Brand Safety: Wenn Haltung für Marken lebenswichtig wird.
Von Gerald Hensel, Partner Brand Safety & Digital Leadership bei PLOT
Was der sprichwörtliche Flügelschlag des Schmetterlings anrichten kann, erlebte diese Woche die Friseurkette Klier. Deutschlands größter Systemfrisör hatte einen syrischen Herrenfrisör eingestellt und mit einem Schild an der Ladentür in Zwickau vermerkt, dass der Flüchtling keine Damen schneiden würde.
Das Resultat war ein rassistischer Shitstorm in sozialen Medien, in dem das Unternehmen mit Boykottaufrufen und sehr viel Hass konfrontiert war. Die Kette, so der fast einhellige Vorwurf, würde vor muslimischer Intoleranz gegenüber Frauen einknicken. So kommentierten die PI-News unter dem Titel “Islam Apartheid bei Friseur in Zwickau”…
“…der wohlverdiente Shitstorm gegen den Laden blieb nicht aus. Handelte es sich hier doch ganz offensichtlich um Scharia-konforme Islam-Apartheid gegen Frauen. Ein syrischer Friseur, der nur Männer bedient gehört nach Damaskus und nicht nach Zwickau…”
Was war passiert?
Frisör Klier hatte einen syrischen Flüchtling eingestellt, der einfach keine Ausbildung zum Damenfrisör hatte. Ein Personalengpass zwang Klier dann ein — zugegebenermaßen mit viel bösem Willen doppeldeutiges — Schild aufzuhängen, das eben auch als Ausschluss weiblicher Kunden gelesen werden konnte.
Was sich wie eine Provinzposse um ein schlecht geschriebenes Schild in einer ostdeutschen Einkaufspassage liest, ist Teil eines viel größeren Problems: Brand Safety. Oder anders ausgedrückt: Wie Unternehmen immer wieder zum Spielball politischer Interessen werden und damit Unternehmens- und Imagewerte, Mitarbeiter und Investitionen gefährdet werden.
Lust auf ein Ratespiel?
Was geht Ihnen bei der Marke Lonsdale durch den Kopf? Wussten Sie, dass David Hilfiger von vielen Menschen aufgrund einer Fake-News-Kampagne von 1996 immer noch für ein Rassist gehalten wird? War Ihnen bewusst, dass die Menswear-Marke Fred Perry immer noch für viele eine “rechte Marke” ist, obwohl Fred Perry selbst ein jüdischer Tennisspieler war und das Unternehmen viel Geld in den Kampf gegen den Rechtsextremismus gesteckt hat?
Gerade in Zeiten sozialer Medien und der damit einhergehenden Massen-Mythenbildung in Echtzeit werden Marken anfällig für politische Angriffe. Doch Social Media ist nur ein Problem für “Brand Safety”. So bewies ein offener Brief des Guardian Chefredakteurs an Google im März, dass gerade Paid Media Prozesse im Sinne politisch sicherer Marken geplant sein wollen. “We are deeply concerned that our ads may have appeared alongside YouTube content promoting terrorism and hate”, sekundierte der Sprecher von AT&T gegenüber Google als klar wurde, dass Banner auf extremistischen Youtube-Videos erschienen waren. Der Grund: Googles Algorithmus hatte Banner auf extremistischen Videoumfeldern ausgespielt. Marken bekamen davon nichts mit, bevor es zu spät war.
Der Kontext zählt
Der Hauptgrund, warum Brand Safety jetzt zu einem so wichtigen Thema wird, ist simpel: Algorithmen platzieren Banner mittlerweile fast vollautomatisch, während Menschen sich in sozialen Netzwerken in Echtzeit um Themen, Marken und Inhalte bewegen. Beides zusammen ist spannend und eine großartige Chance für uns als Menschen und Unternehmen. Es bewirkt für die einzelne Marke aber auch Kontrolllosigkeit. Wer seine Banner vollautomatisch in einen beliebigen Kontext einsetzen kann, hat eben kaum noch unter Kontrolle, wie und wo seine Marke wirkt.
Das kann im besten Fall nur peinlich sein und im schlimmsten Fall einen echten PR-Gau auslösen. Context is King gilt heute eben nirgends so sehr wie in den zunehmend von Algorithmen bestimmten Umfeldern im digitalen Marketing.
Brand Safety ist Chefsache
Brand Safety ist zur Zeit fast nur ein Thema in Media-Umfeldern. Definiert als Praktiken und Tools, die sicherstellen sollen, dass eine Werbeanzeige zu dem Werbeumfeld passt, in dem sie ausgespielt wird, scheint sich die Diskussion um Markensicherheit zur Zeit fast nur um die Verlässlichkeit von Algorithmen zu drehen. Das ist ein Fehler. Brand Safety ist ein ganzheitliches Konzept, das deutlich größere Nähe zum Thema CSR hat als nur zur Aussteuerung von Werbebannern. Breit definiert, ist die PR-Strategie eines Unternehmens ebenso Teil von Corporate-Brand-Safety-Bemühungen wie Social Media, Paid Media und CSR — für uns die einzig logische Sichtweise auf dieses wichtige Thema.
Lassen Sie uns reden
Als Leadership Agency glauben wir bei PLOT, dass Brand Safety zur zentralen Bedrohung von Image- und Unternehmenswerten wird. Das Hauptproblem dabei: die “weichen” angreifbaren Punkte eines Unternehmens werden im Rahmen isolierter Angriffe nie ganzheitlich betrachtet. Das gilt es zu ändern im Sinne von Unternehmen und ihren Marken.
Guten Tag, mein Name ist Gerald Hensel und ich bin Partner bei PLOT. Als Stratege mit langjähriger Erfahrung mit digitalen Prozessen hatte ich schon vor meiner privaten Initiative #KeinGeldFürRechts gute Erfahrung mit Shitstorms rund um Marken und wie man ihnen entgegenwirkt. Seit letztem Jahr habe ich über die Wirkmechanismen von politischen Shitstorms gegen Unternehmen persönlich mehr gelernt als zuvor in meinem Leben. Bei PLOT bildet auch diese Erfahrung eine wesentliche Voraussetzung für unser Brand-Safety-Modell LUCA, mit dem wir jetzt die beraten, die Organisationen führen und Marken sichern wollen.
Zwei Events rund um PLOTs ganzheitlichen Brand Safety Ansatz und unser LUCA-Modell werden wir im August und September in Hamburg und Berlin durchführen. Bitte kontaktieren Sie mich, wenn Sie sich für eine Teilnahme interessieren. Und wenn Sie einfach nur ein erstes Gespräch zu diesem spannenden Thema suchen, freue ich mich natürlich auch auf eine Nachricht von Ihnen.
Dieser Artikel ist auch auf der PLOT-LinkedIn-Seite publiziert worden. Bitte folgen Sie uns auch da.
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