Verschwörungserzählungen sind destruktive Affirmationen — Teil 2

Das Denken und seine Schlussfolgerungen allgemein betrachtet — wie auch in Verschwörungserzählungen

Chili Prepper
Chili Prepper’s Sauce
6 min readFeb 6, 2024

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Ein essenzieller Baustein der Verschwörungsgeschichten sind Schlussfolgerungen. Der Philosoph J. Krishnamurti hat auch hier seine eigene Herangehensweise.

Eigene Übersetzung

Krishnamurtis Denken zeigt sich hier in dieser Aussage im totalen Gegensatz zu unserer Gesellschaft stehend. Und ich gebe zu, dass es schwerfällt, die Richtigkeit dieses Satzes zu erkennen, wenn man voll von Schlussfolgerungen ist.

Auch fällt es schwer zu sehen, wie man lernen kann, ohne Schlussfolgerungen, aber wir müssen diese Aussage hier nicht in der Tiefe ergründen, es reicht, wenn wir sie nur oberflächlich betrachten.

Das Glauben in Verschwörungen basiert auf Schlussfolgerungen! Diese Geschichten gehen, wie zuvor besprochen, die Menschheit ist unterdrückt, versklavt und manipuliert von bösen Mächten. Das ist der Blickwinkel auf die Welt von manchen Menschen.

Wir alle haben so unsere Weltsicht, mehr oder weniger und der Grund dafür ist, dass wir in Sicherheit leben möchten, worüber wir ja auch schon ein wenig im ersten Teil des Artikels gesprochen haben. Wir sehen uns die Welt an und arbeiten uns, auf der Basis unseres Verständnisses, Schlussfolgerungen heraus, wie diese so funktioniert. Aus dem Grund heraus, weil wir denken, je besser wir die Welt verstehen, umso besser können wir mit ihr umgehen. Aus diesem Wissen heraus, agieren wir mit Handlungen, basierend auf unsere Schlussfolgerungen und hoffen, dass wir damit so erfolgreich sind, wie wir eben sein möchten.

Courtesy by John Hay, pixabay

Diese Schlussfolgerungen sind abgespeichert und gelagert in unserem Gehirn und sind zugehörig zum Bereich Wissen. Wissen, welches wir über die Welt angehäuft haben. Aufgrund dieses Wissens leben und operieren wir in der Welt. Dieser Prozess ist der gleiche, egal ob wir der verrückteste Verschwörungsfreak sind oder der am besten angepasste Mensch. Das ist die Art und Weise, wie der heutige Mensch in der Welt lebt, mit eben seiner Weltsicht.

Das Problem mit Schlussfolgerungen ist, haben wir Schlussfolgerungen, so haben wir keinen Grund mehr, uns die Gedanken und Erkenntnisse anzusehen, auf denen diese Schlussfolgerungen basieren. Aus dem alleinigen Grund, weil wir denken, wir haben die Wahrheit der Sache gefunden und könnten sie damit abschließen. Aber dieses Abschließen, ist Stillstand, wir müssen es Schlafen nennen. Weil wir nicht mehr wirklich wach sind in diesem Bereich. Wir haben die Antwort gefunden, haben damit auch keinen Grund mehr tiefer oder neu und mit einem frischen Blick und Ansatz diese Gedanken, die zu unserer Schlussfolgerung geführt haben, anzusehen. In Zukunft werden wir nur wiederholen und wiederkäuen, was wir einmal herausgefunden haben.

Das ist das Gefährliche. Altes Wissen wird auf diese Art und Weise abgerufen und wenn wir nicht bewusst sind, dann werden wir dieses alte Wissen auf alles Neue, dem wir in der Zukunft begegnen, projizieren und auf alles, was in das gleiche Muster passt.

Das geschieht, wenn wir von einmal gefundenen Schlussfolgerungen aus die Welt betrachten. Freiheit in der Betrachtung der Welt ist essenziell, ansonsten gibt es keine Klarheit.

Gefundene Schlussfolgerungen schließen diese Klarheit aus, wenn wir nicht in der Lage sind, diese loszulassen. Denn das ist der einzige Weg zurück zur Betrachtung der Dinge aus einer unabhängigen Freiheit heraus.

Das ist etwas, was Verschwörungstheoretiker nicht tun. Sie sehen überall Verschwörungsgeschichten und egal, wohin sie sehen und überall werden sie in ihrem Glauben bestärkt. Sie haben sich eingeschossen, verbleiben in ihrer Spur, die sie sich gefräst haben und leben damit in ihrer Blase. Es würde auch eine Blase sein, wenn ihre Hypothesen wahr wären. Glaube und Vorstellungen sind nicht die Realität, auch wenn diese in der Realität stattfinden. Glaube und Vorstellungen sind nur Realitäten in unseren Köpfen und damit Illusionen. Mehr oder weniger zutreffende Illusionen, oder einfach ausgedrückt, sie sind nur das Denken. Aber daneben gibt es noch eine wirkliche Welt. Wenn man sich all das genau anschaut, dann muss man feststellen, dass unser Denken uns von dieser wirklichen Welt trennt. Was sich verheerend auf unser Leben auswirkt!

Eines muss zugegeben werden. Das Gehirn braucht Sicherheit, damit es vernünftig arbeiten kann. Aber dafür ist es nicht notwendig, dass es in fantastischen Welten lebt oder überhaupt in anderen Welten. Nach Krishnamurti kann auch der Faktor Furcht im menschlichen Geist verstanden werden, aber das ist ein Thema, dem wir uns vielleicht ein anderes Mal widmen.

Bleiben wir noch bei Krishnamurti und betrachten wir noch mal eine Aussage von ihm.

‘Education and the Significance of Life’, J. Krishnamurti — eigene Übersetzung

Dieser Satz ist gültig für alle von uns, ob wir an Verschwörungen glauben oder nicht. Von Krishnamurti Sicht aus gesehen, gibt es keinen großen Unterschied, ob man Verschwörungsgläubiger ist, oder Christ, Moslem, Marxist, Sozialist, Liberaler, Nihilist, Esoteriker, Nationalist, oder sonst ein Ideologe oder einfach ein normaler Mensch, was immer auch das für Leute sein mögen.

Obwohl wir den ganzen Tag denken, sind wir gedankenlose Menschen und das ist der Grund, warum die Welt in diesem Zustand ist. Wir werfen um uns mit Phrasen, von denen wir nicht wissen, welchen Bezug sie zur Realität haben. Unser Denken ist immer das gleiche, weil unser Wissen begrenzt ist und wir denken, dass wir die Wahrheit haben, selbst wenn wir uns in einer Spur festgefressen haben.

Aber manche von uns versuchen aus ihrer Verwirrung heraus unsere fehlerhaften Demokratien zu zerstören, sie verbreiten Chaos, indem sie Falschinformationen und Gerüchte streuen. Dazu versuchen sie mit ihrer täglichen Affirmation des Gottes Chaos, ihn zu materialisieren, damit er sein furchtbares Reich erschaffen kann.

Aber wieso machen sie das? Sie machen das, weil etwas fundamental falsch ist, wie Menschen denken und dazu kommt, dass die Art und Weise, wie manche von uns denken, ein totaler Witz ist. Ihr Denken ist nahezu frei von gesundem Schlussfolgern. Der einzige Grund, warum diese zu einer richtigen Schlussfolgerung kommen, ist, wenn sie Glück im Denken haben. Aber Denken ist eine Kunstform. Wenn man eine Person ist wie der Autor und sich so oft in andere Welten verrannt hat wie er, dann hat man Gründe, dass das eigene Denken so scharf und präzise wie möglich ist. Weil man leidvoll erfahren hat, dass sich selbst etwas vorzumachen immer mehr oder weniger Leiden erschafft. Der Autor hat für persönlich erschaffenes Leiden keine Zeit mehr übrig und versucht es nach Möglichkeit zu minimieren. Präzises Denken verhindert Leiden. Aber das bedeutet auch, dass unnötiges Denken vermieden wird, weil man mit einem Verweilen im Sein immer mit dem Urgrund verbunden ist und damit mit Menschen, Lebewesen und der Natur.

Natürlich bin auch ich manchmal verloren in meinen Gedankenwelten und habe eine schwierige Zeit da heraus zu kommen. Aber das Furchtbare ist, dass viele Menschen zu unbewusst leben und nicht einmal wissen, dass es einen Ausgang gibt aus der Welt des Glaubens, der Schlussfolgerungen, der Urteile und vor allem, aus der Welt des konstanten Gedankenflusses.

Deswegen ist es wichtig, dass wir alle zu dem Check-in der Realität gehen. Im Hier und Jetzt. Alle. Genau jetzt! Aber nur wenn es euch passt, es bleibt eure Entscheidung. Die Menschheit hat nur eine Option und das ist die, dass wir unseren Scheiß herunterladen. Anders können wir uns nicht von ihm befreien! Solang wir unseren Scheiß, täglich, dauerhaft, in die Cloud hochladen und dann dort unseren Kopf hineinstecken, ist es ist kein Wunder, dass wir ständig jammern und uns beschweren.

Die Prozesse unseres Geistes zu verstehen, ist die einzige Weise, uns von ihnen zu befreien. Ansonsten wird irgendwann unsere Scheißwolke in einen Ventilator wabern und wir werden es alle schrecklich bereuen. Das klingt negativ? Wenn man das Potenzial der menschlichen Selbstzerstörung betrachtet, dann muss man das, die Realität nennen.

Was einfach abgewertet werden kann als bloßes Verschwörungsdenken, ist, wenn man es genauer betrachtet, nicht unähnlich dem, was in unseren eigenen Köpfen abgeht. Es ist der gleiche Prozess. Auch wenn wir meinen glücklicher mit unserem eigenen Denkprozess zu sein und denken, die Dinge genauer zu sehen als durchgeknallte Verschwörungsfreaks. Doch deswegen sollten wir uns nicht auf die Schultern klopfen, weil wir auf die genau gleiche Art und Weise, wie diese im Denken verfangen sind und deswegen in Illusionen leben.

Wenn ihr nun meint, wir hätten, dass Thema ausgiebig erörtert, dann habt ihr euch getäuscht. Es gibt noch etwas, was wir betrachten müssen und das ist „la Résistance“, aber dazu mehr im nächsten Teil.

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Chili Prepper
Chili Prepper’s Sauce

Karma is a burning rosette, because of too much Sambal Oelek. I like topics about meditation, zen, psychology, politics and art. Special interest Krishnamurti.