Spielszene aus Fortnite

Facebook sollte Fortnite kaufen

child-authors
child
Published in
6 min readFeb 8, 2019

--

Fortnite ist ein Phänomen und auch wer es nicht spielt, oder gar keine Spiele spielt, sollte verstehen, warum es so erfolgreich war und ist und was es so erfolgreich macht(e). Weil es bei Fortnite nicht darum geht, nur Gaming zu durchsteigen, sondern ein Gefühl dafür zu bekommen, wo und wie im Web heute Wert entsteht. Bis zu dem Punkt, dass es schlüssig erscheint, wenn Facebook nach Instagram und WhatsApp nun Fortnite kaufen würde.

Ein paar Fakten zu Fortnite: Fortnite ist ein Computerspiel des amerikanischen Softwareentwicklers Epic Games, dass auf allen populären Plattformen gespielt wird, vom Gaming-PC über Konsolen bis hin zum iPhone. Die Entwicklung des Spiels begann 2011 und war ursprünglich als klassisches PvE angelegt, d.h. ein oder mehrere Spieler treten gemeinsam gegen Computergegner an. 2017 wurde das Spiel gelauncht und kurze Zeit später fast nebenläufig der Battle Royal Modus eingeführt; in den Patch-Notes, die die Spieler über Veränderungen im Spiel informiert, tauchte Battle Royal nur als einfacher Bullet-Point auf. Doch dieser Modus führte zu einer explosionsartigen Popularität.

Nur ein Jahr später hat Fortnite Battle Royal 200 Millionen registrierte Spieler und wird monatlich von 75 Millionen Menschen gespielt. In Top Monaten generiert das Spiel bis zu 318 Millionen Dollar Umsatz, 2018 machte Fortnite sagenhafte 3 Milliarden Dollar Gewinn. Das Besondere daran: Das Spiel ist Free-to-Play. Das heißt, dass Kernspiel ist kostenlos. Die Spieler kaufen nur kosmetische Items wie Emotes, Skins oder Gleiter.

Was hat das jetzt mit Facebook zu tun? Heute verstehen wir, dass Regulierungsbehörden die Übernahme von WhatsApp und Instagram durch Facebook verhindern hätten müssen. Zu mächtig und dominant ist Facebook heute. Aber im Nachhinein sagt sich das einfach. Zu dem Zeitpunkt war WhatsApp ein Messenger-Service, also keinesfalls als ein Soziales Netzwerk wahrgenommen und Instagram war eine Bilderplattform. Fortnite ist heute ein Spiel. Aber was ist es morgen, wenn es von Facebook gekauft werden würde?

Fortnite ist kein Spiel, das man spielt, sondern ein Ort, den man besucht

Es gibt viele sehr schlaue Abhandlungen, die beschreiben, das Fortnite nur auf dem ersten Blick wie ein Spiel für 12-jährige aussieht. Wir empfehlen diesen Artikel von Keith Stuart, der sehr gut beschreibt, das Fortnite eben kein Spiel ist, dass man spielt, sondern ein Ort ist, den man besucht.

Through a variety of clever design decisions, Epic has constructed a true digital Third Place, a hangout where players are given a huge amount of autonomy to seek out the experiences they want. As a child of the late 1970s and early 1980s, it hit me a few weeks ago that Fortnite feels like a skatepark. Or if you prefer, a drag strip. Or a surfing beach. Or a roller disco. It has a central function that draws people in, but more important, it provides a safe place to hang out, experiment, and mess around. To be free.

Fortnite macht, wo es geht, neugierig und belohnt mit Spaß. Bei anderen Spielen geht es in Erzählungen oft um Missionen, besondere Spiel-Kniffe, Kills, Achievements oder Überraschungen. Wenn Menschen von Fortnite reden, erzählen sie oft von Situationen, die sie erlebt haben. Das Fortnite-Narrativ klingt nach einem Tag im (Pleasant) Park.

Fortnite ist ein Betriebssystem für Popkultur

Ende Januar spielte der EDM-DJ Marshmello einen Gig in Fortnite. In anderen Worten: ein DJ gab ein Live-Konzert in einem Video-Spiel. Es gab viele Berichte darüber, dass so die Zukunft von Events aussehen, siehe hier und hier. In erster Linie ist es aber ein Beweis, dass Fortnite eine Destination ist, die so flexibel ist, dass sie zu einer Art Betriebssystem wird, auf der Dinge stattfinden können. Durch das Einbeziehen von Konzerten, Events oder Besuchen von Prominenten wie Drake schafft Fortnite ständig neue Relevanz. Schwer zu glauben: Für viele Kinder war das Event mit Marshmello das erste Konzerterlebnis ihres Lebens.

EDM DJ Marshmello gab ein Live-Konzert in einem Videospiel

Das nächste Social Network kann kein hübscheres Social Network sein, sondern muss die Regeln verändern, unter denen Menschen sich verbinden

child baut auch hübsche Keynotes

Dinge werden nicht durch etwas ersetzt, was die gleiche Sache kann, nur irgendwie besser, sondern durch etwas, das das gleiche Problem auf völlig andere Weise löst. Das nächste Social Network ist nicht schöner, bunter oder einfacher zu bedienen als Facebook, sondern knüpft aus ganz anderen Komponenten soziale Erfahrungen.

Erwachsene lachen über Fortnite, was sie nicht verstehen ist, dass die Zukunft oft wie Spielzeug aussieht. Wenn ein Erwachsenen-Gehirn die Zukunft erdenkt, kommt SecondLife heraus. SecondLife funktionierte vor allem deshalb nicht, weil es nichts wirklich zu tun gab in dieser alternativen Realität. SecondLife baute sich irgendwie schon eine Hartz IV Vision. Fortnite ist ganz anders, denn Gameplay ist Teil der Weltlogik dieser virtuellen Realität, statt Religion oder Erwerbsarbeit oder Arbeitslosigkeit.

In einer virtuellen Realität reichen keine Status-Updates, irgendwelche Restaurant-Check-ins und Babyfotos

Zu literarisch die eigene Mission übersetzt: so sieht die Social-Zukunft sicher nicht aus

Wer sich mit der Akquise von Oculus Rift durch Facebook beschäftigt hat, wird gemerkt haben, dass “Social” in der Virtuellen Realität eine ziemlich holzige Angelegenheit ist. Man sitzt sich als Avatare gegenüber und versucht, Geselligkeit zu simulieren. Die Demos auf der F8 Konferenz waren schon alle ganz beeindruckend und gaben einen guten Eindruck, was möglich ist. Aber die Situationen waren so formal, dass sie allesamt an Arbeitsmeetings erinnerten und man sich die ganze Zeit fragte, warum das nicht von Skype kommt.

Facebook hat heute sowas wie eine Inhalts-Latenz. Was meint, dass nie alle Freunde gleichzeitig online sein müssen, damit Facebook oder Instagram irgendwie Sinn machen. Abgesehen von Live-Videos kann man mit Inhalten wie Posts, geteilten Bildern, Stories, Links und so weiter in der Zeit reisen, die Inhalte verlieren nicht an Wert, weil sie ein paar Stunden alt sind. Aber was ist Facebook Wert, wenn immer alle gleichzeitig anwesend sein müssen? Ein neues Facebook kann nicht funktionieren wie das alte Facebook, nur irgendwie besser, sondern muss die Struktur, aus der das soziale Miteinander ist, neu zusammensetzen.

Facebook sollte Fortnite kaufen

Was Fortnite da gerade baut, ist zweifellos die Zukunft des Online Gamings, der virtuellen Realität und auch der sozialen Interaktion im Web. Facebook sollte Fortnite kaufen, weil Fortnite die Interaktionsdynamik einer virtuellen Welt bietet, auf der Facebook das Verbinden mit Freunden erleichtern kann, auf der es einfacher wird, sich zu verabreden, Erlebtes zu teilen oder sich darüber zu unterhalten, was man erleben möchte. Viele einzelne Facebook-Feature sind eigene Multi-Millionen-Dollar-Firmen im Gaming-Bereich, Discord zum Beispiel ist Facebook-Messenger für Gamer.

Kauft Facebook Fortnite, könnte es auf einer bestehenden und funktionierenden Architektur mit dem Wissen über die Nutzer beginnen, eigene soziale Räume zu schaffen, sozusagen Level-Design mit Insights über die Nutzer. Ein bisschen wie Netflix, das versteht, was Menschen gerne sehen und wann sie etwas nicht mehr sehen wollen, um daraus bessere Unterhaltung zu machen. Das würde aber bedeuten, dass Facebook damit beginnt, etwas für Nutzer zu schaffen und nicht für Werbekunden.

child kollaboriert mit ambitionierten Unternehmen, um sie bei der Digitalisierung durch radikale Vereinfachung von Null auf Eins zu bringen.

Sag Hi: hi@child.team

--

--

child-authors
child
Editor for

central account of all writers @child-studio