Post in der Inbox

Was gute Newsletter stark macht

💌💪💙

Ulli Herm
BR Next

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In der Medienbranche wird gerade ein Uralt-Format gehypt: der gute alte Newsletter. Nach der “Substackeritis” in 2020 steigt Twitter frisch ins Newsletter-Business ein, Facebook will nachziehen. Das sind Mediennews, die Anfang 2021 aufhorchen lassen. Clubhouse hin oder her…

Symbolbild für Newsletter des Bayerischen Rundfunks | @BR
Wir haben Post für Sie! Der BR bietet viele unterschiedliche Newsletter an | @BR

Das Comeback hat natürlich mit der Suche nach neuen Monetarisierungsmodellen zu tun. Paid Newsletter funktionieren in den USA offenbar schon sehr gut, auch bei uns gibt es inzwischen einige renommierte Medienschaffende, die die Bezahlschranke vor den Posteingang gelegt haben.

Direkt an der Haustür 📩

Symbolbild: BR Newsletter in Herzform | @BR

Auch für uns als öffentlich-rechtliches Medienhaus und unser Publikum sind Newsletter wie gemacht: Das Format “gehört” uns — anders als bei den klassischen Owned-Media-Produkten wie Website, Mediathek oder App erreichen wir die Menschen sehr direkt, sehr persönlich und natürlich auch immer öfter mobil. Newsletter-Abonnent:innen sind loyaler und wertvoller als jeder flüchtige Google Search-Kontakt.

Brand Awareness ist das Schlagwort — die Menschen schenken einer Marke Vertrauen und erlauben das Vordringen ins private Postfach. Inzwischen ist schließlich die Inbox der einzige Feed, den die Menschen noch selbst kontrollieren können (okay, außer bei Spam-Attacken).

Das allein ist für uns Grund genug, dieses dialogische Format wertzuschätzen. Der direkte Rückkanal ist wertvoll, so erreichen uns Fragen und Hinweise, Schelte und Wertschätzung der Abonnent:innen.

Strategie & Benchmark 🧭

Nun, was braucht ein Medienhaus in Sachen Newsletter? Eine Strategie! Ein zentrales Projektteam! Und ein modernes Tool!

Der BR beschloss bereits 2016, das Thema Newsletter neu anzugehen: Eigentlich wurde “nur” ein neues Tool gesucht, denn das alte war arg in die Jahre gekommen, zudem war das ganze “historisch gewachsen”, also eher gewuchert.

Endlich wurde evaluiert: Wie viele Newsletter gibt es, welche sind eigentlich sinnvoll, welche weniger, wo steckt Potential — kurzum: von rund 50 Newslettern blieben weniger als die Hälfte. Das tat manchem im Haus weh. Aber Loslassen ist wichtig.

Jeder Newsletter im BR braucht nun eine Strategie und gehört in den Verantwortungsbereich der Digitalteams: mit Zielgruppen- und Contentplan — mit KPIs und Benchmarks.

Für die Redaktionen im BR ein Umdenken: Weg von der Copy/Paste-Zweitverwertung hin zum kundenorientierten Marketinginstrument. Das zentrale Projektteam organisiert Workshops mit allen Beteiligten in den Redaktionen und beim Marketing und begleitet jeden (Re)Launch intensiv mit.

Gemeinsam werden definiert & vereinbart:

  • Zielgruppe
  • Konzept & Strategie
  • Verbindliche Benchmark (inkl. KPI)
  • inhaltliche Ausrichtung (inkl. Contentplan)
  • redaktionelle Workflows
  • Bewerbungs- & Marketingplan
  • Design-/Bildkonzept
  • Persönliche Ansprache/Absender
  • Versende-Rhythmus
  • Organisation Rückkanal
Am Beispiel Schmankerlpost
KPI (Key Performance Indicator) von Newslettern

Hybrides Team 🤝

Ein zentrales und hybrid organisiertes Team aus Technik, Design, Marketing und Redaktion wurde 2016 für die Umsetzung installiert — inkl. Abschaltung, Migration, Neupositionierung.

Der technische Relaunch wurde genutzt für Professionalisierung und Steuerung. Das neue Tool brachte neben responsiven Templates, Ad-APIs z.B. für Facebook Lead Ads, einen WYSIWYG-Editor und AB-Tests vor allem eins mit sich: Analytics!

Die Reports zeigen detailliert, was läuft und was eben nicht. Die Analysen beflügeln viele Newsletter-Kolleg:innen in den Redaktionen— manchmal ernüchtern sie auch. Aber dann steuert man um.

Süßes schlägt Saures 🍰

So war eine schnelle Erkenntnis zum Beispiel, dass Kuchenrezepte deftigen Schmankerln eindeutig beim Ranking überlegen sind: Unser Bestseller “Die Schmankerlpost” beliefert inzwischen mehr als 180.000 Menschen jeden Freitag mit den Wochenrezepten aus der Sendung “Wir in Bayern” im BR Fernsehen — fast immer mit Torten & anderen Leckereien als Aufmacher. Valide Zahlen vs. “Bauchgefühl”. Allein die Schmankerlpost bringt jeden Freitag mehr als eine halbe Million Visits für die Rezeptseiten auf BR.de.

Strategisches (Haupt-)Ziel ist die Conversion auf die eigenen Plattformen: Unabhängig von fremdgesteuerten Algorithmen bieten die BR-Newsletter den komfortabelsten Weg in unsere Welten.

Lange boten die BR Newsletter vorrangig Programmhinweise — vor den Sendungen. Conversion? Nicht messbar. Nun aber hat jeder Klick ein Ziel — und eine messbare Zahl.

Datenschutz, ein weiterer wichtiger Punkt: Für die BR-Newsletter ist schon lange vor der DSGVO DoubleOptIn (DOI) und anonymisiertes Tracking der Standard. Datensparsamkeit ist für uns Verpflichtung und USP zugleich — mehr als ihre Mailadressen müssen die Abonnent:innen uns nicht verraten.

Abmelden ist nur ein Klick. Ob Twitter und Facebook sich demnächst mit sowas begnügen, ist kaum vorstellbar.

Vorteil: der direkte Draht 🗳️

Natürlich, auch wir hätten gern mehr Datenmaterial, um unser Publikum noch zielgenauer zu beliefern. Wir nutzen lieber den direkten Draht für Umfragen: So wurden die Abonnent:innen des BR Mediatheks-Newsletter gefragt, ob sie kurze Beiträge oder ganze Sendungen bevorzugen (ganz klar: kurze Beiträge).

Der BR24-Newsletter startete mit rund 600 Test-User:innen, um den Launch optimal vorzubereiten. Die Strategie geht auf: Inzwischen bekommen rund 80.000 Abonnent:innen jeden Tag zum Feierabend die wichtigsten Meldungen des Tages frei Haus.

Die KPIs sind großartig: Öffnungs- und Klickraten stets um die 50 Prozent und mehr als 60 Prozent Mobilnutzung. Btw: Als Benchmark waren für das ganze Jahr 50.000 Abonnent:innen avisiert! Selbstredend, auch BR24 ist sicher einer der “Corona-Gewinnler.”

Aber wir haben den Menschen draußen zur richtigen Zeit das richtige Format geboten. Und diese brauchen offensichtlich auch in Homeoffice unseren Feierabend-Service.

Auch der Newsletter der Sportaktion LAUF10! fragte im Herbst 2020 das Publikum, welche Themen ihm gegen die Pandemie-Lethargie helfen würden. Hunderte beteiligten sich. Das Thema Fitness treibt viele Menschen um, rund 3.500 Neuabos konnten im Corona-Jahr generiert werden.

🙌 Inzwischen versendet der BR rund 2,5 Mio Newsletter pro Monat, allein BR24 mit dem werktäglichen Update macht 1,6 Mio Mails aus.📩

Werbebanner des quer-Newsletters mit Absender Christoph Süß

Persönlich punktet⭐

Was ist uns noch wichtig? Personality! — genau das steckt auch hinter dem neuesten Newsletter-Trend. Nach den eigenen Blogs, Vlogs etc. präsentiert sich nun Personal Brand in einer guten alten E-Mail.

Auch wir haben viele Redaktionen dahingehend überzeugt: Und so kommt der quer-Newsletter mit Absender Christoph Süß und Sebastian Winkler bzw. Jaqueline Belle grüßen mit dem BAYERN3-Newsletter.

Kuratierte Empfehlungen von profilierten Autor:innen, wie zum Beispiel von den Podcast-Entdeckern 🎧 oder vom BR24-Team, fördern Marken-Bindung und stärken Vertrauen. All das sind Hebel für unser Audience Development - denn auch bei den Newslettern geht es für uns als Öffentlich-Rechtliche immer um den optimalen Service für unser Publikum, den Menschen in unserem Land.

Bleibt abzuwarten, ob Twitter & Co dieser direkten und engen Verbindung Respekt zollen werden, und ob die kommerziell ausgerichtete Plattform-Logik dem Format Newsletter Schaden zufügen wird.

💡 Ulrike Herm gehört dem zentralen Newsletter-Projektteam des Bayerischen Rundfunks an, zuständig für Contentstrategie, Schulungen & Innovation.

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