Spiel mir das Lied von der Not — Zasterlaster und Innovationshemmungen unter Musikern
Das Problem der Musikschaffenden ist alt, die Diskussion scheint sich aber nur langsam zu entwickeln. Sie dreht sich nach wie vor um Tantiemen und Entschädigung durch Tonträger. Seit den Nullerjahren ist der Musikmarkt zusammengebrochen und, obwohl wieder leicht angestiegen, sind die Umsätze im Vergleich zu den fetten Jahren marginal (siehe Grafik). Zurückzuführen ist dies auf die Digitalisierung sämtlicher Gesellschaftsbereiche. Doch diese bietet auch Chancen.
Es ist müssig von Musikern und Labels, die goldenen Zeiten wieder herbeizuwünschen, weil es schlicht nicht passiert. Stattdessen sollte sich die Diskussion hin zu den Möglichkeiten wenden, die die Digitalisierung mit sich bringt. Folgende Mehrwerte für Künstler kommen mir in den Sinn:
Hallo neue Fans!
Musik ist omnipräsent und in den meisten Fällen gratis auf YouTube, Soundcloud oder Spotify zu hören, das heisst, Hörer sind wenige Klicks von ihren Lieblingstracks entfernt, solange sie ein Gerät mit Internetverbindung haben. Wer seine Musik auf diesen Plattformen zur Verfügung stellt, ist Teil der verschiedenen Ökosystemen mit mehreren Millionen Nutzern, Künstler können so ihren Namen bekannter machen. Kurzum: Als Musiker zu existieren, heisst auch, auf Soundcloud, Spotify und Youtube präsent zu sein. Hier verweben sich Marketing und Einnahmequellen, denn auch Soundcloud und YouTube haben einen Bezahlservice angekündigt, der neben den Plattform-Betreibern auch den Künstlern zugutekommen soll. Natürlich besteht die Gefahr, dass ihre Musik im Meer anderer Veröffentlichungen untergeht. Doch wurde noch nie soviel Musik gehört wie heute. Zudem wird die Kuratierung von Musik durch die Plattformen selber und durch eine Vielzahl von Onlineportalen immer wichtiger. Und plattformübergeifende Massnahmen waren noch nie so einfach umzusetzen wie heute.
Da kommt noch was! Streaming ist auf dem Vormarsch
Streaming steckt noch in den Kinderschuhen, hat sich aber bereits erste Sporen abverdient. Im Jahr 2015 machte das Streaminggeschäft zumindest in den USA den grössten Teil an Einnahmen der Musikindustrie aus und sorgte dafür, dass der Markt erstmals wieder gewachsen ist.
Der Innovationstrieb von Plattformen
Ein weiterer wichtiger Punkt ist Innovation: Im Gegensatz zu den grossen, traditionellen und schwerfälligen Labels wie zum Beispiel? sind neuere Plattformen wie Soundcloud immer auf der Suche nach neuen technischen und geschäftlichen Ideen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Betreiber ihre eigenen Interessen verfolgen. Dennoch haben sie ein Interesse daran, dass ihre Nutzer hochwertige Inhalte erhalten. Und die kommen nicht von ihnen selbst.
Fans greifen den Musikern finanziell unter die Arme
Und zu guter Letzt gibt es die direct to fan Plattformen, auf denen Musiker ihre Fans erreichen können. Unlängst hat Bandcamp bekanntgegeben, dass seit ihrem achtjährigen Bestehen Musikfans $150 Mio. für Musik ausgegeben haben. Musiker haben somit total ca. $120 Mio verdient, das sind $15Mio./Monat. Oder nochmals anders: Musiker haben pro User 1.5 Doller erhalten. Hier werden nicht die Musikschaffenden geschröpft, hier eröffnen sich neue Einnahmequellen für sie. Die Plattform Drip.fm, auf der man Labels abonnieren kann und sämtliche neue Veröffentlichungen plus Goodies erhält, ist nur ein weiteres Beispiel.
Diese Ansätze werden die Musikschaffenden nicht aus der Misere holen. Aber man sollte die Möglichkeiten dennoch evaluieren, die sie den Musikschaffenden eröffnen. YouTube, Soundcloud und vor allem Direct to Fan Lösungen wie Bandcamp müssen nicht dämonisiert, sondern die Chancen, die sie bieten, ausgelotet werden. Doch auch die Diskussion über Künstlerentschädigung durch solche Plattformen muss weiterhin mit harten Bandagen fortgeführt werden.