„Die TAZ verteidigt und greift an“

Ein Kurzinterview mit der Chefredakteurin der TAZ, Ines Pohl, über Objektivität im linksliberalen Journalismus, rentable Onlineschranken und einem Krieg innerhalb des Medienmarktes.

Maximilian H Tonsern
#betajournalism berlin

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Die Tageszeitung ist klar linksliberal ausgerichtet. Verfolgt man im journalistischen Handeln dennoch einen Objektivitätsanspruch?
Ines Pohl: Ich glaube, dass die TAZ immer aus einer gewissen Haltung an Sachen herangeht. Aber was heißt Haltung? Eher eine Perspektive! So würde ich übrigens auch Links-Sein definieren. Die TAZ blickt aus einer Perspektive auf eine Welt, die nicht aus Gewinnern und Reichen besteht.

Man nimmt eher die Perspektive jener ein, die auf der Verliererseite stehen. Sowohl in Deutschland als auch global. Die TAZ hat schon immer eine sehr starke internationale journalistische Ausrichtung, die versucht, genau hinzusehen: Wer sind die VerliererInnen der Globalisierung? Wer leidet wirklich unter der Klimaveränderung? Insofern ist die TAZ überhaupt nicht neutral. Das soll sie auch nicht sein. Wir arbeiten dennoch mit objektiven journalistischen Kriterien.

Ines Pohl (Foto: Boris Böttger)

Sie haben online ein freiwilliges Bezahlsystem eingeführt und machen damit auch gut Gewinn: Rund 11.000 Euro verdient die TAZ monatlich. Ein System, das sich rentiert?
Ines Pohl: Ja. Das bekommen Sie jetzt exklusiv: Wir werden im Frühjahr eine neue Kampagne aufsetzen. Diese freiwillige Bezahlschranke werden wir so richtig bewerben, weil wir sagen, dass das für uns eine größere Einnahmequelle sein muss. Wir haben uns in den vergangenen Monaten sehr darauf fokussiert, unseren Neubau zu bewerben, weil wir ja Geld dafür einnehmen mussten.

Im Frühjahr starten wir diese Kampagne. Wir wollen vielleicht 20.000 AbonnentInnen im nächsten Jahr haben, die freiwillig auf taz.de zahlen. Richtig mit monatlicher Überweisung. Wir glauben daran, dass es gut ist, wenn nach Möglichkeit alles umsonst auf taz.de zur Verfügung steht. Trotzdem müssen wir uns irgendetwas erschließen, damit wir unseren Journalismus bezahlen können. Die TAZ kann auf solche community-tools besser zurückgreifen als jede andere Zeitung, zumindest in Deutschland.

Immer wieder sprachen Sie in der Vergangenheit von einer „Schlacht“ in der Medienlandschaft und dass es „brutal“ zuginge. Befindet sich die TAZ im Krieg?
Ines Pohl: Der Medienmarkt befindet sich im Krieg. Das ist ein Überlebenskampf, der da stattfindet. Einige Blätter gibt es nicht mehr, es ist ein brutaler Kampf. Wenn man mit KollegInnen spricht, die ihren Job verlieren, ist das schon sehr hart.

Verteidigt die TAZ — oder greift sie an?
Ines Pohl: Das ist eine gute Frage. Die TAZ verteidigt ihren spezifischen Journalismus. Und greift aber dahingehend an, dass wir sehr offensiv sagen, dass wir an uns glauben. Zum Beispiel indem wir ein neues Haus bauen. Wir sind nach wie vor mit einer großen Überzeugung am Werk.

Ines Pohl (Foto: Boris Böttger)

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