Instagram

Wie man junge Menschen für die Europawahl interessiert

Verena Fücker
BR Next
Published in
5 min readJun 6, 2024

--

Die Europawahl 2024 ist die erste, bei der in Deutschland schon 16- und 17-Jährige mitwählen dürfen. Aber was weiß die Gen Z eigentlich über Europa? Was will sie wissen? Und wie erreichen wir sie? Die News-WG hat dazu einen erfolgreichen Plan entwickelt — auf diversen Ebenen.

Als Journalist:innen werden wir manchmal themenmüde: Die Europawahl haben viele von uns schon mindestens einmal im Berufsleben miterlebt. So auch im Team der News-WG, dem jungen News-Instagram-Kanal des Bayerischen Rundfunks, der von PULS für BR24 produziert wird.

Deswegen war unser Plan eigentlich, nicht bei den Basics anzufangen, nicht zu erzählen, dass wir der EU zu verdanken haben, dass es jetzt einen einheitlichen Ladeanschluss für unsere Handys gibt.

Aber wir machen ja keinen Content für uns — sondern für unsere Community.

Deswegen haben wir als Vorbereitung für die Europawahl 2024 erst mal dort nachgefragt: Was interessiert euch eigentlich? Was wollt ihr zur Europawahl wissen?

Die ergebnisoffene Abfrage hat über Instagram Stories und über unser wöchentliches Feedback, das wir von einzelnen Follower:innen bekommen, stattgefunden.

Beim Wissen über die Europäische Union ist viel Luft nach oben

Heraus kam vor allem der Wunsch nach grundlegenden, einfachen Antworten: Was und wer wird da überhaupt gewählt? Treten bei der Europawahl Parteien an?

Und was ist mit diesen Fraktionen? Was steht in den Wahlprogrammen? Und was mache ich, wenn ich während der Wahl im (nicht-europäischen) Ausland bin?

Spezifischer waren Fragen wie „Gibt es einen Rechtsruck in Europa?“, die vereinzelt gestellt wurden.

1. Wir gehen bei der Umsetzung auf Zielgruppentrends ein

Schnell war klar: Wir wollen ein bis zwei große Inhalte — sogenannte Leuchttürme — um die wir andere, einfachere Inhalte herumbauen können.

Für unsere Leuchttürme ist ein kleines Team (Host Maximilian Osenstätter, Autorin Franziska Reeg) zur letzten EU-Sitzungswoche nach Straßburg gereist.

Inhaltlich haben wir uns von aktuellen Trends der Zielgruppe auf TikTok und Instagram inspirieren lassen. So gab es Reels mit der „ABC-Interviewchallenge“.

Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach: Frage und Antwort müssen sich in ihren Anfangsbuchstaben abwechseln — erst A, dann B, dann C und so weiter — bis das ganze Alphabet durch ist. Allerdings müssen dabei noch Inhalte vermittelt werden — und das ist gar nicht so leicht!

Ganzes Reel ansehen: https://www.instagram.com/p/C7OVTVlIfSx/

Diese Form funktioniert deswegen so gut, weil es kein klassisches Interview ist, das Politikprofis wie die Abgeordneten im EU-Parlament tagtäglich geben.

Stattdessen folgt das Format anderen, aber einfach zu erklärenden Spielregeln. Die Challenge fordert die Politiker:innen, macht sie aber auch nahbarer und vermittelt die Inhalte unterhaltsam.

Entstanden sind zwei Teile, bei denen Politiker:innen aller Parteien mitgemacht haben, die auch im Bundestag vertreten sind. Hinzu kam ein „Follow-Me-Around“ mit Challenge-Charakter.

Es soll im Parlamentsgebäude eine Sauna geben — ob Max die finden kann? Ein Vehikel für die Wissensvermittlung: Nebenbei sieht man nicht nur das Gebäude, sondern lernt auch verschiedene Player kennen, die es bei der EU gibt.

Ganzes Reel ansehen: https://www.instagram.com/p/C7BgLU0Ie84/

Auch wenn die Inhalte einfach umsetzbar scheinen: Allein in die Planung sind mehrere Wochen Arbeit von etlichen Teammitgliedern geflossen, damit wir journalistischen Anspruch, Ausgewogenheit, Wissensvermittlung und unterhaltende Elemente zielgruppengerecht und on Point umsetzen können.

2. Einfach mal klassisch den Bildungsauftrag erfüllen

Die „kleinen“, aber genauso wichtigen Inhalte haben unseren User:innen dann weitere Fragen beantwortet: Etwa in Form eines Instagram-Reels, in dem erklärt wurde, wer bei der EU gewählt wurde.

Oder ganz nutzwertig: Ein Servicepost, der bereits Anfang Mai gesetzt wurde, hat Menschen mit deutschen und anderen Pässen spezifisch erklärt, wie sie bei der Europawahl ihre Stimme abgeben können. So hatten sie noch ausreichend Zeit, um sich darum zu kümmern, dass mit den Wahlunterlagen alles klappt.

Wie bei jeder Wahl haben wir auch dieses Mal festgestellt: Wahlprogramme lesen sich die wenigsten Menschen durch, egal ob jung oder alt — die Infos, für was welche Partei steht, hätten sie aber trotzdem gerne.

Also haben sie auch das bekommen: Einen Post über Kleinparteien und einen Post darüber, in welcher Form sich die Parteien aus dem Bundestag auf EU-Ebene für Jugendliche und junge Erwachsene einsetzen.

Ganzen Beitrag ansehen: https://www.instagram.com/p/C7qnhRiI1I1/?img_index=1

Die Posts sind thematisch sehr spitz zugeschnitten. Das ist in solchen Fällen aber nötig, um bei unserer Community im Alltag anzukommen.

Themen, die sie dort betreffen, sind für sie oft wichtiger als solche, die die Schlagzeilen beherrschen. Ja, im Endeffekt haben wir damit klassisch unseren Bildungsauftrag erfüllt — aber in dem Fall eben auch genau die Bedürfnisse der Nutzer:innen.

Und nicht nur die unserer Community: Für das Projekt haben wir mit Instagram-Accounts junger ARD-Radiosender zusammengearbeitet. So gab es Co-Postings mit Fritz vom RBB, 1Live vom WDR und N-Joy vom NDR.

3. Die Zielgruppe im Real Life erreichen

Die News-WG geht auch immer wieder raus, auf Veranstaltungen, spricht mit Menschen vor Ort. Anderthalb Wochen vor der Europawahl waren wir auf der Tincon zu Gast, einer Konferenz für Jugendliche und junge Erwachsene rund um das Thema „digitale Jugendkultur“.

Unsere Hosts Minusch Afonso und Maximilian Pichlmeier haben dort mit Schüler:innen ein Quiz zur EU gespielt. Der Eindruck vor Ort: Es ist Interesse an der EU und der Europawahl vorhanden — aber es braucht Zeit, um den Jugendlichen alles zu erklären, denn das Wissen ist begrenzt.

Am Wahlwochenende wird dieses Quiz auch beim Musikfestival PULS Open Air wiederholt.

Die Europawahl hat noch nicht mal stattgefunden, aber wir sind schon zufrieden?

Auf jeden Fall — denn in den letzten Wochen hat das gesamte Team daran gearbeitet, die Bedürfnisse der jungen Zielgruppe zu bedienen. Kreativ, neu, besonnen auf unseren Kern: Nähe, Witz, Erklärkompetenz.

Dass sich das gelohnt hat, zeigen uns jetzt schon die direkten Rückmeldungen von Nutzer:innen, was sie an unseren Inhalten derzeit schätzen. Der 24-jährige Julian hat uns z. B. geschrieben: „Ich finde die Posts über die Europawahl sehr gut, da dort gut erklärt wird, wie die Wahl abläuft, was sie bewirkt, etc.“

Am Ende hat es doch ziemlich viel Spaß gemacht, „die Basics“ zu erklären. Und wenn wir damit bei der jungen Zielgruppe für mehr Klarheit und Wissen zur Europawahl sorgen, und vielleicht sogar noch ein paar mehr Argumente liefern konnten, am Ende auch wählen zu gehen, dann können wir zufrieden sein.

--

--

Verena Fücker
BR Next
0 Followers

Autorin und Planerin für die News-WG