Ausprobieren und lernen

5 Learnings aus unserem Twitch-Test

Was bringt uns ein Reaction-Format?

Sabrina Kassebaum
BR Next

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Mit PULS, dem jungen Content-Netzwerk des Bayerischen Rundfunks, haben wir kürzlich zum ersten Mal ein Reaction-Format auf Twitch umgesetzt. Bei „PULS React“ reagieren ein Host sowie Gäste aus dem PULS-Content-Netzwerk auf PULS-Inhalte, geben Einblicke hinter die Kulissen, erstellen Ranglisten und interagieren mit der Community. PULS React wurde bewusst als vierwöchiger Test konzipiert, in dem wir experimentieren und lernen können.

Diese fünf Dinge haben wir dabei gelernt:

1. Eine Live-Plattform wie Twitch braucht andere Workflows & ein stabiles Community Management

Die Live-Streaming-Plattform Twitch unterscheidet sich grundlegend von Social-Media-Plattformen wie Instagram und TikTok, auf denen Inhalte vorproduziert werden.

Die Interaktion mit dem Chat steht bei Live-Formaten im Fokus und erfordert sowohl Schnelligkeit als auch Feingefühl im Umgang mit den Themen.

In Sekundenschnelle muss das Community Management entscheiden, wie ein Beitrag gemeint ist: Ist er wichtig für das Format und trägt sogar maßgeblich zum Geschehen bei, oder lässt er sich vielleicht doch anders deuten und verletzt sogar die Netiquette?

Auch bei der redaktionellen Vorbereitung von Streams braucht es viel „geplante Flexibilität“. Wir haben verschiedene inhaltliche Blöcke vorbereitet und ein grobes Skript erarbeitet, es war aber unser Ziel, die Interaktion zwischen Host und Gästen so natürlich wie möglich zu gestalten.

Um eine gute Mischung aus Spontaneität und Planung zu ermöglichen, haben wir einen digitalen Rückkanal in Form eines Onlinedokuments ins Studio geschaffen, den wir während des Streams angepasst haben.

2. Behind-the-scenes Infos geben Reactions neue Ebene

Bei PULS React haben PULS Moderator:innen auf ihre eigenen Formate „reactet“. Für uns war spannend herauszufinden, ob sie mit ihrem Making-of-Wissen dem Publikum einen Mehrwert liefern können.

Die Antwort darauf ist ein klares Jein: Nicht jeder Content eignet sich gleichermaßen für eine Reaction. Produktionen funktionieren gut, weil dort viel Behind-the-Scenes Wissen geliefert werden kann, während kürzere, eher unterhaltsame Formate oft weniger geeignet sind, weil der meiste Inhalt bereits im Primärformat transportiert wurde.

Was wir darüber hinaus, sozusagen als Bonus-Learning, mitgenommen haben ist, dass der Einsatz von spielerischen Elementen wie Erstellung von Tier-Lists (Rankings zu bestimmten Themen), Kommentare kommentieren oder andere „talkige“ Elemente sich als besonders unterhaltsam erwiesen haben.

3. Longform Live-Content bietet Potenzial für Weiterverwertung auf Social

Neben dem Ziel einen guten Twitch-Stream zu kreieren, war die Weiterverarbeitung des Primärcontents für andere Ausspielwege auch ein wichtiger Punkt auf unserer Agenda.

Üblicherweise verarbeiten große Streamer:innen ihren Content in Form von kurzen, prägnanten Highlight-Clips weiter. Auch wir haben pro Stream ca. fünf kurze Clips erstellt und auf dem Markenkanal des PULS-Content-Netzwerks veröffentlicht.

Schnell haben wir gemerkt: Die Verbreitung von Clips auf Social Media erfordert eine angepasste Strategie.

Obwohl die Highlight-Clips inhaltlich überzeugten, war die Distribution auf einem bestehenden Kanal, der sich durch andere Inhalte auszeichnet und ggf. auch eine andere Zielgruppe anspricht, herausfordernd.

Als Learning nehmen wir hier mit, dass auch die Weiterverwertung von Content keine „Nebenbei“-Aufgabe ist, sondern ebenso ein zielgruppen- und plattformspezifisches Konzept inklusive ausreichender Ressourcen braucht.

4. Streams führen zur Stärkung der Wahrnehmung der PULS-Hosts

Ein großer Erfolg von PULS React war die Stärkung der teilnehmenden Hosts und Reporter:innen von PULS.

Der Stream ermöglichte es ihnen, sich einem neuen Publikum zu präsentieren und eine persönliche Verbindung zur Community aufzubauen.

Beispiel: Die Podcast Host Sophia, die ihre Hass-Liebe zum Bouldern offenbart oder Moderator Kevin, der im Twitch-Chat einen ehemaligen Kommilitonen wieder trifft.

Besonders spannend war dabei, dass sich die Gäste durch den lockeren Talk-Charakter des Formats in einem neuen Licht zeigen konnten. Maßgeblich war daran auch unsere Twitch-Host Sejla beteiligt, die es geschafft hat, eine authentische Gesprächsatmosphäre zu schaffen.

Learning: Streams bieten eine großartige Möglichkeit, Hosts sichtbarer und nahbarer zu machen. Das Format funktioniert wie ein Freundebuch, bei dem das Publikum die vielen Gesichter aus dem PULS-Content-Netzwerk kennenlernen können. In diesem Aspekt steckt noch viel Potenzial, das weiter ausgeschöpft werden sollte.

5. Mit einem kleineren Test starten lohnt sich

PULS React begann als kleineres Testprojekt, um Erkenntnisse hinsichtlich Technik, Redaktion, Distribution und Zusammenarbeit zu gewinnen.

Für uns als Projektteam war klar, dass wir bei der Projektidee von PULS React zu viele unsichere Variablen haben, um mit dem Projekt sofort in eine feste Formatierung und auch Finanzierung zu starten.

Unser Ziel war es, ein Produkt zu entwickeln, das den Bedürfnissen einer jungen, digitalaffinen Zielgruppe entspricht, aber auch genug Pragmatismus mitbringt, sodass wir es ohne jahrelange Planung umsetzen können.

Wir haben innerhalb von drei Monaten das Konzept für das vierwöchige Testprojekt PULS React auf die Beine gestellt. Dieses Projekt hat uns sehr darin bestärkt, auch weiterhin mehr kleine Vorabtests in realen Settings durchzuführen, um technische und organisatorische Herausforderungen zu identifizieren und zu bewältigen.

Die gewonnenen Erkenntnisse bieten eine solide Basis für zukünftige Projekte und die Weiterentwicklung eines Reaction-Formats auf Twitch.

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Sabrina Kassebaum
BR Next
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Projekt- und Innovationmanagerin @BR Next