BITGRIP schaut über den Tellerrand

Kai Dahlke
Bitgrip
Published in
5 min readNov 21, 2019

Vom 14. — 15. November fand in Berlin zum sechsten Mal die Beyond Tellerand Konferenz statt. In diesem Jahr erstmals im Festsaal Kreuzberg, nach fünf Jahren im Admiralspalast an der Friedrichstraße. Wir finden, manchmal muss man zu seinem Glück gezwungen werden. Was für ein cooles neues Zuhause! Auch wenn das für die #btconf-Crew sicher irre viel Stress verursacht hat.

Das BITGRIP-Team war bereits zum dritten Mal in nahezu kompletter Besetzung dabei. Das hinterließ beim #btconf-Gründer und Organisator Marc Thiele (Twitter: @marcthiele) zunächst ein ungläubiges Kopfschütteln, weil er dachte, dass die Bestellung von 31 Tickets in einem Schwung nur ein „Ausrutscher auf der Maus” sein kann. War es nicht Marc. Wir sind einfach echte Fans.

Egal ob Designer, Frontend Dev, GF-Assistenz, Geschäftsführer oder PR-Manager, bei der Beyond Tellerrand wird jeder inspiriert — von empathischen Menschen, schlauen und unterhaltsamen Vorträgen und generell von der sehr relaxten Atmosphäre.

Hier fassen wir unsere persönlichen Favoriten der 2019er-Ausgabe zusammen.

Foto/Grafik von Rob Draper/Beyond Tellerrand

Was haben Schichten mit dem Web zu tun?

Tag eins startete gleich mit einem echten Highlight. Jeremy Keith (Twitter: @adactio) aus Brighton, England sprach über die Geschichte des Internets und die Bedeutung von Layern: ‘The layers of the web’ — so der Titel seines Talks.

„Jeremy hat es geschafft, dass ich mir über die Technologieschichten in Bezug auf nachhaltige Entwicklung von Webangeboten Gedanken gemacht habe. Sein Denkansatz hilft mir, ‚graceful degradation‘ besser zu verstehen und die Prinzipien schon konzeptionell mit zu bedenken“, beschreibt UX-Designer Henning seinen Eindruck.

Jörg, Frontendentwickler, meinte: „Ein wirklich spannender Vortrag über die Schichten des 30-jährigen WorldWideWeb. Seinen Appell mag ich sehr: Baue deine Webseite progressiv so auf, dass sie auch im allerersten Web-Browser noch gut dargestellt wird.“

Foto/Grafik von Rob Draper/Beyond Tellerrand

Flieg kleiner SVG-Drache — flieg

Die Nachmittags-Session des ersten Konferenz-Tags begann mit Cassie Evans´ (Twitter: @cassiecodes) Vortrag über ‘Interactive web animation with SVG’. Cassie ist Frontend Dev aus Brighton, England und ermutigte uns alle, eigene Web-Animationen zu entwerfen.

Ihren Vortrag fand Steffi, Brand- und Marketing-Managerin, besonders interessant: „Aus Sicht eines Grafikers hat mich total fasziniert, wie einfach sich Vektordateien nur mit ein paar Zeilen Code zum Leben erwecken lassen und was sich damit für Gestaltungsmöglichkeiten bei der Erstellung von Webseiten eröffnen. Und weil ich gerade am Relaunch unserer eigenen Website arbeite, gibt’s s auch noch einen ganz aktuellen Bezug.“

Durch ihre natürliche Art übertrug Cassie ihre Leidenschaft für Farben, Formen und Code von der Bühne direkt ins Publikum.

Foto/Grafik von Rob Draper/Beyond Tellerrand

Warum Einfühlungsvermögen so wichtig ist

Höhepunkt der diesjährigen Beyond Tellerrand war aus der Sicht vieler BITGRIPs der Vortrag von Sharon Steed (Twitter: @sharonsteed), der den zweiten Konferenztag eröffnete. Ihr Titel ‘Engaging empathy’ klang schon vielversprechend. Aber ihre persönliche Geschichte ist die eigentliche Story.

Sharon stottert ziemlich stark — schon ihr Leben lang. Als Kind und Jugendliche hat sie sich vor Gesprächen meist gedrückt, besonders in der Schule oder öffentlich vor vielen anderen Menschen. Die wahrscheinlich typischste Vermeidungsstrategie vieler Stotterer. Zu groß sind Scham und die Angst, sich vor anderen (und sich selbst) zu blamieren. Was für ein emotionaler Berg!

Wie wahrscheinlich ist es, dass aus einem Menschen mit so einer Vorgeschichte eine brillante, warmherzige und inspirierende Rednerin wird, die weltweit auf Konferenzen spricht und Kommunikationskurse gibt?
Genau — verschwindend gering.

Doch Sharon hat es — auch dank ihres Sprachlehrers — geschafft. Auch wenn sie nach eigener Auskunft mehrfach kurz davorstand, dessen Haus abzufackeln J

Zum Glück tat sie das nicht, sonst hätten wir ihren großartigen Talk nicht genießen können.

Sie spricht entwaffnend natürlich über ihr Stottern und geht mit dieser persönlichen Besonderheit ganz entspannt um.

Genau diese Offenheit bringt andere Menschen dazu, selbst über persönliche Eigenschaften zu sprechen, die ihnen eigentlich peinlich sind.

Ihre Botschaft ist ganz klar und auf nahezu alle Lebensbereiche übertragbar: Verlasst eure Komfortzonen!

Aufgrund ihres Backgrounds ist ihr Einfühlungsvermögen so authentisch. Ihre drei wichtigsten Säulen von „Engaging Empathy“ in der zwischenmenschlichen Kommunikation sind

  • Geduld (focus on the person and stop, whatever you do),
  • Perspektive (eliminate bias) und
  • Verbindung (speak with intention not for impact).

Wenn ihr Sharon auf einer Speakerliste entdeckt, hört sie euch unbedingt an!

Foto/Grafik von Rob Draper/Beyond Tellerrand

Sex, Drugs and Rock´n Roll

Vom Titel des nächsten BITGRIP-Favoriten konnte man erstmal auf gar nichts schließen. Doch der Talk ‘Peace, Hellfire and Unicorns’ von Seb Lester (Twitter: @seblester) entpuppte sich als echter Kracher.

Mit feinem britischen Humor spazierte Seb durch seine Welt von Logos und Icons. „Der Mann ist ein Genie und hat bei mir den dringenden Wunsch ausgelöst, selbst noch viel mehr kreativ zu arbeiten“, sagt Vero, Mediengestalter-Azubine.

Seine Arbeiten gefielen auch Frontend-Entwickler Paul: „Ich mochte seine unterhaltsamen Anekdoten und natürlich sein Leitmotiv: ‚Finde deine Passion, arbeite dafür und glaube an dich selbst‘. Außerdem wirkte sein Understatement sehr erfrischend, obwohl er schon so viel erreicht hat.“

Seb bezeichnet sich selbst als ‘Nerd mit Pens’. Er ist ein Schriften-Fetischist und hat tatsächlich für alle möglichen bekannten Auftraggeber gearbeitet. Und seine Motive haben es sogar schon in den Weltraum geschafft.

Beyond Tellerrand Berlin & BITGRIP

Die Auswahl unserer persönlichen Highlights ist natürlich höchst subjektiv und bedeutet keinesfalls, dass wir die anderen Talks nicht mochten.

Vielen Dank an Marc und sein Team, an alle Speaker, an Baldower für die Beats und nicht zu vergessen an Andrew aus Schottland, der in atemberaubendem Speed die Talks mitschrieb.

Die Beyond Tellerrand bleibt fester Bestandteil unseres Event-Kalenders — auch für das nächste Jahr. Vielleicht finden wir gemeinsam mit Marc auch noch weitere Möglichkeiten, uns anders als mit dem Konferenzbesuch und dem Hosten eines Workshops (in diesem Jahr der sehr lässige Kirby-Workshop) zu beteiligen.

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Kai Dahlke
Bitgrip
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Storyteller, Word-Nerd, IT-Chinesisch-Übersetzer @bitgrip