Mieterstromprojekte mit Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerken (BHKW) erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Auch in München gibt es bereits etliche laufende Projekte. Nun wurde erstmals bei einer größeren Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) mit 15 Eigentümern eine Photovoltaikanlage zur Belieferung der Hausbewohner mit kostengünstigem, eigenerzeugtem Solarstrom realisiert. Die Photovoltaikanlage trägt zur elektrischen Autarkie des Gebäudes bei und kann gleichermaßen die Wohnungseigentümer oder ggf. deren Mieter versorgen. Insofern muss der bekannte Begriff „Mieterstromprojekt“ hier allgemeiner als „Gebäudestromprojekt“ gefasst werden.
Vor zwei Jahren wurde das preisgekrönte Passiv-Mehrfamilienhaus der Lissi-Kaeser-WEG am Ackermannbogen in München neu bezogen. Das Passivhaus in Holzbauweise wurde von den Nest Architekten geplant und hat ein nach Süden ausgerichtetes, flach geneigtes Pultdach. Die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach wurde schon in der Planungsphase immer wieder diskutiert, denn mit der Solarstromanlage wird das Passivhaus zum Plusenergie-Passivhaus. Nur an der rechtlich einwandfreien und wirtschaftlichen Umsetzung hat es zunächst gehapert. Dank der Unterstützung durch Andreas Horn vom Ingenieurbüro Energiewendeplaner GmbH wurden dann ein geeignetes Betreibermodell gefunden, die Anlage geplant und realisiert. Jetzt freuen sich die Bewohner über den sauberen und günstigen Strom vom eigenen Dach.
Wichtig für den dauerhaften Erfolg von Photovoltaikanlagen auf Mehrfamilienhäusern sind zwei Faktoren: Ein möglichst hoher Anteil des Stroms muss direkt im Haus genutzt werden. Volleinspeisung ins Netz oder nur die Teilnutzung des Strom z. B. für den Allgemeinstrom sind wirtschaftlich nachteilig. Der Verkauf des Stroms an viele verschiedene Parteien im Haus erfordert aber ein geeignetes Mess- und Abrechnungskonzept. Im vorliegenden Fall wurde vom buzzn Team ein Localpool eingerichtet. buzzn übernimmt dabei die Komplettdienstleistung für die Einrichtung des Localpools und die laufende Verwaltung für den Photovoltaikbetreiber. Dieser wird nun „Energieversorger in der Kundenanlage“ und hat zahlreiche energiewirtschaftliche Pflichten (z. B. nach Energiewirtschaftsgesetz EnWG) zu erfüllen. Das schließt aus, dass die nur teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft gleichzeitig Anlagenbetreiber wird.
Erfahrungsgemäß ist es den Hauseigentümern wichtig, dass diese selber von der Solarstromanlage profitieren und möglichst direkten Einfluss auf die Photovoltaik-Betreibergesellschaft haben. Im vorliegenden Fall haben sich zehn solarbegeisterte Wohnungseigentümer zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammengefunden, um die Photovoltaikanlage auf ihrem gemeinsamen Wohnobjekt zu betreiben. Die beteiligten GbR-Gesellschafter haben dafür in der WEG-Versammlung ein Sondernutzungsrecht für die Dachnutzung erhalten. Ziel der GbR ist es nicht, hohe Gewinne zu machen, — die dann versteuert werden müssen –, sondern den Strom möglichst günstig an die GbR-Mitglieder zu liefern. So ist die GbR-Variante aus wirtschaftlicher Sicht optimal, allerdings erfordert diese Lösung auch das Engagement einiger GbR-Gesellschafter, die dann die Geschäfte der GbR führen. Andere Betreibermodelle sind genauso möglich: Geeignete Betreiber können lokale Bürgerenergiegenossenschaften oder Stadtwerke sein, aber auch Ökostromanbieter oder beliebige Dritte. Je nach Betreibermodell ist der finanzielle Nutzen für die Hausbewohner, die Mitbestimmungsmöglichkeit und der Aufwand unterschiedlich. Jede WEG wird hier — gute Beratung vorausgesetzt — jeweils ein passendes Betreibermodell für ihr Objekt finden.
Die GbR-Gesellschafter haben sich per Ausschreibung für eine Photovoltaikanlage mit Sunpower-Hochleistungsmodulen und SMA-Wechselrichtern entschieden, die von der Münchner Firma Hauser Solartechnik GmbH errichtet wurde. Die Anlage mit einer Spitzenleistung von rund 55 kW wird jährlich etwas mehr Strom erzeugen, als im gesamten Gebäude verbraucht wird. Somit ist auch noch genug elektrische Energie übrig, um später einen Stromspeicher für den Nachtbedarf nachzurüsten und perspektivisch die Elektrofahrzeuge der Bewohner in der Tiefgarage aufzuladen. 40 Prozent direkt im Gebäude verbrauchter Strom spart entsprechende Strombezugskosten und sorgt auf lange Sicht für die Rendite. Der übrige Strom wird an die buzzn Community geliefert. Notwendiger Reststrombezug (z. B. nachts und im Winter) wird ebenfalls über buzzn abgewickelt und stammt von den anderen buzzn Stromgebern. Dieser Community-Strom besteht aus einem hohen Anteil kleinteilig erzeugten BHKW-, Solar-, Wasser- und Windstroms. Sofern insbesondere die öffentlichen Netzentgelte weiter steigen, wirkt die Solarstromanlage während ihrer Nutzungsdauer als „Strompreisbremse“, denn die Kosten für den Solarstrom aus der eigenen Anlage sind fix und — insbesondere wenn die Anlage amortisiert ist — günstiger als der Strombezug aus dem Netz.
Originaltext: Pressemitteilung der Energiewendeplaner GmbH (veröffentlicht am 11.04.2016)
Foto: © Energiewendeplaner