Stakeholderanalyse in 3 Schritten— Interessengruppen identifizieren und bewerten | 2/3

Sonia Mos — Woman in Product
12 min readSep 16, 2019

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Wie bereits im ersten Teil der Serie zum Stakeholdermanagement erwähnt, stellt das Thema einen wichtigen Bereich für Product Owner dar. Leider geben sich wenige POs mit dem Stakeholdermanagement die Mühe und machen vor dem Projektstart keine ordentlichen Stakeholderanalyse. Hiermit zeige ich dir, warum das wichtig ist und wie das geht — angefangen von der Identifizierung aller Stakeholder bis hin zu deren Bewertung und Analyse.

Abb. 1: Eine Stakeholderanalyse mithilfe einer Stakeholder-Map aus meiner Weiterbildung. Hier fehlen noch die Beziehungen untereinander, zwischen den Stakeholdern, aber so kann man mit der Analyse anfangen. (Liebe Grüße an dieser Stelle an die Vanillas! :-))

Wie gehe ich bei der Stakeholderanalyse um?

Für Stakeholderanalyse eignen sich diverse Vorlagen oder Methoden — mach es dir aber einfach und nutze das, womit du am besten klarkommst. Du kannst Netzgrafiken, Tabellen, Matrizen oder verschiedene Modelle erstellen. Als eine gute Methode, welche ich angewendet habe, hat sich die obere Stakeholder-Analysis-Map oder das Stakeholder-Portfolio (siehe unten) erwiesen — diese beinhalten viele wichtige Informationen und ich habe Spaß daran, sie zu entwickeln.

Die Stakeholderanalyse kannst du in drei Schritte aufteilen:

Abb. 2: Stakeholdermanagement in 5 Schritte unterteilt. Die Analyse umfasst die Identifikation der Stakeholder, deren Kategorisierung und Bewertung, Identifikation der Beziehungen untereinander sowie potenzieller Konflikte, welche aus unterschiedlichen Interessen entstehen können.
  1. Stakeholder identifizieren: Wer genau sind meine Interessengruppen? Dazu können wir erst einmal brainstormen, uns Notizen machen und eine Liste von allen Stakeholdern mit Namen, deren Funktionen und dazugehörigen Unternehmen erstellen.
  2. Stakeholder kategorisieren und bewerten: Die verschiedenen Stakeholder kannst du nach Einstellung zum Projekt (positiv, neutral oder negativ), Macht bzw. Einfluss auf dein Projekt oder andere Personen (stark oder schwach, egal ob im positiven oder negativen Sinne) einteilen, ihre individuellen Interessen sowie Pains & Gains auflisten und bewerten.
  3. Beziehungen & Konflikte zwischen Stakeholdern aufzeigen: Finde die Beziehungen unter den Stakeholdern heraus, d.h. wer mit wem verbunden ist und wie sie mit dir in Verbindung stehen — direkt oder indirekt. Wie beeinflussen sich die Stakeholder gegenseitig und welche Konflikte können zwischen deren Interessen entstehen?

Ziel der gesamten Stakeholderanalyse

Die Ziele einer Stakeholderanalyse sollten jedem Product Owner klar sein. Man kann sie in wenigen Punkten zusammenfassen. Die Intention dahinter ist es:

  • zu identifizieren, wer alles an unserem Projekt interessiert ist und warum,
  • den richtigen Zugang zu den Stakeholdern aufzudecken,
  • Gegner ausfindig zu machen, die unser Projekt sabotieren können,
  • Befürworter zu finden, die unser Projekt voranbringen können,
  • Konflikte frühzeitiger zu erkennen und dagegen zu steuern.

Diese Arbeit ähnelt schon einer Detektiv-Arbeit. Cool, oder? Weiter geht’s!

1. Identifikation — Wie finde ich die Stakeholder?

Die Stakeholder, die für dein Projekt relevant sind, kannst du nahezu überall finden. Je nach Produkt und Geschäftsmodell eines Unternehmens (ob es sich um ein internes Produkt handelt, B2C Consumer oder B2B SAAS) hast du Mal mehr, Mal weniger unterschiedliche Interessengruppen und Umgebungen, die du identifizieren und im Auge behalten musst.

Abb. 3: Ein beispielhaftes Unternehmens-Organigramm.

Als Erstes, kannst du in deinem Unternehmen nach ähnlichen Projekten aus der Vergangenheit suchen und fragen wer alles darin involviert war. Für die Identifizierung interner Stakeholder kannst du das Firmen-Organigramm nutzen. Soziale Medien eignen sich auch gut, um potenzielle Interessen-gruppen ausfindig zu machen. Schaue dort deshalb nach deinem Unternehmen sowie Kollegen nach und mit wem sie verknüpft sind. Es gibt auch die Möglichkeit, die Entwicklung deines Projektes in grobe Phasen aufzuteilen und sich dann zu überlegen, wer in welcher Phase mitwirken könnte.

Abb. 4: Eine Tabelle mit vier Phasen eines Projektes sowie den Abteilungen und Parteien, welche in der Aufbau-, Entwicklungs-, Test- sowie Markteinführungsphase zuständig sind.

Einige Stakeholder werden dir sofort vor dem Projektanfang klar, doch viele bleiben etwas länger “verborgen” und du wirst diese erst im Laufe des Projektes identifizieren können. Diese beispielhafte Fragen helfen dir dabei:

  • Wer sind die Endnutzer des Produktes und wer sollte für das Produkt bezahlen?
  • Welche Beteiligten arbeiten aktiv am Projekt mit (nicht nur aus meiner Abteilung/Firma)?
  • Wer ist leitend, strategisch oder beratend involviert?
  • Wer trifft die Entscheidungen?
  • Wer könnte von dem Projektergebnis profitieren oder dadurch benachteiligt sein und hat am Verlauf des Projektes Interesse?
  • Wer könnte gegen das Projekt sein, Bedenken oder dadurch etwas zu verlieren haben und womöglich den Erfolg deines Projektes gefährden?
  • Von wem wird das Projekt finanziert?
  • Wessen Unterstützung brauche ich, damit das Projekt erfolgreich wird?
  • Wer legt die Rahmenbedingungen für das Projekt fest?
  • Welche Gesetze oder Vorgaben müssen eingehalten werden?
Abb. 5: Stakeholder-Liste mit Namen, Unternehmen sowie Rolle.

Es werden dir sicherlich viele Personen oder Personengruppen einfallen. Schreibe dir alle auf — erst im nächsten Schritt kannst du entscheiden, ob alle relevant sind oder ob du deine Liste kürzen solltest.

2. Wie kategorisiere & bewerte ich die Stakeholder?

Nachdem wir eine Liste mit unseren Stakeholdern erstellt haben, wollen wir uns eine erste grobe Kategorisierung vornehmen, um einen Überblick über alle Parteien zu erhalten. Erst dann kommen wir zur Bewertung der Stakeholder und versuchen deren Interessen herauszufinden. Danach können wir entscheiden, wer für uns und das Projekt relevant sein könnte.

Kategorien & Bewertungskriterien — Das Vorgehen

Abb. 6: Der zweite Schritt der Stakeholderanalyse wird in drei weitere Schritte unterteilt: grobe Kategorisierung, Bewertung nach Macht und Einstellung zum Projekt, sowie Identifikation der Interessen aller relevanten Stakeholder.

2.1. Grobe Kategorisierung der Stakeholder
Wie oben erwähnt, machen wir im ersten Schritt die Kategorisierung. Dafür kannst du die aufgelisteten Personen in die Gruppe der internen (aus deinem Unternehmen) sowie externen (außerhalb deines Unternehmens) Stakeholder oder/und nach Zugehörigkeit zu Abteilungen, Unternehmen oder Organisationen einteilen und markieren.

2.2. Nach Macht & Einstellung zum Projekt bewerten
Bewerte sie anschließend nach Macht bzw. Einfluss auf dein Projekt und auf andere Stakeholder sowie nach Einstellung zum Projekt. Auch eine kleine Chancen- und Risikenanalyse kann nicht schaden — d.h. was könnte eine Person, die gegen dein Projekt ist, im schlimmsten Fall anrichten und was könnten die Konsequenzen davon sein? Und vice versa für die andere Seite.

2.3. Interessen herausfinden
Erst, wenn du die Bewertung aus Schritt 2.2. hast, kannst du damit beginnen, die individuellen Interessen und Ziele einzelner Stakeholder sowie deren Pains & Gains herauszufinden. Bleibe dabei aktiv und unterhalte dich über dein Projekt sowie die Stakeholder mit den Anderen, um so viel über sie zu erfahren, wie nur möglich. Lese zwischen den Zeilen und mache dir Notizen zu allem, was dir auffällt.

Interne vs. externe Stakeholder & deren Zugehörigkeit

Abb. 7: Stakeholder-Liste mit internen sowie externen Stakeholdern.

Alle Stakeholder aus deiner zuvor erstellen Liste kannst du in solche einteilen, die zu deinem Unternehmen gehören und in solche, die sich außerhalb deines Unternehmens befinden. Für die Einteilung reicht eine simple Tabelle vollkommen aus.

Mithilfe einer einfach zu erstellenden und übersichtlichen Mindmap kannst du alle Stakeholder nach deren Zugehörigkeit zu Abteilungen, zum Unternehmen oder Organisation kategorisieren. Auch die Aufteilung nach Rollen im Projekt (z. B. Anwender, Käufer, Betreiber) könnte sinnvoll ein.

Abb. 8: Eine Mindmap, in der die Stakeholder nach beliebigen Kriterien unterteilt worden sind, z. B. die internen Stakeholder sowie die externen, aufgeteilt in verschiedene Unternehmen.

Einstellung der Stakeholder zum Projekt

Stakeholder können auf verschiedene Art und Weise zum Projekt eingestellt sein. Dies kann mit den jeweiligen Interessen oder Beziehungen zusammenhängen. Dabei kannst du die Einstellung in drei Kategorien untergliedern:

  • Positive Einstellung: Entweder seid ihr gute Buddies oder die Personen mit dieser Einstellung erhoffen sich ein gutes Ergebnis von deinem Projekt, von dem sie auf jeden Fall direkt oder indirekt profitieren werden. Diese Personen können dein Projekt unterstützen.
  • Neutrale Einstellung: Wie der Name schon sagt, ist dein Projekt diesen Personen ziemlich egal. Sie haben weder großes Interesse daran, noch werden sie davon profitieren. Das Projekt wird ihnen aber auch nicht schaden, deshalb distanzieren sie sich davon.
  • Negative Einstellung: Personen mit negativer Einstellung erleiden vermutlich Nachteile durch dein Projekt, müssen Ressourcen aufopfern, stehen nicht hinter der Idee oder mögen dich einfach nicht :-).

Du kannst die Einstellung von 1–3 oder 1–5 bewerten. Entweder bleibst du bei positiver, neutraler und negativer Einstellung oder du fügst noch Zwischenschritte hinzu, wie z. B. leicht positiv und leicht negativ.

Abb. 9: Stakeholder-Matrix, auch Stakeholder-Portfolio genannt. Für die Visualisierung und Erstellung einer Stakeholdermatrix nutzen wir die gesammelten Daten zur Macht und Einstellung der einzelnen Stakeholder zu unserem Projekt und tragen sie in die Matrix ein. Um die Wichtigkeit der Stakeholder zu zeigen, kannst du eine weitere Dimension hinzufügen und die Größe der Bubbles ändern. Damit könntest du aber auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder zu einem Unternehmen darstellen. Statt verschiedener Größe, kannst du auch andere Farben für die Bubbles nehmen — es ist dir überlassen, wie du das Portfolio gestaltest.

Einfluss der Stakeholder auf das Projekt bzw. Macht

Hier schaust du, welchen Einfluss die Stakeholder auf dein Projekt haben könnten. Können sie selbst Macht ausüben, ihre eigenen Ideen und Wünsche kompromisslos durchsetzen, finanziellen, politischen oder technischen Entscheidungen treffen oder weitere wichtige Personen beeinflussen? Dies kann sowohl positiv, als auch negativ sein. Kennen einige deiner Stakeholder unter Umständen andere wichtige und machtvolle Personen?

Ähnlich wie bei der Einstellung, kannst du bei der Bewertung des Einflusses bei stark und schwach bleiben oder du machst daraus insgesamt fünf Schritte, um auf den gemeinsamen Nenner zu kommen:

  • sehr starker Einfluss,
  • starker Einfluss,
  • mittlerer Einfluss,
  • schwacher Einfluss,
  • kein Einfluss.

Können die Stakeholder auch dein Projekt positiv beeinflussen? Wenn ja, wie? Leider können machtvolle Personen, die noch zusätzlich eine negative Einstellung zum Projekt haben, es skrupellos sabotieren.

Interessen, Bedürfnisse sowie Pains & Gains herausfinden

Um die individuellen Interessen der Stakeholder herauszufinden, wirst du etwas Zeit brauchen. Beobachte deshalb jeden sehr genau, z. B. während der Workshops oder Interviews. Dein Ziel ist es, zu bestimmen:

Abb. 10: Die Stakeholder-Ziele sollen immer mit den Projektziele abgeglichen und ein gemeinsamer Nenner gefunden werden, sodass es zu einer Win-Win-Situation kommt.
  • was die jeweiligen Stakeholder vom Projekt wollen,
  • wie sie an ihre Ziele gelangen wollen, bzw. was sie dafür im Stande sind zu tun,
  • inwiefern deren Ziele mit den Projekt-Zielen übereinstimmen,
  • auf welche Art und Weise sowie in welcher Frequenz sie über den Stand der Entwicklung informiert werden wollen,
  • ob sie bei der Produkt-entwicklung mitbestimmen wollen, und
  • welche Erwartungen sie an dich als Product Owner haben.

Interessen der Stakeholder & Personas
Jeder Stakeholder hat ein anderes Interesse, welches mit deinem Projekt verbunden ist. Diese können oft widersprüchlich sein. Die Interessen kannst du in bekannte und vermutete Interessen unterteilen.

Abb. 11: Die Interessen der Stakeholder werden in bekannte und vermutete Interessen aufgelistet. Dies hilft uns dabei zu verstehen, warum unser Projekt für diese Stakeholder wichtig ist und was sie sich davon erhoffen oder weshalb sie betroffen sind.

Als Beispiel für die unterschiedlichen Interessen:

  • Shareholder oder Investoren möchten einen hohen ROI (Return on Investment) erreichen, gut prosperierendes Geschäft aufbauen und schnelle Skalierung.
  • Kunden wollen meistens einen guten Preis-Leistungsverhältnis, hervorragende Qualität des Produktes sowie guten Kundenservice.
  • Endbenutzer wollen ein intuitiv zu bedienen und hübsches Produkt, welches ihnen dabei hilft, ein Problem zu lösen.
  • Manager können finanzielle Anreize haben wollen, einen sicheren Job oder hohen Status, und die Mitarbeiter eine Aufgabe, die ihnen Spaß bereitet sowie Anerkennung für die erbrachte Leistung erhalten.
  • Lieferanten wollen einen zuverlässigen Partner haben, der sie mit regelmäßigen Aufträgen versorgt und gerecht bezahlt.
  • Der Staat möchte Steuer und Gebühren erhalten, fordert zur Einhaltung der rechtlichen Vorschriften und hofft auf Schaffung von Arbeitsplätzen.
  • Wichtig und nicht zu unterschätzen, ist auch noch, welche Interessen du hast und was du von deinen Stakeholdern brauchst? Kontakte? Unterstützung? Ressourcen?

Natürlich sind das ziemlich oberflächige und allgemeine Interessen. Du solltest etwas tiefer graben und detailreichere Informationen dazu herausfinden.

Für die wichtigsten Stakeholder, wie deine User und Kunden, solltest du deshalb mehr Zeit investieren und sie in ihrer natürlichen Nutzungsumgebung beobachten, sich in sie hineinversetzen, emphatisch agieren und Befragungen durchführen, um ihre Bedürfnisse und die echten Anforderungen an das zu entwickelnde Produkt herauszufinden.

Abb. 12: Beispielhafte User Personas, welche die demografischen Daten, Ziele, Background-Informationen, Motivationen sowie Ängste unserer Zielgruppen beinhalten u.v.m.

Wichtig ist nicht nur, WAS deine Stakeholder interessiert und WAS sie sich von deinem Produkt erhoffen, sondern WARUM. Anschließend kannst du aus diesen Informationen, zur Visualisierung, User / Customer Personas erstellen, die unter anderem die Interessen, Bedürfnisse, Ziele oder Motivationen der Stakeholder beinhalten.

Workshops
Workshops, welche wir für unsere wichtigsten Stakeholder organisieren, dienen für uns als Informationsquelle. Diese können in Form von einem Kick-Off-Meeting zum Projektstart durchgeführt werden, bei dem wir über die Bedeutung des Projektes sowie dessen Abläufe, Ziele, Risiken und Wünsche sprechen. Diese Art von Workshops hilft uns dabei, Fokusgruppen zu identifizieren, d.h. Gruppen von Teilnehmern mit gleichen Interessen.

Interviews
Stakeholder, die an Gruppen-Workshops nicht teilnehmen wollen, können oder nicht offen in größerer Runde über ihre Meinung sprechen möchten, kannst du einzeln interviewen. Das geht sowohl am Telefon, schriftlich in Form von Fragebögen, als auch persönlich, was ich eher empfehlen würde.

Value Proposition Canvas & Pain-Chain-Tabelle
Die Pains und Gains der Stakeholder, also was bereitet ihnen Bauschmerzen bei diesem Projekt und was sie gewinnen können, wenn das Projekt erfolgreich wird, können wir mithilfe von Value-Proposition Canvas oder mit Pain-Chain-Tabelle zusammenstellen und visualisieren.

Abb. 13: Pain-Chain-Tabelle der wichtigsten Stakeholder.

Zusätzlich zu den oben genannten Bewertungskriterien, kannst du zu den wichtigsten Stakeholdern auch Notizen bezüglich deren Werte, Charakter-Eigenschaften oder Weltanschauung verfassen.

Fehler bei der Stakeholder-Bewertung — 8 Tipps

Nicht jede Beurteilung, die wir machen, beruht auf Fakten. Leider. Jeder hat gewisse Vorurteile, die die Bewertung einer Person stark positiv wie negativ beeinflussen und verfälschen können. Bei der Stakeholderanalyse solltest du deshalb die folgenden Tipps beherzigen:

  • Bleibe neutral und verzichte auf Vorurteile bzw. Schubladendenken.
  • Stakeholder aus höheren Hierarchieebenen sollten nicht immer als einflussreicher oder für uns wichtiger bewertet werden. Auch “lautere” Stakeholder, die ständig etwas zu sagen haben, müssen nicht sofort viel Macht haben (denk’ dran: Hunde, die bellen, beißen nicht!).
  • Wiederum Stakeholder, wie neue Mitarbeiter im Unternehmen oder Kollegen aus “niedrigeren Hierarchiestufen”, sollten auf keinen Fall unterschätzt werden! Diese können uns ebenfalls wertvolle Informationen liefern oder gute Kontakte zu den einflussreichen Stakeholdern haben.
  • Achte, dass das Halo-Effekt die objektive Bewertung eines Stakeholders nicht behindert. Bei diesem Phänomen überstrahlt ein einzelnes Merkmal (egal ob positiv oder negativ) alle anderen Merkmale dieser Person. Nur weil man elegant gekleidet, mit einer Brille auf der Nase ist und sympathisch wirkt oder einmal einen sehr interessanten Vortrag gehalten hat, heißt noch lange nicht, dass er ein Experte ist.
  • Vorsicht bei persönlichen Beziehungen! Wir neigen nämlich dazu, zu viel Zeit Personen zu widmen, die wir bereits kennen, als den Stakeholdern, mit denen wir zum ersten Mal zusammenarbeiten. Auch Personen, die uns sympathischer rüberkommen und mit denen wir auf der gleichen Wellenlänge sind, bewerten wir automatisch mit mehr Sympathie und Einfluss — was ein fataler Fehler sein kann!
  • Versuche nicht, alle Stakeholder in Gruppen zu stecken und als Gruppe zu bewerten — außer vielleicht unsere Enduser-Zielgruppen, die wir mit Personas als Gruppe visualisieren. Jeder Stakeholder, kann individuelle Ziele haben und Interessen vertreten. Wir sollten zumindest die wichtigsten Stakeholder einzeln beurteilen und Einzelmaßnahmen festlegen.
  • Versuche nicht, alle Stakeholder sofort perfekt bewerten zu wollen. Es handelt sich immer um eine subjektive Bewertung, die nie zu 100% als richtig ausfallen wird.
  • Zuletzt noch ein Tipp, welcher nicht direkt zur Bewertung an sich gehört, aber ebenfalls wichtig ist: die Stakeholderanalyse ist nicht öffentlich! Das heißt, alle Unterlagen mit sensiblen Informationen und Notizen, die du dir dazu anfertigst, solltest du für dich behalten und ggf. vertrauenswürdigen Personen geben, die diese Informationen unbedingt benötigen.
Abb. 14: In dem Dokument Stakeholder-Bewertung habe ich die wichtigsten Parameter zusammengefasst: den Namen der Stakeholder, ihre Zugehörigkeit zum Unternehmen und Abteilung, bzw. ihre Rolle oder Kompetenzen, Interessen, aktuelle Einstellung zum Projekt, ihr Machtpotenzial sowie eine Spalte für Bemerkungen oder Chancen & Risiken. Alternativ kannst du in der Spalte Einstellung zum Projekt vom IST-Zustand noch einen Pfeil einzeichnen, wo der SOLL-Zustand sich befinden soll. Wollen wir als Beispiel aus jemanden, der sehr negativ eingestellt ist, einen Befürworter machen, zeichnen wir einen Pfeil von links nach rechts zu positiv ++. Zusätzlich kannst du noch eine Spalte mit Prioritäten hinzufügen von 1–5 oder A/B/C, um auf einen Blick wichtige von unwichtigen Stakeholdern zu unterscheiden.

Fokussiere dich auf die Personen mit dem größten Einfluss und der stärksten Einstellung, egal, ob positiven oder negativen und erkenne dabei mögliche Chancen und Risiken — das sind deine Key-Stakeholder. Sie sind für dich am wichtigsten.

3. Beziehungen untereinander aufzeigen — Wer kennt wen?

Nicht nur die Stakeholder an sich und deren Bewertung nach Macht, Einstellung oder Interessen sind für uns extrem relevant, da wir somit erfahren werden, was vom Projekt oder von uns als Product Owner erwartet wird. Auch die Information über die Beziehungen untereinander und zu uns selbst sind essenziell. Wir wollen schließlich den richtigen Zugang zu den relevanten Stakeholdern finden.

Warum? Wir müssen strategisch denken und agieren, um an die Informationen heranzukommen, die unsere Produktentwicklung und den Projektfortschritt voranbringen. Wenn du weißt, was du für den Erfolg deines Projektes brauchst, kannst du herausfinden, wer von deinen Stakeholdern dir weiterhelfen kann und einen guten Draht zu den Einflussreicheren hat, zu denen er einen Kontakt herstellen könnte.

Spreche offen über Dinge, die dich voranbringen, frage direkt nach, ob jemand den und den kennt. Networking ist hier das Stichwort! Mehr zum Thema Stakeholder-Engagement sowie Kontaktpflege schreibe ich im Teil 3/3 des Stakeholdermanagements.

Abb. 15: Ausführliche Stakeholder-Analysis-Map. Die Stakeholder sind auf die internen und externen Stakeholder untergliedert, sowie deren Wichtigkeit, Einfluss auf das Projekt, deren Einstellung zum Projekt, Arbeitsbereiche und Beziehungen untereinander und zu dem Product Owner verdeutlicht. Quelle: Projektarbeit meiner Gruppe aus der PSPO I-Weiterbildung.

Konflikte zwischen den Interessengruppen erkennen

Sobald du dir über die Ziele und Interessen der Stakeholder im Klare bist, kannst du potenzielle Konflikte zwischen ihnen erkennen.

Konflikte können aufgrund von gegensätzlichen Interessen mehrerer Stakeholder entstehen und einen Einfluss auf unser Projekt haben. Als einfaches Beispiel: der Endkunde will hohe Qualität zu niedrigen Preisen erhalten und der Produzent möchte höhere Preise einsetzen, um mehr Einnahmen zu erzielen und seine Mitarbeiter fair zu bezahlen. Oder, im Sinne von Banken, die uns das Kapital für eine Businessidee gaben, ist es, Stellen zu streichen und mit weniger Mitarbeitern den gleichen Umsatz und somit mehr Gewinn zu generieren. Das ist zwar verständlich, aber andererseits darf man die Interessen der Mitarbeiter und der Gesellschaft nicht vergessen.

Auswirkungen auf das Projekt — Potenziale und Risiken

Neben Macht und Einstellung zu unserem Projekt sollte uns klar sein, welche Potenziale oder Risiken sich wegen unseren Stakeholdern verbergen könnten. Große Risiken oder Chancen können enorme Auswirkungen auf unser Projekt haben. Folgende Fragen helfen dir dabei, sie zu identifizieren:

  • Welche genauen Verhaltensweisen oder Handlungen unserer Stakeholder können unserem Projekt schädigen oder es unterstützen?
  • Welche Schaden könnten durch die Risiken entstehen?
  • Können uns die Stakeholder die Türen zu anderen wichtigen Personen, neuen Märkten, Kunden oder Kapitalgebern eröffnen?
  • Wo können Konflikte entstehen?
  • Können die Stakeholder deren Netzwerk nutzen und intern für unser Produkt Werbung machen, um weitere Befürworter zu finden?

Nutze sinnvoll die Chancen, aber auch Kontakte deiner Kontakte und minimiere damit die Risiken, die durch negativ eingestellte, aber machtvolle Stakeholder auftauchen können.

Fazit

Ich glaube spätestens hier ist es dir klar geworden, wie wichtig die Stakeholderanalyse für dein Projekt ist, oder? Aber um mit der eigentlichen Analyse, bzw. Bewertung der Stakeholder anzufangen, musst du wissen, wer deine Stakeholder überhaupt sind.

Nach den weiteren Schritten, in denen wir sie kategorisieren, nach vielen Kriterien bewerten und herausfinden, welche Konflikte zwischen den unterschiedlichen Interessen der Stakeholder existieren könnten und welche Stakeholder Kontakte zu anderen, für uns wichtigen Personen haben, wird uns klar, welche der Interessengruppen für uns wirklich wichtig sind.

Jetzt kommt ein weiterer interessanter Teil im nächsten Beitrag: das Stakeholder-Engagement, welches das Wählen der für die jeweiligen Stakeholder am besten geeigneten Strategie sowie die Umsetzung der Maßnahmen zur Kontaktpflege beinhaltet.

Check it out: Stakeholder-Engagement — Umgang mit Stakeholdern und Pflege der Beziehungen | 3/3

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Sonia Mos — Woman in Product

Certified professional scrum product owner, entrepreneur, value creator, wannabe world-changer, self-taught photogr., handicraft enthusiast, sun & coffee lover.