Alignment versus Autonomy

Peter Rubarth
Blood, Scrum & Tears
2 min readFeb 1, 2018

Ich hatte kürzlich das Glück, auf Henrik Knibergs Alignment enables Autonomy aufmerksam gemacht zu werden.

Henriks erklärt, dass Alignment und Autonomy häufig als zwei sich widersprechende Konzepte verstanden werden. Er widerspricht dieser Sichtweise und beschreibt Alignment & Autonomy als zwei Dimensionen einer Organisation. Daraus ergeben sich vier mögliche Konstellationen:

  • low Alignment & low Autonomy: Jeder macht was er will, Führung beschränkt sich auf Aktionismus und Micromanagement.
  • high Alignment & low Autonomy: Mehr oder weniger der traditionell, hierarchische Ansatz: Ausgehend von einer zentralen Planung werden Aufgaben zugewiesen und die plangerechte Umsetzung überwacht.
  • low Alignment & high Autonomy: Teams (oder Einzelpersonen) handeln selbständig aber unkoordiniert.
  • high Alignment & high Autonomy: Teams handeln selbstständig und untereinander abgestimmt. Dies ist der angestrebte Idealzustand.

Das Modell ist aus meiner Sicht unmittelbar einsichtig und Henrik teilt in seinem Vortrag weitere nützliche Ideen und Anregungen.

Was mich jedoch beschäftigt hat, ist ein anderer Punkt — Angenommen wir befinden in einem Umfeld wo traditionelles Führungsverständnis und agile Wertvorstellungen aufeinander treffen.

In diesem Fall ist es plausibel, dass für jemandem mit traditionellem Führungsvertstädnis Alignment besonders wichtig ist. Sein Handeln wird wahrscheinlich (bewusst und unbewusst) darauf hinwirken, hohes Alignment herzustellen — und zwar mit den vertrauten Instrumenten — Anweisungen top-down durch die Hierarchie. Ausgehend von dem eingangs erwähnten traditionellen Verständnis von Alignment und Autonomy als Gegensätze wird die Forderung nach Autonomy aus dieser Perspektive vermutlich als Verweigerung wahrgenommen.

Auf der anderen Seite befinden sich nun Personen denen hohe Autonomy wichtig ist. Ihr Bestreben ist darauf ausgerichtet, selbständig an der Lösung von von Ihnen als wichtig wahrgenommenen Problemen zu arbeiten. Kommen in dieser Situation subjektiv nicht nachvollziehbare Anweisungen, wird dies mit hoher Wahrscheinlichkeit als Angriff auf die Autonomy wahrgenommen.

Die Bestrebungen nach Alignment und Autonomy sind für sich genommen schlüssig. Durch die Wahrnehmung als unvereinbare Gegensätze führt das Aufeinandertreffen zu einem kräftezehrenden Konflikt, bei dem jede Seite versucht, ihre Sichtweise durchzusetzen. Im Ergebnis heben sich beide Bestrebungen auf und wir landen im unteren Quadranten — weder Alignment noch Autonomy.

In der Folge entwickelt sich ein Teufelskreis aus dem schwer auszubrechen ist, da sich jedes Eingehen auf die andere Sichtweise als Niederlage anfühlt.

Ein Ausweg kann nur entstehen, wenn es die Beteiligten schaffen, einander zuzuhören und die jeweils anderen Bedürfnisse als berechtigt anzuerkennen.

Sobald diese Grundlage besteht, kann eine konstruktive Auseinandersetzung erfolgen, die Alignment & Autonomy zusammen erreicht werden können — oder wie Henrik es formuliert: Alignment enables Autonomy.

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