Katharina Landgraf: Referatsleiterin “Kindesunterhalt & Vaterschaft” des Jugendamts Graz

„Jeder Fall nimmt neue Wendungen — es ist ein sehr interessanter Beruf“

Klient*Innen des Referats „Kindesunterhalt und Vaterschaft“ des Jugendamts Graz dürfen sich dank einer 2019 beschlossenen Neustrukturierung über stark verringerte Wartezeiten freuen. Referatsleiterin Katharina Landgraf erzählt im Interview, was diese Umstrukturierung für die Mitarbeiter*Innen bedeutet, was es heißt, im Bereich Kindesunterhalt zu arbeiten und wie sich COVID-19 auf ihr Referat ausgewirkt hat.

Frau Landgraf, Sie sind im Jugendamt Graz im Referat Kindesunterhalt & Familie tätig. Wieso haben Sie sich für die Arbeit in diesem Bereich entschieden?

Ich habe mich nicht direkt dafür entschieden, ich wurde ausgewählt. Ursprünglich habe ich mich für das Standesamt beworben, doch es wurde dann letztendlich beschlossen, dass ich für das Jugendamt besser geeignet wäre. Eine Entscheidung, die ich zu keiner Zeit bereue.

Was macht die Arbeit im Referat „Kindesunterhalt und Vaterschaft für Sie so speziell?

Es gleicht kein Fall dem anderen. Es sind ganz unterschiedliche und sehr vielschichtige Familienkonstellationen — und dazu noch der gesamte rechtliche Unter- und Überbau, der natürlich auch immer wieder diversen Änderungen unterliegt. Sei es während der COVID-19-Zeit, oder der Familienbonus. Es ist eine sehr lebendige Materie, man hat mit Menschen zu tun. Jeder Fall nimmt neue Wendungen — es ist ein sehr interessanter Arbeitsbereich.

Sie meinten, dass Sie in Ihrer Arbeit sehr viele schöne und berührende, aber auch traurige und bestürzende Geschichten erleben. Welche Herausforderungen gehen damit für Berater*Innen des Amts einher?

Wir müssen uns natürlich auch abgrenzen von diesen manchmal sehr emotionalen Nebenschauplätzen rund um die Beziehung der Eltern. Weil wir uns als Rechtsvertretung wirklich auf die Interessen der minderjährigen Kinder fokussieren, müssen wir einfach ausblenden, was zwischen den Eltern auf einer persönlichen Ebene passiert ist. Aus diesen privaten Angelegenheiten nehmen wir uns heraus, damit wir uns darauf konzentrieren können, was aus unterhaltsrechtlicher Sicht das Beste für das Kind ist.

Katharina Landgraf und ihr Team setzen sich für die unterhaltsrechtlichen Ansprüche der Kinder ein

Mit diesem Jahr hat es in Ihrem Referat eine zentrale Neustrukturierung gegeben: Der Amtstag wurde durch persönliche und telefonische Terminvereinbarung ersetzt. Wie fällt diesbezüglich ein erstes Zwischenfazit Ihrerseits aus?

Von unserer Seite ist es sehr positiv, und so sind es auch die ersten Rückmeldungen von Seiten der Eltern, weil ihnen einfach Wege abgenommen werden, weil sie nicht zu mehrfachen Terminen kommen müssen, sondern vorab per Telefon oder Mail abklären können und dann oftmals nur noch die fertige Vereinbarung unterschreiben müssen. Das hilft natürlich vor allem berufstätigen Eltern ungemein, wenn das so zusammengebündelt werden kann. Wir versuchen nun, noch ein bisschen mehr in Richtung E-Mail zu gehen. Denn bei einer längeren telefonischen Beratung , ist die Referentin eben auch einmal für über 30 Minuten besetzt. Und viele Fragen kann man ohnehin per E-Mail gut beantworten. Merken wir aber, dass ein E-Mail nicht ausreicht, dann greifen wir selbstverständlich auf Termine oder Telefonate zurück.

Gibt es dennoch Dinge, bei denen Verbesserungsbedarf besteht, damit sowohl der Arbeitsalltag für Sie, als auch die Beratungen für die Klient*Innen noch reibungsloser über die Bühne gehen können?

Einerseits ist natürlich die Sprachbarriere bei einigen Familien immer noch etwas, das ab und zu die Beratungen erschwert. Sowohl bei den Gesprächen — telefonisch wie auch persönlich — als auch bei Unterlagen und Dokumenten. Wir müssen andererseits weiter daran arbeiten, dass die Bürger*Innen merken, dass auch ein E-Mail oder ein Telefonat die gewünschte Information bringen. Dass es nicht unbedingt nötig ist, dafür persönlich im Amt vorzusprechen.

Für all jene, die dennoch ins Amt kommen, gibt es eine Art „Clearing-Stelle“, die Sie besetzen: Wie wird diese bislang angenommen?

Es ist nur ein ganz kleiner Aspekt meiner Rolle als Referatsleiterin, ich mache das aktuell nur am Dienstag, am ehemaligen Amtstag. Aber es wird sehr gut angenommen, denn die Eltern, die nach dieser Umstellung zu uns kommen, die kommen nicht vergebens. Sie kommen ins Amt und erhalten entweder die Information, die sie benötigen, oder es erfolgt eine kurze Erstberatung inkl. Terminvereinbarung mit der Information, welche Unterlagen wir benötigen. Wenn die Bürger*Innen dann mit den relevanten Dokumenten zu ihrem Termin kommen, ersparen sie sich unnötige Wege weil Unterlagen fehlen.

Im Gespräch mit der Woche Graz meinten Sie, dass Sie unmissverständlich ausdrücken wollen, dass Ihre Aufgabe die finanzielle Absicherung der Kinder ist, und deshalb das Wort Kindesunterhalt in Ihren Referatsnamen aufgenommen haben. Kommt es dennoch weiterhin zu Missverständnissen?

Vereinzelt kommen immer noch Anfragen, die wir aber sehr rasch klären können. Die Fragen, ob wir im Zuge der Scheidung auch gleich den Ehegatten-Unterhalt mitmachen können — die werden immer weniger. Da hilft eben der Begriff „Kindesunterhalt“, dies etwas besser abzugrenzen.

Der Lockdown rund um COVID-19 ist auch am Jugendamt Graz nicht spurlos vorübergegangen. Mit welchen Herausforderungen waren Sie im Referat in diesen Tagen konfrontiert?

Uns hat es erstaunlich wenig getroffen. Einerseits hatten wir bereits Termine nach Vereinbarung — die Eltern wussten also bereits, wie sie uns gut erreichen können. Andererseits gab es bei uns auch schon zuvor Teleworking — wir sind also nahtlos übergegangen, die Arbeit weiterhin gewohnt zu verrichten, die Eltern zu beraten, die Unterhaltsansprüche durchzusetzen. Wir mussten nur mit der Rechtsabteilung klären, wie kann so eine Unterhaltsvereinbarung ohne Parteienverkehr ausschauen, vor allem in Hinblick auf die Legitimation der Eltern. Das konnten wir aber rasch abklären und haben auch während COVID-19 ohne Parteienverkehr für die Eltern Unterhaltsvereinbarungen abgeschlossen. Das hat sehr reibungslos funktioniert.

Abschließend bitte ich um Ihre persönliche Einschätzung: Was macht das Referat Kindesunterhalt & Vaterschaft so wichtig?

Man sagt immer, das Wichtigste, das ein Kind braucht, ist Liebe. Dem stimme ich natürlich zu, jedoch letzten Endes braucht ein Kind auch Geld. Dafür ist dieser Unterhalt: für die materiellen Bedürfnisse, wie Wohnen und Essen. Wir tragen dazu bei, dass die Kinder den Unterhalt in der ihnen gesetzlich zustehenden Höhe erhalten.

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