Mehr als Business-Plattformen

Was geht auf LinkedIn und Xing

Reichweite, Relevanz, Employer Branding

Stefanie Gentner
BR Next

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Instagram, TikTok, Twitch — aber hey, was ist eigentlich mit LinkedIn und Xing. Die beiden Social Media-Kanäle haben durchaus Potenzial, entwickeln sich immer mehr von Business-Netzwerken hin zu Content-Plattformen. Der BR nutzt sie — nicht nur für Unternehmensdinge, sondern auch redaktionell. Das sind unsere Erfahrungen.

Photo by Greg Bulla on Unsplash

Früher haben sich die Leute bei Xing und LinkedIn angemeldet, weil sie einen neuen Job gesucht haben. Da hat sich einiges geändert: Klar, beide Plattformen verstehen sich als Berufsnetzwerk. Inzwischen sind sie aber mehr als bloße Lebenslauf-Datenbanken, manche sprechen schon vom “neuen Facebook” oder “Business-Instagram”.

Den Hype um die Plattformen hat vor allem auch Corona ausgelöst. Netzwerken im Berufsalltag hat sich verändert, heißt: Der virtuelle Austausch hat gegenüber dem physischen an Bedeutung gewonnen.

Entsprechend steigt auch die Promi-Dichte: So ist Ex-Kanzler Gerhard Schröder seit Kurzem auf LinkedIn, und auch Fußball-Profi Thomas Müller postet fleißig. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat im Juli 2020 in einem LinkedInLive gar Fragen zu den aktuellen Corona-Entwicklungen beantwortet.

Redaktionelle Chancen

Auch der Bayerische Rundfunk ist mit Ideen dabei und entdeckt die neuen alten Plattformen für sich. Zunächst haben wir natürlich sowohl auf LinkedIn als auch auf Xing ganz klassisch einen BR-Unternehmenskanal. Ein wichtiger Fokus sind an dieser Stelle die Themen Recruiting und Arbeitgeberwahrnehmung. Neben der Unternehmenssicht ergeben sich aber auch Chancen für redaktionelle Inhalte — hier sind wir mit drei Use-Cases am Start:

Jobstories

Seit März 2021 gibt es die Seite Jobstories auf LinkedIn. Sie flankiert den gleichnamigen Podcast, in dem die Jobcoach Gianna Possehl Klient:innen in allen Fragen rund um den Beruf unterstützt.

Für die User:innen gibt es Tipps zu Job-Themen — und zwar im Podcast genauso wie — redaktionell durchdacht und plattformgerecht aufbereitet — auf LinkedIn. Heißt: Das Format kann auf LinkedIn genau seine Zielgruppe erreichen. Und: Das Netzwerk ist dabei mehr als bloßer Vertriebskanal.

BR Next

Wir wollen zeigen, wie der BR in den verschiedensten Bereichen an seiner Zukunft arbeitet. Deshalb haben wir Anfang 2020 BR Next ins Leben gerufen. Dabei stellen wir seit dem Start fest: Mehr noch als auf Twitter erreichen wir auf LinkedIn die Menschen, die wir mit unseren Blog-Inhalten ansprechen wollen — Medienschaffende im und außerhalb des BR, Digitalpioniere und junge Kreative auch aus der Tech-Branche.

BR24

Mit der Nachrichtenmarke BR24 sind wir auf allen gängigen Social Media-Kanälen vertreten — was lange gefehlt hat: Xing und LinkedIn. Das hat sich im Frühjahr 2020 geändert — denn seitdem haben wir eine BR24-Seite auf Xing und liefern den User:innen dort täglich die wichtigsten Wirtschaftsnews. Fest steht: Organisches Wachstum ist auf Xing und LinkedIn im Moment noch gut möglich — allerdings auch eine Frage der Ressourcen.

So zeigt sich: Unsere Erfahrungen auf LinkedIn und Xing sind recht vielfältig. Gleichzeitig stehen wir teilweise noch ganz am Anfang und sind gerade dabei, die Plattformen für uns zu entdecken. Dabei packt uns LinkedIn übrigens mehr — weil es spannender, interaktiver, vielfältiger ist. Die Plattform hat einen Moment, heißt es.

Xing ist dagegen irgendwie weniger lebendig, komplizierter und fühlt sich nicht so nach Social Media an. Es gibt beispielsweise keinen klassischen Feed, keine Hashtags oder Vertaggungs-Möglichkeiten. Ein Relaunch soll noch in diesem Jahr geplant sein. Warten wir’s ab — hier kommen derweil ein paar Erfahrungen — mit Fokus auf LinkedIn:

1. Persönliche Profile sind King!

Wer auf LinkedIn erfolgreich sein will, darf die persönlichen Profile nicht außen vor lassen. “Wir wollen Austausch und eine Debatte”, sagt Sara Weber, die bei LinkedIn ein kleines Redaktionsteam für den DACH-Raum und Benelux leitet. Und das gehe vorrangig über die Menschen. Heißt: LinkedIn bevorzugt persönliche Profile — und zwar in gleich mehrerer Hinsicht:

- Der LinkedIn-Algorithmus spielt persönliche Profile präferiert aus.

- Die LinkedIn-Redaktion, die täglich Themen auf eigenen Nachrichtenseiten setzt, kuratiert — und pusht damit — lediglich Content von persönlichen Profilen.

- Es gibt Funktionen, die ausschließlich persönlichen Profilen zur Verfügung stehen, native Artikel oder Newsletter zum Beispiel.

Was heißt das konkret? Bei der Entwicklung des Jobstories-Podcasts war der Redaktion schnell klar, dass die Kombination mit LinkedIn gut funktionieren kann. Der Ansatz: Einen professionellen Auftritt starten, auf dem die Nutzer:innen mit Hintergrundinfos und weiterführendem Content zu den Podcast-Folgen versorgt werden können. Ein weiterer wichtiger Faktor: Mit den User:innen in Kontakt treten können.

Über den Jobstories-Kanal hinaus posten die Redakteurinnen und Jobcoach Gianna Possehl auch in ihren Kanälen und schreiben im Wechsel LinkedIn-Artikel zu den Themen, die im Podcast stattfinden. Die Kombination bringt Reichweite und Follower:innen-Wachstum. Wichtig dabei: Den Jobstories-Kanal vertaggen.

Handelsblatt auf LinkedIn. (Screenshot LinkedIn)

Handelsblatt, mit mehr als 370.000 Follower:innen einer der erfolgreichsten Kanäle- auf LinkedIn, macht das übrigens nicht anders. “Ich verbringe in meinem Job ziemlich viel Zeit damit, die Redakteur:innen immer wieder daran zu erinnern, dass sie ihre Artikel auch selbst posten sollen”, sagt Andreas Dörnfelder, Head of Social Media beim Handelsblatt.

2. Weniger Blabla — mehr Diskussion!

Sowohl Xing als auch LinkedIn setzen auf seriösen Austausch mit Mehrwert. Die Menschen treffen sich hier im beruflichen Kontext. Der Ton auf den Plattformen ist eher freundlich, die Diskussionen deutlich sachlicher und auch fundierter als beispielsweise bei Facebook — Stichwort Hatespeech und Fake-Accounts. Dabei geht es vorrangig um die Themen Wirtschaft und Karriere, aber — vor allem bei LinkedIn auch um Innovation, Digitalisierung, Trends im Allgemeinen.

Herzchen gehen immer! (Photo by Karsten Winegeart on Unsplash)

LinkedIn schraubt immer wieder am Algorithmus — und hat in letzter Zeit gerne Neues eingeführt, auch um den Austausch anzuregen. So gibt es inzwischen Daumen hoch-, Herzchen- und Applaus-Reactions, ebenso Hashtags und verschiedene Features, wie LinkedInLive, Newsletter, Umfragen oder — zuletzt ausgerollt — LinkedIn Stories.

Für eine gute Posting-Strategie gilt: Die Möglichkeiten nutzen und verschiedene Content-Formate spielen. Ein guter Post sorgt für Engagement und Interaktion. Heißt: Spitz formulieren und zur Diskussion anregen, CTA setzen, und ja: Emojis machen Spaß und erzeugen Aufmerksamkeit — auch auf einem vermeintlich seriösen Business-Netzwerk wie LinkedIn.

Außerdem: Maximal drei — am besten konkrete — Hashtags setzen. Und: Andere Profile vertaggen. Wichtig: Posts, die schnell viele Interaktionen auslösen, fallen auf und werden vom LinkedIn-Algorithmus gepusht. Geteilte Posts bekommen übrigens kaum Reichweite. Deshalb: Lieber selbst posten oder woanders kommentieren und liken.

Zur Posting-Frequenz lässt sich übrigens feststellen, dass weniger zumindest nicht von Nachteil sein muss. Die Halbwertszeit der Beiträge ist auf LinkedIn durchaus länger als beispielsweise bei Facebook oder Twitter. Heißt: Mit zwei bis drei Posts pro Woche ist man gut dabei.

Ein Beispiel aus unserer Praxis: Bei BR Next funktioniert (zumindest bisher) auch nur ein Post pro Woche, um die Sichtbarkeit der Marke zu stärken und einen regelmäßigen Follower:innen-Zuwachs zu erreichen.

Blick auf den Feed von BR Next im Mai 2021— ganz schön viel SXSW! (BR)

Eine Woche South by Southwest-Berichterstattung (17. bis 23. März), in der wir teilweise sogar mehrmals täglich gepostet haben, hat gezeigt: Das hat in dieser Woche kontinuierlich Views, Reads und Besuche auf BR Next gebracht, im Verhältnis zum Einsatz aber letztendlich keinen merklichen Effekt gehabt.

Tool-Tipp (nicht von LinkedIn selbst):

Mit diesem Chrome Plug-In findet ihr schnell heraus, welche Hashtags sinnvoll sind.

Eigentlich können auf LinkedIn ja nur persönliche Profile interagieren. Wer aber dieses add-on hinzufügt, kann auch als Unternehmenskanal liken, kommentieren etc.. Trotzdem: Wohl dosiert einsetzen!

3. Es gibt eine LinkedIn-Redaktion!

LinkedIn (Xing übrigens auch) hat eine eigene Redaktion. Was das für das Netzwerk und unseren Umgang damit bedeutet, haben wir im Februar 2021 erfahren. “Sollen Algorithmen beim Bewerbungsprozess mitentscheiden?” So lautete ein AI-Projekt, das der Bayerische Rundfunk zusammen mit dem Spiegel recherchiert hat. Das Thema wurde schnell bei LinkedIn aufgegriffen — allerdings nicht von uns, sondern in einem kurzen Post einer Userin.

Ihre Frage: “Soll das wirklich die Zukunft beim Bewerben sein?” hat zu zahlreichen Likes und mehr als 90 Kommentaren geführt. Schließlich ist die LinkedIn-Redaktion auf den Post aufmerksam geworden und hat ihn in ihren LinkedIn News kuratiert — was dem Thema nochmal einen Push und Extra-Reichweite verschafft hat.

LinkedIn (Photo by Greg Bulla on Unsplash)

Das Beispiel zeigt gut, wie das Netzwerk funktioniert: Ein für LinkedIn passendes Thema, eine Userin mit mehr als 15.000 Follower:innen, die eine Debatte anstößt — was dann wiederum dazu führt, dass die LinkedIn-Redaktion aufmerksam wird und das Thema nochmal pusht. So weit, so gut. Einziger Knackpunkt: Bei dieser Geschichte hatten wir rein gar nichts davon — weil die Userin in ihrem Post mit keinem Wort den BR oder BR Next erwähnt hat.

Was nehmen wir für die Zukunft mit: Im besten Fall identifizieren wir frühzeitig für LinkedIn passende Themen, lancieren diese selbst (auch auf persönlichen Profilen!) und halten Kontakt zur LinkedIn-Redaktion.

4. Achtung Ressourcen!

Wer auf LinkedIn oder Xing stattfinden will, muss das plattformgerecht tun — und das braucht Ressourcen. Da unterscheiden sich die beiden Netzwerke nicht von anderen Social Media-Kanälen.

Jobstories-Redaktion bei einem Team-Call. (Screenshot/LinkedIn)

Die Jobstories-Redaktion hat LinkedIn von Anfang an mitgedacht, sie sieht dort die Community für den Podcast. Heißt: LinkedIn ist mehr als bloßer Vertriebskanal. Es gibt einen Redaktionsplan für beide Ausspielwege, entsprechende Zuständigkeiten im Team. Neben dem Podcast bekommen die User:innen auf LinkedIn Zitattafeln, Bilder und auch längere Service-Artikel mit Tipps zu Themen wie Perfektionismus, Redeangst oder Wiedereinstieg nach der Elternzeit. Klar, das bedeutet Arbeit!

Gleiches gilt übrigens auch, wenn es darum geht, LinkedIn und Xing für die Distribution zu nutzen. Keine Frage: Beide Plattformen sind auch als Reichweitenbringer für Medieninhalte wie die von BR24 interessant. Ihre Nutzerzahlen liegen im zweistelligen Millionenbereich — das haben Newsmarken, wie Handelsblatt, Wirtschaftswoche oder Spiegel und die Süddeutsche Zeitung längst erkannt.

Ein wichtiger Punkt jedoch: Auch das braucht Ressourcen, wenn es gut sein soll! So sind wir mit BR24 bei Xing zwar mit einer Newsseite vertreten — schnell und unkompliziert via rss-Feed (was bei LinkedIn übrigens nicht so einfach umsetzbar ist). Heißt: Die Inhalte werden automatisiert über die BR24-Wirtschafts-Verteilseite ausgespielt — meist nur mit einem kurzen generierten Teaser. Damit sind die Basics erfüllt — allerdings nicht mehr.

5. Chancen aus Unternehmenssicht — Recruiting neu denken!

LinkedIn und Xing sind Business-Netzwerke — das ist besonders gegenüber den anderen Social Media-Plattformen. Denn: Nur hier richtet sich der Fokus auch auf Themen wie Recruiting und Image bzw. Arbeitgeberwahrnehmung.

Mit Maßnahmen des Employer Brandings kann sich der BR als interessanter und spannender Arbeitgeber darstellen und neue Talente finden. Das gelingt uns mit erfolgreichen Unternehmensseiten auf LinkedIn und Xing und der Innovations-Marke BR Next. Doch es geht noch besser, sagt Ute Maier, Senior Recruiterin im BR. Für sie gilt: Recruiting muss neu gedacht werden.

Recruiting 4.0, digital gestütztes Recruiting, heißt das Stichwort. “Wir wollen und müssen langfristig diverse Zielgruppen erreichen”, so Maier, und als Recruiterin spricht sie nicht für den Content-Bereich, der an dieser Stelle so oft im Fokus steht. Ihr geht es um neue gute Mitarbeitende für den BR.

Dafür braucht es eine Strategie! Maier und ihr Team arbeiten mit Hochdruck an einem Employer Branding Projekt, das voraussichtlich im Sommer/Herbst 2021 gestartet wird. Ein zentraler Punkt dabei: “Gerade in der IT, aber auch in vielen anderen Bereichen, erreichen wir nicht die richtigen Leute.” Dafür müsse man auf den entscheidenden — auch Social Media — Kanälen präsent sein. Ein wichtiges Netzwerk sei LinkedIn, mehr noch als Xing, betont Maier.

Das Thema Corporate Influencer:innen könnte ein nächster Schritt sein. Denn das ist auch ein Punkt: Jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin auf LinkedIn und Xing ist Teil der BR-Community, kann sich informieren und vernetzen — und im besten Fall auch das Image des BR stärken. “Man muss sie nur empowern”, sagt Maier. Womit wir wieder am Anfang sind: Persönliche Profile sind King!

Hinweis: Über die „Jobstories“ und das Employer Branding-Projekt werden wir demnächst nochmal ausführlicher berichten.

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