3. Comic Satellit Frankfurt

Eve Jay
COMIC SATELLIT
Published in
6 min readOct 28, 2017

Independent Comic auf der Frankfurter Buchmesse

©2017 EVE JAY.DEsign

Im Rahmen des 3. Comic Satellit Frankfurt waren Künstler, Selfpublisher und Verlage aus dem Independent Comic Bereich eingeladen, sich auf einem Gemeinschaftsstand der Comic Solidarity von der Interessengemeinschaft vom 11. bis 15. Oktober dem Weltpublikum repräsentieren zu lassen. Das Angebot nahmen der Jaja Verlag, Rotopolpress, Zwerchfell und das dt.-frz. Forum junger Kunst, sowie eigenständige Künstler an. Organisiert wurde die große, in Regenbogenfarben gestaltete Fläche der Frankfurter Buchmesse Halle 4.1, Stand A76 von Eve Jay in Zusammenarbeit mit Peter Diemer, Jeff Chi, Dominik Wendland und Jonas Röhrig, sowie den Mitausstellern von JAZAM! (Adrian vom Baur, David Koslowski, Nico Simon) und Mondo (Tim Gaedke).

Nico Simon (JAZAM!, links), Eve Jay (Mitte), Jeff Chi (Mondo, Spinken, rechts); Foto: http://fraufenster.net/
Zweiter Messetag, 8:30 Uhr, kurz vor dem Besucheransturm: Die Regenbogenfarben des 3. Frankfurter Comic Satelliten auf einen Blick. Gelb: Jaja Verlag; Orange: Rotopolpress; Pink: Mondo, Chi, Wendland, Rietzl; Violett: Gemischte Independent Veröffentlichungen (Boller, Pengboom Society, Schick uvm.); Dunkelblau: ICOM Gewinner; Hellblau: JAZAM! und vom Baur; Foto: Eve Jay

Signalwirkung in Regenbogenfarben

Das Konzept beinhaltete neben der Buchaustellung, Signiertischen und der Infotheke einen Workshopbereich, der an allen Tagen für Besucher geöffnet war und durch Dominik Wendland über “Form und Inhalt” Comic in Eigengestaltung erlebbar machte. Der Künstler, der noch dieses Jahr sein Werk “Tüti” beim Jaja Verlag veröffentlicht, hatte ein flexibles Curriculum vorbereitet.

Dominik Wendland (links Mitte) bringt jeder Altersgruppe die sequenzielle Erzählung näher; Foto: Eve Jay

Wendland arbeitete im Verlauf der Messe mit Interessenten verschiedenster Herkünfte und Altersgruppen. Von jugendlicher Neugier, studentischer Suche nach Beratung, bis hin zur Experimentierlust von Senioren gab es vielfachen Anlass, sein kostenloses Angebot anzunehmen.
Der Workshopbereich fand vor dem frei nutzbaren Hintergrund einer weiß folierten Wand statt, auf der sich Künstler und Besucher gleichermaßen ausdrücken konnten.

Das Angebot wurde auch von jüngeren Messegästen wahrgenommen, die “endlich mal auf die Wand malen” durften. Foto: Eve Jay

Wichtig war den Ausstellern die Abbildung der Vielfalt des Comicbereichs. Hierzu stellte ICOM-2017-Jurorin Eve Jay die Einreichungen zur Ansicht zur Verfügung und kennzeichnete die Gewinner des ICOM 2017, sowie weitere wichtige Werke der vergangenen Jahre aus dem Privatfundus wie Maximilian Hillerzeders “Als ich mal auf hoher See verschollen war” (Edition Kwimbi) und Yi Luos “Running Girl” (Reprodukt), sowie viele sogenannte “Kopierheftchen” (Eigenproduktionen geringer Stückzahl, geklammert) aus der Community.

Die Reaktionen der Besucher reichten von “Was es alles gibt!” über “Kann ich so etwas im Buchhandel kaufen?” zu “Ich bin überwältigt!”.
Die Künstler präsentierten ihre Arbeiten in Form von Lesungen und Talks auf verschiedenen Bühnen wie z.B. der Kids Stage und der Selfpublishing Bühne in der sonst den großen Verlagen vorbehaltenen Halle 3.0.
Es fanden durchgehend Signierstunden von insgesamt über 15 Künstlern statt, die für die Abgeschiedenheit der Standposition durchschnittlich gut besucht waren.

Signierende Künstler: Anna-Maria Jung, Said Omar Eshaq, Adrian vom Baur, David Koslowski; Foto: Eve Jay

Comic in Frankfurt

Entgegen der veralteten Beschilderung findet in Halle 3.0 der Frankfurter Buchmesse außer bei Lappan und an verschiedenen Kinderbuchständen kein “Comic” mehr statt.

Hierzu Christian Maiwald 2016: http://www.dreimalalles.info/news/buchmesse-frankfurt-ende-des-gemeinschaftsstands

In der Halle 4.1 waren Reprodukt und Avant, sowie Knesebeck und Cross Cult vertreten. Während der frühere Comicbereich, der vor allem auf frankobelgische und US-amerikanische Inhalte und Lizenzprodukte baute, als Gemeinschaftspräsentation eingestellt wurde, boomt der Nachwuchs neben dem deutschen Independent Bereich vor allem in der deutschen Mangaszene.
Die in die 1.1 umgezogene “Cosplay Corner” präsentierte am Wochenende Mangakünstler und gewohnt buntes Treiben mit zunehmenden Besucherzahlen. Die Deutsche Cosplaymeisterschaft wurde zum 10. Mal von der Buchmesse ausgerichtet.

Der “Comic Satellit” bietet sich zum Teil als Alternative zum eingestellten Comic Gemeinschaftsstands der Frankfurter Buchmesse an, vertritt dabei jedoch gemäß dem Motto der Comic Solidarity “Raum für Comic” primär die Interessen der Künstler vor denen der Verlage, und richtet sich dabei stärker auf Präsentation und Performance aus als auf Vertrieb und Lizenzhandel.

Signierende Künstler (von links nach rechts): Anna-Maria Jung, Haiko Hörnig, Nico Simon, Adrian vom Baur; Foto: Eve Jay

Die Satellitencrew setzt neben dem bekannten Konzept der Signierstunden auf interaktive Lesungen, Panel Diskussionen und Making Of Präsentationen. Diese Formate haben einen eigenständigen Unterhaltungs- und Bildungswert, wie man es von abendfüllenden Veranstaltungen wie “Reading Panels” (Katja Klengel) und den zur Zeit deutschlandweit aufkommenden Comic Conventions kennt.

2015 gastierte der Comic Satellit mit Lesungen, Abendveranstaltungen und Ausstellungen in verschiedenen Locations des Frankfurter Nordends. 2016 bündelte er die Formate in der Zentrale Coworking Space in Bornheim.
Der Gründungsanlass, die Lücke zu schließen, die durch das Verdrängen von Comic auf der Frankfurter Buchmesse entstanden, besteht weiterhin.
2017 machte der Satellit erstmals auf der Buchmesse selbst Station und konnte zumindest in kleiner Skalierung Comicvielfalt wieder erlebbar machen.

Anna-Maria Jung und Christopher Tauber lesen aus “Die Pfeffer-Chroniken” (2017, Zwerchfell); Foto: Eve Jay

Das internationale Publikum war neugierig auf Kontakte zu den Künstlern, so z.B. die koreanischen Gäste, Verlage und Aussteller aus China, Sekundäranbieter wie Druckereien aus Russland und China, die sich den Markt der “Einzelkämpfer” im Selfpublishing Bereich erschließen wollen, sowie die internationale Presse, z.B. aus Uzbekistan, die zu einem TV Interview über Kinderbücher einlud.
Die örtliche Presse interessierte sich vor allem für den Umgang mit den politisch rechts zuzuordnenden Ausstellern in unmittelbarer Nähe.

Synergien mit den Vertretern des Comic-starken Gastlands Frankreich wurden gesucht und bereits im Frühjahr des Jahres angestoßen, jedoch kam es von Seiten des zunächst enthusiastischen Gastlands zu keiner Umsetzung.
Dies ist insbesondere bezüglich der Kollaborationsprojekte wie “Ping Pong” zu bedauern, die eine weitaus größere Teilnehmerzahl hätten erreichen können.

Korea is Calling

Highlight für Organisatorin Eve Jay war die am 13.10. im Business Club der Buchmesse stattfindende Panel Diskussion zum Thema Webcomics und Webcontent, auf die ein reger Austausch mit den koreanischen Gästen erfolgte, die aus Perspektive der Marktführer berichteten.
Die internationalen Teilnehmer interessierten sich vor allem für die Position deutscher Verlage zur Entwicklung von Webcomics, eBooks und Zukunftsformaten. Die Diskussion machte deutlich, daß die traditionellen Verlagsstrukturen hierzulande bislang gar nicht berücksichtigt werden mussten, um Künstlern Zugang zu Veröffentlichungsplattformen und Publikum, sowie Refinanzierungsmöglichkeiten zu ermöglichen.

Die Erwartungshaltung der koreanischen Gäste war, eine progressivere Haltung bei den europäischen Verlagen anzutreffen.
“Der größte Unterschied zu Korea scheint”, so Eve Jay, “daß wir in Deutschland keine Produktionen haben, oder Verlage, die als Produktionen fungieren. Künstler sind mit Konzept, Herstellungsweg und Marketing bislang auf sich gestellt.”
Ein Umstand, den Eve Jay gerne ändern würde:

“Zur Zeit ist die Finanzierung von Comicprojekten und Creative Content abhängig vom deutschen Buchmarkt, dessen Herstellung und Vertrieb von Druckprodukten noch als Erstverwertung gesehen, faktisch aus Perspektive der Urheber bereits als Zweitverwertung zu sehen ist.
Gäbe es diese Abhängigkeit von alten Strukturen nicht, würde ich sofort eine solche Produktionsschmiede aufbauen, um Creator Owned Comics und in Konsequenz transmediale Adaptionen nach koreanischem Vorbild an den internationalen Markt anzuschließen.
Dies ist jedoch nicht die Aufgabe der Comic Solidarity. Sie wird weiterhin repräsentieren und die Entwicklungen beobachten.”

Einige teilnehmende Verlage und Künstler: Rita Fürstenau (Rotopol), Federico Cacciapaglia (Jaja Verlag), Hannah-Katharina Martin (Deutsch-Französisches Forum Junger Kunst), David Boller, Katja Klengel und Adrian vom Baur, Christopher Tauber (Zwerchfell), Lisa Rau, Tim Gaedke (Mondo), Jonas Röhrig und Lisa Frühbeis (Illustratoren Organisation), Veronika Gruhl, Katharina Netolitzky

Nächste Termine:
• Comic Salon Erlangen 31 Mai bis 3. Juni 2018
Comic Con Stuttgart 30. Juni bis 1. Juli 2018
Eine Wiederholung des “Frankfurter Comic Satelliten im Orbit der Buchmesse” ist von Partnerschaften mit Sponsoren und dem Engagement teilnehmender Künstler und Verlage abhängig. Interessenten wenden sich bitte an comic.satellit@gmail.com

Presse:
https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Kultur-9/Buchmesse-Farbenvielfalt-in-der-braunen-Ecke-Wie-das-Comic-Macher-Netzwerk-Comic-Solidarity-Zeichen-setzt-30556.html

http://www.feinripp.net/kunst/comic-solidarity/

©2017 Comic Solidarity

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