Wie generiert man Business an Netzwerkanlässen?

Chris Burger
Antarius
Published in
9 min readAug 31, 2020

“Networking ist wichtig!” Doch immer wieder treffe ich auf Menschen, die sich aus Unternehmernetzwerken nach kurzer Zeit wieder verabschieden, weil es sich offenbar nicht gerechnet hat. Als Grund geben sie an, dass sie nicht einen Lead oder Deal aus dem Netzwerk bekommen hätten. Aber meist ist es nicht das falsche Netzwerk sondern falsches Vorgehen, das für den Misserfolg verantwortlich ist.

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Ich bin einfach nicht geboren zum Netzwerken

Zuerst möchte ich mit einem weitverbreiteten Vorurteil aufräumen. Netzwerken ist nichts, was in den Genen liegt. Netzwerken kann man lernen. Sicher, wer eher extrovertiert ist und gerne auf Menschen zugeht, dem wird es leichter fallen. Extrovertiertheit ist aber noch kein Garant für erfolgreiches Netzwerken, sprich für erfolgreiche Akquise aus dem Netzwerk. Ich erlebe es sogar oft umgekehrt. Gerade sehr kommunikative Menschen machen einige häufige Fehler beim Netzwerken. Oft texten sie ihre Gesprächspartner zu, statt Ihnen zuzuhören oder sie verstehen den Networking-Anlass als Sales-Veranstaltung.

Im Folgenden möchte ich aufzeigen, wie erfolgreiches Netzwerken funktionieren kann.

Die richtige Netzwerkorganisation wählen

Zuerst solltest du dir darüber im Klaren werden, in welche Netzwerkorganisation du beitreten möchtest. Es ist schlicht nicht sinnvoll, einem Kaninchenzüchterverein beizutreten, wenn du komplexe Börsenprodukte an den Mann oder die Frau bringen willst.

Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Arten von Netzwerkorganisationen:

  • Branchen-Clubs
  • Service-Clubs
  • Business-Clubs

Bei jeder Art kann erfolgreiches Networking betrieben werden. Trotzdem unterscheiden sie sich stark:

Branchen-Clubs

In Branchen-Clubs sind lauter Menschen dabei, die mehr oder weniger das gleiche Business betreiben. Hier findet ein Austausch über gemeinsame Themen statt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein anderes Mitglied einen direkten Lead an einen Konkurrenten weitergibt, ist gering.

Service-Clubs

Service-Clubs sind Organisationen, in denen es nicht primär ums Geschäftliche geht. Sie dienen einem gemütlichen Austausch und zu karitativen Zwecken. Oftmals hat es aber sehr erfolgreiche Unternehmer:innen dabei. Das Problem vieler Service-Clubs ist deren Überalterung.

Business-Clubs

Business-Clubs sind Organisationen, die explizit fürs Netzwerken geschaffen wurden. Beispiele sind SchweizerUnternehmen.ch, EO oder BNI. Sie sind die erfolgversprechendsten Organisationen, wenn es darum geht, Leads zu bekommen. Viele haben aber eine „Non Solicitation Policy“. D. h. direktes Verkaufen ist nicht erlaubt und kann sogar zum Ausschluss führen. Wichtig ist, dass du dir die aussuchst, die am besten deiner Zielgruppe passen.

So verkauft man an Netzwerkanlässen

Verkaufen an Netzwerkanlässen geht wie folgt: Gar nicht!

Ja genau, so einfach ist es. Wer denkt, der Eintritt in eine Netzwerkorganisation sei primär der Zugang zu vielen kaufwilligen Kunden, ist auf dem Holzweg. Anders ausgedrückt: wie oft hast du bis jetzt etwas gekauft an einem Netzwerkanlass? Noch nie? Eben. Dann geht es dir wie allen anderen auch. Wenn alle an einen Anlass gehen um zu Verkaufen statt zu Kaufen, macht auch niemand Geschäfte. Wer schon mal an einer Messe ohne Kunden war, weiss, wie öde sich das anfühlt. Networking ist nicht verkaufen, sonst hiesse es auch so.

Worum geht es denn?

Beim Networking geht es darum, Vertrauen aufzubauen, Menschen kennen zu lernen und rauszufinden, wie ich den anderen Mitgliedern im Netzwerk helfen könnte. Also genau das Umgekehrte von verkaufen. Ziel jedes Networking-Anlasses ist es, möglichst viele Empfehlungen abgeben zu können.

“Aber dann habe ich ja nichts davon!”, höre ich es schon jammern.

Im ersten Moment vielleicht schon. Aber es spricht sich im Netzwerk sehr schnell um, wenn jemand offen Leads reinbringt. Business-Clubs wie z. B. BNI bauen sehr gezielt auf die öffentliche Verkündung von Empfehlungen. Wer mehr empfiehlt, bekommt auch mehr Empfehlungen.

Zusammenfassen kann man es am einfachsten mit „Geben ist seliger als nehmen“. Das Ganze nennt sich auch „Empfehlungsmarketing“.

Leads kommen oft von weiter her

Ich bin lange einem weiteren Trugschluss aufgelegen: Wenn ich einmal durch bin, durch alle Kontakte, kann ich die Netzwerk-Organisation wieder verlassen. Ich dachte immer, ich müsste einfach allen Mitgliedern im Club meinem Pitch vortragen und versuchen, ihnen meine Dienstleistungen zu verkaufen. Spätestens wenn ich alle einmal durchhabe, brauche ich dieses Netzwerk nicht mehr und kann zum nächsten weiterwandern. Heute weiss ich, dass das komplett falsch ist. Die meisten Leads, die ich aus meinen Netzwerken bekomme, sind nicht andere Mitglieder des Netzwerks, sondern Empfehlungen, welche von ausserhalb der Netzwerkorganisation kommen. Diese Erkenntnis hat bei mir gleich zweimal klick gemacht:

  1. Ich muss bei den Mitgliedern des Netzwerks gar nicht verkaufen. Ich muss nur selbst Interesse an deren Produkten und Dienstleistungen zeigen und mich ehrlich darum bemühen, Ihnen mögliche Leads zuzuspielen. Das erzeugt automatisch Reziprozität. Das Gegenüber wird von sich aus genau das Gleiche tun.
  2. Das Netzwerk ist nicht „verbraucht“, wenn ich mit jeder Person aus dem Netzwerk einmal gesprochen habe. Im Gegenteil, es ist gezündet. Wenn ich mich regelmässig im Netzwerk engagiere und nach Möglichkeit Leads reinbringe, werden die anderen Mitglieder Vertrauen fassen und mich in ihrem Netzwerk ebenfalls weiterempfehlen. Das Netzwerk wird also immer besser, weil jedes Mitglied sicher mehrere Dutzend andere Personen ausserhalb des Netzwerks kennt, welche potenzielle Leads für mich sein können.

Und wie konkret geht man denn am besten vor?

Ich fasse nochmals die wichtigsten Punkte zusammen:

  1. Netzwerken kann man lernen. Es ist eine Fertigkeit, die ziemlich klaren Regeln folgt und wenn du nicht gerade die Diagnose einer extremen Persönlichkeitsstörung hast, kannst auch du Netzwerken lernen.
  2. In einer Netzwerkorganisation betreibt man „Empfehlungsmarketing“ indem man Leads reinbringt.
  3. Je besser man in der Organisation vernetzt ist und je mehr Leads man reinbringt, desto stärker werden sich die anderen Mitglieder des Netzwerks bemühen, Leads zurückzugeben.

Konkret empfehle ich folgendes Vorgehen:

  • Vorbereitung auf einen Anlass
  • Kontakte knüpfen am Anlass
  • Vieraugengespräch nach dem Anlass

Aber eines nach dem anderen.

Vorbereitung auf einen Anlass

Wie so vieles, ist der Erfolg abhängig von der Vorbereitung. Bei Netzwerkanlässen heisst das konkret, dass du dich mit den anderen Teilnehmenden beschäftigt. Bedingung dafür ist natürlich, dass du eine Liste mit den Teilnehmenden bekommst. Dies ist in vielen Organisationen nur für Vollmitglieder möglich, welche sich auch verpflichten müssen, keinen aktiven Verkauf im Netzwerk zu machen. Wenn du aber eine Liste bekommst, dann solltest du die Liste komplett durchgehen und dir die Personen raussuchen, mit denen du am Anlass gerne sprechen möchtest. Dabei ist Qualität wichtiger als Quantität.

Kontakte knüpfen am Anlass

Geh mit der vorbereiteten Liste der Teilnehmenden an den Anlass. Versuche mit den Personen von der Liste ins Gespräch zu kommen. Plane für jeden Kontakt 5–10 Minuten ein.

Nachdem du dich per Namen vorgestellt hast, solltest du in der Lage sein, auf die Frage, was du machst, dein Business in einem wirklich kurzen Elevator-Pitch vorzustellen. Dieser darf nicht länger als 30 Sekunden sein.

Anschliessend kannst du mit der Person das Gespräch beginnen. Achte darauf, dass du primär Interesse an ihr und an ihren Produkten oder Dienstleistungen zeigst. Folgende Fragen sind dazu sehr gut geeignet:

  • Was magst du am meisten an deinem Unternehmen?
  • Du hattest erwähnt, dass du in der XYZ-Branche tätig bist. Was hat dich dazu gebracht, da einzusteigen?
  • In welchen anderen Netzwerken bist du sonst noch aktiv?
  • Was sind deine grössten Herausforderungen?
  • Wie sieht dein idealer Kunde aus?
  • Wie/womit wäre dir im Moment am meisten geholfen?

Am Ende des Gesprächs solltest du:

  • Dich für das Gespräch bedanken.
  • Der Person etwas Gutes wünschen.
  • Visitenkarten austauschen.

Wende im Anschluss an jedes Gespräch ein paar Minuten auf, um dir Notizen zu der Person zu machen. Am besten schreibst du dir die Notizen hinten auf die Visitenkarte der Person. Vorne schreibst du auf eine freie Fläche das Datum und den Anlass.

Wenn du so vorgehst, wirst du aus jedem Netzwerk-Anlass fünf bis zehn neue Kontakte generieren können.

Der Follow-Up

Mindestens so wichtig wie das Verhalten am Anlass ist auch die Nachbearbeitung. Hier hat sich folgendes Vorgehen bewährt:

Triage

Direkt im Anschluss an den Anlass solltest du deine Kontakte durchgehen und eine Triage vornehmen. Teile die sie in drei Kategorien ein:

  1. Potenzielle Kunden. Das sind Kontakte, die du als potenzielle Kunden siehst. Sie passen in deinen Zielmarkt [1] und haben somit die höchste Abschlusschance für einen Verkauf.
  2. Konnektoren. Das sind Kontakte, die dir zu potenziellen Kunden verhelfen könnten.
  3. Alle anderen.

Rückmeldung

Nach der Triage schreibst du innerhalb von 24 Stunden an ALLE Kontakte eine kurze Nachricht per E-Mail oder mit einer handgeschriebenen Grusskarte [2]. Bedanke dich nochmals für das Gespräch und dass es dich gefreut hat, die Person kennen zu lernen. Anschliessend schreibst du abhängig von der Triage, dass es dich freut, wenn sich eure Wege wieder einmal kreuzen (Kategorie 3) oder dass du dich mit der Person gerne zu einem Kaffee verabreden möchtest, um herauszufinden, wie ihr euch gegenseitig helfen könnt (Kategorie 1 und 2).

Verbinde dich mindestens mit den Kontakten aus Kategorie 1 und 2 auf den entsprechenden Sozialen Netzwerken.

Persönliches Treffen

Für die Kontakte der Kategorien 1 und 2 solltest du innerhalb von 30 Tagen nach dem Anlass eine Einladung für ein persönliches Treffen versenden. Das Treffen findet am besten auf neutralem Boden statt, also in einem Café oder Restaurant und nicht bei dir oder der anderen Person im Büro.

Das Treffen selbst solltest du wiederum gut vorbereiten. Lies deine Notizen über die Person nochmals durch, schau dir ihre SoMe-Profile an und erkundige dich im Internet darüber, was die Person und ihr Unternehmen genau macht.

Am Treffen selbst solltest du 15–20 Minuten früher da sein und dir einen guten Tisch aussuchen. Ein ruhiges Plätzchen, an dem ein ungestörter Austausch möglich ist, ist ideal. Setze dich so hin, dass du der anderen Person den besseren Platz anbieten kannst.

Das Gespräch solltest du in drei Phasen durchführen:

1. Bilde Rapport

Nutze die ersten 10 Minuten, um über alltägliches und unverfängliches zu sprechen. Es kann das Wetter sein, ein Hobby oder ähnliches. Beende diese Phase des Gesprächs mit einer kurzen Bio-Pause oder indem du ein weiteres Getränk bestellst.

2. Finde raus, was die Person macht und benötigt

Gehe nun zum Hauptteil des Gesprächs über und beginne mit dem folgenden Satz: „Ich erinnere mich an unser letztes Gespräch als du mir gesagt hattest, dass du XYZ machst. Ich weiss, dass wir uns etwas darüber unterhalten hatten, aber vielleicht kannst du meine Wissenslücken noch schliessen und mir mehr darüber erzählen.“

Stelle anschliessend weitere Fragen wie zum Beispiel:

  • Wie lange machst du das schon?
  • Wie bist du darauf gekommen?
  • Wo bist du am liebsten am netzwerken?
  • Wie kommst du an Neukunden ran?
  • Wie sieht dein idealer Kunde aus?

Nach ca. 20 Minuten solltest du in der Lage sein, zu beurteilen, ob du eine Person kennst, die das Produkt oder die Dienstleistung brauchen könnte oder nicht. Wenn dem so ist, bietest du die Vernetzung an. Wenn nicht, kannst du anbieten, die Person beispielsweise anbieten, sie in ein anderes Netzwerk einzuführen oder fragen, ob du bei entsprechenden Opportunitäten wieder auf sie zurückkommen darfst.

3. Frag nach Empfehlungen

Spätestens jetzt wird die Person fragen, wie sie dir helfen kann. Du solltest nun in der Lage sein, deinen Elevator Pitch vorzubringen, kurz und knackig. Anschliessend kannst du deinen idealen Kunden kurz beschreiben. Die Person wird sich nun Gedanken machen, wen sie dich weiterempfehlen kann und wird dies auch machen.

Nachbearbeitung

Im Anschluss an das Treffen solltest du dich nochmals schriftlich bei der Person melden — unabhängig davon, ob sie dir eine Empfehlung gemacht hat oder nicht. Ich mache das immer mit einer handgeschriebenen Grusskarte.

Empfehlungen abschliessen

Nachdem du dich mit der Person getroffen hast, kann es sein, dass du eine Empfehlung für sie hast. Nun ist es wichtig, diese Empfehlung auch bestmöglich auszusprechen. Auch hier kann man noch einiges falsch machen.

Beide Kontakte müssen informiert sein

Als erstes solltest du sicherstellen, dass die Empfehlung auf beiden Seiten bekannt ist. Rufe deinen Kontakt kurz an und bitte ihn um die Erlaubnis für die Vernetzung. So ist sichergestellt, dass die Person auch offen auf die Anfrage reagieren kann.

Schreibe beide Kontakte direkt an

Anschliessend kannst du mit einer kurzen, aber klaren E-Mail die beiden Kontakte vernetzen. Ich mache das jeweils in etwa so:

Liebe A, liebe BWie bereits mit euch beiden besprochen, freut es mich, euch hiermit zu vernetzen.
- A ist im Bereich XY tätig und hat einen spannenden Ansatz, Problem Z zu lösen
- B macht ABC und hätte Interesse, mehr über XY und die Lösung von Problem Z zu erfahren.
Bitte nehmt doch direkt miteinander Kontakt auf und prüft, ob eine Zusammenarbeit spannend wäre.Die Kontaktdaten lauten:
A, a@xy.ch, +41 75 000 00 00
B, b@abc.ch, +41 74 000 00 00
Herzliche Grüsse
Chris

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kontakt so zustande kommt ist nahe an 100%.

Empfehlungen bekommen

Genauso wichtig, wie die korrekte Vernetzung von Kontakten ist auch die professionelle Annahme von Leads. Nichts ist frustrierender, als wenn man einen Lead weitergibt und dann nichts mehr hört. Darum ist eine aktive Kommunikation wichtig.

Gibt der Person, die dir den Lead zugespielt hat, nach jedem wichtigen Schritt eine kurze Rückmeldung und informiere Sie, was die nächsten Schritte sind. Mach das mindestens so lange, bis es zu einem Abschluss kommt, oder klar ist, dass kein Geschäft entsteht.

So kannst du der empfehlenden Person wichtige Rückmeldungen geben, wie gut die Empfehlung war.

Weitere Informationen

Viele Erkenntnisse dieses Artikels sind aus meinen teils schmerzlichen Fehlern und Erfahrungen entstanden. Einiges von dem, was ich es hier aufzeige, entstammt aus dem Buch „Networking like a Pro“ von Ivan Misner, dem Gründer von BNI [3]. Es ist ein absolutes “Must” für jede Netzwerker:in!

Über mich

Christian Burger ist Gründer und Inhaber des Beratungsunternehmens Antarius GmbH in Feusisberg SZ (Schweiz). Er hilft Unternehmer:innen, ihre Vision im Alltag umzusetzen. Er macht das mit EOS, einem vollständigen Set von einfachen Werkzeugen.

[1] Werde dir im Klaren darüber, was dein Zielmarkt ist. Definiere deninen Zielmarkt klar nach geografischen, demografischen aber auch psychografischen Eigenschaften. Beispiel: “Alle Coiffeursalons der Zentralschweiz mit 2–10 Mitarbeitenden, die offen sind für die Digitalisierung und wachsen möchten.”

[2] Die Handgeschriebene Grusskarte ist etwas sehr aufwändiges, für das sich aber der Aufwand lohnt. Bedingung ist eine einigermassen schöne und lesbare Handschrift.

[3] Networking like a Pro, Ivan Misner und Brian Hillard, Ingram Publishers Services, 30.11.2017.

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Chris Burger
Antarius

Entrepreneur, Visionär und Certified PINNACLE Business Guide. Ich helfe mittelständischen Unternehmer:innen, ihre Vision zu realisieren.