“Ach wie gut, dass niemand weiß…”

Stefan Hartelt
2 min readJan 11, 2017

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Muss ich eigentlich immer alles wissen? Zum Beispiel darüber, was mein autonom agierendes Fahrzeug alles sieht und interpretiert? Nun, genau das vermutet Hyundai und will sich gerade dadurch von der Konkurrenz absetzen: Insassen werden über große Displays darüber informiert, was das Auto so mitbekommt und warum es wie entscheidet. Das ist einerseits auch wirklich interessant, aber ist es tatsächlich die Zukunft? Oder hat da Google eher recht, wenn sogar auf alle Bedienelemente inklusive Lenkrad oder Pedale verzichtet werden will, weil das Fahren und alles was “da draußen” passiert, für die Insassen ja beim autonomen Fahren schlicht uninteressant wird?

Nun, beides ist richtig — und die Frage sollte vielmehr auch den Prozess der Umstellung auf autonomes Fahren berücksichtigen: Am Anfang wird es noch so sein, dass jeder, der ein Vertrauensverhältnis zu einem autonomen Auto aufbauen soll (und das ist unbedingt notwendig, wenn man sich freiwillig in eines reinsetzen soll, immerhin vertraut man für die Dauer der Fahrt sein Leben einem selbstständig agierenden Gefährt an!), dass also jeder, der da einsteigen soll, auch wissen will, was dieses Ding tut. Doch ist da die Hyundai-Lösung tatsächlich der Stein der Weisen? Ich sage nein, weil dadurch lediglich gezeigt wird, welche Wahrnehmung den Entscheidungen zugrunde liegen. Nicht aber, aufgrund welcher Algorithmen die Schlussfolgerungen gezogen werden. Was fehlt, ist ein Einblick in das “Wertesystem” des Fahrzeugs, also die ethische Einstellung des autonomen Fahrzeugs. Diese auch noch einzublenden, sobald entschieden würde, wäre genauso absonderlich kurios wie unnötig. Denn dann wäre es sowieso schon zu spät.

Diese Idee weitergedacht würde aber bedeuten, dass wir uns in Kürze unser Auto nicht nur nach der Farbe und Größe aussuchen (jetzt mal ehrlich: hat sich beim Autokauf irgendjemand ernsthaft mal für den Spritverbrauch interessiert? Nun, aber das ist ein anderes Thema…) — sondern wir suchen uns unser autonomes Fahrzeug nach seinem Wertesystem aus: Welches Leben wird vom Auto bevorzugt, das der Insassen oder der anderen Verkehrsteilnehmer? Da wird die Bezeichnung des “Statussymbols” ganz neu konnotiert…

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