Nutzt anregende Fragen statt abgelutschte Zitate

Ruz & Dani
Beton
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5 min readMay 13, 2019

Die digitale Welt liebt Inspiration! Kein Inhalt zu Innovation, Transformation und Agilität ohne ein inspirierendes Zitat oder Bild, das die Wichtigkeit unseres Anliegens untermauern soll.

Leider bedienen wir uns häufig aus dem gleichen wiederkehrenden Fundus von Management- und Innovationsweisheiten. Für unser Publikum wirkt es abgelutscht und auf LinkedIn kommt beim Empfänger die “Mute” Taste schnell zum Einsatz, wenn die Qualität des Newsfeed leidet.

Wir haben einige dieser Auslaufmodelle gesammelt, die wir selber schon zu viel genutzt und gehört haben. Wir bleiben da aber nicht stehen, sondern schlagen euch auch Alternativen, vor die helfen einen Schritt vorwärts zu machen und nicht einfach als Plattitüde enden. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf Fragen. Fragen sind vorzüglich geeignet, Leute zum Denken anzuregen, den Horizont zu öffnen und um mit Kollegen in einen Diskurs auf Augenhöhe einzutreten.

“Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann” von Francis Picabia

Mit der Aussage appellieren wir daran, alte Denkmuster zu hinterfragen und auch neuen Gedankengängen eine Chance zu geben. Besonders in einem Kontext der uns vertraut ist, fällt es uns schwer, neuen Input zu verarbeiten. Das ist ganz normal, da wir dazu tendieren in unsere eigenen Ideen und Vorstellungen verliebt zu sein. Daher könnte man auch sagen: “ Der Kopf ist rund und deshalb drehen sich unsere Gedanken manchmal im Kreis.”

Das Zitat verlangt vom Gegenüber sein Perspektive aufzugeben. Alternativ können wir unser Gegenüber auffordern, sein/ihr Weltbild zu behalten, aber kurz einen Ausflug in eine andere Sichtweise zu unternehmen:

“Was benötigst Du, um für einen kurzen Moment Dein Weltbild zu verlassen und eine andere Perspektive zu verteidigen?”

Übrigens gibt es auch noch diesen Spruch: “Jede Überzeugung ist eine Krankheit”.

Auch von Francis Picabia

😂

“Ideas are cheap, execution is everything” von Chris Sacca

Das Zitat taucht in verschiedenen Abwandlungen auf und ist bei umsetzungsorientierten Machern sehr beliebt. Doch nur Umsetzen hilft leider nicht, da man dann nur ein Ding umsetzt und das Risiko hoch ist, dass es nicht das Richtige ist. Wichtig ist die Lücke zwischen Ideengenerierung und Umsetzung. Konkret geht es um die Selektion der richtigen Idee oder wie Adam Grant schreibt “But in reality, the biggest barrier to originality is not idea generation — it’s idea selection.” Selektion findet gemäss Grant nicht in der stillen Kammer statt, sondern im ständigen Austausch mit Kunden und Stakeholdern.

Statt also auf einen Widerspruch zwischen Idee und Umsetzung zu setzen, könnten wir fragen:

“Wie werden wir besser im Selektieren der richtigen Idee zur Umsetzung?”

Chris Sacca hatte auch einen guten Tipp, falls Du zuviel Zeit verbrauchst mit der Auswahl der Klamotten am Morgen: “Every few years I like picking a uniform so I won’t have to think too much about what to wear.”

Der gute Chris ist ein wahrer Umsetzungsfanatiker

😂😂

“Culture eats strategy for breakfast” von Peter Drucker

Kultur ist wohl das meist genutzte Wort, wenn wir nicht genau wissen warum etwas bei uns im Unternehmen nicht funktioniert, wir etwas klammheimlich eigentlich gar nicht wollen oder wie das Management über ihre Mitarbeiter denkt. Die Kultur ist dann halt einfach Schuld und wir bleiben am besten so wie und wo wir sind. Peter Drucker ging es nicht darum, Strategie als unwichtig abzutun, sondern vielmehr darum, die Kultur als Hebel für den langfristigen und strategischen Organisationserfolg zu nutzen.

Statt Kultur als Hürde zu postulieren, könnten wir viel mehr fragen:

“Welche bereits bestehenden Haltungen und Verhalten helfen uns unsere Strategie umzusetzen? Warum hindern uns gewisse Haltungen und Verhalten unsere Strategie zu verfolgen? Weshalb glauben wir, dass Veränderung der Kultur nicht möglich ist?”

Übrigens hat Herr Drucker auch folgendes gesagt: “Most of what we call management consists of making it difficult for people to get their work done.”

Was für Sprüche wir von Ihm hören würden, wenn er noch die Holokratie erlebt hätte

😂😂😂

“Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat’s gemacht”

Einer kam einfach und hat es gemacht. Bloss war es nicht der HR Recruiting Manager oder der neue Unit Controller, sondern ein Mitglied des mittleren Kaders, der den Auftrag bekommen hat mit Hilfe einer Sondereinheit aus Internen und Externen den Laden umzukrempeln.

Was uns an diesem Zitat stört ist nicht die Aussage, im Gegenteil, sondern dass so eine Einstellung in den meisten Organisationen gar nicht erst möglich ist.

Die Frage die sich dann lieber stellt wäre:

“Was hindert Euch gerade daran, etwas Neues auszuprobieren und was braucht Ihr dafür?”

Vielleicht könnte der Spruch auch modifiziert so lauten:

“Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht, wollte es trotzdem machen und kam nach einem Jahr auf den Boden der Realität an. Dann probierte es ein zweites mal mit der Salamitaktik und klugen Allianzen. Das dauerte zwar 3 Jahre, aber dafür war es dann eine tolle Teamarbeit und ein nachhaltiger Erfolg für die gesamte Organisation.”

😂😂😂😂

“If I had asked people what they wanted, they would have said faster horses” wahrscheinlich von Henry Ford

Sofern Henry Ford es je so gesagt hat handelt es sich bei “Faster Horses” um eine Metapher für schnellere Transportmöglichkeiten und nicht um die Frage, ob seine Kunden einen Gaul oder ein Auto bevorzugen.

Dieses Zitat wird oft als Ausrede benutzt, um Kunden nicht frühzeitig einzubinden, wenn Leute mit irgendeiner komplizierten und begrifflich verwirrlichen Technologie behaupten, dass die Kunden “es einfach nicht checken”. Dabei sind Kunden durchaus in der Lage eine Problemstellung zu formulieren.

Besser versucht ihr zu verstehen, wie euer Produkt dazu beiträgt ein effektives Kundenproblem zu lösen, indem Ihr folgende Frage stellt:

“Was wollen unsere Kunden wirklich von uns? Was liegt hinter dem kaufbaren Produkt? Was ist ihr Job-to-be-done?”

Henry Ford hat auch einen Tipp für alle, die sich morgens nicht entscheiden können, den Snooze Knopf zu drücken oder direkt aufzustehen:

“Whether you think you can, or you think you can’t, you’re probably right”

😂😂😂😂😂

Ever tried. Ever Failed. No Matter. Try again. Fail again. Fail better. Von Samuel Beckett

In einer komplexen Welt müssen wir mehr Versuchen und durch das Versuchen besser lernen.

Scheitern gehört dazu.

Uns geht es aber nicht um das Zitat, sondern um die Art wie es von Postern runter strahlt oder als lockerer Podiumsspruch von Managern und Beratern proklamiert wird. Wenn dann aber wirklich jemand mal scheitert, dann sind viele doch nicht mehr so gerne dabei gewesen. Dann verstecken sie sich hinter einem neuen Vorhaben und wollen gar nicht vom Scheitern für das nächste Scheitern lernen.

Ein Grund ist häufig die fehlende psychologische Sicherheit für Mitarbeiter, d.h. sie fühlen sich im Arbeitsumfeld nicht sicher genug, um vertretbare Risiken einzugehen und davon zu lernen.

Statt Scheitern als lobenswert zu proklamieren, könnten wir uns vermehrt fragen:

“Wann sind wir selber einmal gescheitert? Stehen wir dazu? Was haben wir gelernt?”

und/oder:

“Wie können wir den Fokus lösen von der Angst vor dem Scheitern hin zum Lernen durch Experimente?”

Das Zitat von Samuel Beckett ist übrigens stark aus dem Kontext gerissen. Die Passage aus “Worstward Ho” endet ziemlich pessimistisch:

“Fail worse again. Still worse again. Till sick for good. Throw up for good. Go for good. Where neither for good. Good and all.”

😂😂😂😂😂😂

Kennst du auch Zitate, die du nicht mehr hören magst? Welche sind es? Magst du uns ein Foto des Einsatzes an einem Vortrag, auf Linkedin oder sonst wo senden?

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Ruz & Dani
Beton
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Gemeinsamer Account für gemeinsame Texte von @ruzbeh.tadj und @dani.boos