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Wie du vom Flaschenhals zum Katalysator von Entscheidungen wirst.

Christian Stocker
Collaboration Mag
Published in
3 min readJan 7, 2020

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Wir alle kennen die Situation: Unser Projekt ist mit viel Elan gestartet, aber seit ein paar Wochen ist der Wurm drin. Schlüsselpersonen sind kaum verfügbar und zieren sich, Entscheidungen zu treffen.

Dank deinem schwarzen Gürtel in Projekt-Planung hast du zwar jede notwendige Entscheidung antizipiert und Termine dafür Monate im Voraus blockiert. Aber hellsehen steht nun mal weder in deinem CV noch in deiner Jobbeschreibung und die neueste Wendung in deinem Vorzeige-Projekt ist genauso überraschend wie kurzfristig rein gekommen. Rasche Entscheidungen sind also gefragt, doch die Kalender der Entscheidungsträger*innen sind auf Wochen hinaus ausgebucht.

Schlimmer noch: Nicht nur das Projekt stockt, auch dein Antrag für eine Weiterbildung oder Auszeit ist auf der langen Bank parkiert. Kommt dir bekannt vor?

Entscheiden, eine Management Kompetenz?

Das Treffen von Entscheidungen wird auch heute noch oft mit leitenden Stellungen assoziiert. Tatsächlich wird diese Aufgabe in der Management Literatur als eine der Schlüssel-Kompetenzen beschrieben. Der Prozess der Entscheidungsfindung wie auch die dafür notwendigen Grundlagen sind ausführlich dokumentiert. Instrumente wie Risk Maps, Szenarien, Impact Analysen etc sollen uns erlauben, die bestmöglichen Entscheidungen auf Grundlage von Daten zu treffen.

Die Krux daran: Unsere Welt bewegt sich immer schneller und unsere Projekte komplexer. Im Alltag führt das zu einer steigenden Anzahl Entscheidungen, die auch noch immer komplizierter sind. Wer soll da noch den Durchblick behalten? Wen verwundert es also, wenn Entscheidungsträger*innen gefragte Personen und freie Slots in ihren Kalendern rar sind?

Entscheidungsfindung in flachen Hierarchien

In jüngerer Vergangenheit haben Organisationen begonnen, dieser Situation durch flache Hierarchien und verteilte Entscheidungskompetenzen zu begegnen. In Bezug auf die Entscheidungsfindung erhoffen wir uns dadurch zwei Vorteile:

  1. Teams weisen typischerweise eine höhere Spezialisierung auf als ihre Vorgesetzten. Damit versuchen wir der Komplexität Herr zu werden.
  2. Wenn weniger Entscheidungen bei einer einzelnen Person gebündelt sind, müsste das zu einer höhere Geschwindigkeit führen.

Soweit so gut, nur ist es mit dem Delegieren von Verantwortung alleine nicht gemacht. Entscheiden will gelernt sein. Das gilt umso mehr, wenn mehr als 1 Person an einer Entscheidung beteiligt ist und wir den Konsens der Mehrheitsentscheidung vorziehen. Die Yale University beschreibt in einer Publikation 5 unterschiedliche Entscheidungswege und ihre situative Anwendung. In zwei der beschriebenen Fällen wird dabei die Entscheidung durch das Team gefällt.

Von der direktiven zur kollektiven Entscheidungsfindung

Das Positive vorneweg: Der Wert von kollektiver Entscheidungsfindung wurde in verschiedenen Studien untersucht. Teams entscheiden oft besser als Einzelpersonen. Kurz zusammengefasst können sie auf ihre kollektive Intelligenz zurückgreifen und komplexe Gegebenheiten damit besser überschauen. Und wenn die Datengrundlage ungenügend ist, so können sie auf einen breiten Erfahrungsschatz zurückgreifen: Ihre kollektive Intuition, lässt sich im Team ansatzweise validieren und reflektieren, während die Intuition einer Einzelperson ein Bauchgefühl bleibt.

Doch kollektive Entscheidungsfindung birgt auch ihre Gefahren: Beispielsweise verleitet Gruppendenken Teams dazu, die Harmonie höher zu gewichten als das Resultat eines Projekts. Teams können durch manipulative oder dominante Kräfte in Richtungen gelenkt werden, die dem Team oder Projekt unter Umständen schaden.

Aber wie können wir von den positiven Aspekten der kollektiven Entscheidungsfindung profitieren und gleichzeitig deren Gefahren umschiffen?

Die oben beschriebene Publikation beschreibt den Weg der kollektiven Entscheidungsfindung unter dem Begriff Facilitate und verweist damit auf eine neue Rolle im Entscheidungsprozess: Ein Facilitator als neutrale Person, die den Prozess der kollektiven Entscheidungsfindung gestaltet.

Darin sehen wir die Rolle von zukünftigen Leadern im Thema Entscheidungsfindung: Nicht als Flaschenhals für Entscheidungen, sondern als Facilitator, der das volle Potential von selbstorganisierten Teams, agilen Setups und flachen Hierarchien entfalten kann. Diese Person treibt Entscheidungen voran und sorgt dafür, dass Teams befähigt werden, ihre kollektive Intelligenz und Intuition zu nutzen um bessere Entscheidungen zu fällen.

Damit beschleunigt sie verschiedene Entwicklungen, die für funktionierende selbstorganisierte Teams unabdingbar sind. Zwei seien hier stellvertretend genannt:

  • Servant Leadership: Die Transformation von der Führungskraft zum Leader und Coach, der Teams befähigt und sie auf ihrem Weg optimal unterstützt.
  • Selbstorganisierte Teams: Die Fähigkeit von Teams, als Kollektiv die Ownership und Verantwortung für Themen und Projekte zu übernehmen und diese gemeinsam zu tragen.

Möchtest du wissen, was ein Facilitator im Detail tut? Stelle uns deine Fragen gerne hier in den Kommentaren. Oder besuche unsere Website und schau dir unsere Kursbeschreibung zum Thema Facilitation & Process Design an.

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Christian Stocker
Collaboration Mag

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