Wie gelingt es der Āyurveda-Medizin mithilfe der Methoden zur inneren Reinigung im Körper angesammelte, belastende Substanzen effektiv auszuleiten?

Simon Tobor
9 min readJun 23, 2020

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Ayurvedic Man- Encounters with Indian medicine exhibition, Michael Bowles. Source- Wellcome Collection. Attribution- NonCommercial 4.0 International (CC BY-NC 4.0)

Zur Abbildung “Ayurvedic Man”: Diese Illustration eines unbekannten Künstlers ist wahrscheinlich nicht vor 1700 in Nepal unter Einfluss von traditionell tibetischen Darstellungen der Phlebotomie, Anleitung eines Arztes und Hilfe eines Kalligraphen gemäß der āyurvedischen Texttradition des Sanskrit entstanden (Anm.: grafische Darstellungen sind im klassischen Āyurveda unüblich), und verzeichnet Diagramme von Organen und Gefäßen des āyurvedischen medizinischen Körpers. Die Textpassagen, die dieses Körperbild umrahmen, sind Auszüge aus der Bhāvaprakāśa, einem enzyklopädischen Kompendium āyurvedischer Medizin des Autors Bhāva Miśra aus dem 16. Jahrhundert, und stammen aus dem dritten Kapitel (prakarana), welches sich mit Embryologie und Anatomie befasst. Der Titel ist spielerisch polysemisch und bedeutet etwa so viel wie: „Bhāva‘s Klarstellung“, „Erleuchtung der Seinszustände“, „Licht auf die Bedingungen“ und „Aufklärung dessen, was ist“ (vgl. Wujastyk 2018, S.4–5).

1) Einleitung: Thematische Einordnung im Āyurveda

Strategien zur inneren Reinigung bzw. Reinhaltung beginnen bereits beim Gesunden (Svasthavṛtta) durch die Einhaltung einer Tages- (dinacaryā) und nächtlichen Routine (rātricaryā) mit Anpassung an jahreszeitliche Gegebenheiten (ṛtucaryā) sowie den körperlichen Entwicklungsstatus (Dynamik von prakṛti und vikṛti), Prinzipien des guten Verhaltens (sadvṛtta) und Ernährungsregeln et cetera.

Anstelle des Freiseins von pathologischen Analyseergebnissen bzw. von Krankheit (ārogya) strebt die āyurvedische Medizin svāsthya an: Gesundheit von Körper, Psyche und Spiritualität (vgl. Mittwede 1998, S.14–15; Ranade 2001, S.191). Zum Aufrechterhalten bzw. Wiederherstellen dieses Aequilibriums der Dhātus (vgl. CS.Sū.9.4), werden also weder Symptome oder Gebrechen therapiert, sondern in erster Linie krankheitsverursachende Faktoren beseitigt (vgl. Rhyner 2018, S.353). Letztere so genannten Doṣas (VPK) bringen im Normalzustand Qualitäten wie „Wachstum, Stärke, Teint und Glück“ hervor (CS.Sū.10.8); in Disbalance ist vātadoṣa verantwortlich für ein Spektrum von 81 Krankheiten (vgl. CS.Sū.10.11), pittadoṣa erzeugt potentiell 40 (vgl. CS.Sū.14), kaphadoṣa 21 (vgl. CS.Sū.10.17).

Ausleitende Maßnahmen lassen sich einteilen in (vgl. Gupta Stapelfeld 2013, S.61; CS.Sū.11.55):

  • innere (antaḥ) Reinigung (parimārjana): bei durch falsche Ernährung etc. ausgelösten Krankheiten mittels ausleitender Medikamente sowie durch das Therapiekonzept Pañcakarma
  • äußere (bahih) Reinigung (parimārjana) durch „Hautkontakt“, ergo manual-therapeutische Maßnahmen: Massagen, Wärmeapplikationen, Ölungen, Güsse etc.
  • chirurgische (śastra) Eingriffe (praṇidhāna) wurden hauptsächlich zur Exzision eingesetzt und im Laufe der Zeit durch die moderne schulmedizinische Chirurgie ersetzt. Vereinzelt finden Methoden wie die indische Rhinoplastik noch Anwendung.

2) Antaḥ-parimārjana: Methoden zur Inneren Ausleitung

Antaḥ-parimārjana kennt zwei wesentliche Verfahren: śamana minimiert pathogene Faktoren — allerdings ohne doṣas aus dem Körper zu eliminieren — während śodhana jene angesammelten, belastenden Substanzen aus dem Organismus ausleitet (Ranade 1994, S.192f; MoHFW, Government of India 2019).

Bei Provokation der doṣas (prakopa, zweites Stadium der āyurvedischen Pathogenese) können also bereits die ausgleichenden Therapien (śamana), wie beispielsweise laṇghana und pācana, Abhilfe leisten. Um jedoch ein Rezidiv zu vermeiden sowie bei schwerwiegenderen Problematiken bzw. fortgeschrittener Pathogenese sind ausleitende Maßnahmen (śodhana) nötig (vgl. Bharti Lavekar Menon et al 2010, S.7; Gupta Stapelfeldt 2013, S.61).

Gleichermaßen als Vorbereitung auf śodhana, als auch wenn solch tiefgreifende ausleitende Verfahren dem Patienten nicht zuzumuten sind, kommen Linderungstherapien (śamana) zum Einsatz (vgl. Ranade 1994, S.192–193): Fasten beim Essen (kśut) und beim Trinken (tṛt), körperliche Bewegung (vyāyāma), Sonnenlichtexposition (atap sevana), Frischluftexposition (maruta sevana), Stärkung der Verdauungskraft agni (dīpana) und āma-Beseitigung (pācana).

2a) Pañcakarma in der Caraka-Saṃhita

„Pañcakarma-Therapien trennen pathogene Faktoren jeglichen Krankheitsgeschehens aus den festen Strukturen des Körpers und eliminieren diese über den kürzesten Weg aus dem Körper“ (Rhyner 2018, S.354).

Die Seele ist frei von jeglicher Pathogenität” (CS.Sū.1.56)

Die Caraka-saṃhitā widmet sich der erfolgreichen (siddhi) Administration von pañcakarma detailliert und dokumentiert Standardschemata zur Durchführung mit besonderem Augenmerk auf Basti, optimale Resultate, ebenso wie wesentliche operative Fehler in der Diagnostik, einschließlich entsprechender differenzierter Richtlinien zur Handhabe von möglichen Komplikationen in der Siddhi Sthāna; während die Kalpa Sthāna (CS.Ka.) beschreibt, welche Art von Medizin bei diesen Prozeduren Anwendung finden.

Bereits in der Sūtra Sthana (Apamarga Tanduliya Adhyaya, CS.Sū.2) werden für die Biopurifikation hilfreiche Substanzen (dravyas) erwähnt sowie deren Eigenschaften (guṇas) und Wirkung (karma) erörtert; auch die Notwendigkeit diätetischer Maßnahmen nach der Behandlung, um agni wieder zu entfachen. Ferner Relevanz von Dosis (mātrā), Timing (kāla) der Ausleitungsfreuenz und das für die Administration der Ausleitungsverfahren allumfassende Beurteilungsvermögen (yukti), einschließich essentieller Charakteristika der ausführenden (praktizierenden) Person; neben der Erörterung der Prozeduren von vamana, virecana, anuvāsana- und nirūhabasti. Auch Oleations- (CS.Sū.13) und Sudationstherapien (CS.Sū.14) sowie Richtlinien für das Krankenhausmanagement (Erfordernisse der ausführenden Fakultät) und Reinigungsbehandlung (CS.Sū.15), Beurteilung und Pflege bei Panchakarma-Therapien (CS.Sū.16) sind zentrale Themen.

2b) Pūrvakarma: Vorbereitende Maßnahmen und Präpurifikation

Eine Reinigung mittels pañcakarma verläuft in drei Phasen: Vor-, Haupt- und Nachbehandlung. Jede Ausleitung (Hauptbehandlung) wird also jeweils vor- und nachbereitet. Die nachfolgende Erörterung der Methodik erfolgt jedoch zu Zwecken der besseren Anschaulichkeit separat.

Die Präpurifikation (Pūrvakarma) ist entscheidend für den Erfolg der Hauptbehandlungen. Denn erst wenn pathogene Faktoren durch innere Oleation und durch Sudation präpariert werden, können die fünf Biopurifikationstherapien effektiv Anwendung finden, unter Berücksichtigung von matra (Dosis) und kala (Zeit), vgl. CS.Sū.2.15.

„Wenn eine Krankheit entsteht, wandert das betroffene Doṣa von seiner natürlichen Wirkungsstätte ab und nistet sich an einem Ort ein, wo es nicht hingehört. Von dieser Stelle müssen wir es beseitigen und dorthin transportieren, wo der Organismus es entsorgen kann“ (Bauhofer 1997, S.208).

Ziel ist also das Aufweichen und Mobilisieren der doṣa-dūṣya/-srota Verbindungen, sowie deren Rücktransport in den Gastrointentinaltrakt durch (vgl. Singh 2012, S.3–4; Gupta Stapelfeld 2013, S.70–72):

  • Agni-dīpana: Stimulierung der „Verdauungssäfte“ (z.B. PV: mit Triphalā, K: mit Trikaṭu)
  • Pācana: Auskochung von „Unverdautem“ bzw. āma, falls vorhanden (z.B. mit Pippalī)

→ Stärkung der Digestion auf zellulärer und gastrointestinaler Ebene für eine erfolgreiche Ausleitung ohne gefährliche Nebenwirkungen; (āma und mandāgni können den Erfolg von Therapien erheblich beeinträchtigen).

  • Snehana: Ölungen lösen die doṣas aus den Geweben (zur Körpermitte ziehende Kraft); eine innerliche Ölung (in der Regel mit Ghī) kommt in der Praxis nur vor den beiden drastischen Ausleitungsverfahren Vamana und Virecana zum Einsatz
  • Svedana: schweißtreibende Therapien erweitern srotas (Körperkanäle), verflüssigen doṣas und ereleichern somit deren Eliminierung und Transport zum Verdauungstrakt (bei Vāta eher feuchte Hitze, Kapha eher trocken, Pitta eher mild und kurz)

Noch vor (pūrva) diesen Maßnahmen (karma) sind aber auch Elemente, wie eine adäquate Einweisung von Bedeutung, und das Vorbereiten aller nötigen Materialien sowie des Personals. Ist der Patient für die Therapie geeignet, erfolgt auch eine Aufklärung über Behandlungsziele, Vorgehensweise, mögliche Komplikationen und psychische Belastung.

2c) Pradhanakarma: Methoden zur Ausleitung der doṣas

Die Elimination der doṣas bzw. Substanzen, die im Körper ein doṣa-förderndes Milleau erzeugen, soll „sowohl den Patienten als auch den Gesunden Glück schenken, indem sie ihre Kraft und Langlebigkeit fördern und auch ihre Krankheiten heilen“ (CS.Si.1.53 2/4).

Als besonders effektiv in der Ausleitung (śodhana) hat sich die Kombination von fünf (pañca) Therapien (karma) erwiesen: Vamana, Virecana, Nasya sowie Āsthāpana und Anvuāsana Basti.

• Klassischerweise wird zunächst Kaphadoṣa aus dem (oberen) Magen und Atemwegen (Lunge) oral ausgeleitet. Rapidamente geschieht dies durch therapeutisch induzierte Emesis. Caraka hebt Mandanaphala als Emetikum der Wahl hervor, da die Samen dieses so genannten „Berg-Granatapfels“ (lat. Randia dumetorum) in der Anwendung frei von jeglichen schädlichen Nebenwirkungen sein sollen (CS.Ka.1.13; Ranade 2001, S.219; Gupta Stapelfeldt 2009, S. 75). Unterstützend (kapha-chēdana) agieren können in der Rezeptur Honig und Steinsalz (CS.Ka.1.15). Vamana ist per Definition „der Prozess des Ausstoßens von morbidem Material durch den nach oben gerichteten Trakt (Mund)“ (CS.Ka.1.4),

• Während das „Austreiben von morbidem Material durch den nach unten gerichteten Trakt (Anus)“ als Virecana definiert wird (CS.Ka.1.4). Das Purgieren führt ergo spezifisch Pittadoṣa aus (unterem) Magen und Dünndarm ab. Purgiermittel basieren in der Regel auf Rizinusöl (Eraṇḍa-taila), ggf. unter Beigabe von Traubensaft.

Bastis „wühlen den Stuhl und alle anderen in den Viscera von Thorax und Becken, Nabel- und Lumbalregion befindlichen morbiden Stoffe auf, und scheiden diese nach der (nährenden) Oleation mit Leichtigkeit und in angemessener Weise aus dem Organismus aus“ (CS.Si.1.40 2/4–2/4 41). Beide Varianten (Āsthāpana als auch Anvuāsana) sollen Vātadoṣa von seinem Hauptsitz Dickdarm ausleiten:

Dekokteinläufe (Āsthāpana / nirūha) nehmen außerdem eine besondere Position in der Therapie ein, wenn vamana und virecana kontraindiziert sind, und können in ihrer ausleitenden (śodhana) und reduzierenden (laṇghana) Wirkung doṣa-spezifisch angepasst werden; auch wird agni nicht tangiert (Gupta Stapelfeld 2013, S.80–82). Zubereitet wird ein solch renigender (śodhana) bzw. reduzierender (laṇghana) Einlauf je nach Indikation durch die medizinische Vermischung von Salz, Honig, Öl, Paste und einer Abkochung von Pflanzen(pulver) als Hauptbestandteil (Ranade 2001, S.221; Gupta Stapelfeldt 2009, S.82).

Klistiere auf Sesam- oder Arznei-Ölbasis (Anvuāsana / mātra) wirken zwar durch ihre schmierende (bzw. nährende) Qualität den potentiell Gedärme-austrocknenden Dekoktklistieren entgegen, allerdings müssen für eine nebenwirkungsfreire Anwedung Stoffwechsel und Digestion intakt sein. Um agni nicht zu schwächen (CS.Si.4.50) und der Bildung von āma durch exzessive Ölklistiere vorzubeugen, werden anvuāsana und āsthāpana in der allgemeinen Praxis alternierend durchgeführt (Gupta Stapelfeld 2013, S.81).

Vāta ist als „ewige Ursache des Universums“ verantwortlich für Leben und Tod aller Wesen (CS.Sū.12.8). Im menschlichen Körper spiegelt sich dies in Trennung (vikṣepa bzw. vibhāga) und Kombination (saṅghāta bzw. saṃyoga) von doṣas, malas und dhātus wider, wodurch sich vāta als kausaler Faktor aller Erkrankungen darstellt (Anm.: doṣas können ihren Hauptsitz nur mithilfe des „Bewegungsprinzips“ vāta verlassen). Daher wird Basti besonderer Wert zugesprochen im Sinne einer „allumfassenden Therapie“ (vgl. CS.Si.1.38- 2/4 40).

Foto: Simon Tobor

• Schließlich sollte der Kopf des Patienten wiederholt eingeölt und mit den Handflächen stimuliert (massiert) werden. Nach Prüfung der Doṣa-Aktivität erfogt dann eine nasokraniale Reinigung (CS.Si.50 2/4–2/4 51), denn laut Śālākya-Tantra ist der Kopf „das Fundament des “Lebens-Schwungs” (Élan vital) sowie aller Sinnesfähigkeiten und nimmt dadurch den ersten Platz unter den vitalen Organen ein“ (CS.Sū.17.12). Der menschliche Orgnismus funktioniert dementsprechend nur dann einwandfrei, wenn sein Kopf frei von Krankheit ist — so wie ein Baum gut wächst, wenn seine Wurzeln frei von Schäden sind. Nasya, oder auch śirovirecana genannt, bezieht sich auf die Verabreichung von Medikamenten durch die Nasenlöcher (d.h. das Einträufeln von mediziniertem Öl in die Nase oder die Verabreichung von Paste, Puder oder Dämpfen von Medikamenten durch die Nasenlöcher), wirkt auf alle drei Doṣas (tridoṣas), und leitet insbesondere Kaphadoṣa aus der oberhalb des Schlüsselbeins gelegenen Kopf- Nacken-Region aus (vgl. Ranade 2014, S.223; Singh 2012, S.7).

Während ācārya Caraka viel Wert auf die Einläufe legte, fasste der Chirurg Suśruta Anvuāsana und Āsthāpana als Fachanwendung Basti zusammen und berücksichtigte den therapeutischen Blutentzug als fünftes reinigendes Therapieelement: • Rakta-Mokṣana soll Pittadoṣa systemisch durch einen Aderlass (sirā-vedha) oder lokal durch die Anwendung von Blutegeln (jalaukā) aus dem Blutsystem entfernen.

Eine fixierte Chronologie existiert in der Therapie allerdings nicht. Wenn Pittadoṣa im Herbst aggraviert ist, macht Virecana den Anfang; in der Vāta-Saison (Sommer bzw. traditionell: Regenzeit) startet Basti (vgl. CS.Sū.2.6 Kommentar; CS.Vi.8.126–127). Der Frühling ist Indikator für Vamana. Genannte Zeiten sind außerdem aufgrund der saisonalen Vorherrschaft der doṣas optimal für eine separate Anwendung außerhalb des geschlossenen Therapiesystems Pañcakarma (vgl. Gupta Stapelfeldt 2009, S.74).

2d) Paścatkarma: posttherapeutische Maßnahmen

Zur Regenaration des infolge von tiefgreifenden Behandlungsmethoden (vamana, virecana) geschwächten Patienten folgen posttherapeutische Maßnahmen einschließlich entsprechendem Kostaufbau (Saṃsarjana Krama) gemäß der individuellen Ausleitungsintensität, damit keine bleibenden Schäden oder Komplikationen entstehen (Gupta Stapelfeld 2013, S.72).

„So wie ein kleiner Funke allmählich zu einem großen Feuer entfacht“ soll das Agni der gereinigten Person also wieder stabilisiert und stufenweise gestärkt werden (CS.Si. 12 2/4–2/4 13). Die āurvedische Medizin bedient sich dabei nacheinander flüssiger (peyā), halbfester (vilepī) und fester (akṛta– bzw. kṛta–yūṣa /–rasa) Nahrung, um auch die Stärke der dhātus wiederzuerlangen. Ferner gelten Verhaltens-Empfehlungen wie z.B. brahmacaryā und Ruhe zu bewahren (keine körperliche oder geistige Anstrengung), unter Vermeidung von Faulheit und Tagesschlaf sowie von exzessiver Exposition von Kälte oder Sonne (vgl. CS.Si. 11 2/4–2/4 12; Gupta Stapelfeldt S.69, S.73; Bharti Lavekar Menon et al 2010, S.82).

3) Fazit: Wovon der Erfolg der Therapie wirklich abhängt

Tag und Nacht ist der Körper damit beschäftigt im Organismus unerwünschte Substanzen durch Absonderung der doṣas aus den Geweben in den Gastrointestitanltrakt auf natürliche Art und Weise auszuleiten. Schlussfolgernd liegt der übergreifende Zweck von Pañcakarma weniger in der manipulierten Ausleitung angesammelter belastender Substanzen an sich, sondern vielmehr darin, die unbeeinträchtigte Funktionsweise körpereigener Prozesse wiederherzustellen, zu gewährleisten und zu verbessern (vgl. Ranade 2001, S. 216).

Reproduzierbarkeit ist das Kennzeichen wissenschaftlicher Methodik. Caraka stellt fest, dass das Ermitteln der optimalen Dosis (matra) zum optimalen Zeitpunkt (kāla) auf Basis von rationaler Analyse (yukti) der Schlüssel zum therapeutischen Erfolg (siddhi) ist; Wichtiger sei nur das vollständige Wissen über die anzuwendenden Substanzen (vgl. CS.Sū.2.16). Erfolg durch Zufall (yādṛśa) ist somit nicht ideal bzw. bedingt reproduzierbar. Yukti untersucht mehrere ursächliche Faktoren auf kausale Beziehungen zwischen der tatsächlichen Exposition und der Auswirkung, wodurch sich logische Schlussfolgerungen (tarka) auf siddhi ermitteln lassen. Deshalb ist die Berücksichtigung verschiedener Variablen wie dūṣya (gestörte Faktoren bzw. Gewebe), deśa (Körper und Wohnort des Patienten), Bala (körperliche Stärke), Kāla (Jahreszeit und Zeitpunkt der Verabreichung) etc. im āyurvedischen Gesundheitssystem von enormer Relevanz.

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