„Wir leben in einem Zeitalter der digitalen Nähe“

Das Jahr 2020 hat den weltweiten Retail ordentlich auf den Kopf gestellt. Durch die aktuellen Entwicklungen ergeben sich aber auch viele unerwartete Chancen und Potenziale für Marken und Unternehmen. Wir haben uns mit Antje Hundhausen, Vice President Brand Experience bei der Deutschen Telekom, getroffen und mit ihr über die neue Rolle von Kommunikationsunternehmen, das Verschmelzen der analogen und digitalen Welt sowie den neuen Frankfurter Flagship Store gesprochen, den wir von LIGANOVA aktuell gemeinsam mit der Telekom realisieren.

LIGANOVA
Business Bites
5 min readSep 7, 2020

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Ein schwarz-weiß Porträt von Antje Hundhausen.
Antje Hundhausen | Source: Telekom

Antje, wie hat das Jahr 2020 die Retail Experience Landschaft verändert?

Covid-19 hat Retailer weltweit hart getroffen und auch uns bei der Telekom gezeigt, dass wir uns diesbezüglich noch stärker verändern müssen. Wir haben bereits vor der Pandemie unsere eigene Retail Transformation angestoßen: Was zählt, sind die Erlebnisse im Store. Vor allem für unsere Produkte und Dienste, die nicht anfassbar sind, ist die direkte Begegnung wichtiger denn je. Gemeinsam mit LIGANOVA denken wir gerade den Flagship Store in Frankfurt neu und möchten — sofern in der aktuellen Situation möglich — einzigartige Berührungspunkte schaffen. Dazu haben wir unterschiedliche Erlebnisflächen kreiert, auf denen wir unter anderem unseren Partnern eine Plattform bieten oder unsere aktuellsten technischen Features wie beispielweise 5G ausstellen. Der Store verfügt zusätzlich über eine Coworking Area mit Hospitality, die zum Verweilen einlädt. Für einen lokalen Touch im Shop-Design wird der Store ein typisches Merkmal der Stadt Frankfurt aufgreifen — ein besonderes Interior-Feature, das wir auch in weiteren Stores umsetzen werden. Wir glauben generell besonders an hybride Modelle, die wir co-kreativ entwickelt haben und seit einigen Monaten mit Hilfe externer Partner testen. Dabei soll eine Plattform entstehen, die mehr Erlebnisse ermöglicht als das vor der Pandemie der Fall war. Es gibt nicht mehr den einen analogen Verkaufsraum, sondern vielmehr neue, hybride Verkaufsflächen.

Wie hat es die Telekom geschafft, während der Pandemie weiterhin erfolgreich zu agieren?

Viele Mitarbeiter sind aufs Homeoffice umgestiegen. Hier galt es, bewusst Räume zu schaffen, die einen virtuellen Austausch ermöglichen. Da wir in der digitalen Servicewelt Zuhause sind, haben wir sehr schnell gute Ansätze für ein neues Customer Care Konzept gefunden: Unsere Store-Mitarbeiter konnten auf diese Weise viele wichtige Service-Aktionen nahtlos übernehmen. Der Mix aus physischer und digitaler Präsenz wird künftig noch mehr an Bedeutung gewinnen. Wir leben in einem Zeitalter der digitalen Nähe. Um eine neue Form des Miteinanders zu schaffen, müssen endlich alte Verhaltensmuster aufgebrochen werden.

Welche Technologien sind wegweisend, um die digitale und analoge Welt miteinander zu verbinden?

Wir sehen bereits viele gute Lösungen auf dem Markt. Trotzdem fehlt der eine Anbieter, der das gesamte Spektrum abdeckt. Für mich persönlich hat sich der Videokonferenz-Anbieter Zoom in den vergangenen Monaten sehr bewährt, um trotz räumlicher Distanz eine gewisse Nahbarkeit zu kreieren. Übergreifend arbeiten wir aktuell eng mit externen Partnern zusammen, deren Konzepte schon jetzt sehr vielversprechend sind. Im gemeinsamen Schulterschluss sind wir gerade in einer sehr spannenden Testphase, um bereits bestehende Services auf das nächste Level zu heben. Eine tolle Entdeckung während der Suche nach geeigneten Partnern war das Startup Rooom aus Jena, welches aus dem Telekom internen Startup Programm TechBoost stammt und es Privatpersonen und Businesskunden auf einfache Weise und ohne spezielle Technik ermöglicht, eigene dreidimensionale Welten zu erstellen. Für unsere Initiative Digital X — eine Plattform für den Mittelstand rund um die Digitalisierung — arbeiten wir mit dem Kölner Startup Meetyoo zusammen, die sich auf die Umsetzung digitaler Events spezialisiert haben. Im Moment läuft vieles nach dem Motto „Learning by Doing“.

Kommunikationsunternehmen werden im “New Normal” eine bedeutende Rolle einnehmen müssen: Was sind dabei die größten Chancen und Herausforderungen?

Ein wichtiges Motto ist für uns heutzutage „Reset the Mindset“. Wir setzen momentan viele neue Konzepte auf, denn die vergangenen Monate haben uns gezeigt, dass vieles schnell veraltet ist. Unsere größte Chance ist die Digitalisierung selbst. Wir sehen uns dabei in der Rolle eines vertrauensvollen Wegbegleiters, der mit Software-Programmen die gesamte Gesellschaft unterstützt — Privatpersonen, Bildungseinrichtungen und natürlich auch unsere Businesskunden vom Großkonzern, Mittelstand bis hin zum Kleinunternehmen.

Wir geben uns erst zufrieden, wenn alle dabei sind.

Die größte Herausforderung besteht letztlich darin, jeden Einzelnen einzubinden und auf diese Reise mitzunehmen. Wichtig dafür sind der spielerische Umgang mit Tools, eine gesunde Offenheit und der Dialog zwischen den Generationen, um sich gegenseitig zu inspirieren und Ängste vor den digitalen Medien zu lösen. Wir dürfen mit Hinblick auf die Digitalisierung in keine Klassengesellschaft zurückverfallen. Um das zu verhindern, unterstützen wir unter anderem soziale Projekte, die sicherstellen, dass beispielweise auch Menschen mit weniger finanziellen Mitteln mit Software ausgestattet sind.

Marken identifizieren sich zunehmend über einen individuellen Brand Purpose. Welche Rolle spielt dabei die soziale und ökologische Verantwortung?

Einer der größten Meilensteine ist die #Dabei Bewegung, die 2019 mit #Dabei — Road to IFA und dem darauffolgenden IFA 2019 #Dabei Festival mit Talks, Live-Podcasts und Konzerten begonnen hat und nun weitergeführt wird. Mit diesen Veranstaltungen möchten wir einen spielerischen und unterhaltenden Zugang zur Digitalisierung bieten und nachhaltige digitale Bildung für alle ermöglichen — unabhängig von Gen Z, Mid Agers und Silver Society. Mit der Telekom Stiftung realisieren wir zudem viele Sonderprogramme im Bildungsbereich. Ein großer Schwerpunkt liegt unter anderem auf der Integration von Flüchtlingen ins Berufsleben. Möglich macht das unser Pilotprojekt „Praktikum PLUS Direkteinstieg“, das wir gemeinsam mit der Deutschen Post DHL Group, Henkel und der Bundesagentur für Arbeit aufgesetzt haben. Als ein führender europäischer Telekommunikationsanbieter wollen wir auch in Sachen Nachhaltigkeit Vorreiter sein. Daher haben wir vor langer Zeit unser Corporate Responsibility Programm We Care ins Leben gerufen, das im Alltag unserer Mitarbeiter anfängt und bis hin zu unserem nachhaltigen Smartphone-Kreislauf reicht, der das Recyclen von Smartphones ermöglicht. Dabei verpflichten wir uns zu verantwortungsvollem Handeln entlang unserer gesamten Wertschöpfungskette. Zudem unterstützen wir unsere Lieferanten partnerschaftlich dabei, nachhaltiger zu wirtschaften. Auch im physischen Retail wird sich das Thema künftig stärker widerspiegeln: Für unseren neuen Flagship Store in Frankfurt verwenden wir viele nachhaltige Materialien, die eine gewisse Beständigkeit haben. Langfristig möchten wir mit unserem We Care Programm noch stärker an die Menschen herantreten und ihnen zeigen, was wir neben unseren Produkten sonst noch alles anbieten. Wir geben uns erst zufrieden, wenn alle dabei sind.

Digitalisierung, Vernetzung & Virtualität — wie können Marken diese Komponenten bestmöglich kreativ miteinander verbinden, um einzigartige Erlebnisse zu kreieren?

Ich bin ein großer Fan von der kreativen Vernetzung unterschiedlicher Branchen und Bereiche, denn sie zeigt auf, was über das Bestehende hinaus möglich ist. Ein gutes Beispiel ist unsere Initiative Fashion Fusion, die sich rund um die Themen smarte Mode und Technologien dreht und eindrucksvoll zur Schau stellt, was herauskommen kann, wenn Kreative und starke Partner und Experten aus der Technologie und Modebranche sich zusammentun. Die Heatable Capsule Collection gemeinsam mit dem „stand alone“ Fashion Label AlphaTauri von Red Bull und Schoeller beweist, dass Technik zunehmend unsichtbarer wird und sich somit ganz subtil in unser Leben integriert. Das Besondere an der Kollektion ist, dass der Träger den Wärmegrad der Jacke oder Weste entspannt selbst via App steuern kann. Denn mit traditioneller Mode ist man immer entweder zu warm oder zu kalt angezogen.

Hier geht’s zur englischen Version dieses Artikels.

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