Warum Krieg bescheuert ist #1

Die Beherrschung der Erde durch Homo Sapiens beruht auf echten Genoziden

Tobias Knobloch
3 min readMay 22, 2022

Im Gefolge von Darwins Evolutionstheorie ging man eine Zeitlang davon aus, dass die Evolution verästelte Aufstiege hervorbringt. Also von weniger hoch entwickelten zu höher entwickelten Arten und von weniger fitten zu den behauptungsstärksten. In der Folge haben die Wissenschaften, allen voran Evolutionsbiologen und Anthropologen, jedoch überzeugende Indizien dafür gesammelt, dass das nicht stimmt. Es hat immer Arten gegeben, die zumindest eine Zeitlang nebeneinander existiert und sich auch gemischt haben. Ein bekanntes Beispiel ist der Neanderthaler (Homo neanderthalensis). Noch heute muss er als Schmimpfwortlieferant herhalten, obwohl er sowohl kräftiger als auch mit einem mindestens gleich großen (eher einem größeren) Gehirn ausgestattet war als Homo sapiens. Weil sich beide gemischt haben, bevor Homo neanderthalensis ausgestorben ist, steckt in jedem von uns heute noch zu etwa einem Prozent Neanderthaler-DNA.

Chris Stringer, CC BY-SA 3.0 DE https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/15/Homo-Stammbaum%2C_Version_Stringer.jpg

Noch weiter zurück hat es unterschiedliche Hominidengattungen nebeneinander gegeben, neben Homo beispielsweise Paranthropus, der vor ca. 1,5 Millionen Jahren im südlichen Afrika lebte und sich von Pflanzen ernährte. Die Gattung Paranthropus gibt es heute ebenso wenig noch wie sämtliche Arten der Gattung Homo — bis auf uns, Homo sapiens.

Gerne schmeicheln wir uns selbst, indem wir die Geschickte so erzählen, dass wir uns einfach als am schlauesten, geschicktesten und kooperationsfreudigsten angestellt und deshalb als einzige nicht nur überlebt haben, sondern den Planeten inzwischen beherrschen. Ein einmaliger evolutionärer Fitnessfaktor hat uns demnach dorthin geführt, wo wir sind, nämlich an die Spitze. Zwar haben die soziale und kulturelle Evolution (anders ausgedrückt: die Kooperation und die Sublimierung von Ausdrucksformen) tatsächlich maßgeblichen Anteil an unserem Siegeszug, aber das ist nur die halbe Wahrheit, ihr positiver Teil, wenn man so will.

Eines der ältesten menschlichen Kunstwerke aus der Höhle von Lasceaux (ca. 20.000 v. Chr.) Quelle: Prof saxx — Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2846254

Die andere Hälfte ist diese: Die wahrscheinlichste Erklärung dafür, dass wir die einzigen Hominiden auf der Erde sind, ist die, dass wir alle anderen uns ähnlichen Gattungen und Arten ausgerottet haben. In die Zukunft blickend (die wir vielleicht auf einem anderen Planeten zubringen müssen, weil wir diesen für uns unbewohnbar gemacht haben werden) fragen wir uns ja manchmal, wie es wohl wäre, einer Art zu begegnen, die ähnlich intelligent ist wie wir. Die traurige Antwort ist, dass das längst geschehen ist, vor sehr langer Zeit schon. Wir haben diesen Arten aufgelauert und ihr unsere Äxte zwischen die Augen geschlagen, bis sie getilgt waren. Das ist unser blutiges Erbe, dessen traurige Fortsetzung in jenen gerade angesagten filmischen Mittelalterkampfspektakeln ausgiebig betrachten kann, wer auf spritzendes Blut und umherfliegende Köperteile steht. Oder eben ganz aktuell 1000 Kilometer östlich von Berlin. Der Soundtrack unserer Art ist der einer umherziehenden, mordenden Räuberbande:

Heute leben Krokodile von vor der Zeit der Dinosaurier und andere, viel jüngere Reptilien parallel. Aber es gibt nur noch eine Hominidengattung und nur noch eine Art der Gattung Homo — den Sapiens. Zu Anfang unserer Bemächtigung des Planeten standen also sehr wahrscheinlich mehrere Genozide. Homo sapiens duldet keine anderen Götter neben sich. Und nicht nur die nicht. Im Zuge der Ausbreitung von Homo sapiens über die Erde sind überall dort, wo wir sesshaft wurden, in den darauffolgenden zehntausend Jahren große Säugetiere regelmäßig stark dezimiert oder ganz ausgerottet worden. Das Mammut ist nur ein prominent gewordener Ausweis dafür.

FAZIT: Schon aufgrund unserer gattungsgeschichtlichen Schuld sollten wir in Sack und Asche gehen, Waffen nur noch zum Schneiden von Früchten, die uns die Natur schenkt, benutzen und immer recht freundlich zu allen Lebewesen sein — zu Menschentieren ebenso wie zu Tieren, die nicht der Gattung Homo angehören.

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Tobias Knobloch

Philosopher and Partner/CEO @ Civitalis.eu (Berlin) working on government innovation & data governance