Print und die Krise!
Innehalten. Nachdenken. Diskutieren. Umdenken. — Das Kompendium zu den Umwälzungen durch die Corona-Krise
Von Andreas Weber, Head of Confidence, Frankfurt am Main, Ostern 2020 — Allen #PrintLovers gewidmet. Nicht nur in Deutschland, sondern rund um den Globus!
Zum Geleit
„In der Krise beweist sich der Charakter.“ Dr. Helmut Schmidt, Alt-Bundeskanzler
Wir durchleben eine extrem harte Zeit. Man muss sich (und seine Charakterstärke) nicht nur beweisen, sondern klar Position beziehen.
Die Print-Branche, die in Deutschland vor über 600 Jahren ihren Ursprung nahm, durchlebt wie alle Bereiche des Lebens, der Wirtschaft, der Gesellschaft eine existentielle Krise.
Dabei gehts meiner Ansicht nach in erster Linie gar nicht um die Frage: Wie bekomme ich (wieder) Aufträge? Wie werden Märkte sich entwickeln? Womit kann man im Print überhaupt noch Geld verdienen? Das weiß ehrlich gesagt im Moment niemand so recht. Mir geht es darum, #Klarheit zu schaffen, #Zuversicht zu gewinnen, um bildlich gesprochen die versunkenen Schätze, die wir durch die Krise und ihre Effekte aufspüren, heben zu können.
Ich folge dabei einem lebensrettenden Prinzip, wie es in der Naturheilkunde-orientierten Medizin gilt: Man kann sich schlecht fühlen, ängstigen oder gar infizieren. Und nach Medikamenten und Ärzten rufen, um Symptome zu bekämpfen. Wichtiger und viel wirksamer erscheint es mir, unsere ‚Selbst-Heilungskräfte‘ in Schwung zu bringen und aktiv zu nutzen.
Das vorliegende Kompendium soll dazu anregen. Es entstand in den letzten 10 Tagen inspiriert durch den Dialog mit hunderten Experten und Denkern rund um den Globus. Trotz Kontaktsperre: Die Diskussionen in meinen Online-Netzwerken, insbesondere auf LinkedIn, sind so intensiv wie nie. #GutSo
Das sehe ich als das Gute im Schlechten: Wir haben jetzt die Chance, neue Formen der Social Culture zu etablieren, die offene Diskussionen zulässt und pflegt, das notwendige Kreativ-Potenzial in uns zur Entfaltung bringt, um zündende Ideen sofort und wirksam in die Tat umsetzen.
Die aus meiner Sicht seit Jahrzehnten zu stark in sich gekehrte, respektive ständig mit sich selbst beschäftigte Druckbranche muss sich radikal ändern. Die Möglichkeiten sind gegeben. Packen wir’s an.
Und allen, die immer noch zögern, wegschauen oder sich weg ducken, am liebsten alles aussitzen würden: Habt Mut. Traut Euch was. Was sollte jetzt, in der Krise, schon schiefgehen? Denn eines ist gewiss: Es kann nichts so bleiben wie es mal sein wird!
Kapitel 1: Prolog
Ein langjähriger Geschäftsfreund wollte mich belehren, dass man in Zeiten des stürmischen digitalen Wandels (oder jetzt: der Corona-Krise) Optimismus verbreiten muss. Anstelle Kritik, Skepsis oder gar böser Unkenrufe.
Meine Antwort: Darum gehts nicht. Es geht um #Zuversicht!
Denn Zuversicht ist keine passive Auffassung wie Optimismus, sondern eine vitale Lebenseinstellung. Zuversicht fällt nicht vom Himmel, sondern muss erarbeitet werden, setzt aktives, persönliches Handeln im Einklang mit werthaltiger Kommunikation voraus.
So gesehen beruht Optimismus auf Hypothesen. Und Zuversicht erweist sich als lebensnah, real und pragmatisch.
Zuversicht ist ansteckend. Und geht perfekt im Team mit anderen. Es gilt, Verbündete zu suchen — auch virtuell, v.a. über Bücher/Geschichten anderer, die uns inspirieren und helfen, die Blickweise zu wechseln.
Zuversicht lebt von und durch Konversationen. Und dem Aufbau und der Pflege von wahrhaftigen Beziehungen. ‚Relatedness‘ verleiht geradezu magische Kräfte und macht uns als Menschen dauerhaft glücklich.
Versuchen ist gut. Kampf gegen Windmühlen führt zu nichts.
Wichtig ist, um Zuversicht zu erreichen und zu behalten: In Bewegung kommen. Und bleiben.
Kapitel 2: Ouvertüre — Angst essen Seele auf
Mehr als #verwunderlich: Ein Großteil der Führungskräfte, gerade auch in den Vorstands- und Geschäftsführungs-Etagen, kommt mit der Gegenwart nicht klar. Ich spüre eine seltsame „Angst vorm Leben“. Viel zu viel Lebens-Elexier wird darauf ver(sch)wendet, den Status quo aufrecht zu erhalten. Ist das sinnvoll? Eher nicht.
Jetzt, in der Krise, trennt sich die Spreu vom Weizen. Auf einmal wird es klar, worauf es ankommt. Eben nicht auf Besitzstandswahrung, Profitmaximierung und Ellenbogenmentalität. Sondern darauf, seine Tätigkeiten darauf zu fokussieren, durch das eigene Denken und Tun dazu beizutragen, dass wir als Gemeinschaft davon profitieren und es alle besser haben können. #DontWorryBeHappy
Ich empfehle, statt weiter Business-Monopoly einfach mal ausgiebig Mensch-Ärgere-Dich-Nicht zu spielen. Da ist es normal und gewünscht, dass man scheitert, zum Ausgangspunkt zurückkehrt und von Neuem beginnt. Und trotzdem mit anderen Freude haben kann.
Wer nicht versteht, was ich meine, sollte sich die Live-Sessions von Mark Schaefer auf Facebook anschauen. Seit März 2020 bis auf weiteres Dienstags und Freitags, jeweils nachmittags. Sein Thema: Embrace the Chaos. Topics: #BeMoreHuman #LeadersDespenseHope und vieles mehr.
Kapitel 3: Richtig entscheiden. Wie geht das?
„Die Erfolgsformel für gute wie auch schlechte Zeiten: Mit wahrhaftiger Zuversicht völlige Klarheit schaffen, um durch maximale Kreativität die richtigen Entscheidungen treffen und adäquat kommunizieren zu können.“ — Andreas Weber
In Krisenzeiten gilt eigentlich immer das gleiche Prinzip: Mit der „McKinsey-Machete“ alles kappen, was schnell gekappt werden kann. Marketing- und Werbe-Ausgaben, Mitarbeiter, Standorte/Produktionsstätten, unrentables im Portfolio und anderes mehr. Doch reicht das?
Bei vielen, die abrupt durch Unvorhergesehenes in die sofortige Existenzkrise geraten, hat vorher schon einiges nicht gestimmt. Man hat sich quasi durchgeschummelt, hat sich vor ‚bösen‘, weil gravierenden Entscheidungen gedrückt, und wollte sich nicht offen der Realität stellen. Und schon gar nicht Schwäche zeigen. Oder Fehler eingestehen.
Entscheidungen richtig zu treffen, ist aber überlebenswichtig. Im Persönlichen wie im Geschäftlichen, ganz zu Schweigen von Politik und Gesellschaft.
Im Prinzip bilden Intuition, Empathie und gute Konversationen die beste Basis. Und das Befolgen von Erkenntnissen, die von uns als Menschen für Menschen gemacht werden.
Meine Empfehlung
Statt nur auf die McKinseys dieser Welt zu hören, sollte man dem klugen Rat von Hirnforschern und Psychologen folgen. Dr. Gerald Hüther, Neurologe und Vorstand der Akademie für Potentialentfaltung, spricht einfach anzuwendende Empfehlungen aus für das Erspüren und Realisieren von Zukunftsperspektiven durch Innovation. U. a. sind zwei seiner wichtigen Ratschläge relevant:
- Das A + O: Die Schulung unserer eigenen Aufmerksamkeitsfähigkeit.
- Wir müssen die Dinge und v. a. auch uns selbst so mögen wie sie sind. Bedingungslos.
Diplom-Psychologin Silke Brand empfiehlt als Programmatik, sich aufs Menschsein zu fokussieren. Ihr Thema: „Hilfe für die Seele“. Ihre Kernbotschaft: „Wir alle befinden uns in einer Ausnahmesituation. Zentrale Grundbedürfnisse wie Sicherheit, Kontakt, Autonomie und Spaß können nicht mehr so wie vorher ausgelebt werden.“ — Was aber tun?
Ihr wichtigster Rat: Klarheit schaffen, durch aufspüren, sichten, bewerten, diskutieren von Fakten und relevanten Informationen. Erst dann sei es möglich, volle Kreativität zu entfalten, die unverzichtbar ist, um die richtigen Entscheidungen zu treffen, die kurz-, mittel- und langfristig Erfolg bringen. Sie setzt auf Synchronizität, Verbündete zu finden, Meditation. Und: Gute Wünsche! Klingt einfach. Wirkt enorm. Also ran. #Mindchange #BeMoreHuman
Kapitel 4: Krisen meistern durch Achtsamkeit und kritisches Denken
Ein offener Appell von Andreas Weber, Head of Critizism
„Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“ — Hanns Joachim „Hajo“ Friedrichs, Nestor des Nachrichtenwesens
Seit über 30 Jahren arbeite ich als Journalist, Publizist und Analyst. Menschen wie Hajo Friedrichs hatten für mich stets Leitfunktion. Auch und gerade als ich vorübergehend Marketing-, Kommunikations- und Managementaufgaben sowie Verleger- und Chefredaktions-Tätigkeiten übernahm.
Als ich nach dem Studium und früher Selbständigkeit mit 28 Jahren meine erste Festanstellung als Fach-Redakteur bei Der Polygraph in Frankfurt am Main — der damals führenden Print-Fachzeitschrift mit der weltweit besten Reputation — antreten durfte, eröffnete sich mir eine wunderbare Welt. Es wurde intensiv der Kontakt zu Lesern gepflegt, tolle Menschen aus Druckereien, der Typografie-Szene und der Zulieferindustrie.
Erst die Freude, dann der Schock!
Umso größer war mein Schock, als ich, der unerfahrene Jungspund, in Vertretung des Chefredakteurs einen Top-Termin wahrnehmen durfte. Geladen hatte ein global führendes Druck-Technologie-Unternehmen zur Inbetriebnahme einer neuen, damals bahnbrechenden Produktionsanlage.
Ich war begeistert. Als wir uns verabschiedeten, sah ich, dass der PR-Chef (in Personalunion auch der Werbeleiter!) allen anwesenden Chefredakteuren ein Kuvert überreichte. Ich bekam auch eines und steckte es erstmal ein, während alle anderen dies wohl gewohnt waren, und gleich die Umschläge öffneten, reinschauten und einsteckten.
Erst zuhause sah ich nach. Und bekam Schnappatmung. Im Kuvert lag ein Brief, dessen Inhalt strikt darauf hinwies, dass man sich bei der Fach-Berichterstattung minutiös an den vorgegebenen Pressetext zu halten habe. Und als Anlage gab es einen Barcheck über 500,00 Deutsche Mark.
Ich war so verschreckt, dass ich mich mit einem väterlichen Freund besprechen musste. Der sagte: Ja, so etwas wird gerne gemacht seitens der Industrie. Und ein Barscheck sei smart, um Dinge bestmöglich zu vertuschen. Ich war sprachlos, widerstand aber der Versuchung tapfer.
Kein Tanz ums Goldene Kalb!
Warum schildere ich das? Weil es für mich eine Zäsur darstellte. Ich verliess den Verlag alsbald und wechselte das Lager. In meiner Funktion als Marketing-Kommunikationschef eines global führenden Zulieferers für Druckvorstufen-Technik (ja, das gabs damals!) machte ich alles radikal anders.
Statt „Zuckerbrot und Peitsche“ setzte ich auf offene Kommunikation (ich nahm den Wettbewerb in meinen Presseverteiler auf, damit die armen Kollegen sich nicht hintenrum mühsam und heimlich diese besorgen mussten). Ich scheute keine Debatte und bat als erstes unsere Verkäufer, unsere Kunden und die Fachpressekollegen hemmungslos zu kritisieren, was wir, unsere Firma falsch machen. Ich habe mich vor Ort mit vielen getroffen.
Das war wie ein Dammbruch der Erleichterung. Und brachte uns extrem nach vorne. In kürzester Zeit. Das damals (1989) in Deutschland führende DTP-Magazin widmete uns eine Titelstory mit 10 Seiten Inhalt. Warum? Ich hatte dem Chefredakteur angeboten, zu uns zu kommen, mit der Deutschland-Geschäftsführung persönlich zu sprechen sowie Kontakte zum Headquarter und auch zur Produktentwicklung in den USA hergestellt. Getreu dem Motto: #VolleTransparenz #NullBackschisch. Der Deal: Er konnte fragen, was er wollte. Und er bekam konkrete Antworten. Wir weckten bei dem Chefredakteur und seinem Team die Achtsamkeit. Und begegneten uns mit Respekt. Ohne in Kumpanei zu verfallen. #Basta!
Der Chefredakteur rief mich nach Veröffentlichung an, um erschüttert und verärgert zu berichten, dass er einen unfassbaren Anruf vom Kommunikationsleiter unseres Hauptwettbewerbers erhalten hatte. Die Frage war: „Was kostet so eine Story bei Ihnen?“
Wie gesagt, das alles ist rund 30 Jahre her. Kann man aber sagen, das es heute besser ist? Alle haben sich ja den Regeln der Corporate Governance anpasst.
Fakten zur Fachmedien-Kommunikation
- Das Leserinteresse an den meisten Print-Fachzeitschriften hat einen historischen Tiefpunkt erreicht.
- Viele Titel sind verschwunden.
- Dank der massiven Beauftragung von PR-Agenturen und der ubiquitären Verteilung von Pressemeldungen (über eigene Websites, Presseportale, eNewsletters etc.) sind die Fachmedien quasi gleichgeschaltet.
- Nur solche (leider wenige) Print-Fach-Titel sind noch beliebt, vor allem bei Lesern, die einen hohen Anteil eigenrecherchierter Stories bieten.
- Jetzt in der Krise — wie auch schon zuvor — sind die meisten Redaktionen sprachlos. Wahrscheinlich auch deswegen, weil ihre Anzeigenkunden keine #badnews lesen wollen.
Copy&Paste als Maxime?
Die allermeisten Fachtitel arbeiten nach dem Copy&Paste-Prinzip. Man muss sich nur anschauen, wie das jüngste, vom Inhalt her einwandfrei gehaltene Interview der drupa-Direktion zum Ausblick auf die drupa2021, nunmehr weltweit viele Autoren hat. Kollegen nehmen die Textvorlage, ändern wenn überhaupt nur wenig, zeichnen sogar zum Teil mit ihrem Namen und publizieren es in ihren Titeln. Hinterfragt wird kaum etwas.
Hinzu kommt folgendes, was ich original aus einer Email von letzter Woche von einer international arbeitenden PR-Agentur zitiere:
„The article — available in English, German, French, Italian, Spanish, Chinese and Japanese (Russian coming soon) — as well as images can be downloaded from the XY pressroom at |LINK|
Thank you very much in advance for publishing this article and sending us the respective magazine and/or link. Should you have any questions or need additional material, please don’t hesitate to contact us at [Email]“
Das passt natürlich zur gängigen Praxis: Firmen laden seit langem in die schönsten Locations der Welt ein, stellen Neues vor, haben alle Publikationsmaterialen für Copy&Paste bestens vorbereitet. Organisieren Gala-Diners, zahlen die Reise- und Übernachtungskosten, auch wenn Presseteilnehmer etwas länger bleiben wollen. (Und diese erfreuen sich an der Flugmeilengutschriften).
MyTake
Das PR-Gehabe und der Umgang mit der Fachpresse ist erstens zutiefst unethisch resp. presserechtlich bedenklich und zweitens überhaupt nicht zielführend.
Das Makabre: Die Wenigen, die im Dienst der Leser eigenständig recherchieren, Neues wagen, kritisch hinterfragen und kommentieren, werden noch als die Bösen, die Miesmacher, die Nestbeschmutzer attackiert. Das jedoch NICHT mit offenem Visier, NICHT per offenem Dialog; sondern hinter vorgehaltener Hand werden Beschwerden geführt, in einem jüngsten Fall wurde unter Kollegen sogar zum Boykott aufgerufen! Geht’s noch?
Ich bin sicher — und das ist das Gute im Schlechten — die COVID-19-Krise wird hier eine Flurbereinigung vornehmen. Weil es auf einmal zählt, nicht opportun und gefällig zu sein, sondern systemrelevant. Durch Achtsamkeit, kritisches Denken, kritische Distanz und begeistertes Publizieren.
Wer sich jetzt mit mir duellieren will, kann dies gerne nach dem Aufheben des Kontaktverbots tun. Ich wähle als alter Fechter den Säbel! — Mit allen anderen bleibe ich wie bisher auf das Herzlichste verbunden.
Kapitel 5: Zuhören, lernen, diskutieren, neu denken und handeln
Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen. — Chinesisch-Niederländische (!) Weisheit
„Jetzt bleiben wir doch mal sachlich…“ — Hört sich gut an. Führt aber zu wenig. Wir brauchen eine ‚Neue Sachlichkeit‘!
Sachlich wäre zu sagen: OK. Wir haben die schwerste Krise unserer Gegenwart. Jetzt müssen wir vor allen Dingen schauen, wie wir da einigermaßen heil wieder rauskommen, um weiter machen zu können wie bisher.
‚Neu-sachlich‘ agieren heisst: Thought-Leadership („Meinungsführerschaft“) übernehmen und praktizieren. Mit der Ausgangsüberlegung: Wenn uns die Krise so kalt erwischen konnte und es uns ad hoc umhaut, war das, was wir bislang gemacht haben, richtig, weil lebenswichtig und/oder werthaltig?
Momentan ergibt sich bei vielen Unternehmen verständlicherweise ein Bild der Unruhe, Angst, bisweilen Hilflosigkeit. Notfallpläne werden geschmiedet. Getragen von der Hoffnung darauf, irgendwie gerettet werden zu können.
Weitermachen wie bisher, ist das ein probates Ziel? Wohl kaum.
Durch die Krise entsteht die Katharsis
Keine Frage: COVID-19 fegt über uns hinweg wie ein gigantisches Feuer zur Brandrodung. Zwar brennt uns bildlich gesprochen schon die Hütte, es sieht aber alles noch aus, wie wir es kennen, nur menschenleerer, ruhiger, zu häuslicher Gemeinschaft im engsten Kreis verdonnert. Doch der Schrecken und auch die Existenzangst sitzen tief.
Auswege bieten sich. Der US-Marketing-Vordenker, Keynote Speaker und Bestsellerautor Mark Schaefer wird nicht müde, seine Idee des „Embrace the Chaos“ zu kommunizieren und zu diskutieren. Sogar seit letzter Woche, als er einen COVID-19-Positiv-Test-Bescheid bekam. Er steht via LinkedIn, Facebook und seinem Blog Rede und Antwort. Mark entwickelt im Gespräch mit hunderten und tausenden in Echtzeit neue Ideen. Und bietet mit kritischer Wachsamkeit kluge Ratschläge. Klug dadurch, dass er zuhören kann, durch Gespräche lernt, Bemerkungen anderer ernst nimmt, durchdenkt, bewertet und mit seinem Wissen abgleicht, um dieses dann anzureichern und mit anderen wiederum zu teilen.
In der Antike nannten das, was Mark Schaefer so leidenschaftlich betreibt, Philosophen ‚das dialektische Prinzip’. Damals hat ein Autor nicht einfach seinen Inhalt publiziert und dann auf die KPIs geachtet (haha). Sondern er machte im kleinen Kreis mit seinen Peer-Groups Testlesungen. Um konstruktive Kritik zu erfahren, ggf. Änderungen vorzunehmen und so die Publikationsreife zu erlangen. Die Ergebnisse kennen wir: Es gibt zahllose Schriften die uns bis heute erhalten und lesenswert sind. Darauf beruht auch unser humanistisches Weltbild.
Nagelprobe: Schauen wir uns im WWW oder per Social Media Plattformen an, was zur Zeit von Unternehmenslenkern selbst oder im Auftrag publiziert wird, so ließt sich vieles ‚sachlich‘, wie ein Medikamenten-Beipackzettel. Alles und jedes wird OBJEKTIVIERT. Wo ist aber das Herzliche, das für uns Menschen Gemachte? Wir als Menschen sind keine Objekte, sondern wir wollen als Subjekte wahrgenommen werden. Ist das nicht so, verfehlt es die Wirkung und kann uns im schlimmsten Fall krank machen.
Das Gegenteil von GUT ist GUTGEMEINT!
Die ‚neue Sachlichkeit‘ per Thought-Leadership stellt vor dem Reden und Handeln das ‚Zuhören können‘ in den Fokus. Um das zu können, muss man einfachste Grundprinzipien verstehen und beherzigen:
- Achtsamkeit, Transparenz und kritisches Denken kultivieren.
- Plumpes Männer-/Macho-Gehabe sein lassen. Und endlich Frauen als lebenswichtig akzeptieren und nicht weiter klein halten wollen.
- Be.More.Human: Wir haben es nicht mit ‚der Mitarbeiterschaft‘, ‚den Kunden‘, den ‚Anlegern/Investoren‘, ‚den Lieferanten‘ usw. zu tun. Sondern immer mit Menschen und Persönlichkeiten.
- Beziehungsfähigkeit ausbauen, über persönliche Kontakte, Peer-Groups, bei Kontaktverbot vorzugsweise über Social Media-Plattformen.
- Relevante Botschaften finden, die bei Menschen ankommen (können). Stichwort: Smart Communication (siehe LektüreTipp unten!).
- Im Idealfall: Knowledge-Worker werden.
- Das Prinzip der Hermeneutik verinnerlichen. Es geht immer um die Sinnhaftigkeit unseres Handeln und Tun. Weniger für uns selbst, sondern für uns alle.
ÜBRIGENS: Als Zwischenspiel empfehle ich als Lektüre ein Video von mir auf YouTube, inkl. einer einfachen Checkliste, um ‚The Beauty of Smart Communication‘ besser zu begreifen: ValueCheck! How smart communication should be .. (2006–2014)
Kapitel 6: Thought-Leadership — wie funktioniert es?
Der wahrhaftige ‚Thought Leader‘ ist nicht der stärkste, reichste, kräftigste. Der, der am lautesten schreit. Es sind die ‚smarten Menschen‘, die die Kunst der ‚Smart Communication‘ verinnerlicht haben. Und die andere mit ihren Botschaften in ihrem tiefsten Inneren berühren können.
Sorry: Anspruchsvoll. Aber essentiell!
Die für mich zentrale Fragestellung lautet: Wie kommen Botschaften bei uns Menschen an?
Um unsere Kommunikations-Herausforderungen zu bewältigen, empfiehlt sich, dass wir uns mit den zeitgemäßen Prinzipien der Thought Leadership beschäftigen. Es geht um Wissens-Transfer und bestmögliche Wissens-Aufnahme. Es gibt eine Reihe neuer Erkenntnisse aus Wissenschaft und Führungspraxis. Das für unseren Kontext Sinnvollste habe ich selektiert.
1. Da ist zunächst das Modell ‚Faktoren des Wohlbefinden mit Dimensionen und Einflussfaktoren‘ gemäß dem israelisch-amerikanische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky. Er hat das Modell des Kohärenzgefühls entwickelt im Kontext mit der Salutogenese, ein nicht nur in der Medizin probates Rahmenkonzept, das sich auf Faktoren und dynamische Wechselwirkungen bezieht, die zur Entstehung und Erhaltung von Gesundheit führen.
Denkanstoß: Wer es nicht beachtet und beherzigt, stiftet nichts Gutes. Die Erkenntnisse nützen im Prinzip jeder Person, die sich der Thought Leadership verpflichtet fühlt.
2. Der aus Deutschland stammende Wirtschaftswissenschaftler und Forscher am MIT, Dr. Otto Scharmer, wurde vielfach prämiert für seine „Theorie U“, die sich u. a. mit den Bewusstseinsstufen beschäftigt.
Dr. Scharmer unterscheidet drei Stufen:
- Downloading — passiv (durch Berieselung)
- Seeing — kognitiv (beginnt mit aktivem Zuhören)
- Sensing — offen (durch die Empathie)
Denkanstoß: Die beste Form der Kommunikation ist die persönliche, von Mensch zu Mensch, wenn alle drei Bewusstseinsstufen als Ensemble durchlaufen werden; und das, was unter Punkt 3. aufgeführt ist, erfüllt wird. Unsere Herausforderung in Zeiten der physischen Distanz und Kontaktverbote: digitale Kommunikation muss so nah wie möglich an die personale Kommunikation herankommen.
3. Der bereits in Kapitel 1 zitierte führende deutsche Neurobiologe und Star-Hirnforscher Dr. Gerald Hüther, Vorstand der Akademie für Potentialentfaltung, nimmt darauf explizit Bezug:
- Es geht dabei um das Erspüren und Realisieren von Zukunftsperspektiven durch Innovation.
- Das A + O: Die Schulung unserer eigenen Aufmerksamkeitsfähigkeit.
- „Wir müssen die Dinge und v. a. auch uns selbst so mögen wie sie sind. Bedingungslos.“
- „Theorie U von Otto Scharmer ist auch ein geeigneter Weg, um andere Menschen nicht länger als Objekte zu betrachten und zu behandeln, sondern ihnen von Subjekt zu Subjekt zu begegnen.“
- Wer sich auf diesen Weg begibt, macht eine neue Erfahrung. Er erlebt zunächst sich selbst wieder als Subjekt (das sich zu öffnen und auf sein Gegenüber zuzugehen vermag). Er macht dabei aber auch die Erfahrung, dass dieses Gegenüber eigene Vorstellungen hat und eigene Ziele verfolgt, also ebenfalls ein Subjekt ist.
- Und indem sich beide dann auf eine Begegnung in dieser jeweils eigenen Subjekthaftigkeit einlassen, machen sie dann beide die Erfahrung, dass sich aus dieser Begegnung und dem offenen Austausch etwas entwickeln kann, was keiner von beiden vorher für möglich gehalten hätte.
- Von außen lässt sich so ein Prozess beobachten und beschreiben. Aber das Entscheidende in diesem Prozess spielt sich nicht auf dieser sichtbaren Ebene der Beziehung zwischen zwei Menschen ab. Das Entscheidende vollzieht sich dabei — von außen unsichtbar — im Inneren der beiden Personen. Sie machen beide eine neue Erfahrung, die in ihrem jeweiligen Gehirn verankert wird.
- Wenn diese Erfahrung intensiv genug ist, verfestigt sie sich als eine neue innere Einstellung und Haltung — sich selbst gegenüber und auch dieser anderen Person gegenüber.
- Die Herausbildung dieser anderen inneren Einstellung ist für mich das Entscheidende. Wenn sie nicht entsteht, kann jemand endlos üben, was Otto Scharmer beschreibt, er oder sie kann sich anstrengen und sich Mühe geben, so sehr es geht. Eine wirkliche Begegnung wird so nicht zustande kommen.
- Und umgekehrt wird eine Person, der es auf irgendeine Art und Weise gelungen ist, sich selbst wieder zu mögen und die deshalb keine Angst mehr davor hat, sich gegenüber anderen zu öffnen, eine Subjekt-Subjekt-Beziehung eingehen können, ohne dazu irgendeine Anleitung zu brauchen. Sie wird andere einladen, ermutigen und inspirieren können, weil sie nicht nur sich selbst, sondern auch diese anderen Menschen mag, weil sie es spannend, bereichernd und faszinierend findet, zu entdecken, was in ihnen verborgen ist und darauf wartet, sich entfalten zu können.
Quelle: Gerald Hüther im Gespräch mit Daniel Hunziker, Oktober 2019
MEIN FAZIT
- Thought Leadership ist weder Worthülse noch Modebegriff, sondern entspricht fundamentalen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sich um Kohärenzgefühl, Aufmerksamkeitsfähigkeit und letztlich das Wohlbefinden ranken.
- Thought Leadership fällt nicht vom Himmel. Sie basiert auf allem, was es möglich macht Menschen zu berühren, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen und zu erhalten. Und führt dazu, Individuen nicht wie bis dato per Massenkommunikation und Information-Overload zum Objekt zu machen, sondern durch Smart Communication Subjekt-Subjekt-Beziehungen von Mensch zu Mensch zu pflegen.
- Thought-Leadership durch smarte Menschen muss sich in der jetzigen heftigen Krise durch die sinnvolle Nutzung von digitalen Kommunikations-Möglichkeiten beweisen: Vom Video-Chat bis hin zu Social-Media-Kommunikation findet per Downloading das Seeing und Sensing statt. Wunderbar.
Kapitel 7: Wir brauchen im Print eine wirksame Debattenkultur!
„These — Antithese — Diskurs. Eine Debattenkultur muss an die traditionsreiche Kultur des Dialogs und der Dialektik anknüpfen. Nur so wird es möglich, Wissen zu erwerben oder zu überprüfen.“ — Andreas Weber
Meine Erkenntnis nach 45 Jahren Erfahrungen (Achtung: Ich bin noch kein Methusalem, habe aber sehr früh angefangen!): Die Print-Branche hat ein hohes Leidens- und Duldungspotential. Denn: In keiner anderen Branche wird soviel bewegt — ökonomisch-materiell, geistig-kulturell, menschlich-intellektuell und technologisch-innovativ! Und in kaum einer anderen Branche lässt man sich so viel gefallen, ohne zu murren. Da wird seit Aufkommen des World-Wide-Web das Ende von Print zelebriert, ohne dass konzertiert und mit relevanten Fakten überzeugend dagegen argumentiert wird. Da wird gerade in Deutschland, dem Mutterland der Druck-Kunst, das stets wachsende Markt- und Zukunftspotenzial kleingeredet, nur weil Print-Verlage und Druckereibetriebe straucheln, die sich nicht weiterentwickeln wollen oder können.
Fakt ist doch: Keine Branche hat so viel Talent, mit Innovationen umzugehen, wie die Print-Branche.
Und kaum eine Branche durchläuft in immer kürzeren Zyklen solch durchgreifend strukturelle Veränderungen, die bis dato stets exzellent gemeistert wurden. Buchdruck, chemischer Druck (Flachdruck) und Digitaldruck haben jeder für sich fulminante Änderungen mit sich gebracht. Die Print-Branche ging immer gestärkt aus dem Wandel hervor. Das ist heute so. Und das wird wohl auch so bleiben.
Auffällig erscheint mir, dass es der Branche trotz ihrer Innovations-Fähigkeit nicht gelingt, sich über die Branchengrenzen hinaus Gehör zu verschaffen. Als „Industrie“ ist man extrem kleinteilig organisiert, viele kochen ihr eigenes Süppchen. Wenige blicken über den Tellerrand hinaus. Ein regelrechtes Gräuel sind mir sog. ‚Fachveranstaltungen‘, die angeblich neueste Trends aufzeigen; Events aller Art, die mal hochwertig, mal missraten, in jedem Fall aber immer hinter verschlossenen Türen stattfinden und daher weniger Resonanz finden als möglich wäre. Man bleibt scheinbar nur allzu gerne unter sich! Und schafft es nicht, konzertiert wichtige Botschaften an die Kunden und potentiellen Neukunden zu adressieren. Im Zeitalter der Digitalisierung und Transformation kommt es aber geradezu einem Suizid-Versuch gleich, nicht adäquat, offen und interaktiv zu kommunizieren.
Andere können’s. Warum im Print kaum einer?
Betrachtet man über Branchengrenzen hinweg, was sich tut und wie sich was tut, wird der Unterschied deutlich: Bahnbrechende Neuentwicklungen wie Smartphone/Mobile, 3D Printing, Blockchain, Augmented Reality usw. haben sich dadurch rasend schnell entwickelt und verbreitet, weil sie smarte, moderne Kommunikationswege für sich nutz(t)en und vom Start weg öffentlich und durchaus kontrovers diskutiert wurden. Getreu dem Motto: Open Innovation meets Open Communication. Es fasziniert zu beobachten, mit welcher fachlichen Kompetenz und Leidenschaft Diskurse über neue digitale Innovationen per Social Media, Blogs und Expertenforen geführt werden.
Doch: In der Print-Branche ist das leider anders! Diskussionen werden zumeist als Monologe von ‚Insidern‘ und Technik-Experten/-Herstellern dominiert, die wenig oder keine Kritik an ihren Worten und Taten zulassen. Wohl deswegen, weil sie es auch gar nicht gewohnt sind. In Summe könnte man das als eine Form von autokratisch-motivierter Inzucht bezeichnen! Und die tut selten gut.
„Mein Tipp: Es lohnt sich mehr denn je in diesen ach so modernen (Krisen-)Zeiten, die Kunst der Debatten und Diskurse aus der Antike nachzulesen. Allen voran: Platon, Sokrates und Aristoteles…“
Ich wünsche mir daher eine neue Debattenkultur. Es gibt so viel kluge Köpfe im Print-Sektor, und gerade in den Druckereien, die es verdienen würden, Gehör zu finden. Die Apologeten schweigen aber beharrlich und melden sich nicht medial zu Wort…
Debatten folgen Regeln. Und das ist gut so!
Wenn offen kommuniziert wird, muss man das korrekt machen. Ich selbst wurde gerade heftig in einer Privatnachricht gescholten. Ich sei ‚destruktiv‘ und meine Aussagen qualitätslos, weil ich mich gewagt habe, die Kommunikation der Ergebnisse eines Fachevents gründlich zu begutachten, zu analysieren und in ihrer Aussagekraft ad absurdum zu führen. Zudem wurde mir ganz Infames unterstellt; mein Kritiker führte sogar an, er sei von Verschiedenen darauf angesprochen worden, ob ich wohl käuflich sei, sprich Dritten gegen Geld Vorteile verschaffe. Von wem das gekommen sein soll, wurde nicht genannt… HOPPLA! Das stimmt erstens so nicht und ist zweitens keine gute Art, Debatten zu führen. Kritik muss immer Ross und Reiter benennen und darf nicht mit Gerüchten oder Spekulationen arbeiten. Ansonsten ist das schäbig und als Diffamierung zu bezeichnen.
Übrigens: Die Realität sieht anders und positiv aus. Meine Erfahrungen über meine eigenen Kommunikations-Aktivitäten via ValueBlog und Social-Media belegen eindrucksvoll: Es findet sich ein riesiges Publikum, dass sich für spannende Themen aus der Print-Welt interessiert, wenn sie verständlich und pointiert dargeboten werden. Als Einzelner erreiche ich Experten aus über 160 Ländern der Welt, je nach Thema und Relevanz entstehen hunderttausende Interaktionen in ganz kurzer Zeit.
Netzwerke wie LinkedIn bringen mir seit 16 Monaten 1.000 neue Kontakte pro Monat aus unterschiedlichsten Bereichen! Das erlaubt mir, immer besser zu erfahren, was der Blick über den Tellerrand bringt: Inspiration und neue Erkenntnisse durch aktive Kommunikation. Es lebe die Debatte. Auch wenn es manchmal schmerzt, Kritik zu erfahren. Darüber ins Denken zu geraten, lohnt sich aber allemal.
Kapitel 8: Keine Panik vor Digitalisierung
Durch die vorausgegangen Beiträge meiner Ad-hoc-Serie „Print und die Krise“ zieht sich als Leitfaden: Die Print-Branche muss radikal umdenken und sich SOFORT umstellen, um ihre ‚Social Culture’ und ihre ‚Skills’ der Situation anzupassen.
Vor der Corona-Krise gab es Möglichkeiten und Schlupflöcher, Defizite zu kompensieren. Und so zu kaschieren, dass es eine klaffende Lücke zwischen Kommunikation und Handeln gibt. Das rächt sich jetzt. Die eigentliche #Disruption wird zudem nicht durch Technologie verursacht, sondern liegt in uns selbst und unserer Verhaltensänderung.
Gerade hochambitionierte Innovatoren — egal, ob Technik-Entwickler oder auch Druckereien — waren und sind bis dato kaum in der Lage, anschaulich und begreifbar darzustellen, welchen Mehrwert sie tatsächlich leisten (können). Meine Analyse, wie Fach-Kommunikation praktiziert wird, macht ärgerlich und traurig zugleich. Und bietet zugleich Optionen, dies auch satirisch anzupacken. Siehe: „Kein Aprilscherz: Das ‚K‘ in Krise steht für Kreativität!“
Die Lage ist ernst. Sehr ernst!
Wenn Kommunikation in den Firmen, intern wie extern, so miserabel abläuft wie bisher, ist das ein Disaster. Wir brauchen wie dargelegt eine neue #Debattenkultur; dabei geht es nicht nur um kritisches Hinterfragen und schon gar nicht um Kritik der Kritik willen.
Es geht darum zu verhindern, dass Abstrus-Absurdes zur Normalität wird. Wenn beispielsweise ein Vorstandschef behauptet, seine neue Strategie sei nicht schlecht und schon gar nicht falsch, wohl nur nicht richtig kommuniziert und daher missverstanden worden, ist das ein Armutszeugnis hoch zehn! Für ihn selbst und für sein Management. Erst recht, wenn dann versucht wird, Kritik intrigant zu unterdrücken, und sich zu empören, wenn das von Dritter, unabhängiger Seite bloßgelegt wird.
Denn richtig und zielführend ist, was der Deutsche Ethikrat am 7. April 2020 auf der Bundespressekonferenz darlegte: Gefordert seien in den #Corona-Krisenzeiten neben #Solidarität und #Verantwortungsbewusstsein vor allem offene #Diskussionen. „Ohne öffentliche Debatten kann man kein Vertrauen zurückgewinnen!“, sagte Steffen Augsberg (Quelle: tagesschau.de). Dabei könne man durchaus auch Entscheidungen rückgängig machen, ohne unglaubwürdig zu werden.
Entscheidungen brauchen Klarheit
Um nachhaltige Entscheidungen zielführend zu treffen, muss man sich ohne ‚Wenn-und-Aber‘ #Klarheit verschaffen. Für die extrem innovationsgetriebene Druckbranche bedeutet das, nicht wie bisher dem Motto der falschen Propheten zu folgen, die ‚predigen’: „Die Technik wird’s schon richten!“ Denn Technokratie ist genauso gefährlich wie Technik-Ignoranz.
Mein Vorschlag: Jeder für sich und wir alle gemeinsam, sollten Ideen sammeln. Um ausloten, wie wir im Digitalzeitalter trotz aller Turbulenzen bestens profitieren können. Zum einen für unsere Kommunikation, das Go-to-Market und Netzwerken. Zum anderen für die ‚digitale’ Transformation dessen, was wir als #PrintLovers mit unserer Arbeit und unseren Unternehmungen tun.
Den Einstieg zur #Klarheit in Sachen Digitalisierung & Transformation im Digitalzeitalter bietet, was Thomas Göcke gründlich durchdacht, verinnerlicht und publiziert hat sowie im Team mit vielen Kollegen rund um die Welt bereits praktiziert: Digitalisierung und Transformation im Print zu entmystifizieren und anschaulich zu machen, worum es eigentlich geht, um daraus sinnvolle Handlungen abzuleiten. Und zu verdeutlichen, welche Komplexität, welches Momentum und welche Dimensionen dahinterstehen.
Ich erwähne deshalb Thomas Göcke, weil er als Print-Technik-Spezialist mit #Marketing- und #Digitalisierungs-Aufgaben betraut ist und für uns alle, über bloßes Eigen- und Firmendenken hinaus, aufzeigt, was passiert, was beachtet werden muss, welch langen Atem man braucht, um sich zu erneuern und fit für das Digitalzeitalter zu machen. — My POV: Das hilft uns allen in der Print-Branche!
INFO-BOX mit Lesetips als Diskussionsgrundlage:
Wie die Digitale Transformation die Druckwelt in die Zukunft führt.
Kernbotschaft: „Wesentlicher Bestandteil des Rezeptes einer erfolgreichen digitalen Transformation ist der permanente Blick durch die Kundenbrille. Denn nur wenn wir unsere Kunden erfolgreich machen, können auch wir erfolgreich sein.“
So machen Sie Ihr Unternehmen fit für die Digitale Transformation
Kernbotschaft: „Im Unterschied zur Digitalisierung — die lediglich den Einsatz digitaler Technologien umfasst — beschreibt die Digitale Transformation einen Prozess, bei dem das Entstehen neuer Geschäftsmodelle und eine 100-prozentige Kundenzentrierung im Mittelpunkt steht. Im Ergebnis entstehen Angebote für Kunden, neue Märkte und eine neue Kultur.“
Wer sich inspiriert fühlt, kann sich aktiv an offenen Diskussionen zu allen relevanten Themen rund um Print beteiligen:
- Per Online-Dialog „Over the Skype“ via INKISH.TV (auf englisch, für ein globales Fachpublikum)
- Per INKISH.News mit eigenen Blogbeiträgen (auf englisch und via INKISH D-A-CH auch in deutscher Sprache).
Kapitel 9: Print & Social Media — Wie funktioniert’s!
Selbst mehr als eine Dekade nach dem Aufkommen von Social Media und den damit verbundenen dramatischen Veränderungen in der Kommunikation tut sich insbesondere die Print-Branche schwer mit der neuen, digitalen Art, Geschäftskommunikation per Social Media zu betreiben, um das Go-to-Market zeitgemäß und nachhaltig erfolgreich zu gestalten.
Durch die Corona-Krise wurden weltweit alle wichtigen Messeveranstaltungen auf absehbare Zeit verschoben. Es wird darum wichtiger denn je, wirkungsvoll zu kommunizieren und zu interagieren. Das gilt für alle: Messeveranstalter, Aussteller, Besucher und vor allem für die Fachkommunikation.
Keine Frage: Es ist zwingend, einen eigenen Weg zu finden, um Kunden und Interessenten medial direkt anzusprechen. Und es gibt auch sinnvolle Möglichkeiten. Nur: Es werden teils wirre Thesen vertreten und kolportiert.
Viele folgen dem Prinzip ‚Gewollt, aber nicht gekonnt‘. Gerade auch Print-Fachmedien, die ihre Print-Titel um Websites ergänzt haben, seit Jahren an Lesern, Reichweite und damit Bedeutung verlieren, und sich daher mit dem gewohnten Redaktionskonzept hilfesuchend auf Social Media stürzen, um auch dort die gleichen Inhalte zu publizieren.
Ähnlich tun es — wie bereits dargelegt — viele Unternehmen, die ihre Pressemitteilungen unverändert an Fachmedien senden, auf ihren Websites selbst publizieren und auf Plattformen wie Twitter, Facebook, XING oder LinkedIn teasern. Dass dies nicht wirken kann, ist evident: die Meisten schaffen keinen nennenswerten Response, ihre Botschaften verpuffen.
Richtig oder Falsch? — Einige Tipps
Falsch: Social Media ist komplementär zur Unternehmenskommunikation, wie wir sie praktizieren. Somit können wir unsere Inhalte auch im Internet wie gehabt publizieren.
Richtig: Social Media ist essentiell, um die Defizite der gewohnten, Sender-getrieben Push-Kommunikation nach dem wirkungslos gewordenen Gieß-Kannen-Prinzip zu eliminieren. Richtig verstanden, kann durch das Wissen und die Praxis im Social Media die Unternehmenskommunikation neu durchdacht und komplett erneuert werden. Zudem wird durch unmittelbare Interaktionsmöglichkeiten die Maßgabe der #Customerexperience perfekt erfüllt.
Falsch: Social Media bietet viele Kanäle.
Richtig: Social Media ist ein Überbegriff für zahlreiche spezifische, auf Interaktion ausgerichtete Plattformen der digitalen Kommunikation. Plattformen für Bilder (z.B. Instagram), für Videos (z.B. YouTube oder auch Facebook), für Kurznachrichten (allen voran Twitter), fürs Geschichten erzählen (Blogs via WordPress, Medium u.a.), für Spaß und Unterhaltung (TikTok), für Podcasts (v.a. iTunes) für persönliches Netzwerken (z. B. WhatsApp, Messanger, WeChat) und für B2B-Kommunikation (v.a. LinkedIn). Und last but not least: für kollaboratives Publizieren von Fachinhalten (z.B. im Print durch INIKIS.TV und INKISH.News).
Falsch: Social Media lebt von vielen kurzen Meldungen, die gepusht werden, um möglichst viel Reichweite aufzubauen.
Richtig: Jede Art von Inhalt kann individuell, höchst spezifisch und multimedial genutzt werden, um Interaktionen zu erzeugen und Dialoge herzustellen. Fast wie bei einem persönlichen Gespräch.
Falsch: Social Media führt zur Informationsüberflutung.
Richtig: Wer per Social Media lernt, die richtigen Plattformen für seine Absichten auszuwählen, seine „Botschaften“ spezifisch gestaltet, inkl. dem Feedback-Management und der passenden Verschlagwortung, und sich bestens vernetzt, wird nicht Opfer von (sinnloser) Information, sondern deren Gestalter. Nebeneffekt: Kosten entstehen dabei kaum. Und sich kurz zu fassen, auf den Punkt zu kommen, um für sich und seine Inhalte Sympathie zu schaffen, ist ein riesiges Plus!
Falsch: Social Media ist oberflächlich und kurzlebig — Inhalte erleiden das Schicksal von Eintagsfliegen.
Richtig: Die wichtigsten Inhalte, ob beruflich oder privat, finden sich heute und morgen auf Social Media-Plattformen, sind messbar, werden grossteils von Google dauerhaft indiziert und sind stets auffindbar. Zudem ist die Interaktionsbereitschaft der Nutzer maximal hoch, da die Plattformen einfach zu bedienen sind, man sich nicht mit Anwendungstechniken, Updates etc. beschäftigen muss, sondern voll und ganz auf Inhalte fokussieren kann.
Lichtblick
Social Media hat sich bei Innovatoren und Start-ups im Print bereits erfolgreich etabliert. Smarte Anbieter von Fotobuch-Applikationen sowie Spezialanwendungen bei Textil- oder Tapetendruck, Mass Customization, Postkarten, Postern etc. begründen ihr Geschäftsmodell auf Social-Media-Plattformen. Die meisten tun dies für mobile Kommunikation via Smartphone und Tablet.
Zudem lassen sich Social Media-Inhalte und -Aktivitäten in Multichannel-Szenarien einbinden, was allerdings bei Druckereien wie auch bei ihren Lieferanten kaum richtig bewertet bzw. eingesetzt wird. Wie sonst könnte man darauf kommen, Social Media als Erweiterung von überkommenem Direktmarketing und damit als neuen Push-Kanal zur Informationsvervielfältigung dessen zu nutzen?
Fazit
Das Wesentliche ist aus meiner Sicht, auf Dialoge/Konversationen und Interaktionen zu setzen, sowie die Befindlichkeit der Einzelnen auf den unterschiedlichen Plattformen zu evaluieren und darauf einzugehen, was problemlos funktioniert, da Social Media erlaubt, Marktforschung in Echtzeit zu betreiben.
Damit könnte der neuen Maßgabe gedient werden, die das Digitalzeitalter zwingend macht: Nicht was ich kundtun will, ist relevant, sondern das, was ich lernen kann durchs Zuhören, Diskutieren, Durchdenken, Bewerten usw., um daraus kundenorientierte, maßgeschneiderte Angebote zu gestalten.
Kapitel 10: Ratschläge
- Position überdenken — Perspektive wechseln!
- Fundamental-Irrtümer unterlassen.
- Sich persönlich durch aktive Social-Media-Arbeit kundig machen, um einen klaren Fokus zu finden.
- Das Wesen moderner Kommunikation im Digitalzeitalter verinnerlichen: „Interaktion durch Konversation“ in den Mittelpunkt stellen und stringent verfolgen, um sich smart ins Gespräch zu bringen und als attraktiver Partner für Innovation und Transformation zu profilieren.
- Nicht mehr den falschen Propheten folgen, sondern lieber eigene Wissensnetzwerke aufbauen.
- Angesichts der Tatsache, dass sich im Zuge der Transformation der Print-Branche die bereits enorm große Komplexität noch steigert, z. B. durch Themen wie Künstliche Intelligenz, IoT, B2B Subskriptions-Modelle, Blockchain etc., sind kontinuierliche Konversationen in Netzwerken und auf Plattformen zwingend.
Wer das tut, wird schnell angenehm überrascht sein und wandelt sich im besten Fall zum exzellent vernetzten Wissensarbeiter!
Kapitel 11: Anregungen
- Denken Sie um. Die Technologieentwicklung bringt uns nach vorne, indem sie uns zum Ursprung werthaltiger Kommunikation zurückführt.
- Bewerten Sie anders. Dienstleister oder Mittler in der Kommunikationsarbeit sind weniger relevant als kreative Innovationspartner mit Smart Technology-Kompetenz, um im Team ein neues Kommunikationsverständnis zu definieren und zu etablieren.
- Balancieren Sie neu. Technologie-Ignoranz ist genauso tödlich wie Technologie-Verliebtheit.
- Experimentieren Sie ungeniert. Finden Sie Wege und Möglichkeiten, um mit Ihren Kunden und Partnern einen ständigen Dialog über den Wert Ihrer Beziehungen führen zu können.
- Agieren Sie anders. Kommunikation mit System macht die Relevanz, Attraktivität und allgegenwärtige Präsenz gemeinsamer Inhalte zu den Schlüsselkriterien für persönlichen und wirtschaftlichen Erfolg.
- Netzwerken Sie richtig. Wissensarbeit profitiert vom Streben nach werthaltiger Kommunikation und Vernetzung.
- Philosophieren Sie mal. Descartes‘ Leitsatz, der Klarheit und Differenziertheit des Denkens zur Maxime erhob, braucht ein Update als zeitgemäße Variante, um den Wirren eines Pseudo-Pluralismus zu entrinnen. Anregung: Das Cogito ergo sum‹ (Ich denke/zweifele, also bin ich) wandelt sich in „Communico ergo sumus“ (Ich kommuniziere, also sind wir).
Quelle: Aus meinen Buch „Vom Umbruch zum Aufbruch — Das Kompendium für werthaltige Kommunikation“, Mainz 2010.
Kapitel 12: Addendum zur Gutenberg-Ära
Ich selbst nutze Social Media von der ersten Stunde an. Und habe einen systematischen Ansatz entwickelt, die für mich relevanten Plattformen zu identifizieren und erfolgreich zu nutzen.
Mit meinen Blogs #ValueTrendRadar.com und #hotspotsubscription erreiche ich über 150k Profis aus fast 160 Ländern, bin per LinkedIn mit fast 24k Entscheidern direkt im Kontakt, ergänzt durch zusammengefasst rund 10k weitere per Twitter, Facebook, XING, Instagram sowie >50k Viewers via Slideshare.
Gerne gebe ich Interessierten weitere Tipps und Hilfestellung. Immer unter der Prämisse: Wir reden von hier und jetzt. Und müssen die Dinge akzeptieren, wie sie sind. Auch wenn wir das nicht wahrhaben wollen.
Zum Abschluss noch eine Kurzübersicht von mir, angelehnt an Maslow’s Bedürfnispyramide, per Grafiken, was sich wie und warum im Umgang mit Medien irreversibel geändert hat. (Siehe diesbezüglich die Präsentation auf Slideshare)
Über den Autor Andreas Weber
Jahrgang 1959 (geboren in Homburg (Saar) | wohnhaft in Frankfurt am Main
Tätigkeiten: PrintLover, Industrieanalyst mit Fokus Print & Kommunikation, Blogger, Publizist, Ratgeber, Keynote Speaker und Hochschul-Dozent; seit 1991 mit rund einem halben Dutzend Firmengründen im In- und Ausland aktiv. — Seit März 2020 Head of INKISH D-A-CH, einem Media 4.0 Unternehmen mit Fokus auf Print-Innovationen aller Art.
Leitsatz: “Kommunikation ist (k)eine Kunst.”
Auszeichnungen (Auswahl)
Publizistik-Preis der Stiftung Druck- und Papiertechnik (Träger: VDMA, Frankfurt/Main), verliehen auf der Leitmesse drupa 2004 in Düsseldorf.
Anerkennung der Gutenberg-Stadt Mainz um die Verdienste um den Druckladen des Gutenberg-Museums
Quellen/Ressourcen/Literatur
Fachinhalte: valuetrendradar.com | #HotspotSubscription
Fach-Community-Plattformen:
DigitalDruckForum (gegründet 1995)
Globale B2B Community via LinkedIn für Innovations-Themen und Digitalisierung
Die drei wichtigsten Fachbuchveröffentlichungen als Autor und Herausgeber:
Interactive Marketing. Frankfurt/Main: F.A.Z.-Institut, 2001
GWA Production Workbook. Zell/Mainz: Value Verlag, 2006
GWA Production Award: Die besten Medienproduktionen. Frankfurt/Main: Gesamtverband Werbeagenturen GWA, 2009