Die Rettung — der virtuelle Bergwachteinsatz

Unsere erste VR-Experience und was wir in der Entwicklung gelernt haben

Matthias Leitner
BR Next
4 min readJun 16, 2020

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Eine Bergrettung selbst erfahren: “Die Rettung” lässt uns eine alpine Berg-Erfahrung zwischen Höhenrausch und Abgrund, zwischen Traum und Wirklichkeit miterleben. Als immersive Virtual Reality Experience und als interaktive Website.

Bild: BR/Simon Heimbuchner

Was wäre, wenn wir selbst gerettet werden?

Die Bergwacht Bayern feiert Jubiläum: 100 Jahre ist es her, als die Gründerväter im Münchner Hofbräuhaus angestoßen haben. Seitdem ist viel passiert und die Arbeit der freiwilligen Helfer:innen wird immer wichtiger. Mehr als 8.500 Einsätze bestreitet die Bergwacht Bayern pro Jahr, davon rund 1.600 mit dem Hubschrauber.

Wir haben uns die Frage gestellt: Was wäre, wenn wir es schaffen, eine Bergrettung mit Hilfe von VR erlebbar zu machen? Was, wenn wir die Arbeit der Rettungskräfte und das Gefühl der Geretteten so intensiv wie möglich als VR-Installation erzählen können?

Video: Luis Trautmann

Für den Bayerischen Rundfunk ist “Die Rettung” das erste Projekt dieser Art. Premiere hatte “Die Rettung” im Rahmen der Ausstellung “100 Jahre Bergwacht Bayern” im Alpinen Museum München. Bei diesem Live-Erlebnis hatten unsere Nutzer*innen vor Ort die Möglichkeit, direkt Fragen zum Thema, zur Bergwacht und zu unserer Arbeit zu stellen. Alles natürlich unter Berücksichtigung des Hygiene-Konzeptes, das wir aufgrund der Situation um Covid-19 erarbeitet haben.

Auch auf unserer Website zeigen wir ein Rettungsszenario. Dort erzählen wir die Geschichte als interaktive Erfahrung, die mit vielen Hintergrund-Informationen zur Arbeit der Rettungskräfte angereichert ist. Dieses Projekt haben wir im Speziellen für alle Nutzer*innen gemacht, die keine Möglichkeit haben “Die Rettung” im Museum zu erleben.

Bild: BR/Simon Heimbuchner

Was wir gelernt haben

Foto: BR

48h-Prototyping & Testen, Testen, Testen

Wir haben zunächst in 48h einen Prototypen gebaut, um das Technik-Set-up von VR-Brille, Trackern und Seilzug zu testen.

Außerdem habe ich als Autor und Regisseur am European Creators Lab 2019 des Filmzentrum Bayern teilgenommen, um mit den Teilnehmer:innen und der internationalen Riege von Expert:innen VR als Erzählraum auszuloten und erste Ideen zum Projekt zu diskutieren.

Zusätzlich haben wir unser work in progress ständig getestet — einmal auch im Zentrum für Sicherheit und Ausbildung der Bergwacht Bayern in Bad Tölz gemeinsam mit Bergretter*innen.

Wir lieben VR-Installationen

Wir haben viele Projekte studiert und sind immer wieder begeistert von VR-Projekten, die vor allem als Installationen in Museen, auf Festivals und zu anderen Gelegenheiten gezeigt werden (schaut Euch einmal Projekte an wie Cosmo within Us oder das etwas ältere, aber immer noch sehenswerte, Carne y Arena). Die Kombination aus Raumdesign, VR-Technik und dem direkten Austausch vor Ort ist phänomenal.

Für “Die Rettung” haben wir ein Set-up gewählt, das zu Hause so nicht nachgestellt werden kann. Bei einem Folgeprojekt würden wir das Set-up mit Blick auf eine mögliche Variante für VR-Brillen zu Hause deutlich simpler anlegen.

Das Team lernt

Projekte wie “Die Rettung” machen Spaß — vor allem auch deshalb, weil niemand von uns zuvor Vergleichbares gemacht hat. Wer sich aber bewusst ein solches Thema und eine dazu passende Technik aussucht und das Projekt als lernendes Ökosystem aufsetzt, kann nur gewinnen: die Autor:innen bilden sich weiter im Bereich räumliches Storytelling, die Designer:innen wagen sich erstmals an 3D-Design und spezielle Animationen, alle miteinander denken erstmals über ein narratives Live-Event mit VR nach. Projekte enden, das Wissen bleibt.

VR-Installationen kommen an

Das Feedback unserer Nutzer:innen ist eindeutig: Begeisterung, Faszination für die Technik, Überraschung. Auch andere Medien berichten positiv über “Die Rettung”, der Donaukurier nennt unser Projekt “imposant” die SZ bezeichnet sie als “meditativ”, 1E9 empfindet einen “magischen Realismus”. Was wir erreichen wollten haben wir tatsächlich geschafft: Menschen - die keine Technik-Geeks sind, sondern die sich für die Alpen und die Arbeit freiwilliger Rettungskräfte interessieren - einen besondern Zugang in diese Themenwelten geben.

Held*innen der Arbeit

Der geniale Simon Heimbuchner, der sich in die Bildwelten der Berge eingegraben und das gesamte Design realisiert hat.

Der Bergfex Sebastian Nachbar, der alle Fakten zur Bergwacht zusammengetragen hat und die Arbeit der Rettungskräfte aus dem Effeff kennt, denn er ist selbst als freiwilliger Bergretter tätig.

Unser Web-Developer Sebastian Bayerl, der nach der kräfteraubenden Bergtour gleich neue Herausforderungen bei den Kolleg*innen von BR Data angeht.

Die nimmermüde Katrin Nachbar, die unseren Laden organisatorisch zusammengehalten hat.

Und für die technische Realisierung der VR-Anwendung: das Team von straightlabs (Fabrizio, Antoine und Stefan), die alles aus Unity und der Oculus Quest herausholen.

Video: BR/Simon Heimbuchner mit Stefan Dorner

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Matthias Leitner
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Ich bin Autor & Digital Storyteller, Regisseur & Strategiedesigner — www.matthias-leitner.de