verbracht, aber die Einstellung der Menschen dort würde meine nur mit der Zeit verblassen lassen. Wenn ich dort in eine kleine Gegend gezogen wäre, wäre ich sehr schnell wieder ein Einzelkämpfer.

Also in den Norden. Aber es gibt noch einen wichtigen Grund für Schleswig. Das Meer. Ich kann das Wasser in Schleswig formlich riechen. Okay, aktuell ist es eher der Regen, den ich rieche, aber du weißt, was ich meine.

Oslo ist für mich gerade wegen Aker Brygge und der Lage am Wasser meine Lieblingsstadt. Und diese Lage am Wasser habe ich hier auch. Von meiner neuen Wohnung sind es nur 2 Minuten und ich habe eine schöne Strecke zum Laufen entlang der Schlei (Das ist quasi schon Ostsee). Entspannung pur. Und super für mein Ziel im kommenden Jahr einen Halbmarathon mitzulaufen.

Und hier im hohen Norden haben die Menschen eine Mentalität, die recht nah an die Ruhrpott-Denke rankommt. Das hilft einem sehr, sich hier wohl zu fühlen.

Ein paar Opfer müsste ich bringen. Ich bin nicht mehr ganz selbstständig. Darauf muss ich mich wieder erstmal wieder einstellen. Und ich fühle mich ein wenig schlecht, meine Mom alleine gelassen zu haben. Aber damit komme ich sehr wahrscheinlich sehr schnell zurecht. Heimweh werde ich wohl eher weniger bekommen, dafür ähnelt Schleswig Haltern zu sehr.

Wenn du es soweit durchgehalten hast bei meinem Text, dann hast du dir auch was verdient. Ich möchte dir ein paar Worte mit auf den Weg geben, die dir vielleicht auch mal helfen werden.

Hoffe nicht darauf, dass alles besser wird, sondern fang an etwas zu verändern. Folge dem Pfad deiner Träume und Ziele. Und wenn du dafür einen Schritt zurück machen musst, dann nur um Anlauf zu nehmen. Und folge deinem Gefühl. Ein Leben voller scheiß Gefühle lohnt sich einfach nicht.

Falls du weiter Erfahrungsberichte über meine Entscheidung miterleben willst: Unter dem Hashtag #ChapterSchleswig versuche ich Interessierten auf Facebook, Instagram und Twitter ein kleinen Einblick in mein Leben zu gewähren.

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Rathes Sachchithananthan

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