Lehrt uns Covid-19 Anerkennung und Toleranz — oder ist das Gegenteil der Fall?

Iris Kubik
b.lateral - creative agency
3 min readAug 31, 2020

Wenn wir das Szenario der letzten Monate mal auf Wesentliches reduzieren, heißt es doch, dass wir durchweg im selben Boot sitzen oder saßen. Wir wurden alle in eine vorher noch nie da gewesene Situation katapultiert, uns schwirrten gesundheitliche und wirtschaftliche Fragen durch den Kopf, wir standen mehr oder weniger entsetzt vor leeren Supermarktregalen und wurden mit dem „Lock down“ in eine befristete „Isolation“ gezwungen. Was die einen als willkommene Auszeit (Weniger Termine, Ruhe, reduzierter Verkehrs- und fast gar kein Fluglärm) sahen, war für andere eine psychologische Katastrophe (Probleme mit den sozialen Einschränkungen, mannigfaltige Ängste). Dazu die nicht Absehbarkeit der wirtschaftlichen (und gesundheitlichen) Folgen des Virus.

Das heißt zusammengefasst: eine Unvorhersehbarkeit hat uns voll erwischt in Zeiten, wo es den meisten von uns wirtschaftlich gesehen nicht unbedingt schlecht geht, wo unsere Generation — zumindest in Europa — nicht in der Angst lebt, ein Krieg stünde unmittelbar vor der Tür, sondern die meisten von uns waren gedanklich tatsächlich vielleicht eher mit Urlaubsplanungen beschäftigt. Und WUMMS, da kam Covid-19. Und wir hatten ALLE eine Extremsituation, auf die wir in keiner Weise vorbereitet waren, so wie es halt Extremsituationen mit sich bringen, sonst wären sie ja auch nicht außergewöhnlich.

Es ist zeitlich noch so nah, dass wir uns alle daran erinnern können, wie wir uns im März von unseren Kollegen verabschiedet haben und ins Homeoffice gegangen sind, wie die Kinder teils freudig („Wir haben erst mal keine Schule mehr.“), teils irritiert („Es konnte uns niemand Genaueres sagen, wie es mit den Prüfungen sein wird.“) aus der Schule nach Hause kamen. Auf einmal waren wir alle ein Stück weit gleich und das sind Situationen, mit denen viele ihre Probleme haben. LEIDER muss man mal ganz direkt sagen, denn die Situation können wir gesellschaftlich auch als Chance sehen im Hinblick auf unser Miteinander, was Toleranz und Anerkennung betreffen.

Es gab positive, Erfahrungen und Berichte über Hilfsbereitschaften („Wir kaufen für die Nachbarn ein.“), aber auch solche, die eher in die andere Richtung zeigen mit Rücksichtslosigkeiten und Denunziationen („Da hat der Maier von nebenan doch schon wieder mehr Leute zu Besuch als erlaubt.“).

Hey Leute, die Geschichtsbücher sind voll mit Aufarbeitungen von Extremsituationen, ruft Euch mal ins Gedächtnis, was gut und was falsch gelaufen ist — das vielleicht auf einer etwas höheren Ebene gesehen, um es als Lernprozess zu begreifen. Und überlegt Euch, wie Ihr bisher Euren Alltag und Euer Arbeitsleben gestaltet habt.

Wir bei blateral haben gemerkt, dass Menschen, die in starren Hierarchien leben, viel größere Probleme mit der Situation der letzten Monate hatten als solche, bei denen das Gegenteil der Fall ist. Dafür haben wir uns in der Agentur nochmals genau angeschaut, wie unsere Art miteinander umzugehen ist. Wir sind ein bunt zusammen gewürfelter Haufen Menschen unterschiedlichen Alters, verschiedener Herkunft und Ausbildung. Innerhalb der Agentur haben wir drei große (Arbeits-) Bereiche: Brand, Digital und Fotografie. Jede „Unit“, wie wir es nennen, KÖNNTE alleine vor sich hinarbeiten. Die Ergebnisse wären auch so ohne Frage anspruchsvoll, aber sie wären nicht dieselben. Wir haben den Anspruch, auch innerhalb unseres eigenen „Systems“ über unseren Tellerrand zu schauen, den Anderen immer mit Respekt (Was ich nicht verstehe, muss ich noch lange nicht schlecht machen) zu begegnen und auch Anerkennung und Interesse für die Arbeit der Anderen aufzubringen. Das funktioniert, indem wir uns auf Augenhöhe begegnen, uns untereinander austauschen (Stichwort Interaktion), dem Gegenüber zuhören und nie die Lust am Kennenlernen von anderen Charakteren und Themen verlieren.

Es wäre schön, wenn unsere Gesellschaft die Zeiten während und nach Covid-19 als Chance sehen kann und die Kultur der Kommunikation und des vorurteilsfreien Miteinanders leben würde. Im „Kleinen“, bei blateral, haben wir auch in den letzten Monaten eifrig kommuniziert, über andere Wege zwar, aber immer miteinander verbunden. Wir haben „Normalität“, Kreativität und ein herzliches Miteinander in unruhigen Zeiten gelebt und sind froh, dass wir einfach ein starkes Team sind, in dem Anerkennung und Toleranz zu allen Zeiten dazugehören. Im Kleinen wie im Großen.

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